Alte Freunde, neue Freunde

Dieses Dorf beweist, dass unterschiedliche Rassen auch friedlich miteinander leben und auskommen können. Menschen und Elfen haben sich zusammengetan und dieses Dorf geschaffen. Im Einklang und friedlicher Harmonie hilft man sich gegenseitig.
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Neriélle
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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Dienstag 29. August 2023, 22:05

Neri sah nur mit viel Widerwillen ein, dass ihr Körper nicht so konnte, wie der Geist wollte. Es war frustrierend, dass ihre Beine sie gerade so ein paar Meter trugen, während sie unter starken Schmerzen litt. Es war utopisch, anzunehmen, dass sie so den gesamten Weg zum Dorf zurücklegen könnte. Calhouns Seelenruhe, mit der er ihr dabei zusah, stach zusätzlich in diese Wunde hinein. Aber vermutlich hätte das auch ein Kommentar getan, zu dem er sich jedoch nicht hinreißen ließ, als sie einsah, dass es doch zielführender war, wenn er sie trug. Neri fühlte sich seltsam dabei, jetzt auf die Hilfe des Dunkelelfen angewiesen zu sein. Nicht nur, dass sich dieser Umstand zunehmend häufte, wo sie doch generell selten und ungerne Hilfe annahm. Es fühlte sich auch seltsam an, weil sie körperlich schon so viel geteilt hatten.. aber das hier war etwas anderes als die körperliche Leidenschaft. Und nochmal anders als der Kuss, den sie von ihm gefordert hatte, als ihre Emotionen aus ihr herausgebrochen waren und sie ihm einen Blick auf eine verletzliche Seite gewährt hatte. Und Neri fühlte sich damit unwohl und hin und her gerissen. Sie genoss die körperliche Nähe zu Calhoun. Gleichzeitig weckte seine Hilfe das Gefühl in ihr, Abstand nehmen zu müssen. Der Umstand, dass das gerade nicht möglich war, ließ sie innerlich unruhig werden. Hinzu kamen die Wortwechsel, die ihr wieder verdeutlichten, wie unterschiedlich sie waren. Sie war sich sicher, dass er ihre Beweggründe nicht verstehen würde. Vermutlich könnte sie ihm einen Vortrag über ihren Bogen und seinen Wert für sie halten, aber..
„…ich verstehe das nicht, schon klar.“ Sie gab ein zustimmendes Geräusch von sich, unterbrach ihn ansonsten jedoch nicht. „Nein, verstehe ich wirklich nicht. Du bist gerade erst einem Dämon entkommen und das Nächste, was du machst, ist dich kopfüber in raubfischverseuchtes Wasser zu stürzen. Niemand würde das verstehen!“
Der Ton seiner Worte und sein Kopfschütteln pieksten in die Wunde. Neris Miene verfinsterte sich. Ob es schlau wäre, jetzt etwas trotziges zu erwidern? Neri übte sich sichtbar in Zurückhaltung, aber sie blieb, wer sie war.
"Muss auch niemand", antwortete sie trotzig und biss sich auf die Unterlippe, um sich an ihrem Plan, zu schweigen, zu halten. Sie wusste, wenn sie sich jetzt auf diese Diskussion einließ, könnte sie etwas sagen, das sie bereuen würde. Sie wollte Calhoun nicht verärgern, denn im schlimmsten Fall würde sie alleine hier sitzen bleiben und sie konnte nicht einschätzen, wie schlimm ihre Bisswunden waren und was das für ihre Wunden bedeuten würde. Sie wollte nichts riskieren.
"Können wir das später klären..?", meinte sie daher nur und wandte den Kopf ab. Es entstand eine kurze Pause, ehe er sie vermeintlich scherzhaft darum bat, für ein paar Stunden keine Dummheiten zu machen. Vielleicht sah auch er ein, dass das jetzt wirklich nicht der beste Zeitpunkt war, um über etwas zu diskutieren, bei dem sie beide vermutlich nicht von ihrem Standpunkt abweichen würden. Jedenfalls glaubte Neri seinen Worten, einen scherzhaften Unterton zu entnehmen. Sie ging darauf ein und versuchte, die Stimmung etwas aufzulockern, doch so ganz gelang das nicht, als ihr wieder klar wurde, dass sie ertrunken war und es ihr körperlich nicht so gut ging, wie sie den Anschein geben wollte. Sie musste ihre Wunden versorgen.
„Hast du je versucht, deine Wunden zu heilen?“
Erneut trafen sich ihre Blicke und erneut überlegte sie, ob das ein Scherz sein sollte. Dann dachte sie ernsthafter darüber nach. In ihrer ungestümen Jugend, in der sie - mehr noch als jetzt - am liebsten alles auf einmal können wollte, hatte sie ab und zu versucht, kleinere Kratzer an sich selbst zu heilen. Doch sie war dabei stets gescheitert und hatte irgendwann hingenommen, dass sie dazu nie fähig sein würde. Oder hatte sie sich das nur eingeredet? Seine Worte erinnerten sie an die Worte, die er in der Zwischenwelt zu ihr gesagt hatte. Immerhin hatte sie es zusammen mit Rhuna geschafft, Yedan und Kayon von dem Leid zu befreien. Vielleicht wäre es ihr dann auch irgendwie möglich, Wunden zu heilen?
"Das ist lange her. Ich glaube nicht, dass das klappt." Sie klang noch immer etwas trotzig, wodurch es so klang, als würde sie diese Möglichkeit aus Prinzip ablehnen, obwohl es nicht mal so gemeint war.

Neris Gedanken begannen in der Stille zu kreisen. Sie musterte die Bäume, die ohne die Kräuter nicht mehr ganz so intensiv grün waren, aber immer noch wunderschön. Ihr Blick glitt über die Wasserlöcher, die Calhoun mit ihr auf dem Arm durchqueren musste und die sie vorhin noch bequem auf Kravens Floß liegend befahren hatte. Neri nahm es ihm übel, dass er gegangen war, und das hob nicht gerade ihre Laune.
„Er ist geflohen, als ich auftauchte. Namudu sind äußerst scheu, weil sie nur ihresgleichen kennen und vielleicht noch mal Elfen jene aus dem Dorf. Dunkelelfen kennen sie nicht und glauben an das Unheil.“
Neri fragte sich kurz, ob Calhoun entweder Gedanken lesen konnte oder ob sie ihre einfach nur so offen zur Schau stellte, da er offenbar erahnt hatte, an wen sie dachte. Die Elfe versuchte, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen - und nicht zu sehr darüber nachzudenken, wie nah sie Kraven gekommen war, während sie nun wieder in Calhouns Armen lag. Pitt hatte schließlich schon ungefragt angedeutet, wie gut aussehend Kraven war und es brauchte keinen Interpretationsraum, um zu wissen, dass sie viel Zeit zu zweit verbracht hatten.
Neri hatte noch nie etwas von den Namudus gehört und erhielt allein dadurch nicht mehr Informationen über den Fremden. Doch Calhouns Beschreibung passte zu Kravens Worte, dass sein Volk keine Fremde in ihrem Dorf willkommen hießen.
„Gar nicht so doof, die Einheimischen, was?“
Sie musterte ihn nachdenklich, als er sein hinterhältiges Grinsen zeigte, und stellte für einen Moment ihre Weitsicht in Frage. Andererseits hätte sie ohne ihre Naivität wohl kaum das erlebt, was sie die letzten Wochen erlebt hatte. Auch wenn es sehr aufregend und durchaus lebensgefährlich gewesen war, war die Zeit so viel spannender gewesen als das Leben in Shyana Nelle. Gefühlt hatte sie schon jetzt mehr über sich erfahren und gelernt, als all die Jahre davor in ihrer Heimat.
"Ich weiß nicht, wie schlau jemand ist, der mich zum Ertrinken zurücklässt", erwiderte sie und ließ damit durchblicken, dass sie verärgert über Kraven war. Wie konnte er sie in den Tod schicken und sie dann im Stich lassen?

Neriélle war erleichtert, als sie endlich vor Kajas und Ajaks Hütte angekommen waren. Da Pitt deutlich machte, dass er draußen bleiben würde, sah sie Calhoun für einen Moment an. "Ich komme gleich nach", bedeutete sie ihm, dass er sie nun auf den Boden stellen konnte. Sie würde nicht warten, bis Calhoun außer Hörweite war, denn das war nicht wichtig. Sie hätte sich gerne auf Augenhöhe zu dem Ottsel begeben, doch die Schmerzen hielten sie davon ab. Stattdessen stützte sie sich mit einer Hand neben dem Türrahmen ab, während ihr Blick zu Pitt hinab sank.
"Ich danke dir, Pitt", sagte sie ehrlich. "Wenn du ihn nicht geholt hättest, wäre ich jetzt tot." Da war sie sich ganz sicher und sie war froh, dass ihr neues Leben, das die Hüter ihr geschenkt hatten, nicht sofort und durchaus unrühmlich in der Quelle geendet hatte.
Unter Schmerzen schlurfte sie dann in die Hütte hinein und schloss die Tür hinter sich. Sie bemerkte, dass Calhoun ihr Handtuch auf dem Sofa ausgebreitet hatte und ließ sich stöhnend darauf nieder. Für einen Moment genoss sie das Gefühl, einfach nur zu liegen.
"Und dir danke ich auch. Mal wieder." Sie blickte hinauf zu ihm in die roten Augen und er konnte erkennen, dass sie es ebenso ehrlich meinte wie die Worte an Pitt. Auch wenn ihr nicht gefiel, dass er ihr schon wieder helfen und sie quer durch den Sarius tragen musste. Trotzdem war sie froh, dass er es getan hatte. So unwohl sie sich damit fühlte - sie lebte und das war so viel Wert.

Neriélle schloss ermüdet die Augen, ehe Calhoun feststellte, dass sie ihre Hose ausziehen mussten. Für einen Moment sah sie wieder die Bärenmaske vor sich und fühlte sich an Kravens schamlose Worte erinnert. Doch Calhoun klang nicht mal eine Spur anzüglich. Die Elfe öffnete die Augen und nickte zustimmend. Da gab es kein Zögern, keine Gegenwehr und auch keine Scham. Er hatte schon alles gesehen, was es zu sehen gab, und ausgiebig erkundet. Während sie mit seiner Hilfe also die Hose auszog, betrachtete Neri den Elfen für einen Moment, der sich nach außen hin nicht annähernd anmerken ließ, ob es ihn auf andere Gedanken brachte.
Danach hielt sie sich an seinem Arm fest, um sich mit seiner Hilfe aufzusetzen. Neri streifte die Hose von ihren Füßen ab, an denen sie zuletzt hing, und blickte dann auf ihre blutenden Beine hinab. Sie sah furchtbar aus.
"Das sieht so schlimm aus, wie es sich anfühlt", kommentierte sie trocken. Sie wollte sich gerade an das Sofa anlehnen, doch Calhoun warf einen Blick in ihren Nacken, sodass sie ihre langen Haare nach vorne über die ihm abgewandte Schulter zusammen hielt, damit er freie Sicht hatte. Dabei stieg ihr der üble Geruch in die Nase, der nicht nur an ihren Haaren, sondern an ihrem gesamten Körper haften musste.
„Wieso warst du so lange unter Wasser?“
Als der kalte, nass getränkte Stoff die Wunde in ihrem Nacken berührte, zuckte Neriélle überrascht zusammen und konnte einen Schmerzenslaut nicht ganz unterdrücken. Jetzt wurde ihr auch der pochende Schmerz bewusst, der aus dem Nacken bis in ihre Schultern und den Hinterkopf ausstrahlte. Sie erinnerte sich an die FIsche, die sie dort gebissen hatten, woraufhin sie mit verschiedenen Situationen aus ihrer Vergangenheit konfrontiert worden war.
"Das wird eine längere Geschichte", bereitete sie ihn mit einem Blick auf das Folgende vor, ehe sie den Kopf wieder nach vorne drehte, damit er die Wunde gut erreichte. "Ich war wegen meinem Bogen bei Kayon. Er sagte, es wäre möglich, ihn zu reparieren, wenn ich das Holz von den Hütern erbitte. Die Hüter des Waldes, das sind die riesigen Sariannenbäume hier im Sarius. Ihr Holz ist magisch und sie ..leben." Erneut drehte sie den Kopf zu Calhoun herum, um zu sehen, ob ihm das etwas sagte. "Gib' her." Ihre Finger streiften seine Hand, als sie ihm im nächsten Moment das Tuch abnahm und selbst ihren Nacken abtupfte und kühlte, sodass er sich den anderen Wunden widmen konnte. Nachdem der Schmerz etwas abgeebbt war, wurde ihr klar, wie souverän und überraschend sanft Calhoun vorging. Sie hatte schon in ganz bestimmten Situationen bemerkt, dass er umsichtiger war, als sein Auftreten vermuten ließ, und das bestätigte sich auch jetzt. Er wusste offenbar ganz genau, was er tun musste, blieb jedoch vorsichtig dabei.
"Ich stand also in dem Wasser und bat um das Holz.. und plötzlich griffen mich diese fiesen Fische an. Kraven zog mich heraus, der Namudu. Er fuhr mit mir weiter in den Sarius hinein, bis zu der Quelle, und sagte, dass ich zum Grund der Quelle tauchen muss, um das Holz zu bekommen."
Und dem Wald eine Seele zurückgeben muss. Doch davon erzählte Neri nichts. Sie musterte Calhoun von ihrer Position aus eindringlich, ob er irgendwelche seiner Gedanken zu ihrer Erklärung oder gar Kraven zeigte. Gleichzeitig wurde ihr klar, wie schwachsinnig ihre Worte klangen. Und sie hatte genau diesen Worten, gesprochen von einem völlig Fremden, geglaubt und sich ihm auch noch um den Hals geworfen! Neriélle seufzte und lehnte sich etwas auf dem Sofa zurück. Unter dem Einfluss des Krautes hatte das alles irgendwie ganz selbstverständlich geklungen. Alles war gut gewesen.
"Also tauchte ich unter. Es waren viele Fische dort. Sie ließen mich durch, aber dann bissen sie zu. Sie zeigten mir meine Vergangenheit und.. andere Dinge. Mir ist klar, wie das klingt. Als ich merkte, dass mir die Luft ausging, war es zu spät."
Erneut sah sie vor ihrem geistigen Auge die glitzernde Wasseroberfläche und das Amulett, das gen Oberfläche treiben wollte. Dann öffnete Neriélle die Augen, sprach aber nicht weiter. Sie dachte an ihren Vater und an ihre Großmutter zurück. Doch das alles war viel zu persönlich, um es Calhoun zu erzählen. Vielleicht würde sie sogar niemals jemanden davon erzählen, was genau sie in der Quelle gesehen hatte und was ihr widerfahren war.

Neriélle wartete auf Calhouns Reaktion. Die Erzählung hatte sie zumindest kurzzeitig von den Schmerzen abgelenkt, die seine Behandlung auslösten. Doch jetzt rückten sie wieder, zumindest kurzzeitig, in den Vordergrund, sodass ihr ab und zu ein Schmerzlaut entwisch, auch wenn sie versuchte, die Zähne wortwörtlich zusammen zu beißen. Die goldenen Augen verfolgten seine Bewegungen und irgendwann wurde ihr klar, wie still es geworden war. So ruhig war es die gesamten letzten Tage nicht gewesen, seit sie zusammen von Zyranus hierher gereist waren, um Arunns Leben zu retten.
"Schon komisch, wir haben kaum ein vernünftiges Gespräch geführt, seit wir das Lager verlassen haben. Ich weiß quasi nichts über dich", begann sie irgendwann, offen ihre Gedanken zu äußern. Sie dachte einige Sekunden nach, ehe sie einen Entschluss fasste. Dann beugte sie sich ein Stück vor und berührte ihn an seinem Arm, um ihn dazu zu bewegen, sie anzusehen.
“Du sagtest bei der Hütte, dass ich falsche Schlüsse ziehe. Wieso erzählst du mir nicht einfach etwas über dich?”
Der Blick aus den goldenen Augen war neugierig, aber auch.. friedlich. Sie wollte ihn nicht überrumpeln. Sie hatte so viele Fragen. Sie wollte mehr über den Dunkelelfen erfahren, mit dem sie tagelang durch die Wälder streifte, stritt, bis die Luft brannte, sich versöhnte und Gefahren trotzte, die ihre Vorstellungskraft überstiegen - und der noch immer ein Geheimnis auf zwei Beinen war.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Erzähler » Freitag 1. September 2023, 22:01

Ob es Neri nun an Weitsicht fehlte oder sie einfach nur durch viel zu viele unglückliche Zustände stolperte ließ sich derzeit nicht klären. Dafür waren so viele Faktoren von ihr nicht beeinflussbar gewesen und in einem Leben, außerhalb der Shyána Blase, war das eben fatal. Oder normal, je nach dem, woher man kam. Die Menschen und andere Wesen außerhalb des Tals kämpften tagtäglich mit den Widrigkeiten des Lebens und ihrer Umgebung. In Shyána wurde für jeden gesorgt. Er wurde umsorgt, gehegt du gepflegt. Es war tatsächlich eine Art Paradies, für all jene die dort aufwuchsen oder eine Zuflucht fanden. Aber es begrenzte eben auch den Horizont. Es engtr die eigene Entfaltungsmöglichkeit erheblich ein und es ließ keinen Platz, für Andersartigkeit oder kritische Fragen. Ihre Königin regierte tapfer und standhaft, doch verschloss sie auch die Augen vor allem, was um das Tal herum geschah. Wenn man außenpolitisch die Augen und Ohren verschloss… dann war es wohl ganz leicht ein reich bestücktes Volk zu ernähren. Neri aber wollte, ähnlich wie Rhuna, mehr erfahren. Beide Elfinnen wollten die Blase ihrer Heimat verlassen und mehr darüber wissen, wie es in dem Rest zuging. Nun, sie hätten sich wohl nicht erträumt, dass es so laufen würde. Aber zumindest Rhuna lernte doch gerade, dass es sie veränderte und dass sehr viel mehr in ihr steckte als geglaubt. Neri musste an diesen Punkt wohl noch gelangen, denn Selbstzweifel machten sich noch immer breit, während sie nicht mal mehr laufen konnte. Verletzt und erschöpft musste sie die Hilfe des Dunklen beanspruchen. Was ihre selbstbestimmte Seele nur noch mehr quälte. Zudem hegte sie einen gewissen Groll gegen Kraven. Er war einfach so verschwunden, hatte sie zum Sterben zurückgelassen und … überhaupt! Sie waren sich auf eine gewisse Art nähergekommen. Oder etwa nicht? Hatt sie die Signale überinterpretiert? Oder war sie so erpicht darauf, ihre Gedanken zu betäuben, indem sie sich gern einfach nur ablenkte? Eine Antwort schien sie derzeit nicht darauf erhalten zu können und nur kurz darauf, hatte Calhoun sie gefühlt durch den halben Sarius bis zur Türschwelle getragen. Sie ließ ihn vorgehen, um sich noch mal bei Pitt zu bedanken. Die Fellnase blinzelte sie einen Moment wortlos an, dann winkte er ab. „Sicher, Schnecke! Ich kann dich doch nicht verrecken lassen- immerhin hast du mich vor der Bärin gerettet. Nicht wahr?“, grinste er und wuselte daraufhin davon. Für ihn waren Wohnhütten, Betten und Bäder nichts. Er war ein Ottsel – keiner dieser gepuderten Hunde, die bei ihren Herrchen und Frauchen wohnten. Er nicht! Und so war Neri nur einen Moment später mit dem Dunkelelfen allein.
"Und dir danke ich auch. Mal wieder." Er nickte kurz und wortlos. Es war wohl das Ehrlichste, was sie miteinander austauschen konnten, wenn Worte ernstgemeint und Erwiderungen so kurz wie möglich ausfielen. Calhoun war keiner, der große Reden schwang. Er ging auch nahtlos zu seiner angebotenen Hilfe über. Gemeinsam zogen sie die zerfetzte Hose aus und er legte sie achtlos beiseite. Sein Blick blieb auf ihren Beinen hängen und tatsächlich konnte Neri nicht ausmachen, ob er in diesem Moment an etwas hintergründiges dachte oder nicht. Calhoun aber erwies sich als geübt im Versorgen von Wunden. Einen Moment musste sich Neri an den Schmerz gewöhnen, den seine Behandlung ebenfalls auslöste, doch dann war er es, der etwas mehr wissen wollte. Und Neri begann tatsächlich zu erzählen: "Ich war wegen meinem Bogen bei Kayon. Er sagte, es wäre möglich, ihn zu reparieren, wenn ich das Holz von den Hütern erbitte. Die Hüter des Waldes, das sind die riesigen Sariannenbäume hier im Sarius. Ihr Holz ist magisch und sie ..leben." Er hob eine Augenbraue und den Blick in ihren. Doch er schwieg, damit sie weitererzählen konnte. Dabei tupfte er immer wieder behutsam den Lappen auf ihre Wunden. Er säuberte sie gewissenhaft und gab sich erstaunlich viel Mühe dabei. Bis sie ihm den Lappen selbst abnahm. Als ihre Finger die seinen berührten, hob sich das Rot erneut in ihr Gesicht. Er musterte sie ganz unverhohlen, doch seine Mimik blieb unberührt. Er war ein Meister darin, sich nichts anmerken zu lassen. Oder erkennen zu lassen, ob Neri irgendetwas in ihm auslöste. "Ich stand also in dem Wasser und bat um das Holz... und plötzlich griffen mich diese fiesen Fische an. Kraven zog mich heraus, der Namudu. Er fuhr mit mir weiter in den Sarius hinein, bis zu der Quelle, und sagte, dass ich zum Grund der Quelle tauchen muss, um das Holz zu bekommen." Er kümmerte sich weiter, tupfte die Wunden an ihren Beinen ab, bevor er dann den zweiten Lappen weglegte und sich erhob. Calhoun hörte weiter zu und wirkte nicht so, als interessiere es ihn nicht. Aber er sagte auch nichts.

So griff er nach den Türgriffen eines kleinen Schränkchens und fand zielsicher einige Tinkturen, Pasten und Salben darin. Er musste sich hier eingehend umgesehen haben, ansonsten ließ nämlich nichts darauf schließen, dass die Geschwister so etwas vorrätig hatten. Er durchsuchte den Schrank wohl nach etwas bestimmten, denn er brauchte einen Moment und begutachtete die Flüssigkeiten darin. "Also tauchte ich unter. Es waren viele Fische dort. Sie ließen mich durch, aber dann bissen sie zu. Sie zeigten mir meine Vergangenheit und.. andere Dinge. Mir ist klar, wie das klingt. Als ich merkte, dass mir die Luft ausging, war es zu spät." Er hielt inne und warf einen Blick zurück. Dann kam er mit einer Creme zurück und hockte sich wieder neben das Sofa. „Sie zeigten dir deine Vergangenheit?“, fragte er nach, bevor er die Creme öffnete und sich ein wohltuender Duft ausbreitete. Es roch frisch nach Zitrone aber gleichzeitig ungemein zart nach Kamille und Ringelblüte. Die Creme war fettig und reichhaltig, sodass sie einen ordentlichen Schmierfilm auf dem Tiegel hinterließ. „Vielleicht war das Wasser mit einer Substanz durchseucht.“, meinte Calhoun auf ihre Visionen hin, bevor er weiter die Wunden versorgte. Er schmierte jede einzelne mit dieser Paste ein und Neri konnte erst das Gefühl von kleinen Stichen ausmachen, die dann zu einem Prickeln wurden und schließlich in wohltuender Entspannung endeten. Die Paste kühlte und pflegte die geschundene Haut, was sich positiv auf den Schmerz auswirkte. Es war still geworden zwischen ihnen, denn er konzentrierte sich augenscheinlich auf die Wundversorgung, während Neri sich darauf konzentrierte, gegen den Schmerz anzuatmen. "Schon komisch, wir haben kaum ein vernünftiges Gespräch geführt, seit wir das Lager verlassen haben. Ich weiß quasi nichts über dich" „Da gibt es nicht zu wissen.“, gab er gleich zurück und sah nicht mal auf. Neri überlegte einen Moment, doch dann fasste sie einen Entschluss und setzte ihn sogleich in die Tat um. Als sie Calhoun’s Arm berührte, sah er tatsächlich auf und hielt in ihrer Versorgung inne. Sein Rot blickte in das Gold ihrer Augen. “Du sagtest bei der Hütte, dass ich falsche Schlüsse ziehe. Wieso erzählst du mir nicht einfach etwas über dich?” Er behielt für einen weiteren Moment die Augen in ihren. „Wieso willst du etwas über mich wissen?“, stellte er die Gegenfrage und schloss die Cremetiegel wieder. Er war fertig mit der Behandlung. Calhoun erhob sich, stellte den Tiegel beiseite und tauschte ihn gegen einen Stuhl aus.
Der Dunkelelf stellte jenen neben die Couch, so, dass er Neri ansehen konnte. Er setzte sich, atmete aus und musterte sie wieder mit diesem eindringlichen Blick. „Was erhoffst du dir davon, wenn du mehr über mich erfährst?“, fragte er weiter und legte seine Hände übereinander, während er seine Unterarme auf seinen Oberschenkeln abstützte. „Bin ich dann etwas weniger ‚unheimlich‘ ? Etwas mehr ‚zugänglich‘ ?“, sprach er weiter und wirkte bedeutend ruhig dabei. Es war keine Häme oder Piesacken darin. Er war überraschend ehrlich. „Was bedeuten dir weitere Informationen? Geht es dir darum, dass du die richtigen Schlüsse ziehen kannst? Oder willst du mich kennenlernen?“, bohrte er weiter und lehnte sich zurück. „Ich bin sicher nicht so, wie du mich dir vorstellst, Neriélle. Ich bin all das, was du gelernt hast zu verabscheuen. Willst du wirklich tiefer graben und Gefahr laufen…“, er hob den Blick von ihren Wunden in ihr Gesicht zurück. „dass dich die Erkenntnisse womöglich tiefer tauchen lassen, als es je gut für dich sein würde?“. Calhoun wirkte dieses Mal nicht bedrohlich oder übergriffig. Auch konnte sie keine Angriffslust erkennen. Vielleicht war dies wirklich das erste – und eventuell einzige, ehrliche Gespräch, dass sie je würden führen können…
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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Samstag 2. September 2023, 21:18

Anders als Pitt, mit dem sie jetzt offenbar quitt war, reagierte Calhoun nur mit einem schweigenden Nicken auf ihren Dank. Auch während sie ihm von den Geschehnissen im Sarius erzählte, blieb der Elf gewohnt schweigsam. Ungeachtet dessen erzählte Neriélle jedoch weiter. Sie wollte gleiches nicht mit gleichem vergelten, zumal es ihr vermutlich gar nicht möglich wäre, sich vollkommen in Schweigen zu hüllen. Sie mochte die Gesellschaft anderer, sie war stets erpicht darauf, mehr über ihr Gegenüber und damit über die ihr fremde Welt zu erfahren. Auch wenn sie nicht alles bis ins kleinste Detail erzählte und nicht preisgab, was genau sie in der Quelle gesehen hatte, gab es davon abgesehen jedoch keinen Grund für sie, sich hier in Zurückhaltung zu üben. Sie redete und erwartete im Grunde doch nur, dass so ein Gespräch entstand. Calhoun ließ sich nicht anmerken, ob er von den Hütern des Waldes schon einmal gehört hatte. Er blieb scheinbar völlig unberührt - von ihren Blicken, ihren Berührungen und ihren Worten, was sie durchaus wahrnahm. Als er zielsicher zu einem der Schränkchen ging, um darin etwas zu suchen, blickte sie ihm aus goldenen Augen hinterher. Offenbar hatte er die Stunden seit ihrem Bezug der Hütte genutzt und ihre Unterkunft auf Zeit genauestens begutachtet. Erst als sie zu der Stelle kam, in der ihr der Sauerstoff ausgegangen war, hielt Calhoun inne und sah sie an, bis er zurück zu ihr kam.
„Sie zeigten dir deine Vergangenheit?“
Neri nickte und blickte auf die Creme, die er öffnete und die sogleich einen wohltuenden und ihr bekannten Geruch ausströmte, der ihr wohlwollend in die Nase stieg. "Zumindest ein paar Ausschnitte davon", präzisierte Neri das Gesehene und dachte erneut an die Personen und Situationen, die ihr die Hüter gezeigt hatten.
„Vielleicht war das Wasser mit einer Substanz durchseucht.“
"Nein, es waren die Hüter." Sie schüttelte den Kopf, denn da war sie sich ganz sicher. In der Zwischenzeit hatte sie das Tuch in ihrer Hand erneut mit Wasser getränkt und drückte es noch immer leicht gegen ihren Nacken, weil allein das so gut tat. Als Calhoun begann, ihre Wunden mit der Salbe einzuschmieren, lehnte sie den Kopf mit geschlossenen Augen nach hinten an die Lehne des Sofas und konzentrierte sich darauf, die Schmerzen zu veratmen. Zuerst verspürte sie ein starkes Stechen, dann ebbte der Schmerz jedoch wieder ab und Neri konnte ihre Beine endlich wieder entspannen. Die Kühle der Creme tat ungemein gut und wirkte dem heißen Brennen erfolgreich entgegen. Neri genoss die Entspannung und öffnete die Augen, nachdem sich ihre geschundenen Nerven beruhigt hatten und die Wunden endlich nicht mehr schmerzten.

Als sich eine angenehme Kühle durch ihre Beine zog, bemerkte sie, wie ruhig es geworden war. All die Fragen, die ihr bezüglich des Elfen durch den Kopf gingen, rückten wieder in den Vordergrund. Sie wollte gerne mehr wissen. Doch statt ihn vorschnell unter Druck zu setzen, wandte sie eine andere Strategie an, um mehr über Calhoun zu erfahren. Doch der reagierte direkt ablehnend. So schnell ließ sich Neri jedoch nicht abwürgen und berührte ihn am Arm, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Tatsächlich hielt er nun zumindest inne und schaute zu ihr hinauf. „Wieso willst du etwas über mich wissen?“ Die direkte Abwehr und seine Frage überraschten sie sichtlich. Sie hatte nicht mit solch einer Gegenfrage gerechnet.
"Ist dir das Prinzip des Redens nicht bekannt?", stellte sie nun ihrerseits wieder eine Frage, während sie ihn dabei beobachtete, wie er den Tiegel zurücklegte und sich einen Stuhl nahm, um sich zu ihr zu setzen. Neris Frage klang keineswegs provozierend, sondern vielmehr verblüfft, dass er diese Frage überhaupt stellte. War die Antwort nicht klar? Für den Elfen offenbar jedoch nicht.
„Was erhoffst du dir davon, wenn du mehr über mich erfährst? Bin ich dann etwas weniger ‚unheimlich‘? Etwas mehr ‚zugänglich‘?“ Neriélle schwieg und musterte ihn, wie er auf dem Stuhl saß. Auch wenn seine Worte ablehnend klangen, wirkte er doch insgesamt ruhig und offen, stellte sie fest. Immerhin setzte er sich zu ihr und hörte ihr zu, anstatt ihr den Rücken zuzuwenden oder gar wieder aus der Hütte zu verschwinden. Neri deutete ein Kopfschütteln an. Nicht, um seine Fragen zu verneinen, sondern weil es ihr nicht darum ging. Doch zunächst ließ sie ihn weiter reden.
„Was bedeuten dir weitere Informationen? Geht es dir darum, dass du die richtigen Schlüsse ziehen kannst? Oder willst du mich kennenlernen?“
"Wäre es denn verkehrt, dich kennenlernen zu wollen?", fragte sie und verstand nicht, wieso er so reagierte. Sie saß mit geradem Rücken und ihm zugewandt vor ihm, während sie ihn offen ansah. Auch in ihren Worten schwang nicht der Hauch einer Provokation mit. Er wirkte so ruhig und ehrlich, dass sie es spiegelte und ihm auf die gleiche Art und Weise antwortete.
„Ich bin sicher nicht so, wie du mich dir vorstellst, Neriélle. Ich bin all das, was du gelernt hast zu verabscheuen. Willst du wirklich tiefer graben und Gefahr laufen dass dich die Erkenntnisse womöglich tiefer tauchen lassen, als es je gut für dich sein würde?“
Neriélle musste darüber nachdenken. Im Grunde wusste sie ja nicht einmal, welche Vorstellung sie von ihm hatte. Er war so in sich gekehrt, dass er es einem wirklich schwer machte, einen Blick hinter die Fassade zu werfen und irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, der es ihr ermöglichen würde, ihn überhaupt einzuschätzen. Die einzige Vorstellung, die sie von ihm besaß, war dieselbe Vorstellung über das Dunkle Volk, die von klein auf von anderen in ihrem Kopf geformt worden war.
"Du hast Recht: Du bist all das, das ich verabscheuen sollte. Du bist das Böse, vor dem jedes Kind bei uns gewarnt wird. Du bist der Stoff, aus dem die Albträume der Shyáner sind. Du bist der Magier aus den Geschichten, der Dunkelheit über unser Tal bringt", gab sie einen kleinen Einblick in die Geschichten aus Shyána Nelle. Dann machte sie eine Pause und beendete den Blickkontakt, als sie nun ihrerseits auf ihre Beine hinab sah. Sie hätte noch mehr Synonyme, noch mehr Geschichten, noch mehr Feindbilder zum Besten geben können, die ihr gelehrt worden waren.
"Ich sollte dich verabscheuen. Aber ich tu' es nicht." Sie haderte selbst damit, das ließ sich nicht leugnen. Er konnte es auch in ihren Augen erkennen, als sie langsam wieder den Blick zu seinem Gesicht hob. "Denkst du, ich hätte sonst mit dir geschlafen? Denkst du, ich würde dann überhaupt versuchen, irgendetwas über dich zu erfahren und hier mit dir sitzen?", fragte sie ganz offen und ließ ihn nicht aus den Augen. Wie sollte sie jemanden verabscheuen, zu dem sie sich so hingezogen fühlte? Davon abgesehen hatte sie sich ihm schon mehrfach anvertraut. Nicht nur bei ihrem Liebesspiel in seinen Schatten. Sie hatte ihm auch von den Schatten, die sie in der Hütte der Kräuterhexe gesehen hatte, erzählt. Sie hatte ihm und Rhuna anvertraut, dass sie die Lichtmagie nicht beherrschte, während er ihr wiederum Mut zugesprochen hatte. Er war bei ihr gewesen, als alle anderen aus dem Dorf bei Rhuna gewesen waren und er hatte ihr gerade erst wieder das Leben gerettet. War nicht jede Sache für sich Grund genug, mehr über den Mann wissen zu wollen, der neben ihr saß?
"Ist es so schlimm, dass ich mehr über dich wissen will? Ist es so undenkbar für dich, dass sich jemand für dich interessiert?" War es das, was ihn daran hinderte, einfach etwas zu erzählen? "Du bist der erste Dunkelelf, den ich treffe. Alles, was ich über dich weiß, entspringt den Gruselgeschichten über das Dunkle Volk, die sich irgendwann einmal jemand ausgedacht hat und die ich mir ständig anhören musste, weil niemand dieser Geschichten überdrüssig wird."
Mit einem Seufzen lehnte sie sich zurück an die Lehne des Sofas. Es war so ermüdend! Sie war nicht einmal sauer auf Calhoun, auch wenn es sie wurmte, dass er nicht einfach etwas Unverfängliches über sich erzählte, wie es jeder normale Elf tun würde. Dennoch klang sie nicht wütend und auch nicht angriffslustig. Sie verstand das alles nur einfach nicht. SIe verstand seine Verschwiegenheit nicht und sie verstand all die Erzählungen nicht, die ihr Angst einbläuen sollten und die sie nicht davon abgehalten hatten, sich diesem Dunkelelfen hinzugeben. Neri wurde klar, dass sie nichts über die richtige Welt wusste. Ihre bisherige Reise hatte ihr sehr verdeutlicht, in welch behütetem Paradies sie aufgewachsen war.
"Du bist ein Sturkopf, der seinesgleichen sucht. Im Ernst. Kein Mann, den ich kennengelernt habe, hat so ein Geheimnis aus sich gemacht. Denkst du, nach der Begegnung mit dem Dämon könnte mich noch irgendetwas schocken? Schiebe also nicht mein Seelenheil als Grund vor, als würde dich das ernsthaft sorgen. Ebenso wenig wie du mir zum Vorwurf machen kannst, falsche Schlüsse zu ziehen", sagte sie abschließend und sah ihn an, während es nun doch kurz herausfordernd in ihrem Blick blitzte, weil sie hier einfach nicht weiter kam und er schon wieder versuchte, irgendwelche Gründe für sein Schweigen vorzuschieben.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Erzähler » Sonntag 3. September 2023, 21:06

Die Stimmung im Raum war eine seltsame. Neri konnte spüren, dass Calhoun auf eine andere Art schweigsam war. Er gab sich betont vage, sprach nur das nötigste und versorgte ihre Wunden auf eine Weise, die klar machte, dass er das nicht zum ersten Mal tat. Alles zusammengenommen veranlasste sie, dem Dunkelelfen verbal näherkommen zu wollen. Sie wollte wissen, was ihn ausmachte, was ihn umtrieb und wieso er gesagt hatte, sie würde falsche Schlüsse im Bezug auf ihn und sein Leben ziehen. Calhoun war und blieb ein Rätsel. Etwas, dass Neri sehr gerne knacken würde, denn es reizte sie auf mehreren Ebenen. Zum einen war er… anziehend. Er hatte etwas an sich, was sie nicht loslassen konnte. Zum anderen aber fuchste es sie, dass sie gar nichts über ihn wusste. Außer, dass er etwas bei einem Angriff auf Zyranus zu sagen gehabt hatte, ihren Bogen zerstörte und verdammt genau wusste, was eine Frau sich so vorstellte. Und, dass er Magier war. Wirklich häufig setzte er seine Schattenmagie nicht ein, doch wusste Neri seit dem einen Mal auch, dass sie vollkommen fasziniert, davon gewesen war. Er vereinte so vieles für sie in sich, dass sie einfach fragen musste. Und wie gewohnt, erhielt sie… keine Antworten. Stattdessen stellte er Gegenfragen und implizierte Dinge, die er sich offenbar anhand ihrer Redseligkeit zusammengereimt hatte. Gleichwohl wusste Calhoun sehr wohl Bescheid über so einige Dinge und auch Shyáná Nelle und die Lebensweise waren ihm nicht vollkommen unbekannt. Trotzdem war die Stimmung nicht ablehnend oder gar hitzig. Sie wirkte… ehrlich. Und Calhoun’s Gegenfragen, so vage sie auch waren, offenbarten Neri etwas anderes: Er vertraute nicht. Nun könnte man behaupten, dass dieser Umstand ein Charakterzug wäre, doch irgendetwas sagte Neriélle, dass Calhoun seine Lektionen im Leben gelernt hatte. "Wäre es denn verkehrt, dich kennenlernen zu wollen?", fragte sie nach und Calhoun schnaubte. „Du glaubst, weil ich dir mehr als einmal den Hintern gerettet habe, dass ich ein netter Kerl wäre?“, tat er sie und ihr Interesse ab.
Der Mann war wirklich schwer zu knacken und wenn man genau hinhörte, könnte man glauben, er täte das mit vollster Absicht. Er wusste, wohin das führte. Irgendwann würde sein Gegenüber genervt die Augen rollen und abwinken. Es würde das Interesse ihm gegenüber verlieren, denn niemand ließ sich gerne hinhalten. Und auch Neri spürte, dass es sie ermüdete. "Du hast Recht: Du bist all das, das ich verabscheuen sollte. Du bist das Böse, vor dem jedes Kind bei uns gewarnt wird. Du bist der Stoff, aus dem die Albträume der Shyáner sind. Du bist der Magier aus den Geschichten, der Dunkelheit über unser Tal bringt", lenkte sie ein und bestätigte das, was Calhoun bereits wusste. Er verzog seine Lippen zu einem wissenden Lächeln und nickte sogar. "Ich sollte dich verabscheuen. Aber ich tu' es nicht." Er hob den roten Blick in ihr Gesicht und musterte sie stumm. "Denkst du, ich hätte sonst mit dir geschlafen? Denkst du, ich würde dann überhaupt versuchen, irgendetwas über dich zu erfahren und hier mit dir sitzen?"

Sie sahen einander an. Lange und ohne zurückzuweichen. Neri wusste, dass die Anziehung zu Calhoun echt war. Und der Dunkelelf? Wie stand er denn zu Neriélle? Immerhin spielte er doch mit ihr oder nutzte sie zumindest als Möglichkeit, für seine Bedürfnisse. Calhoun fixierte Neri mit seinem durchdringenden Blick. Es wirkte so, als wollte er sich endlich ein Stück öffnen. Seine Mimik brach ein Müh auf und ließ Raum für Interpretationen. Doch dann zuckte er mit den Schultern. „Der Reiz des Unbekannten?“, fragte er beinahe so beiläufig, dass es schmerzen könnte. Wieso besaß dieser Kerl nur eine solch harte Schale? Er hatte doch einen weichen Kern, oder nicht? Er war einfühlsamer als man glauben mochte. Er hörte sogar zu, auch wenn er stets so tat, als würde er es nicht. Er achtete auf sie, obwohl er das nicht müsste. Und er hatte… eine Frau. Er war verheiratet, das hatte sie von Arunn erfahren. Und die Ringe hatte sie auch gefunden. Auch wenn er die ganze Sache als ‚Opfer‘ für sein Volk abgetan hatte, so glaubte Neri nicht daran. Er war kein Mann, dem man etwas aufzwang, was er nicht wollte. Neri aber wollte den Moment nicht verlieren, in dem er sich beinahe offen gezeigt hätte. "Ist es so schlimm, dass ich mehr über dich wissen will? Ist es so undenkbar für dich, dass sich jemand für dich interessiert? Du bist der erste Dunkelelf, den ich treffe. Alles, was ich über dich weiß, entspringt den Gruselgeschichten über das Dunkle Volk, die sich irgendwann einmal jemand ausgedacht hat und die ich mir ständig anhören musste, weil niemand dieser Geschichten überdrüssig wird."
„Als Dunkelelf lebt es sich eben nicht in einer bunten Blase aus Traumgeschichten.“, antwortete er fast schon mit Vorwurf in der Stimme. Nur konnte er Neri wohl kaum vorhalten, dass sie im Tal aufgewachsen war und erst vor kurzem herausfand, dass es mehr in der Welt gab. Kinder in Shyáná werden so sehr behütet, dass sie sich nie die Frage zu stellen brauchten, was es anderes geben könnte. Es existierte für sie eben nicht. Und nun saß es hier, keine Armlänge von ihr entfernt – das Böse – und ließ sich sämtliche Informationen aus der Nase ziehen! Es war zum Haareraufen. Neri seufzte. "Du bist ein Sturkopf, der seinesgleichen sucht. Im Ernst. Kein Mann, den ich kennengelernt habe, hat so ein Geheimnis aus sich gemacht. Denkst du, nach der Begegnung mit dem Dämon könnte mich noch irgendetwas schocken? Schiebe also nicht mein Seelenheil als Grund vor, als würde dich das ernsthaft sorgen. Ebenso wenig wie du mir zum Vorwurf machen kannst, falsche Schlüsse zu ziehen" Er lachte und lehnte sich ebenfalls im Stuhl zurück. Calhoun verschränkte seine Arme vor der breiten Brust und musterte sie einen Moment schweigend. „Ich mache kein Geheimnis aus mir. Ich gehe nur nicht damit hausieren und erzähle jedem von der Schuhgröße meiner Mutter!“, spielte er auf ihre Gutgläubigkeit an. Allerdings fügte er an: „Und ich schiebe dein Seelenheil gewiss nicht vor, Neriélle.“, stellte er klar. „Du sorgst ganz allein dafür, dass es dich irgendwann erwischt. Du bist unvorsichtig, launisch und kannst es nicht gutseinlassen.“, kam er allmählich in Fahrt. Seine roten Augen blitzten leicht auf. „Unsere Wege werden sich trennen. Meinst du, es ist gut, dass du da etwas über mich erfährst?“, fragte er ein wenig gereizt und erhob sich dann fließend. Seine Dynamik ließ ihn kraftvoll wirken. Überhaupt sah man ihm nicht an, dass er jemals erschöpft wäre. Calhoun trat an einen anderen, kleinen Schrank heran und griff dort in den Spalt zwischen Wand und Schrank. Er zog seinen kleinen Beutel hervor, den Neri bereits durchsucht hatte. Dann öffnete er diesen, und griff nach einer der Phiolen, die sie damals schon hatte finden können. Er kehrte zurück und legte den Beutel neben ihr auf der Couch ab. „Trink das. Das wird dich zusätzlich heilen bis morgen früh.“, meinte er.
Neri wusste, dass er davon nur zwei kleine Phiolen mit sich führte. Offenbar war das eine Art Heilelixier. Dann überreichte er es der Elfe und setzte sich wieder auf den Stuhl. „Ich stamme aus Morgeria. Ich bin dort aufgewachsen, behauptete mich auf der Straße und ging zum Militär. Dort lernte ich alles, was ich heute weiß und bin und wurde schließlich an verschiedenste Orte in Celcia eingesetzt. So kam ich nach Dessaria. Und nach Zyranus.“, erklärte er sachlich. Er sah Neri an und schien für einen Moment zu überlegen. „Ich werde gehen.“, sagte er dann einfach so und prüfte ihre Reaktion, so intensiv musterte er sie. „Ich weiß, dass Arunn auf dem Weg der Besserung ist. Und wohin auch immer du oder ihr aufbrecht… ich werde nicht mitkommen.“, offenbarte er dann und erneut war seine Stimme in eine seltsame Ruhe getaucht. Er provozierte sie nicht. „Sie denken bereits jetzt, dass ich desertiert wäre. Ich muss zurück.“, offenbarte er der Shyáner Elfe und wandte dann den Blick ab. Er fiel auf das magische Holz, welches auf dem Tisch neben der Couch lag. „Ich hoffe, du bekommst deinen Bogen.“, wechselte er zwar ehrlich gemeint aber doch reichlich rasch das Thema. Neriélle würde wohl eine Menge Fingerspitzengefühl brauchen, wenn sie Calhoun knacken wollen würde. Oder aber es reichte ihr und sie würde aufhören nach ihm zu fragen… Calhoun war keine leichte Kost, das wurde ihr nun klar.
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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Montag 4. September 2023, 12:04

Der Dunkelelf vor ihr hatte seit ihrer ersten Begegnung unnahbar gewirkt und gleichzeitig so, als wüsste er, wie das Leben außerhalb der Shyána-Blase, in der sie lebte, funktionierte und dass er sich gut darin zurecht fand. Langsam jedoch wirkte er auf Neri nicht mehr ganz so selbstsicher. Er wich ihren Fragen aus, er blieb vage und sie fragte sich, ob er wirklich etwas zu verheimlichen hatte oder ob ihn sein Leben nicht einfach so geformt und er gelernt hatte, niemanden zu vertrauen. Auch ihr nicht. Was nicht verwunderlich war, immerhin kannten sie sich kaum - welch Ironie - und es verband sie auch nichts weiter als die körperliche Anziehung, die zumindest Neri verspürte und offensichtlich hatte sie auch ihn nicht kalt gelassen. Ganz im Gegensatz zu den Fragen, die sie ihm stellte.
„Du glaubst, weil ich dir mehr als einmal den Hintern gerettet habe, dass ich ein netter Kerl wäre?“
"Das habe ich nicht gesagt", antwortete sie knapp. Bei Phaun, wieso machte er es so kompliziert?! Wie konnte er einerseits so umsichtig sein und sie körperlich verwöhnen, während er sich kein Stück öffnete, wenn es um ein unverfängliches Gespräch ging? Sie wollte ihn doch nur kennenlernen! Glaubte er ihr nicht, dass es reines Interesse war? Oder wieso sonst hatte sie ihm so nah sein wollen?
Schweigend schaute sie zurück in die roten Augen, aus denen er sie musterte. Lange. Doch sie senkte nicht den Blick. Sie sah hierin eine Herausforderung. Neri wollte ihn knacken wie eine Nuss! Es musste doch möglich sein, dass er mit Details herausrückte. Sie bemerkte, wie seine Mimik für einen Augenblick aufbrach, so als wollte er sich öffnen und brauchte nur noch einen Rest Überwindung. Neri sah schon einen kleinen Triumph aufblitzen, doch dann verging dieser Moment und Calhoun zuckte mit den Schultern.
„Der Reiz des Unbekannten?“
Die Spannung, die sich während dem stillen Blickkontakt aufgebaut hatte, sank mit einem Mal in sich zusammen. Neri runzelte die Stirn. Vermutlich spielte auch das mit hinein, aber dieser Reiz alleine war es nicht. Wieder schüttelte sie leicht den Kopf. Er hatte gezeigt, dass es eine Chance gab, mehr aus ihm herauszukitzeln, und die konnte sie nicht verstreichen lassen. Also bohrte sie weiter und versicherte ihm, dass sie ihn nicht so verabscheute, wie er annehmen musste, auch wenn er ein Dunkelelf war.
„Als Dunkelelf lebt es sich eben nicht in einer bunten Blase aus Traumgeschichten.“
Auch das ließ sie nun ihrerseits schweigend an sich abprallen. Sie hatte sein Hadern gesehen und sie wollte ihm den fehlenden Anstupser geben, sich zu öffnen. Wieso dachte er, dass er sich bei ihr zurückhalten musste? Sie war doch nur eine Elfe aus Shyána Nelle, die aus reiner Neugierde fragte, völlig ohne Hintergedanken. Gab es ein gutmütigeres Volk? Er hingegen war ein Sturkopf, der seinesgleichen suchte! Das machte er nun abermals deutlich.
Sie bemerkte, dass ihre gefasste Strategie gar nicht so schlecht war. Sie hatten sich hier einen ehrlichen Rahmen geschaffen, in dem sie sich austauschen konnten - falls er denn wollte. Immerhin lachte er sogar und es entlockte ihr ein Lächeln, weil es ihr zeigte, dass es da noch mehr zu entdecken gab.

„Ich mache kein Geheimnis aus mir. Ich gehe nur nicht damit hausieren und erzähle jedem von der Schuhgröße meiner Mutter!“ Neri wurde wieder ernster und rollte kurz mit den Augen. Sie wurde äußerst ungern daran erinnert, dass sie ihm so leichtfertig alles erzählt hatte, und hätte das gerne aus ihrem Gedächtnis gestrichen. Dass er jetzt damit anfing, milderte den verspürten Triumph. Sie hatte die letzten Wochen durchaus dazugelernt und es war anzunehmen, dass ihr dies nicht mehr so schnell passieren würde. „Und ich schiebe dein Seelenheil gewiss nicht vor, Neriélle. Du sorgst ganz allein dafür, dass es dich irgendwann erwischt. Du bist unvorsichtig, launisch und kannst es nicht gutseinlassen.“ Erneut zogen sich ihre Augenbrauen zusammen und sie verzog verstimmt den Mund. Es fühlte sich nicht gut an, sich seine Schwächen vorhalten lassen zu müssen und Neri nahm sich nicht mal die Zeit, darüber nachzudenken. Sie konnte gut auf sich selbst aufpassen! Sie blendete aus, dass er Recht mit seinen Worten haben könnte und dass sie ohne seine Hilfe schon längst tot wäre. Neri bemerkte, dass sich der Ton seiner Worte änderte. Der Moment des Öffnens war lange vorbei. Lieber stichelte er nun gegen sie mit einem Blitzen in den Augen, das sie unruhig werden und nervös die Fingerspitzen in ihrem Schoß aneinander reiben ließ. „Unsere Wege werden sich trennen. Meinst du, es ist gut, dass du da etwas über mich erfährst?“
Er klang gereizt und diese Änderung seiner Tonlage kitzelte ihre Ohren und noch etwas anderes in ihrem Inneren, wo sich eine Erkenntnis offenbaren wollte. Steckte doch mehr hinter seinem Schweigen als angeborene Wortkargheit? Statt ihr einfach zu antworten, teilte er lieber aus - und es erinnerte sie an sich selbst. Wenn es unbequem wurde, ging sie lieber auf Angriff über, um zu überspielen, was sie verunsicherte. Oder sie machte andere wahnwitzige Dinge, die sie auf andere Gedanken brachten.
"Und das ist der Grund, wieso du nichts erzählst? Weil sich unsere Wege irgendwann trennen?", fragte sie in einem ruhigen Ton. Sein Anblick, wie er sich gereizt und schwungvoll erhob, gab ihr den Eindruck, dass sie sich im Moment in der sicheren Position befand. Sie verfolgte mit den Augen seine Bewegungen von ihrem Platz aus und seufzte. Nur zu gerne hätte sie hinter seine Stirn geschaut! Stattdessen saß sie tatenlos da und beobachtete ihn dabei, wie er seinen Beutel aus einem Versteck holte und etwas daraus nahm. Ihr Blick verharrte auf seinem Beutel, den er neben ihr ablegte und die Erinnerung an die beiden Ringe schossen plötzlich durch ihren Kopf. Wieso trug er seinen nicht und wieso trug er beide Ringe mit sich? War es vielleicht doch ein Opfer gewesen, das er hatte bringen müssen? Und nicht seine Frau, wie sie zuerst angenommen hatte.
„Trink das. Das wird dich zusätzlich heilen bis morgen früh.“
Jetzt blickte sie auf und nahm ihm die Phiole ab, die sie nun erneut aus der Nähe betrachtete, während sich Calhoun wieder setzte. Sie wollte etwas erwidern, aber dann sah sie, dass er zum Sprechen ansetzte. Ein letztes Fünkchen Hoffnung entfaltete sich, dass sie ihn vielleicht doch noch erweicht hatte und diesen Augenblick wollte sie natürlich nicht einfach vorüberziehen lassen.
„Ich stamme aus Morgeria. Ich bin dort aufgewachsen, behauptete mich auf der Straße und ging zum Militär. Dort lernte ich alles, was ich heute weiß und bin und wurde schließlich an verschiedenste Orte in Celcia eingesetzt. So kam ich nach Dessaria. Und nach Zyranus.“
Sie sah ihn für einen Moment überrascht an, dann lächelte sie zufrieden. Es war nicht viel, was er erzählte, aber er tat es und sie freute sich darüber, dass er sich etwas öffnete. Er erzählte nur kurz und knapp und sie fragte sich, ob es daran lag, weil er die Dinge nicht gerne ausschmückte, oder ob das einfach wirklich den Großteil seines Lebens beschrieb? Das Leben auf der Straße und beim Militär konnte sie sich nicht vorstellen, weil ihr selbst nichts dergleichen widerfahren war. Aber es klang nach einem harten Leben, das ihn vermutlich einige Entbehrungen gekostet hatte. Und er sprach nur von der Straße, von dem Militär und von Orten, die er offenbar nur auf Befehl aufgesucht hatte. Hatte ihn das so abgehärtet? Gab es da keine guten Dinge, die er erlebt hatte? Seine Zusammenfassung unterschied sich vollkommen von den Ausschmückungen, die sie ihm damals über ihre Heimat offenbart hatte. Was war ihm wohl alles widerfahren, dass er sich so verschloss? Neriélle dachte noch darüber nach, als er weiter redete. Die positiven Gefühle über den kleinen Triumph verblassten im nächsten Moment und mit ihnen das schwache Lächeln auf ihren Lippen.
„Ich werde gehen.“ Es kam so plötzlich aus dem Kontext gerissen und klang so endgültig, dass Neri blinzelte und sich ihr Mund vor Überraschung etwas öffnete. Ihr war bewusst gewesen, dass sich ihre Wege trennen würden. Das war auch für sie ganz selbstverständlich. Aber der Moment und die Art, wie er es plötzlich mitteilte, brachten sie sichtlich aus dem Konzept. Kaum hatte er etwas über sich preisgegeben, verpasste er ihr direkt einen Dämpfer. Warf er es deshalb in den Raum, um sie auf Abstand zu halten? Neri war im ersten Moment zu perplex, um zu antworten. „Ich weiß, dass Arunn auf dem Weg der Besserung ist. Und wohin auch immer du oder ihr aufbrecht… ich werde nicht mitkommen.“ Die Elfe war noch immer überrumpelt und nickte nur. Ihre Miene verschloss sich und er konnte bemerken, dass seine Taktik schlussendlich doch aufging. Zuerst hatte sie sich dagegen wehren können und durch Nachbohren einen kleinen Erfolg errungen. Doch nun, da es drohte, zu persönlich für ihn zu werden, stellte er knallhart eine Mauer zwischen sie. Neris Schultern erschlafften und die Elfe sah ein, dass das hier nur verschwendeter Atem war. „Sie denken bereits jetzt, dass ich desertiert wäre. Ich muss zurück.“ Neriélle schnaubte und konnte nicht glauben, dass er genau jetzt damit anfing. Als sie endlich wieder zu ihm sah, hatte er den Blick abgewendet. „Ich hoffe, du bekommst deinen Bogen.“
Für einen Moment sah sie ihn irritiert über den erneuten Themenwechsel an, bis sie verstand und ebenfalls zu dem magischen Holz blickte. Sie schwieg noch ein paar Momente, um zu verdauen, in welche Richtung sich dieses Gespräch mit einem Mal entwickelt hatte. Sie wollte ihn einfach nur kennenlernen. Doch es wurde unbequem für ihn und er wollte sich der Situation mal wieder entziehen. Die Elfe schüttelte den Kopf und schnaubte, ehe sie die richtigen Worte gefunden hatte.

"Behalt' das. Ich bin viel zu unvorsichtig, weißt du", griff sie seine Worte auf, die er ihr eben noch vorgehalten hatte, als sie ihm die Phiole wieder entgegen hielt, und das ihm einen ersten Hinweis geben würde, dass sie verärgert war. Wenn er das Fläschchen nicht nahm, würde sie sie vorsichtig neben seinem Beutel ablegen. "Ich sollte lieber keine unbekannten Flüssigkeiten von fremden Männern trinken." Trotzig blickten die goldenen Augen ihn an. Fremd. Genau das war er und das wollte er bleiben. "Du wirst es brauchen, wenn du zurück in das Lager aus Verrückten gehst - oder was davon übrig ist. Vielleicht denken sie ja, dass du tot bist. Schon mal daran gedacht?" Die Zügigkeit, mit der sie diese Annahme in den Raum warf, zeigte, dass ihr der Gedanke nicht spontan gekommen war, sondern sie sich vorher schon damit befasst hatte. Für einen Moment sah es aus, als würde sie sich erheben wollen und sie konnte diesem Drang danach kaum widerstehen. Dann aber besann sie sich und lehnte sich wieder zurück. Sie suchte Calhouns Blick, während sich ihre Finger in ihre Handflächen bohrten. Seine Sturköpfigkeit machte sie wütend! Gleichzeitig verdeutlichte er, dass sein Feingefühl in Gesprächen es überhaupt nicht mit seinen einfühlsamen Berührungen aufnehmen konnte. Er konnte ihr ansehen, dass sie noch nicht fertig war. Wo sie bisher ungewohnt ruhig geblieben war, um ihr Ziel zu erreichen, verärgerte sein Verhalten sie nun regelrecht.
"Du könntest machen, was du willst. Aber viel lieber kehrst du zurück zu deinem Herrn, der sich mit diesem wahnsinnigen Dämon verbündet und euren dämlichen Krieg ein Ende gesetzt hat. Mach', was du nicht lassen kannst, Calhoun. Du bist mir nichts schuldig." Und das meinte sie durchaus ernst. Wenn er glaubte, dass sie ihn anflehen würde, bei ihr zu bleiben, hatte er sich getäuscht. Sie hatte nur ihren Spaß haben wollen, so wie er offensichtlich auch. Und offenbar konnte er ihrer Gesellschaft nichts darüber hinaus abgewinnen. Sie suchte nicht die große Liebe. Aber sie suchte Verständnis und sie wollte sich doch zumindest wohl fühlen in der Nähe eines Mannes. Doch Calhoun machte ihr das reichlich schwer. Er mauerte und konfrontierte sie aus heiterem Himmel, dass er gehen würde, nur um sie zurückzuweisen. Und das verletzte sie - und ließ sie nun ihrerseits auf Konfrontation gehen.
"Red' dir ein, dass sich niemand für dich interessiert und vielleicht ist das dort, wo du herkommst, wirklich besser so. Ich habe gedacht, nach all dem, was passiert ist, könnten wir einfach nur reden. Aber ich hab's kapiert. Du kannst dich weiter einigeln und wenn dir das dabei hilft, dann geh ruhig." Sie deutete mit einem Nicken zur Tür. Am liebsten würde sie jetzt nämlich selbst gehen, doch das war aufgrund ihrer Wunden nicht möglich und das war der einzige Grund, wieso sie sitzen blieb. Es war erschreckend, wie ähnlich sie sich hierin waren. "Geh' und lebe das Leben, das sie für dich vorgesehen haben", stachelte sie hinterher und blickte ihn provozierend an, denn das unterschied sie von ihm. Sie kannte dieses Gefühl. Vielleicht nicht mal in dem Ausmaß, wie er. Aber auch sie hatte jahrelang das Leben geführt, das sich in aller Augen für eine Shyánerin gehörte, und das gar nicht ihres war! Jetzt war sie frei. Sie hatte sich gelöst und hier draußen konnte sie sich endlich von ihren Wünschen und dem Leben leiten lassen und so leben, wie sie es sich wünschte. Sie musste sich keinen Regeln beugen und keinen Vorwürfen aussetzen. Sie knurrte kurz unwillig und schüttelte den Kopf. Sie verstand ihn einfach nicht!
"Du könntest hier bleiben - nicht für mich, keine Sorge", warf sie schnell ein und winkte ab. Sie hatte verstanden und sie hatte offenbar schon einen Haken dahinter gesetzt. Diese Sache war vorbei. "Ich hab' verstanden, dass du auch mich nicht an dich ran lässt. Aber für dich selbst, um zu tun, was du willst. Du könntest hingehen, wohin du willst. Wo dir nicht gesagt wird, was du tun sollst und wen du heiraten sollst", riet sie ins Blaue hinein. Wenn er gehen wollte, sollte er. Es verletzte sie, aber es war grundsätzlich vorhersehbar gewesen. Dass er aber als gestandener Mann zurück wollte, um dieses Leben zu führen, das er so kurz und knapp zusammengefasst hatte, machte sie fast wütender. Und es machte sie wütend, dass sie sich um sein Wohlergehen sorgte, obwohl es sie gar nicht tangierte und obwohl er es nicht wollte. Es konnte ihr egal sein, was er vorhatte. Aber dass er sich zurück in Ketten begeben wollte, verstand sie nicht, wo ihm doch hier die Welt offen stand. Vielleicht zeigte sie mit ihren Worten auch mal wieder ihre Naivität im vollen Ausmaß. Immerhin war ihr das Militär des dunklen Volkes völlig unbekannt. Sie kannte die Strukturen nicht und auch nicht die Regeln. Vielleicht stellte sich der Freigeist in ihr das alles viel einfacher vor als es wirklich war.
Nun erhob sie sich doch und das zwar schwungvoll, wie beabsichtig, aber nicht so elegant wie gehofft. Die Schmerzen, die während dieser Bewegung durch ihre Beine schossen, waren tatsächlich noch vorhanden und stärker, als ihr die Wirkung der Creme im Sitzen suggeriert hatte. Sie sog scharf die Luft ein und ihre Hand krallte sich unter Stöhnen in die Armlehne des Sofas, um sich an ihr in die Höhe zu drücken. Sie hielt den Kopf einige Augenblicke gesenkt, bis sich der schwarze Schleier vor ihren Augen lichtete. Dann blickte sie langsam wieder zu Calhoun hinüber. Der Schmerz unterdrückte für den Moment ihre Wut und was blieb war Resignation. Das Feuer in ihren Augen ebbte kurz ab. Calhoun hatte den längeren Atem bewiesen. Alles prallte an ihm ab und er hatte sein Ziel erreicht. Sie gab auf und wandte sich metaphorisch von ihm ab.
"Verabschiede dich wenigstens noch von deinem Schwager", meinte sie noch, ehe sie sich tatsächlich abwenden wollte. Das Gespräch war ruhig, lang und ehrlich gewesen. Doch ganz ohne Anspielung konnte sie es nicht enden lassen.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Erzähler » Dienstag 5. September 2023, 20:41

Wie hart ein Leben werden konnte, konnte Neriélle nur erahnen. Im Grunde fehlten ihr dafür aber Vergleichsmöglichkeiten, denn das Leben in Shyáná war alles andere als hart. Eventuell würde es auf anderer Ebene als entbehrlich bezeichnet werden, denn stets allen Erwartungen gerecht zu werden, konnte auch anspruchsvoll sein. Rhuna war da das beste Beispiel und auch Neri hatte ihre Heimat aus eben jenem Grund verlassen. Was darüber hinaus aber geschah, gang und gäbe war, das wusste die Elfe nicht. Während Calhoun sich tatsächlich etwas öffnete und zumindest einen Statusbericht runterratterte, da spürte sie in sich eine gewisse Zufriedenheit. Immerhin hatte er sich geöffnet und das war doch schon mal etwas! Dass dieser Zustand nicht lange anhielt, geschweige denn ausgebaut wurde, das ahnte sie da noch nicht. Calhoun’s Leben unterschied sich deutlich von dem, was Neri bisher hatte kennenlernen dürfen. Sie machte sich keine Vorstellung davon, wie das Leben gewesen sein musste. Er sagte, er wäre auf der Straße aufgewachsen – was bedeutete das? Hatte er niemanden gehabt, der auf ihn achtete? Und das Militär. War es denn wirklich so hart gewesen oder stellte er sich an? Noch während sie sich damit beschäftigte, offenbarte Calhoun etwas, das Neri klar gewesen war und doch nicht schmeckte. Er würde gehen. Unvermittelt holte er zum Schlag aus und nahm keine Rücksicht auf die verletzte Elfe. Neri aber war sichtlich erschüttert über die Art und Weise, diese Information zu platzieren und sagte nichts, sodass er Gelegenheit bekam, sich näher zu erklären. Dass sie sich vor ihm verschloss, nahm er sehr wohl wahr. Aber er sprach es nicht an. In Neri begann es zu brodeln, denn auch wenn sie wusste, dass dieser Moment kommen würde, hatte sie es sich doch anders vorgestellt. Zudem glaubte sie, dass er es aus dem Grund heraus tat, weil sie ihm versuchte näherzukommen. "Behalt' das. Ich bin viel zu unvorsichtig, weißt du. Ich sollte lieber keine unbekannten Flüssigkeiten von fremden Männern trinken." Calhoun’s Blick legte sich auf die Phiole, die er dann entgegennahm. Er blickte darauf, während Neri erst so richtig in Fahrt kam. "Du wirst es brauchen, wenn du zurück in das Lager aus Verrückten gehst - oder was davon übrig ist. Vielleicht denken sie ja, dass du tot bist. Schon mal daran gedacht?" Sein Blick hob sich wieder und er musterte das Gesicht, welches langsam, aber sicher die Wut offenbarte. Neri war sauer über seine Unverfrorenheit, seine kalte Schulter. „Sicher. Aber wo ist dann meine Leiche?“, hakte er ruhig ein und drehte die Phiole in seiner Hand. Neri aber war noch nicht fertig. Sie echauffierte sich weiter und holte tief Luft, um ihrem Ärger verbal Luft zu machen. "Du könntest machen, was du willst. Aber viel lieber kehrst du zurück zu deinem Herrn, der sich mit diesem wahnsinnigen Dämon verbündet und euren dämlichen Krieg ein Ende gesetzt hat. Mach', was du nicht lassen kannst, Calhoun. Du bist mir nichts schuldig."

Eine Augenbraue schwang sich nach oben und in seinem Rot blitzte es kurz auf. „Richtig.“, murmelte er und verengte die Augen etwas. Sein Griff wurde fester um das kleine Fläschchen, sodass er mit der Bewegung innehielt. „Ich bin dir nichts schuldig. Das weiß ich wohl.“, räumte er ein und entfachte nur noch mehr den Waldbrand, den Neri gerade beschwor. "Red' dir ein, dass sich niemand für dich interessiert und vielleicht ist das dort, wo du herkommst, wirklich besser so. Ich habe gedacht, nach all dem, was passiert ist, könnten wir einfach nur reden. Aber ich hab's kapiert. Du kannst dich weiter einigeln und wenn dir das dabei hilft, dann geh ruhig.“ erneut traf sie ein Blick und er folgte ihrem energischen Fingerzeig in Richtung Tür. Er schnaubte und lächelte, ohne tatsächlich amüsiert zu sein. Calhoun schüttelte leicht den Kopf und nickte dann. „In Ordnung, Neriélle.“, brummte er und erhob sich. Er legte die Phiole behutsam zurück in sein Säckchen und schloss jenem an einem Gummizug. "Geh' und lebe das Leben, das sie für dich vorgesehen haben" Er wandte sich um und sah auf sie hinab. „Darum geht es nicht. Es ist eine Pflicht, die ich geschworen habe zu erfüllen, Neri. Man kann nicht immer vor allem davonlaufen, wenn es einem gerade nicht in den Kram passt.“, erwiderte er und Neri warf eine andere Idee in den Raum: "Du könntest hier bleiben - nicht für mich, keine Sorge. Ich hab' verstanden, dass du auch mich nicht an dich ran lässt. Aber für dich selbst, um zu tun, was du willst. Du könntest hingehen, wohin du willst. Wo dir nicht gesagt wird, was du tun sollst und wen du heiraten sollst" Erneut schmunzelte er und schüttelte langsam den Kopf. „Für dich ist alles einfach, nicht wahr? In Shyáná Nelle waren alle ein wenig zu einengend, zu lieb und nett zu dir?“, fragte er und verengte die Augen. „Du hast es satt, dass man dich in deinem Bewegungsfreiraum einschränkt? Gut! Dann geh‘ in die weite Welt und erlebe deine Abenteuer! Aber ich, Neri, ICH bin genau da, wo ich sein muss.“, wurde nun er energischer. Er hatte sich etwas von der Couch entfernt, was ihr die Möglichkeit gab, sich nun doch endlich aufzurichten. Für einen Moment schoss ihr der Schmerz in die Beine, denn sie hatte unterschätzt, wie sehr die Bewegung an dem geschundenen Fleisch doch ziepte. Calhoun wandte sich in eben jenem Moment um, da sie leicht Mühe hatte, den Schmerz zu veratmen. Mit wenigen Schritten war er neben ihr und hielt sie an den Oberarmen fest, damit sie nicht schwankte. "Verabschiede dich wenigstens noch von deinem Schwager", murrte sie, ohne das neckende Feuer zuzulassen, ehe sie den Kopf zur Seite wandte. Calhoun aber ließ das nicht zu.
Er griff nach ihrem Kinn und führte er wieder so, dass sie ihn ansehen musste. Seine roten Augen suchten das Gold und hielten sich daran fest. „Du wirst lernen zu verstehen. Du wirst erkennen, dass nicht immer alles so läuft, wie man es gerne hätte. Dass man sich vor Verantwortung nicht drücken kann, egal was man selbst will!“, meinte er noch, bevor er sie daraufhin losließ. Er ging jedoch nicht ruppig vor, sondern prüfte, ob sie allein stehen konnte. Calhoun trat von ihr zurück und betrachtete sie noch einen Moment. Er hatte sich zur vollen Größe aufgerichtet. „Das Leben besteht nicht nur aus gut und schlecht, richtig oder falsch. Gerade du solltest das inzwischen erkannt haben, findest du nicht?“, spielte er darauf an, dass der Dämon sie vermeintlich ausgesucht hat, weil sie gut zu ihm passte. War sie deshalb schlecht? Oder ihre Entscheidung deshalb richtig oder falsch gewesen? Es ließ sich einfach nicht so genau sagen… Calhoun aber griff nach seinem Beutel und blickte zu ihr zurück. Dann nickte er schlicht und verschwand aus der Hütte.

Was auch immer in den nächsten Minuten passierte, die Neri mit sich allein verbringen musste, Calhoun kam nicht wieder. Der Elf hatte seine wenige Habe genommen und war hinausgegangen. Neri war allein und hatte nun sehr viel Zeit zum Nachdenken. Was auch immer sie umtrieb, was auch immer ihr nun durch den Kopf ging… Irgendwann forderte ihr Körper endlich Ruhe ein. Sie musste schlafen, musste sich endlich einmal ordentlich ausruhen! Sie war verletzt, erschöpft und hatte so vieles erlebt, dass ihr das Gefühl einer bleiernen Schwere auf die Schultern zu drücken schien. Ob sie es noch ins Bett schaffte oder auf der Couch einschlief, irgendwann war Manthala so gnädig und sandte ihr einen tiefen, festen Schlaf. Wie lange sie schlief, konnte sie kaum sagen. Ob er unruhig und von Bilderfetzen gespickt war, würde sie am nächsten Morgen feststellen, als helle Sonnenstrahlen ihre Nase kitzelten. Sie hatte lange geschlafen, denn der Tag war bereits voll angebrochen und allmählich drangen auch vereinzelte Geräusche an ihre empfindlichen Elfenohren. Das Dorf war bereits auf den Beinen und auch Neri spürte, dass der Schmerz an ihren Wunden besser geworden war. Die Paste war inzwischen eingezogen und hatte dafür gesorgt, dass sich die Bisse bereits zu schließen begannen. Sobald Neri allerdings den letzten Rest Müdigkeit fortgewischt hatte, fiel ihr Blick auf den runden Tisch. Dort lag tatsächlich die kleine Phiole, die Calhoun ihr am Abend zuvor noch hatte geben wollen. Dazu eine Notiz mit feiner Handschrift, die geschwungen und sauber geschrieben worden war: „Trink das!“, stand darauf und sonst… nichts. Neri wusste mit einem Mal, das Calhoun nicht mehr da sein würde. Dass er gegangen war, ohne sich noch mal zu verabschieden. Zumindest nicht verbal, denn sie war sich sehr sicher, dass er die Phiole am Abend mitgenommen hatte, als er ging. Er musste, während sie schlief, noch mal zurückgekommen sein, um ihr dieses kleine Geschenk zu machen… War das so etwas wie ein Abschied? Neri konnte plötzlich laute Rufe hören und sobald sie einen Blick hinauswarf, würde sie unterhalb des zentralen, dicken Baumes einige Unterschiede erkennen. Hier gab es Tische, Stühle und Bänke, alle samt hübsch dekoriert mit bunten Tüchern und Pflanzendekor darauf. Einige Bewohner hingen gerade Lampions auf, die am Abend für ein wundervolles Licht sorgen würden. Es wurde geschnattert und gelacht, hier und dort Zurufe ausgetauscht und alles in allem, war es eine erwartungsvolle Zeit… wenn man nicht soeben verlassen worden wäre.
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Neriélle
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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Mittwoch 6. September 2023, 17:11

Neri reichte Calhoun mit festen Blick die Phiole zurück. Sie wollte sie nicht und wenn es nur aus Trotz war. Es machte sie wütend, dass er so unverhofft offenbarte, dass er gehen wollte. Wäre es nicht möglich, dass man ihn schon für tot hielt und es keine Notwendigkeit gab, zurückzugehen? „Sicher. Aber wo ist dann meine Leiche?“ Neri stockte kurz in ihrer sich gerade erst aufbauenden Wut. "Zerfetzt von Asmodeus?", gab sie Konter, zuckte die Schultern und funkelte ihn an. Es wirkte auf sie, als suchte er gerade zu nach Ausreden. Die Ruhe, mit der er reagierte, ließ ihre Laune ins Gegenteil umschlagen. Dass er sie jetzt einfach wie aus dem Nichts hier sitzen lassen wollte, bekam ihrem Ego gar nicht gut. Trotzdem wusste sie, dass sie kein Recht auf irgendetwas hatte, er war ihr nichts schuldig. Sie bemerkte das Blitzen in den Augen, ehe sich diese verengten und er eine Antwort murmelte. „Richtig. Ich bin dir nichts schuldig. Das weiß ich wohl“, bestätigte er ihr einfach und ließ keinen Platz für Zweifel in der Elfe. Neri fühlte sich nun ihrerseits gereizt und warf ihm Dinge an den Kopf, die aus der hilflosen Wut heraus geboren wurden. Wenn er nicht hier bleiben wollte, wieso saß er dann noch immer hier? Wieso ließ er sie immer wieder gegen seine Mauern laufen, anstatt zu gehen, wenn er das wollte?

Sie deutete zur Tür, um ihre Worte zu unterstreichen, und sein Blick folgte ihrer Geste. Sie hörte das Schnauben und sah das freudlose Lächeln in seinem Gesicht, bevor er den Kopf schüttelte. Einen Moment runzelte sie über seinen Anblick die Stirn und es wollte sich etwas in ihrem Inneren auftun.. Mitleid oder Reue vielleicht? Seine gesamte Haltung aber spiegelte, was längst klar war: Das hier war zwecklos und ergab keinen Sinn.
„In Ordnung, Neriélle.“ Das ruhige Brummen sorgte dafür, dass sich die Härchen in ihrem Nacken aufstellten und ihr plötzlich kalt wurde, als sie die kalte Erkenntnis traf. Für ein paar Augenblicke entglitten Neri die Gesichtszüge, als er sich nach diesen einfachen Worten erhob und neben ihr die Phiole in seinem Beutel verstaute. Sie hatte ihn wütend dazu aufgefordert, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass er dem nachkommen würde. Ohne ein Zögern. Ohne den Versuch, das alles in andere Bahnen zu lenken. Das wurde Neri nun klar. Er würde gehen. Jetzt. Bevor der Dunkelelf sie erneut ansah, fing sie sich wieder und verschloss ihre Miene, damit er nicht sah, was es in ihr auslöste. Doch statt ihn zurückzuhalten, warf sie ihm eine weitere Provokation an den Kopf, in dem naiven Versuch, ihm aufzuzeigen, dass seine Absichten unsinnig waren, und ihn von seinem längst gefassten Plan abzubringen. Wer wollte schon das Leben führen, das von anderen bestimmt wurde?
„Darum geht es nicht. Es ist eine Pflicht, die ich geschworen habe zu erfüllen, Neri. Man kann nicht immer vor allem davonlaufen, wenn es einem gerade nicht in den Kram passt.“
Nun verengten sich ihre Augen. "Wie ironisch", flüsterte sie gereizt, wo er es doch war, der immer wieder vor ihr flüchtete und den Eindruck erweckte, als würde er weglaufen. Nun, da sich kleine Momente aufgetan hatten, in denen sie sich angenähert hatten. Jetzt, nachdem sie ihm zu verstehen gab, dass sie mehr über ihn wissen wollte. Wieso blieb er nicht einfach?
„Für dich ist alles einfach, nicht wahr? In Shyáná Nelle waren alle ein wenig zu einengend, zu lieb und nett zu dir?“ Sie reckte trotzig das Kinn in die Höhe, als sich seine Augen verengten. Er redete von ihrem Leben, als wäre es etwas Schlechtes, behütet aufzuwachsen. Ihr war nun klar, dass nicht alle dieses Glück hatten - dass er dieses Glück nicht gehabt hatte. Doch das machte ihr Leben nicht wirklich besser - und seines nicht schlechter. „Du hast es satt, dass man dich in deinem Bewegungsfreiraum einschränkt? Gut! Dann geh‘ in die weite Welt und erlebe deine Abenteuer! Aber ich, Neri, ICH bin genau da, wo ich sein muss“, verdeutlichte er noch einmal die Unterschiede zwischen ihnen.
Vielleicht bist du das gerade wirklich. Der Gedanke formte sich für einen Moment in ihrem Kopf, wurde dann aber von dem Schwindel überschattet, der sie erfasste, als sie sich zu schnell erhob, weil die Wut in ihrem Bauch kaum auszuhalten war und sie ein Ventil brauchte, um die übersprudelnde Energie loszuwerden. Im nächsten Augenblick spürte sie Calhouns Hände an ihren Armen und die Berührung ließ ihre Wut etwas abebben. Sie schluckte leer, als sie seine Hand an ihrem Kinn spürte und er sie in einer mittlerweile vertrauten Geste dazu brachte, ihn anzusehen, während sich ihre Hände auf seine Unterarme legten.
„Du wirst lernen zu verstehen. Du wirst erkennen, dass nicht immer alles so läuft, wie man es gerne hätte. Dass man sich vor Verantwortung nicht drücken kann, egal was man selbst will!“
Sie blickte in das Rot seiner Augen und konnte es kaum ertragen. Er glaubte wirklich an das, was er da sagte. "Ich kann nichts dafür, dass dein Leben so ablief. Such' die Schuld bei den Verantwortlichen, nicht bei mir", griff sie die Worte von davor auf, nun, da sie wieder auf sicheren Beinen stand und er eine Pause machte. Sie klang resigniert. Sie wusste, dass sie ihn nicht ändern konnte und dass sie das hier nicht ungeschehen machen konnte. Er hatte einen Stein ins Rollen gebracht und sie hatte den Anschwung gegeben. Sie erkannte schon jetzt, dass es nicht immer so lief, wie sie es wollte. "Und es ist nicht egal, was du willst", murmelte sie, aus einer Überzeugung heraus, die er vermutlich nicht teilte und nicht annehmen würde. Neri blickte ihm abwartend in die Augen, auf der Suche, ob sie nicht doch etwas in ihm bewirkte? Er hatte es richtig erkannt, sie brauchte ihren Freiraum. Umso unverständlicher war es für sie, wie er sich so einengen lassen konnte und seine Verpflichtungen über alles andere stellen konnte. Neri konnte das nicht nachvollziehen. Sie hatte keine Verpflichtungen, war noch nie welche eingegangen. Sie tat, wonach ihr der Kopf stand.

Calhoun löste sich von ihr und sie stand da und sah zu ihm hinauf, während sich ihre Lippen leicht öffneten. Sie zögerte, aber dann entschied sie sich, zu schweigen. Die Gefühle wirbelten in ihr. Da war ein Kloß in ihrem Hals und ein Pieksen in ihrer Brust, das sie nicht zuordnen konnte. Plötzlich war alles so endlich und sie standen vor vollendete Tatsachen. Der Stein rollte unausweichlich diesen Abgrund hinunter. „Das Leben besteht nicht nur aus gut und schlecht, richtig oder falsch. Gerade du solltest das inzwischen erkannt haben, findest du nicht?“
Sie senkte die Augenlider, als er sie an den Dämon erinnerte und daran, was das alles in ihr ausgelöst hatte. Die Selbstzweifel und Vorwürfe, die sie überwältigt hatten. Sie dachte daran zurück, wie Calhoun sie aus der Menge heraus angesehen hatte, wie er bei ihr gewesen war, ihr Mut zugesprochen hatte und wie sie ihn geküsst hatte. Wie konnten sie sich so fremd sein, nach allem, was sie zusammen erlebt hatten? Wie konnte er sie so abweisen, nachdem sie sich geöffnet hatte? Dass er sie jetzt hier einfach stehen ließ, war ungewohnt für die Elfe. Es tat weh.
"Dann hoffe ich, dass wir gerade das Richtige tun", flüsterte sie, löste ihre Hände von ihm und ließ die Arme an den Seiten herab fallen, ehe sie geschlagen einen kleinen Schritt zurück machte, während sie kurz den Kopf senkte und ausatmete. Er wollte gehen und sie hatte ihn auch noch unüberlegt dazu ermutigt, es zu tun. Da waren sie einer Meinung. Warum fühlte es sich trotzdem falsch an, als er sich nun tatsächlich abwandte und zur Tür ging? Sie hob den Kopf und erwiderte seinen letzten Blick. Ihr Verstand wusste, dass etwas anderes keinen Sinn ergab. Er wollte sie nicht an seinem Leben teilhaben lassen und sie konnte nicht einfach nur schweigend am Rand stehen. Trotzdem hatte sie nicht erwartet, dass er wirklich ging. Nicht auf diese Art und Weise. Es verletzte sie mehr als die Tatsache, dass sich ihre Wege überhaupt trennten.

Eine Weile stand sie einfach nur da und starrte die Tür an, die Calhoun hinter sich geschlossen hatte. Es war unwirklich. Sie war überrumpelt von dem, was eben geschehen war, und realisierte nur langsam, was sie getan hatte - was sie beide getan hatten.
"Eine wahre Glanzleistung, Neri", murmelte sie zu sich selbst, wütend auf sich selbst. Sie hatte ihn kennenlernen wollen, doch er hatte sie von sich gestoßen. Und statt besonnen zu reagieren, hatte sie es ihm gleichgetan. Und nun ging jeder seine Wege, so wie es von Anfang an klar gewesen war. Doch der Gedanke war nicht tröstlich, es bereitete ihr Bauchschmerzen. Sie atmete tief ein und aus, ehe sie sich irgendwann zurück auf das Sofa sinken ließ. Sie legte sich rücklings darauf und schloss die Augen. Die Augenblicke der letzten Unterhaltung spukten erneut in ihrem Kopf herum, als würde sich alles darin noch einmal abspielen. Neri konnte nicht ganz fassen, was gerade passiert war. Calhoun war weg. Sie biss sich auf die Unterlippe und bemerkte ein Brennen in den Augen.
Du wirst ihm nicht hinterher heulen!, mahnte sie sich selbst und drängte die aufsteigenden Tränen zurück. Er war es nicht wert. Oder doch? Zumindest beschäftigte sie das hier mehr als der Abschied von anderen Männern. An vielen von ihnen hatte sie danach keinen einzigen Gedanken mehr verschwendet. Aber Calhoun.. er war so völlig anders. Vielleicht nicht besser, nicht netter, nicht feinfühliger. Aber anders und reizvoll. Die Begegnung mit ihm hatte sie durcheinander gebracht. In seiner Nähe hatte sie nicht mehr gewusst, was richtig und was falsch war. Es war, als hätte er ihren Kompass durcheinander gebracht und ihre Moral gehörig auf den Kopf gestellt.
Der zurückliegende Tag und die vergangenen Wochen forderten ihren Tribut. Neris Körper schrie nach Ruhe und Erholung. In der herrschenden Stille konnte nicht mal das Gedankenkarussell die bleierne Schwere davon abhalten, sich über sie zu legen. Sie blieb auf dem Sofa liegen. Vielleicht, weil da noch ein letztes Fünkchen Hoffnung in ihr glomm, dass Calhoun sich besinnen und zurückkehren würde. Dann wollte sie hier sein.

Sie schlief lange und tief. Obwohl sie von Träumen geplagt wurde, brauchte ihr Körper diese Auszeit und nahm sie sich einfach. Neri träumte vage und wild durcheinander von Dämonen und Schattenmagiern, von Bären und Bärenmännern, von dem Krieg und von dem Erlebten im Sarius. Nichts machte Sinn, alles Erlebte der letzten Wochen prallte einfach so auf ihr Unterbewusstsein ein, ohne einer Geschichte zu folgen. Das Erwachen fiel ihr schwer und sie drehte sich noch einmal auf dem Sofa um, als die Sonnenstrahlen ihre Nase kitzelten. Sie dämmerte noch ein wenig vor sich hin, bis ihr das gestrige Geschehen wieder in den Sinn kam. Da rollte sie sich auf den Rücken und öffnete ihre Augen. Die goldenen Iriden starrten zur Decke hinauf und ihr entwich ein tiefer Seufzer. Sie fühlte sich schlecht. Sie bereute ihre Reaktion und sie war wütend, dass Calhoun sie einfach so hingenommen hatte. Sie ließ den Blick schweifen, aber nichts deutete auf den Dunkelelfen hin, bis auf.. was war das? Neri runzelte die Stirn und setzte sich langsam auf. Ihr Blick fiel auf die Phiole und sie betrachtete sie argwöhnisch, während sie nach dem Zettel griff.
„Trink das!“ Sie konnte die beiden Worte, gesprochen mit sturer Stimme des Dunkelelfen, förmlich in ihrem Kopf hören. "Pff, das hättest du wohl gerne..", murmelte sie, als würden sie in ihrem Kopf die Auseinandersetzung weiterführen. Sie griff nach dem Fläschchen und wippte es gedankenverloren in ihrer Hand hin und her, während sie auf die Tür blickte. Sie hatte ihn zurückgewiesen, so wie er sie, und doch war er wieder gekommen, um ihr eine von den beiden Phiolen zu geben, damit sie vollständig genesen würde. Neri strich sich seufzend mit beiden Händen über das Gesicht und durch ihre zotteligen Haare. Diese Geste von Calhoun war überraschend schwer zu ertragen.

Die Phiole in der Hand haltend, sah sie auf, als sie Geräusche von draußen wahrnahm. Welch willkommene Ablenkung.. Behutsam stand sie auf, bemerkte aber, dass ihre Beine kaum noch schmerzten. Die Behandlung mit der Paste zeigte Wirkung. Es gab also keinen Grund, den Inhalt der Phiole zu trinken. Vorerst würde sie abwarten, ob ihre Beine auch ohne das Mittel belastbar und die Schmerzen auszuhalten wären. Neri ging zum Fenster und konnte am Stamm des Baumes erkennen, dass dort schon wuseliges Treiben herrschte und die Vorbereitungen für das abendliche Fest auf Hochtouren liefen. Sie überlegte, ob sie überhaupt am Fest teilnehmen sollte. Zum Feiern war ihr gerade überhaupt nicht zu mute. Außerdem stand sie vor der Frage, was sie nun überhaupt mit sich anfangen sollte. Da fielen ihr urplötzlich die Worte der Hüter wieder ein.
„Du bist auf dem Weg, Neriélle aus Shyáná Nelle. Deine Seele starb auf dem Grund der Quelle… und wurde wiedergeboren, um den ersten Schritt auf ihrem neuen Weg zu gehen. Folge ihm.“
Mit klopfenden Herzen kehrte sie zurück zu dem Tisch und legte die Phiole vorsichtig darauf ab. Dann nestelte sie nervös an dem Verschluss ihrer Kette, um sie von ihrem Hals zu lösen. Sie schaute sich das Amulett von allen Seiten genauesten an, auf der Suche nach einem unauffälligen Verschluss, der ihr bisher entgangen war, und hinter dem sich der Zettel ihrer Großmutter verbarg.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Erzähler » Samstag 9. September 2023, 09:33

Man sagte ja, wenn sich eine Tür schloss, öffnete sich irgendwo eine andere. Doch für Neri war dieser Gedanke wenig tröstlich, denn die Elfe konnte nicht fassen, dass sich Calhoun an ihre Bitte hielt. Es war das eine etwas zu sagen aber nicht so zu meinen und etwas völlig anderes, wenn es dann doch befolgt wurde. Für Neri sollte es ein Kräftemessen werden. Wer besaß die besseren Argumente und die weitere Draufsicht auf alles. Dass Calhoun jetzt tatsächlich einfach so… ausstieg, das wurmte die Elfe. Sie musste sich zusammenreißen, nicht doch noch eine Träne des Abschieds zu vergießen. Es schmerzte, dass er sie nun allein ließ, auch wenn sie sich das nicht in vollem Umfang eingestehen wollte. Calhoun hatte die Elfe auf eine Weise fasziniert, die sich gleichermaßen erschreckte, wie anzog. Er, der Schlechte, der Dunkle, dem man nicht trauen durfte und sich dann als durchaus fürsorglich und erstaunlich einfühlsam entpuppte. Zumindest zeitweise. Gleichzeitig war es wohl auch seine Unnahbarkeit und seine kalte Schulter, die den Reiz ausmachten. Er lief Neri nicht wie ein Schoßhund hinterher. Ihn konnte sie nicht von sich aus auf Distanz halten und abblitzen lassen. Neri war nie ein Kind von Traurigkeit gewesen. Hätte es sich ergeben, wer weiß, wie weit sie mit Kraven gegangen wäre? Es hätte sie abgelenkt von dieser unschönen Situation und gleichzeitig das Gefühl vermittelt, eine Leere zu füllen, die sie sich noch nicht ganz eingestehen wollte. In ihrem Trotz verfangen und dem starken Willen, nicht kleinbeizugeben, schlief Neri in dieser Nacht fest und doch war das Erlebte so nachhaltig, dass sie vollkommen wilde Fetzen träumte. Sie konnte jene allerdings nicht recht greifen, immer wenn sie es versuchte, zerrannen sie ihr durch die Finger und formten sich zu neuen Fetzen.

Am nächsten Morgen jedoch erwachte sie spät von selbst. Sie wollte noch nicht in die Wirklichkeit zurück, doch schlafen konnte sie nun auch nicht mehr. Die Couch war nicht sehr bequem gewesen, auch wenn sie sich durchaus geistig etwas gefestigter fühlte. Zumindest so lange, bis sich ihre Gedanken erneut um Calhoun zu drehen begannen. Die Phiole auf dem Tisch erreichte ihre Aufmerksamkeit. Und die so bekennende aber auch lieblose Notiz auf dem Tisch, schürten sofort wieder ihren Trotz. Während Neri noch mehr aus den gestrigen Ergebnissen in die Gegenwart rutschte, musste sie sich von dem schweren Gefühl in ihrem Innern ablenken. Und sie hielt alles dafür in der Hand! Noch bevor sie aber endlich dem Geheimnis um ihren Hals auf die Spur kommen konnte, wurde sie von dem bunten Treiben abgelenkt. Das Dorf war bereits erwacht und zeigte Neri damit, dass es schon später Vormittag sein musste. Sie sah einen Moment den Arbeiten rund um das Fest zu und bekam erstmals eine Vorstellung davon, wie groß es werden würde. Tatsächlich feierte das gesamte Dorf! Alle packten mit an und überall wuselten Menschen wie Elfen und schwatzten, lachten und trugen Dinge von A nach B. Feierlaune wollte sich bei der Shyáner Elfe derzeit nicht einstellen. Wie auch? Sie war die Fremde, die, die mit dem Dunkelelfen kam. Und die, die ohne ihn zurückblieb. Vollkommen allein und ohne direkte Unterstützung.
Der Elf war der einzige gewesen, der sich um sie gekümmert hatte, während alle anderen es nicht taten… Sein Fehlen würde zumindest ihr schmerzlich auffallen. Mehr, als sie vermutlich wollte. Nun aber schafften es endlich ihre Gedanken sich davon zu lösen und auf anderes zu konzentrieren: Die Halskette ihrer Großmutter.

Die Bilder dieser Erinnerungs-Szene waren deutlich abrufbar und klar in ihrem Kopf verankert. Sie sah jedes Detail und so löste sie mit nervösen Fingern das Amulett. Neri betrachtete es. Es war schon sehr auffallend und besonders. Auch wenn es nicht ihrer Großmutter gehört hätte, so stach dieses Amulett ins Auge. Es war rund und der Türkis-Stein bildete das Zentrum. An seinen Seiten umschlangen Ranken das messingfarbene Amulett, als würden sie es festhalten wollten. Kleines Blattwerk stellte einen Bezug zum Tal her und auf der Rückseite befand sich eine goldene Fassung. Es war wirklich einzigartig und für Neri besaß es zudem einen ganz eigenen Wert. Während sie es betrachtete, konnte sie im ersten Moment nichts anderes als das Schmuckstück erkennen. Es gab keine verräterische Naht oder irgendetwas, das wie ein Mechanismus ausgesehen hätte. Immer wieder konnte Neri das Amulett ansehen und doch… fand sie nicht den Einlass in die Geheimnisse, die es bergen sollte. Als Neri allerdings schon Enttäuschung darüber spüren wollte, dass sie nichts fand, da glitt ihr Finger über eines der Blätter auf der Oberfläche. Und sie musste feststellen, wie scharfkantig jenes an den Zacken war, sodass sie sich schnitt. Das Blut, welches in einem Tropfen die Wunde verließ, würde der Körper kaum bemerken und Neri gewiss wäre es auch nicht länger im Gedächtnis geblieben, wenn das Amulett nicht reagiert hätte. Ihr kleiner Bluttropfen füllte die filigranen Blätteradern aus und plötzlich spürte sie ein sanftes Klicken. Gegen ihre Finger drückte sich mit kühler Note der hintere Teil des Amuletts. Eine Öffnung entstand und offenbarte ein kleines, zusammengefaltetes Stück Pergament.
Es fasste sich bereits recht weich an und musste behutsam behandelt werden. Neri kannte diesen Zustand von den alten Schriftrollen ihres Vaters, wenn sie diese mal in die Finger bekam. Jetzt aber hatte sie nichts aus alten Bibliotheken in der Hand, sondern ein Überbleibsel ihrer eigenen Vergangenheit. Wie fühlte es sich an, wenn einem die Vergangenheit in die Hände fiel? Sie hatte zusehen können, wie ihre Großmutter dieses Pergament in den Fingern gehalten hatte. Und ihre Emotionen gesehen. Sie war erschrocken und nervös, keine besonders schönen Gefühle, doch überlagerte die Neugierde jetzt jegliches schweres Gemüt. Sobald Neri den kleinen Pergamentfetzen dem Amulett entnommen hatte, konnte sie es entfalten.
Das Blatt war vergilbt, rau und würde vermutlich beim geringsten Windstoß in tausend Teile zerfallen. Es war bereits sehr, sehr alt und sehr lange in dem Amulett versteckt. Neri selbst war bereits 150 Jahre alt, ihre Mutter weitaus älter und damals noch ein Kind gewesen, als Myriil starb. In feingeschwungenen Lettern fand Neriélle tatsächlich den letzten Rest ihrer Großmutter in Form einer Botschaft an die Zukunft, die Myriil nicht mehr erleben sollte:

Das Blut verdunkelt sich… das Licht versiegt. Ich kann so nicht sein. Ich kann so nicht leben. Astaloth… Endlich hat das Unheil einen Namen.. doch nicht für mich. Zu spät.
Schriftrolle Fuss
Das war alles… mehr stand dort nicht und trotzdem wirkte die Botschaft so viel schwerer als nur die bloßen Worte, die geschrieben wurden…
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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Mittwoch 13. September 2023, 08:34

Ein neuer Weg wartete auf sie. Ein Weg, den die Hüter des Waldes ihr offenbart hatten, für den sie gestorben und wiedergeboren worden war. Es war ein Weg ohne Calhoun. Dabei hatte der Elf sie noch gebeten, vorerst keine Dummheiten mehr zu machen. Das war wohl gehörig schief gegangen - wieder mal. Sein Kommentar hatte sie zu einem Scherz hinreißen lassen, doch jetzt war Neri nicht mehr zum Lachen zu mute. Dass Calhoun noch einmal wiedergekommen war, um ihr die Phiole zu geben, wirbelte ihre Gefühle zusätzlich auf. Sie war ihm nicht egal. Und sie fragte sich, ob er vielleicht gar nicht so leichtfertig gegangen war..?

Neriélle schob die trüben Gedanken bei Seite und widmete sich lieber ihrem Amulett, in dem ein Geheimnis verborgen lag. Die Elfe musterte das Schmuckstück eindringlich von allen Seiten und befühlte zunächst den Rand, auf der Suche nach einem geheimen Verschluss. Doch nach einer ganzen Weile musste sie einsehen, dass es nichts dergleichen gab. Missmutig strichen ihre Finger über die ausgearbeiteten und feinen Blätter auf der Vorderseite des Amuletts. Da spürte sie einen kleinen Pieks, aber so sacht, dass sie dem kaum Bedeutung zugemessen hätte. Sie nahm es vielmehr wahr, weil ihr Blut in die Adern eines der Blätter floss und sie kurz darauf spürte, wie sich ein Mechanismus im Amulett löste. Mit klopfendem Herzen drehte sie das Amulett herum und lächelte zufrieden, als sie die kleine Öffnung sah. Vorsichtig zog sie das Pergament heraus und hielt kurz in der Bewegung inne. Es war seltsam, die Dinge, die sie als Vision in der Quelle gesehen hatte, nun auch in der Realität zu sehen und deren Existenz bestätigt zu wissen. Mit langsamen Bewegungen entnahm sie das Pergament, das mehrere Jahrzehnte alt sein musste. Das Pergament, das ihre Großmutter beschrieben und für ihre Nachwelt hinterlassen hatte. Vielleicht war es eigentlich für ihre Tochter, Neris Mutter, bestimmt gewesen? Doch Gilwen hatte dieses Geheimnis nie gelüftet und war ahnungslos wie Neri gewesen, die ohne den Hinweis der Hüter nie auch nur auf die Idee gekommen wäre, was in dem Schmuckstück verborgen lag. Ihr Herz klopfte vor Aufregung, als sie das Pergament entfaltete und dabei merkte, wie brüchig es war. Aufmerksam las sie die geschriebenen Worte, während sich ihr Herzschlag dabei eher noch beschleunigte. Sie brauchte einige Momente, bis der Sinn der Worte langsam in ihren Kopf sickerte. Neri erinnerte sich an den Anblick ihrer Großmutter zurück. Bevor sie verstanden hatte, dass es sich um sie handelte, war ihr aufgrund ihrer Erscheinung der Gedanke gekommen, dass sie vielleicht gar keine reine Shyáner Elfe war. Dafür war ihr Gesicht zu rundlich und ihre Haut viel zu dunkel gewesen. Ihre eigene, leicht gräuliche Haut hatte Neri immer auf eine Laune der Natur zurückgeführt. Doch die Hautfarbe ihrer Großmutter war bedeutend dunkler gewesen. Jetzt hatte Neri die Zeit, genauer darüber nachzudenken. Wenn dem wirklich so wäre, käme doch nur eine Elfenart in Frage, die gleichzeitig die dunkle Haut und das dunkle Blut, von dem Myriil schrieb, erklären würde? Wäre das möglich? Sollten die geschriebenen Zeilen diesen Gedanken bestätigen? Konnte ihre Großmutter eine Mischlingselfe sein.. Dunkelelfenblut in sich tragen.. Blut, das sich verdunkelte und das Licht.. die Lichtmagie versiegen ließ? Neri wurde bei dem Gedanken gleichzeitig heiß und kalt. Sie ließ mit der rechten Hand das Pergament los, aus Angst, es zu zerstören, als sich ihre Hand zur Faust ballte. Wenn ihre Großmutter nicht von reinem Blut war, würde das für sie bedeuten.. nein, das konnte nicht sein!?
Meine Eltern hätten mir doch davon erzählt, wenn es so wäre!? Wieso hat keiner etwas gesagt?, überlegte sie schockiert und fassungslos. Neri konnte nicht fassen, was ihre Großmutter offenbarte. Zumindest die äußerliche Ähnlichkeit zwischen ihnen ließ sich nicht leugnen. Wenn es sich durch ihre Blutlinie zog, dann hieß das, dass auch sie.. Nein, Stopp, unterbrach sich Neri selbst in Gedanken. Zumindest versuchte sie es, doch die Erkenntnis war viel zu präsent. Ich bin nicht.. das kann nicht sein. Bin ich deshalb so.. unfähig?
Deshalb hatte sich ihre Großmutter umgebracht? Weil sie nicht damit leben konnte, so zu sein? So wie auch Neri immer mit sich gehadert hatte, weil sie bemerkt hatte, dass sie anders war? War es das, was ihre Großmutter in den Tod getrieben hatte? Neris Herz wummerte in ihrer Brust, es fühlte sich an, als würde sich eine Hand darum legen und zudrücken. Sie ließ sich nach hinten gegen die Lehne des Sofas fallen, während sie das Pergament vorsichtig zur Seite legte, um sich dann mit den freien Händen fahrig durch die Haare zu streichen. Wie sollte das möglich sein? Niemand hatte ihr etwas davon erzählt. War das Ganze ein riesengroßes Geheimnis innerhalb ihrer Familie, von dem alle wussten, nur sie nicht? Sie konnte sich das nicht vorstellen. Irgendjemand hätte darüber ein Wort verloren. Oder wusste selbst ihre eigene Mutter nichts davon? Vielleicht war sie selbst in Unwissenheit aufgewachsen, hatte sich als Kind keine Gedanken über das Aussehen ihrer Mutter gemacht und es nicht weiter hinterfragt? Neris Gedanken hüpften unruhig hin und her, bis ihr klar wurde, dass sie die Antworten nur bei einem finden würde:
"Astaloth.." Es war nur ein Flüstern in den Raum hinein, als sie seinen Namen laut aussprach. "Wer bist du?", überlegte sie laut und las die geschriebenen Zeilen zum wiederholten Male. Wieso hatte ihre Großmutter es aufgeschrieben? Wieso war es wichtig für die Nachwelt, für ihre Mutter oder für sie selbst? Was verbarg sich hinter diesen Worten? Offenbar hatte ihre Großmutter das Ganze nicht mit sich allein ausmachen können und vielleicht innerlich gehofft, dass die ganze Wahrheit irgendwann ans Licht kommen würde? Hatte sie sich wegen Astaloth umgebracht? Ob er ein Dunkelelf war? Was hatte er mit ihrer Großmutter zu schaffen? Die Hüter wollten, dass sie von diesem Zettel und ihm erfuhr, und offenbar auch, dass sie sich auf die Suche nach ihm begab. Neri runzelte die Stirn und faltete grübelnd das Pergament wieder zusammen und legte es zurück ins Amulett, das sie dann vorsichtig schloss. Die Worte hatten sich in ihre Netzhaut und in ihren Kopf gebrannt. Sie fragte sich, wo sie Astaloth suchen sollte und kam zu dem Entschluss, dass sie, was das anging, wohl den Hütern oder dem Schicksal selbst vertrauen musste.

Gedanklich hing Neri noch dem Pergament, der Vision von ihrer Großmutter und der Erkenntnis nach, dass offenbar Dunkelelfenblut durch ihre Adern floss. Dann aber machte sich langsam Hunger bemerkbar. Ihre letzte Mahlzeit war schon wieder sehr lange her, sodass sie sich an den Tisch setzte und das Essen vom gestrigen Tag aß. Auch wenn es nicht mehr ganz so frisch war, war es trotz der fehlenden Gesellschaft gut und Neri schlug ordentlich zu. Sie hatte in den letzten Wochen nur unregelmäßig und meistens viel zu wenig gegessen, sodass sich ihr Magen nun an der großen Auswahl erfreute. Danach ließ sie das Wasser aus dem Zuber und begann damit, frisches Wasser auf der Feuerstelle aufzukochen, um sich so langwierig ein neues Bad zu füllen. Während sie darauf wartete, dass das Wasser über dem Feuer zu kochen begann, griff sie nach Calhouns Notiz. Erneut las sie die beiden Worte, hatte die brummende Stimme des Dunkelelfen dabei im Kopf, und übergab den Zettel mit einem Seufzen dem Feuer. Die Phiole hingegen legte sie unter das Kopfkissen, das für die nächste Zeit ihres war. Falls Kaja oder Ajak her kamen, immerhin war es doch ihr Haus, sollte das kleine Fläschchen nicht in ihre Hände geraten. Während der letzte Topf mit Wasser auf der Feuerstelle stand, begann Neri damit, in dem schon gut gefüllten Zuber als aller erstes Kajas Kleidung, die sie gestern eingesaut hatte, im sauberen Wasser zu waschen. Sie ging sehr gründlich dabei vor und hoffte, dass die Seife den gesamten Schmutz und Gestank heraus waschen würde. Danach legte sich Neri selbst ins Wasser und wusch sich ebenso gründlich, bis sie sicher sein konnte, dass ihr Körper und ihre Haare nicht mehr stanken, sondern sie den frischen Duft der Seife, in der sich verschiedene Kräuter vermischten, verströmte. Die gründlichen Haarwäschen in kürzester Zeit sorgten dafür, dass das Violett aus ihren Haaren mehr und mehr ausgewaschen wurde und das Braun ihrer Haare in den Vordergrund trat. Nach ihrem Bad wickelte sich Neri ein Handtuch um den Körper und wusch ihren leeren Beutel und ihre eigene Kleidung, die sie die letzten Woche getragen hatte. Der Beutel war verfärbt von den Waldbeeren, ebenso wie ihre Bluse, die nicht mehr zu retten war. Ihre andere Bluse hatte Calhoun zerrissen.. Die Erinnerungen an die leidenschaftliche Vereinigung vor der Hütte wallten in ihr auf und Neri verharrte kurz. Sie erinnerte sich, wie wütend sie den Dunkelelfen gemacht hatte und worin diese Wut resultiert war - in pure Leidenschaft. Vielleicht wäre es besser gewesen, die plötzliche Wut vom Vorabend auch in diese Richtung zu kanalisieren, anstatt ihn für immer weg zu schicken? Neriélle schüttelte seufzend den Kopf. Sie wollte nicht an Calhoun denken und konzentrierte sich auf die Wäsche, die dringend nötig war. Bis auf ihre Jacke, den Wollmantel, ihre Hose und Schuhe war nicht mehr viel übrig von ihrem Gepäck. Die Waldbeeren waren zermatscht und ihr Bogen zerbrochen. Die Reise hatte einige Tribute gefordert. Als die große Wäscheaktion beendet war und sie die Teile aufgehängt hatte, griff Neri dankbar nach Kajas Kleidung und wählte etwas Ähnliches, das sie gestern getragen hatte, weil es ihr so gut gefiel. Die Kleidung war nicht festlich. Sie wusste nicht mal, ob sie Kleider in Kajas Schrank gefunden hätte, aber sie suchte auch nicht danach. Sie war nicht der Typ dafür. Sie mochte es bequem und wenn sie sich doch noch entschied, statt das Fest lieber die Stille des Waldes aufzusuchen, war eine Hose deutlich geeigneter als ein ausladendes Kleid. Doch bevor sie tatsächlich eine Hose anzog, griff sie zu dem Tiegel und cremte ihre Wunden erneut mit der fettigen Creme ein. Sie hatte ziemlich gut geholfen, die Wunden hatten sich über Nacht geschlossen und taten kaum noch weh. Während die Paste einzog, kämmte sich Neriélle ausgiebig die Haare und begann dann damit, Zöpfe hinein zu flechten. Dabei nahm sie sich besonders viel Zeit. Zum einen, weil sie vor dem Beginn des Festes nicht mehr viel vorhatte. Zum anderen lenkte die konzentrierte Tätigkeit sie von ihren Gedanken ab. Nachdem auch ihre Frisur saß, die Creme eingezogen und Hose und Stiefel angezogen waren, legte sie das Amulett um ihren Hals und betrachtete sich einige Augenblicke im Spiegel. Die goldenen Augen schauten ihr Spiegelbild an, blieben an ihrem rundlichen Gesicht hängen und ihrer Hautfarbe, während sie an ihre Großmutter dachte und das Blut, das sie miteinander verband. Sie konnte noch immer nicht glauben, was sie erfahren hatte. Was bedeutete das für sie, wenn das Blut von Dunkelelfen durch ihre Adern floss? War es das, was Dromar und sein Dämon in ihr gesehen hatten? War das der Grund dafür, dass sie den dämonischen Worten kaum widerstanden hatte? Sie erinnerte sich nur allzu gut an die Vision, die der Dämon ihr gezeigt hatte, die Macht, die sie gespürt hatte und die sie fasziniert hatten wie die Schattenmagie, die eine große Sehnsucht in ihr geweckt hatte, die sie dazu gebracht hatte, ihr Zuhause zu verlassen.

Mit einem tiefen Seufzer wandte sich Neriélle von ihrem Spiegelbild ab. Es war schwer, all das zu verstehen und die vielen Gedanken mit sich selbst auszumachen. Die Elfe schnappte sich mit der einen Hand ein süßes Küchlein und griff mit der anderen nach dem magischen Holz. Sie wollte Kayon aufsuchen, bevor das Fest begann. Sie war sich zwar sicher, dass er heute nicht mit ihrem Bogen beginnen würde, aber je früher er das Holz bekam, desto besser. Sobald ihr Bogen repariert und Arunn genesen war, würde sie aufbrechen, denn sonst hielt sie nichts mehr hier im Dorf. Wohin genau wusste sie nicht. Sie konnte nur hoffen, dass das Schicksal ihr in die Hände spielte und ihr zu verstehen gab, wo sie Astaloth finden würde. Als Neri vor die Tür trat, verharrte sie einen Moment und nahm ein paar tiefe Atemzüge. Die Luft war so rein hier, es roch nach Wald und Freiheit. Ihr Blick glitt den Stamm hinauf und sie überlegte kurz. Dann fasste sie einen Entschluss und nutzte die Zeit, um gemächlich bis zum obersten Plateau hinauf zu gehen. Die Elfen und Menschen, an denen sie vorbei lief, musterte sie offen, während sie gleichzeitig versuchte, in ihren Mimik und Gesten zu erschließen, was sie über sie dachten. Auf der oberen Plattform angekommen, verharrte sie an ihrem Rand und traute ihren Augen nicht. Der Ausblick war atemberaubend und noch schöner, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie schaute über die Blätterdächer der verschiedenen Wälder. Sie blickte gen Osten und erkannte in der Ferne deutlich die Baumkronen des Kapayu. So nah wie jetzt war sie ihrer Heimat seit Wochen nicht mehr gewesen. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Der Gedanke, einen Abstecher nach Hause zu machen, war natürlich da. Ihre Heimat bedeutete auch Rückzug und Sicherheit. Aber trotz aller Geschehnisse war das Fernweh noch immer größer als das Heimweh. Wirklich weit war sie in den letzten Wochen nicht herumgekommen, auch wenn sie sehr viel erlebt und sehr viel über sich selbst erfahren hatte. Doch von hier oben sah sie deutlich, dass die Welt noch viel mehr zu bieten hatte. Sie vermutete noch immer, dass ihre Mutter selbst keinerlei Ahnung über das dunkle Blut in ihren Adern hatte. Was würde es dann bringen, zurück zu gehen und sie zur Rede zu stellen? Und sich einigeln und Trübsal blasen, sah Neri überhaupt nicht ähnlich. Sie musste Astaloth finden, wer auch immer er war.
Neri lief einige Schritte auf der Plattform, bis sie Richtung Norden schauen konnte.. in die Himmelsrichtung, in der Calhoun unterwegs war. Ob sie von hier oben so weit schauen konnte? Zumindest über die Wipfel des Neldoreth' flogen ihre Augen hinweg und vielleicht sah sie auch die Ausläufer des Arus'. Die Wälder, die sie mit Calhoun durchquert und in denen sie ihr eigenes zweifelhaftes Abenteuer erlebt hatten. Nur sie beide.. wenn man den bewusstlosen Menschen außen vor ließ. Neriélle seufzte und schüttelte den Kopf. Sie hatte nicht erwartet, dass Calhoun und sie so auseinander gehen würden, dass es sich zu einem Kräftemessen entwickeln würde, aus dem sie beide als Verlierer heraus gingen. Zumindest fühlte es sich für Neri so an, die sich im nächsten Atemzug innerlich zurechtwies. Vermutlich verschwendete Calhoun schon gar keinen Gedanken mehr an sie. Vielleicht war das auch der beste Weg, mit all dem umzugehen. Es gab auch keine Alternative, oder? Was geschehen war, war geschehen und konnte sich nicht mehr ändern. Sie mussten jetzt beide mit ihren Entscheidungen leben. Jetzt wartete nur noch die Zukunft auf sie und in der existierte Calhoun nicht.

Neri straffte die Schultern und senkte den Blick auf das Holz hinab. Sie überlegte, ob sie Arunn besuchen sollte, doch bis jetzt hatte Kaja sie nicht darüber informiert, dass er aufgewacht war. Calhoun hatte ihr zumindest versichert, dass es ihm besser ging. Daher blieb Neri wohl nichts anderes übrig, als zu warten. Vielleicht war es auch nicht so schlecht und gab ihr und ihrem Körper Zeit, sich gänzlich zu erholen und zurück zu alten Kräften zu gelangen. Doch erst einmal machte sie sich auf den Weg zu dem Bogenbauer.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Erzähler » Dienstag 19. September 2023, 20:09

Bei Nerielle:

Es waren viele Informationen, die Neriélle mit einem Mal in ihrem Weltbild erschütterten. War sie nun Opfer einer kolossalen Lüge geworden? Haben ihre Eltern essenzielles vor ihr verheimlicht um sie… zu schützen? Sich der Illusion von Perfektion hinzugeben? Die Gedanken überschlugen sich und wirbelten ihr ohnehin hitziges Gemüt erneut auf. Aber würden ihre Eltern so weit gehen und sie glauben lassen, dass sie eine Shyaner Elfe wäre, wenn es nicht so wäre? Sie mussten doch gesehen haben, wie schwer ihr manche Dinge fielen. Wie anders sie hin und wieder war… Nein. Neri kam zu dem Schluss, dass sie ihre Mutter nicht zur Rede stellen musste. Sie konnte es nicht gewusst haben. Wenn hatte sie irgendwann mal etwas geahnt, aber das gewiss auch als närrische Kinderei abgetan. Ihre Großmutter hatte sich das Leben genommen und war früh in der Kindheit ihrer Mutter verstorben. Und die Verzweiflung sprach aus den wenigen, geschriebenen Worten. Alles, was Neri blieb, war ein Name… oder eine Stadt? Oder etwas anderes? Sie entschied sich dafür, dass es ein Name wäre. Astaloth Viel konnte sie nun nicht damit anfangen, doch er würde sich ihr ins Gedächtnis brennen, sodass sie ihn nie wieder vergaß. Ihre Gedanken allerdings formten direkt einen Zusammenhang aus den wenigen Worten. Endlich ergab alles einen scheinbaren Sinn. Wenn sie tatsächlich keine reine Shyáner Elfe wäre… würde das ihre Unfähigkeit mit dem Licht erklären können? Wäre das der Grund, warum sie sich zu den Schatten hingezogen fühlte? Und wieso sie im Angesicht eines machtvollen Dämons nicht schreiend fortlief, sondern fasziniert lauschte, was er ihr wohl zu bieten hätte? Am Liebsten hätte sie wohl gleich ihre wenige Habe gepackt und wäre blindlings losgestolpert, um mehr Antworten zu erhalten, doch sie wusste nicht mal, wo sie überhaupt beginnen sollte. Sie brauchte… Hilfe. Wo und in welcher Art, würde sie vielleicht erst noch suchen müssen, denn ihre einzige Verbindung zum Dunkel… war fort. Calhoun spukte der Elfe auch jetzt noch im Kopf. Er hatte sie auf eine Weise berührt und gereizt, die sie kaum verstehen konnte und sich ebenfalls eingebrannt, auch wenn sie das selbst unter Folter nicht zugeben wollen würde. Dennoch – Calhoun war fort und damit auch ihre Verbindung zum Übel dieser Welt. Hätte er Antworten gehabt? Zumindest eine Richtung vorgeschlagen, wo sie beginnen sollte? Wenn Astaloth tatsächlich ein Name wäre… Würde er ihn kennen? Oh, die Gedanken drohten erneut vollkommen aufzuwirbeln und so entschied sich Neri, sich vorerst anderen Dingen, alltäglicheren Dingen zu widmen.

Sie ließ sich Zeit damit, sich herzurichten und ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Doch die Arbeit des Reinigens, des Umziehens und Haaremachens halfen ihr, dass sie ein wenig geerdeter wurde. Die hübsche Elfe machte sich für das Fest zurecht und überlegte, wohin sie nun gehen sollte. Als erstes floh sie endlich auf das oberste Plateau hinauf. Hier oben wehte der Wind um einiges kühler, zeugte von der kalten Jahreszeit und sie war so hoch, dass sie tatsächlich über einige der Baumkronen hinwegsehen konnte. Zu ihrer Rechten befand sich der Kapayu. Diese Bäume und Pflanzen kannte sie in- und auswendig. Hinter ihr befand sich der Neldoreth, der sich ebenfalls ein wenig vom Sarius unterschied. Zu ihrer Linken änderte sich die Flora abermals, denn das war der Arus. Neri wusste anhand ihrer ausgebildeten Orientierung, dass sich Zyranus ebenfalls Richtung Arus befand. Sie war von dort in den Wald geflüchtet… Dort hatte Schnee gelegen, wenn sie sich erinnerte. Man konnte es manchmal vergessen, wenn die Blätterdächer den Boden vor den Witterungen schützten. Als befände man sich in seiner eigenen Welt. In weiter Ferne konnte Neri das Gebirge erkennen. Ansonsten sah sie nichts weiter als Grün. Die Stille Ebene oder gar das Meer, waren für die Elfe nicht erkennbar. Dennoch tat das Auftauchen aus dieser ‚eigenen Welt‘ doch auch gut und öffnete den Raum für neue Denkweisen und Möglichkeiten. Celcia war groß und sie hatte gerade mal einen Bruchteil davon gesehen…

Rhuna kommt von: Am Ende fängt alles an

Bei Rhuna:

Die kleine Gruppe hatte den Baum zügig erreicht. Tatsächlich war von dem einstigen Mahnmal nichts weiter übrig außer der Erinnerung der Anwesenden. Rhuna konnte sehen, dass hier und dort noch das alte Holz verstreut lag. Einen Moment lang, sahen sie schweigend auf das, was sie seit über 20 Jahren gequält hat. Ajak war es, der sich als erster aus der Gruppe löste und mit seinem Fuß in dem alten Holz scharrte. Der Boden war unter den dunklen Holzteilen tatsächlich gesund. Keine schwarzen Schlieren, kein grausames Gefühl von Tod und Verderben mehr, sobald Haut die Erde berührte. Die Natur begann bereits wieder zu heilen. Das Übel war verschwunden und schaffte Platz für Heilung. Ajak lächelte. Als Naturmagier lag ihm diese noch mal anders am Herzen. Er war mit ihr physisch verbunden und seelisch an sie geschmiegt, um ihre Mächte nutzen zu können. Er hielt sich selbst nie für einen großen Magier, doch Rhuna hatte gesehen und erkannt, zu was der Mann fähig gewesen war. Jetzt konnte sie erkennen, dass Ajak eine ganz besondere Beziehung zu dieser Magie pflegte als er sich hinunterkniete und seine Hände mit abgespreizten Fingern in die neue Erde grub. Er schloss die Augen und sog die Luft tief ein. Dann wandte er sich um und sah Rhuna direkt an. „Komm, ich will dir etwas zeigen, Rhuna!“, bat er sie und hielt ihr die Hand hin. Auch Rhuna wusste, dass in ihr Magie schlummerte, die direkt vom Götterpaar Florencia und Phaun gespeist wurde. Sie hatte beides: Licht- und Naturmagie und wusste auch, dass beides in ausreichendem Maße vorhanden war, um gewollte und ungewollte Wunder zu schaffen. Allerdings hatte Avalinn sie auch gewarnt, denn zwei Magiearten würden sie stets verzehren. Kein Körper war darauf ausgelegt, mit beiden Arten zurechtzukommen. Aber Rhuna durfte erkennen, dass ihre Lichtmagie sehr wohl Platz gemacht hatte, während die Naturmagie übernommen hatte. Vielleicht… mit ein wenig Übung…? Nun aber spürte sie Ajak’s Hand, sollte sie sie ergriffen haben. Er bat sie hinunter zu sich, neben sich und führte ihre Hände auf die weiche, warme Erde. Sie war jung und frisch, das konnte Rhuna fühlen. Sie erneuerte sich, verbannte das Gift der Vergangenheit und erblühte wieder. Ajak behielt seine Hand auf ihrer, während ihre Handfläche den Boden berührte. Er schloss abermals die Augen und atmete tief, bis Rhuna es ihm nachmachte. Dann spürte die Elfe mit einem Mal ein sanftes aber stärker werdendes Kribbeln zwischen ihren Händen. „Lasse sie herein, Rhuna… heiße sie Willkommen…“, flüsterte Ajak und Rhuna konnte fühlen, wie sich die anderen neben sie setzten. Plötzlich ergriff jemand ihre andere Hand, es war Yedan. Auch Kayon und Kaja ergriffen die Hände von Ajak und Yedan, während sie alle ihre auf den Boden richteten. „Höre zu, Rhuna… höre der Magie der Natur zu und lasse sie zu dir sprechen…“, leitete Ajak die Elfe und machte im Grunde nichts anderes, als Neri und sie es zuvorgetan hatte. Ajak leitete seine Magie und lockte ihre eigene hervor. Plötzlich konnte Rhuna die Natur um Längen besser wahrnehmen. Wie zuvor bei der Lichtmagie, wurde sie erfüllt von der Schönheit der Flora und Fauna um sie herum. Sie hörte Tiere im Unterholz knacken, konnte kleine Keimlinge wachsen hören, hörte das Rauschen des Windes, das Fiepen einiger Vögel… alles andere blendete ihr Verstand aus. Sie war eins… eins mit der Natur und sobald sie ihre Augen wagte zu öffnen, war sie allein.

Willkommen…, hörte sie eine Stimme sagen, die an Wärme und Innigkeit kaum übertroffen werden konnte. Sie sah niemanden, denn alles war Rhuna sehen konnte, war ein wundervoll glitzernder Bach und eine sprudelnde Quelle. Ringsherum waren die sattesten Blüten und prächtigsten Farben. Es wirkte surreal, doch wundervoll vertraut und geborgen. Du wirst noch einen langen Weg gehen müssen, bevor du mich sehen kannst. Aber ich will dir trotzdem für deine Dienste und deinen Mut bis hierher danken,… Rhuna. Es war kaum vorstellbar, doch Rhuna hatte das Gefühl, die Stimme zu kennen… Sie war so seltsam vertraut und doch wusste sie, dass sie sie noch nie zuvor gehört hatte. Ein Gefühl von inniger Liebe breitete sich in ihr auf. Urvertrauen. Erdung. Dein Glaube lässt uns erstarken., sprach die Stimme weiter und auch wenn sie es nicht sah, spürte sie ein Lächeln. Wir segnen diesen Hain des Neuanfanges und wir segnen dich, Rhuna.., ein Hauch durchfuhr das braune Haar, als hätte man sie dort gestreichelt. Dann verschwand sie aus dieser Illusion und kehrte an den Platz im Dorf zurück. Inzwischen hatte Ajak’s Magie aufgehört und doch bohrte sich an der Stelle, an der der Baum einst stand, ein kleiner Setzling vor ihren Augen aus der Erde. Ein Neuanfang…

Bei Nerielle:

Neri entschied sich, der Weite der Welt den Rücken zu kehren und kletterte behände und zügig zurück zum Erdboden. Sie wollte vor dem Beginn des großen Festes noch einmal Kayon aufsuchen. Der alte Mann hatte ihr in Aussicht gestellt, dass er ihren Bogen würde reparieren können, wenn sie ihm nur das magische Holz brächte. Man konnte wahrlich nicht behaupten, dass Neri nicht alles für diesen Bogen getan und gegeben hätte. Es musste sich einfach am Ende lohnen! Allein schon, um diesem verdammten Dunkelelfen ins Gesicht zu lachen und triumphierend zu grinsen. Wenn sie ihn denn je wiedersehen würde… Neri’s Weg war gespickt von kleineren und größeren Hürden. Die Blicke der Waldelfen nahmen am Boden ab, denn hier waren alle damit beschäftigt, das Fest vorzubereiten. Immer wieder musste die Elfe dem einen oder anderen ausweichen und darauf achten, nichts umzuwerfen. Allmählich verwandelte sich das Dorf in einen einzigen Festplatz. Kurz ging sie an jenem Ort vorbei, der das große Finale beschlossen hatte. Dort, wo vormals der tote Baum stand, fand sich nun ein kleiner Hain mit hübschen Pflanzen und Blüten, die magisch verstärkt besonders prächtig schillerten. In der Mitte konnte Neri einen winzigen Setzling erkennen, der offenbar einen neuen Baum hervorbringen würde, wenn erstmal die Zeit ins Land gegangen war. Es erneuerte sich alles…, die Natur war das allerbeste Beispiel. Und so wie sie sich regenerierte und neue Wege fand, würde das wohl auch Neri tun können… eines Tages. In einiger Entfernung und nicht auf ihrem Weg liegend, konnte Neri tatsächlich Rhuna, Yedan und die Geschwister entdecken. Sie standen bei einer älteren Frau, die sich mit ihnen unterhielt. Kayon war allerdings nicht dabei und so trugen ihre Füße sie bis zur Hütte des Bogenbauers.

Bei Rhuna:

Nachdem sie diesem Hain ihre Liebe gezeigt und die wahrhaftige Dankbarkeit des Götterpaares erlangt hatten, erhoben sich Yedan, Ajak, Kaja und Kayon. Sie alle standen dort und blickten auf den Setzling. Sie waren ergriffen von dem Erlebnis und schienen die Hoffnung für sich gefunden zu haben, dass sie die Schrecken hinter sich lassen können. Ajak war es, der noch mal vortrat. Er holte aus einem kleinen Beutel an seinem Gürtel einige Samen in verschiedensten Formen und begann dann damit sie in kleine Erdlöcher zu legen, die er augenscheinlich willkürlich mit seinen Fingern grub. Erst, als er alles verteilt hatte, schloss er die Augen und berührte die Erde noch einmal. Um sie herum, um den Setzling herum, entstanden wundervolle, prächtige Blüten und Farben und umrahmten den Setzling. Nun war dies tatsächlich ein Götterhain, der ihnen mit jedem Blick und jedem Tag, die Hoffnung in die Herzen tragen würde. Kayon verabschiedete sich von ihnen. Der Mann war alt und brauchte, wie er sagte, noch etwas Ruhe, bevor es zum Fest ginge. Yedan, Kaja und Ajak gingen mit Rhuna in Richtung Taverne. Sie konnten erkennen, dass sich diverse Menschen und Elfen bereits zu dieser frühen Stunde bei den Vorbereitungen zum Fest befanden. Das Fest würde das ganze Dorf einnehmen. Überall waren Tische und Bänke. Hier und dort wurden Tischtücher drübergelegt oder bereits kleine, hübsche Dekore in die Mitten der Tische drapiert. Die Stimmung war geschäftig und trotzdem ausgelassen. Rhuna konnte die Bewohner lächeln, scherzen und herumalbern sehen. Alle freuten sich auf das Bevorstehende. Plötzlich trat ihnen ein bekanntes Gesicht in den Weg: Lorna. Die Frau von Farun. Die Pelgarerin lächelte ihnen erschöpft aussehend entgegen. „Wie schön, euch noch mal zu sehen!“, eröffnete sie das Gespräch, bevor ihr Blick gleich zu Yedan ging. Die Frau sah ihn einen Moment betreten an, dann trat sie auf ihn zu und umarmte ihn einfach. Yedan hob zögernd die Arme. Er war sich nicht sicher, was er davon halten sollte, bis sein gutes Herz siegte und er sie in den Arm nahm. „Verzeihung…“, flüsterte Lorna leise und in diesem Wort schwang so viel Bedauern, Scham und Trauer mit, dass nicht mehr gesagt werden musste. So gutmütig Lorna auch bei ihrem Eintreffen hier gewirkt hatte, so abgekämpft und erschlagen wirkte sie jetzt. Sie musste mit allerlei Dingen fertigwerden und kümmerte sich zudem noch um die Kranken. „Avalinn ist auf dem Weg der Besserung. Ob sie bald aufwachen wird, weiß ich aber nicht… Der Mann beginnt sich zu regen.“, seufzte sie und lächelte noch mal leicht. „Ich hoffe, ihr findet euer Glück, Kinder!“, meinte sie ehrlich und sah kurz auf die Elfe, die in einiger Entfernung das Haus des Bogenbauers ansteuerte. „Eurer Freundin geht es offenbar auch wieder besser.“, wies sie darauf hin und kurz konnte Rhuna noch Neri vorbeigehen sehen, bevor sie sie wieder aus dem Blickfeld verlor.

Rhuna und Neri:

Nachdem Neri das Holz bei Kayon hatte abliefern können, versicherte der Alte ihr, dass er nach bestem Wissen und Gewissen den Bogen bearbeiten würde. Er erbat sich ein paar Tage Zeit, würde aber unermüdlich sein, bei der Wiederherstellung ihres Andenkens. Auch Rhuna hatte noch einen Moment Zeit bekommen, sich im Dorf zu bewegen, doch irgendwann war der Tag gewandert und langsam brach der Abend herein. Was auch immer das Dorf bis zum Beginn der Dämmerung getan hatte, irgendwann fanden sich alle unten bei den Tischen ein. Rhuna und Neri konnten beide erkennen, dass es ausreichend Fläche zum Tanzen gab. Es gab ein ewig langes Buffett mit allem, was das Herz begehrte. Einige Elfen und Menschen spielten fröhliche und heitere Musik auf, sobald die Gäste nur zahlreich genug waren. Es war ein ausgelassenes Gedränge, Gemurmel und die Feier brauchte kaum Anstoß, um richtig in Gang zu kommen. Auch blieb die Tanzfläche nicht frei und wen es auch immer dorthin zog, er fand hier und dort auch einen Tanzpartner, wenn er denn wollte. Alle waren in hübsche Gewänder gekleidet und hatten sich hier und dort mit Schmuck oder ausgefallenen Flechtfrisuren herausgeputzt. Im Getümmel konnten Rhuna und Neri das ein oder andere bekannte Gesicht erkennen. Alle waren gekommen und schließlich waren es Kaja und ein paar andere Jägerinnen, die ein großes Wildschwein trugen und stolz präsentierten. Es wurde dem Götterpaar für dieses wundervolle Geschenk gedankt, bevor es über dem Feuer an einem Drehspieß knusprig gebraten wurde. Es gab Wein, Traubensaft, Wasser und Met. Es gab aber auch gebrautes Bier und jeder konnte seinen Becher am Stand für Getränke füllen, wenn er wollte. Das Fest kam erst richtig in Gang, als die Dämmerung der Nacht gewichen war. Feuerstellen prasselten mehrfach mit verschiedenen Sitzgelegenheiten drumherum und erhellten die Umgebung mit warmem Licht. Die Musiker wurden nicht müde zu spielen und nahmen sogar Wünsche entgegen, wenn sie das Lied denn kannten. Alles in allem war es fröhlich und ein jeder hatte Zeit, sich in Ruhe mit anderen zu unterhalten.
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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Freitag 22. September 2023, 13:31

Nachdenklich verließ Neriélle die obere Plattform des großen Baumes. Sie hing ihren Gedanken nach und der Blick aus den goldenen Augen haftete sich mehr in die Ferne als auf den Weg. Fast wäre sie deshalb mit zwei geschäftigen Elfen zusammengestoßen, die mehrere Kisten nach unten zum Stamm des Baumes trugen. Neri murmelte eine Entschuldigung und versuchte, sich dann auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, auch wenn das nicht so einfach war. Schließlich hatte sie gerade erst erfahren, dass dunkelelfisches Blut durch ihre Adern floss. Außerdem war da noch das schlechte Gewissen, weil sie den Einzigen zum Gehen aufgefordert hatte, der ihr in den letzten Wochen helfend zur Seite gestanden hatte. Nicht nur das, er hatte ihr sogar zweimal das Leben gerettet und jetzt, mit einigem Abstand, wurde Neri klar, dass das mehr aussagte als sein Schweigen. Als Neri wieder den Erdboden unter ihren Füßen spürte, verharrte sie einen Moment und ließ ihren Blick über das rege Treiben schweifen. Die Dorfbewohner hatten sich ins Zeug gelegt, um das Fest vorzubereiten. Neri war nun etwas aufmerksamer und blieb kurz bei dem toten Baum stehen, den der Dämon förmlich gesprengt hatte. Sie entdeckte den kleinen Setzling, umrahmt von wunderschönen Blüten. Trotz seiner Schönheit konnte der Anblick nicht die grausigen Gedanken an die Begegnung mit dem Dämon mindern, die der tote Baum in ihr auslöste. Sie dachte an den Dämon zurück und wie sich Rhuna für alle hier geopfert hatte. Die Bilder von Rhunas Tod blitzten vor ihrem geistigen Auge auf. Den Anblick, wie Calhoun der Elfe die Kehle durchtrennt hatte, würde sie wohl niemals vergessen können. Ebenso wenig ihre plötzliche Wiederkehr, auf die der Dunkelelf hingewiesen hatte, bevor sich Rhuna geregt hatte. Aber auch das würde sein Geheimnis bleiben und Neri musste sich mit all den unbeantworteten Fragen arrangieren. Mit einem Seufzen wandte sie den Blick ab und sah Rhuna mit den anderen in einiger Entfernung stehen. Sie musterte das Grüppchen für einen Moment, ehe sie sich in die Richtung begab, in der das Haus des Bogenbauers stand.

Neriélle war sichtlich froh, dass Kayon sein Wort hielt und ihr versicherte, dass er sein Bestes geben würde, um ihren Bogen zu reparieren. Die Elfe nickte und verdeutlichte, dass es kein Problem war, wenn er sich die Zeit nahm, die er brauchte. Sie wollte nicht hetzen, auch wenn sie innerlich hoffte, dass er nicht zu lange brauchen würde. Im Grunde zählte doch, dass sie überhaupt jemanden gefunden hatte, der ihren Bogen reparieren konnte und wollte.
Als sie Kayon verließ, hatte sich ihre Laune zumindest etwas gehoben. Die Aussicht auf einen neuen Bogen beflügelte tatsächlich ihr Herz. So näherte sie sich dem Dorfzentrum wieder, nun jedoch etwas langsamer. Sie hatte es nicht eilig, denn sie war noch immer eine Fremde hier. Normalerweise hatte sie keine Probleme damit, überall Anschluss zu finden. Doch normalerweise hatte sie auch ein frohes Gemüt, das das Leben nicht ernst nahm und in allem Zerstreuung suchte. Aber heute war das anders. Es war einfach zu viel vorgefallen und ihr war nicht zum Feiern zu mute. Was sollte sie feiern? Dass dieses Dorf, das sie erst gestern zum ersten Mal betreten hatte, von einem Dämon befreit worden war? Dass Yedan, den sie nicht kannte, Gerechtigkeit erfahren hatte? Dass sie einen Dunkelelfen hergebracht hatte, der seiner Gefährtin und der jetzigen Heldin des Dorfes die Kehle aufgeschlitzt hatte? Und der einfach abgehauen war, um sie hier allein zu lassen.. Für Neri hatte das alles einen faden Beigeschmack. Andererseits war das Fest überall, es gab quasi kein Entrinnen. Und trotz allem war sie nicht der Typ dafür, um sich alleine in die Hütte zurückzuziehen, in der doch wieder nur schwere Erinnerungen und Gedanken auf sie warteten. Also nahm sie die Umstände so, wie sie nun mal waren, und versuchte zumindest, dem Fest etwas Gutes abzugewinnen und für ein paar Stunden Ablenkung dabei zu finden.

Die Musik lockte sie zumindest schon von weitem und brachte sie dazu, dann doch näher zu kommen. Sie liebte Musik, spielte sogar selbst ab und zu etwas auf der Laute, und die Lieder weckten etwas Vertrautes in ihr. Manche glaubte sie sogar wiederzuerkennen. Etwas abseits stehend, lauschte sie der Musik und beobachtete später das Geschehen um das erlegte Wildschwein herum, wobei sie zu dem Entschluss kam, dass Kaja wohl auch eine Jägerin sein musste. Sie fragte sich kurz, ob ihr Zwillingsbruder dieselbe Berufung gewählt hatte, konnte ihn in der Gruppe der Frauen jedoch nicht ausmachen. Falls Neri Rhuna in dem Getümmel sehen sollte, würde sie sie lächelnd grüßen, hielt sich sonst jedoch im Hintergrund. Sie vermutete, dass die Elfe zunächst einmal Zeit mit Yedan und ihren Freunden verbringen wollte und wollte sich nicht aufdrängen. Sie würde ihr gegenüber jedoch Offenheit suggerieren. Bis dahin jedoch stand sie etwas abseits, lehnte sich gegen einen Baum, der von der nahen Feuerschale erhellt wurde, und beobachtete die feiernden und tanzenden Gäste auf der nahen Tanzfläche. Dabei wippte sie mit einem Bein im Rhythmus der Musik. So ganz mit sich selbst beschäftigt, begannen dann doch wieder die Gedanken zurück zu ihrer Herkunft zu springen, die ihr die Quelle offenbart hatte.. und den Namen, den ihre Großmutter notiert hatte. Astaloth - ob Calhoun mit diesem Namen etwas hätte anfangen können? Neben Arunn, der aufgrund seiner Verletzung kein langfristiger Gesprächspartner gewesen war, war Calhoun die einzige Person gewesen, die die Welt außerhalb von Shyána Nelle so viel besser zu kennen schien als sie. Vielleicht hätte Calhoun mehr gewusst? So wie er viel über die Schattenmagie, Nekromantie und Dämonen gewusst hatte. Doch diese Chance war vertan, sie würde es nie erfahren und musste darauf hoffen, anders hinter dieses Geheimnis zu kommen. Neri seufzte kurz und sah Kopfschüttelnd auf ihren Becher hinab, der nur noch zur Hälfte mit Wasser gefüllt war. Sie ärgerte sich, dass dieser Dunkelelf in ihrem Kopf herumspukte und hielt Ausschau nach Rhuna. Vielleicht war es ja doch besser, sich einfach ins Getümmel zu stürzen?

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Sonntag 24. September 2023, 01:25

Rhuna tat es gut mit Ajak zu sprechen, der sie doch die meiste Zeit im Dorf begleitet hatte. Sie hatte ihn liebgewonnen und schätzte ihn als Freund, weit mehr als er vielleicht ahnte. Daher machte sie sich auch ein wenig Sorgen, da sie ihm auf seine Liebeserklärung, noch nicht direkt geantwortet hatte. Dafür war bei all dem, was geschehen war kein Platz gewesen. Sie hatte wohl bemerkt, dass er erkannt und gesehen hatte, für wen ihr Herz wirklich schlug, doch hatte sie trotz allem ein schlechtes Gewissen. Sie wollte nicht, dass er glaubte, dass ihr seine Gefühle egal waren. Doch auch jetzt schien nicht der passende Moment gekommen zu sein, um mit solch einem Thema zu beginnen. Und vielleicht hatte Kaja ja auch recht und Ajak selbst hatte den Moment schon längst überwunden und dachte gar nicht mehr auf solche Weise von ihr.
Für Rhuna war dies schwer herauszulesen, während sie sich unterhielten und sie sicherstellte, dass er ihr verriet, wie es ihm wirklich ging. Gegen das Leid, das ein Sarier bei solch einem Angriff auf seine Heimat empfand, war das zwischen ihnen vielleicht auch nur eine staubkorngroße Kleinigkeit für den Elfen.
Sie lächelte ihn ehrlich an, als er ihr versicherte, dass es ihm gut ging und nickte darüber glücklich. Sie war wirklich froh das zu hören, doch wusste sie, dass auch er viel durchgemacht hatte und noch zu verarbeiten hatte: Der Angriff auf das Dorf und die Natur, was ihm als Naturmagier noch einmal völlig anders zu schaffen machte, der Verrat seines Lehrmeisters, der ihm all dies eigentlich beigebracht hatte…
„Du hast recht! Wir alle brauchen wohl diese Zeit und sollten sie uns auch nehmen.“, stimmte Rhuna ihm zu, geriet allerdings ins Stocken, als Ajak erwähnte, dass der Dunkelelf verschwunden war.
„Er ist verschwunden? Meinst du damit er und Neriélle…“, Rhuna unterbrach sich selbst, denn ihr fiel in diesem Moment der verletzte Mensch ein, der mit Sicherheit noch nicht weit genug genesen war, dass er hätte mit ihnen reisen können. Und da Neri um dessen Wohl äußerst besorgt war, schien ihre Abreise mit Calhoun völlig abwegig. „Oh… ich verstehe!, behauptete sie und fragte sich selbst, wie sie über das abrupte Verschwinden des Dunkelelfen denken sollte. Sie hatte geglaubt, dass er mit Neri und dem Menschenmann zusammen abreisen würde – dass er und Neri mehr waren als…!
Ich verstehe das nicht…! Lag es vielleicht daran, dass er gemerkt hat, dass Dunkelelfen in diesem Dorf nicht gerne gesehen oder willkommen sind? Ajaks Erleichterung konnte sie zumindest nachempfinden und Rhuna erwischte sich auch, dass ein kleiner Teil in ihr bei dieser Nachricht ebenfalls aufatmete. Obwohl sie sich gleichzeitig darüber schlecht fühlte. Doch wie sollte sie auch klare und unbeschwerte Gefühle ihm gegenüber empfinden, wo er sie umgebracht hatte – für das Wohl des Dorfes hin oder her – egal, ob sie zurückkehren durfte. Das alles verstand auch die Elfe noch nicht so recht und würde ebenfalls eine längere Zeit brauchen, um das alles zu verarbeiten. Denn vergessen würde sie es niemals können, auch wenn sie es Calhoun nicht einmal wirklich… übelnehmen konnte, wenn sie an den Sinn und Zweck der Gesamtsituation dachte und nicht an sich.
Ihre Gedanken wanderten zu Neri. Hoffentlich geht es ihr gut! Ob sie nun bei dem verletzten Mann ist?, grübelte sie, ehe sich die Themen wandelten und somit auch ihre Aufmerksamkeit auf anderes gezogen wurde. Doch leichter wurde es nicht wirklich. Nur zwischenzeitlich sprachen sie über Sorgenfreies, bis die Frage auftauchte, wie es nun für Rhuna weitergehen würde und sie … die Wahrheit über ihre Abreise nicht verschwieg.
Plötzlich schien die Stimmung dahin und jeder von ihnen war irgendwo betreten. Die Elfe sah trotz gesenkten Blickes verstohlen zu Yedan, der mit einem Mal völlig in Gedanken versunken war.
Kayon fand als erstes wieder zu Wort und versuchte ihnen einen tröstlichen Gedanken mit auf dem Weg zu geben: „Es ist keine Schande Schmerz bei einem nahenden Abschied zu fühlen, Rhuna. Es ist etwas Süßes, das eine gewisse Bitterkeit innewohnen hat, aber glaube mir, das wird vergehen. Du hast hier in unserem Dorf jederzeit einen Ort gefunden, an dem du herzlich Willkommen bist, wenn deine Füße müde sind, dein Herz schwer wird oder dein Kopf Zeit braucht. Jederzeit, Rhuna. Du bist ein Teil von uns geworden und egal wohin es dich verschlagen würde, egal welche Aufgaben auf dich warten – hierher kannst du stets zurückkehren und wirst immer in Gesichter von Freunden blicken!“ Rhuna erwiderte das Lächeln, doch ihre Augen erreichten nicht dieselbe Wärme, wie der ältere Herr sie betrachtete. Vielmehr verspürte sie einen Anflug von aufkeimender Wut, die aus dem Schmerz ihrer Rücksichtnahme geboren wurde, der sich tief in ihr Herz bohrte. Unter dem Tisch ballte die Elfe die Hände zu Fäusten. Sie wusste, dass die Worte nichts Anderes als nett gemeint waren. Doch der Trost wollte sie noch nicht erreichen, auch wenn sie sich hier wirklich mehr Zuhause fühlte, als in Shyána Nelle. Kayon selbst zweifelte ebenfalls nicht, dass Yedan an seiner Seite bleiben würde. Was richtig war – und gut! Irgendwie…
Diesem Gefühl wohnt nichts Süßes bei. Es tut einfach nur weh und ist bitter!, dachte sie und bohrte ihre Fingernägel weiter in die Handflächen, um ihre Maske nicht fallen zu lassen, die sie mühsam aufrechterhielt. Rhuna glaubte nicht, dass der Schmerz so schnell und einfach vergehen würde, wie Kayon es beschrieb.
Glücklicherweise mischten sich nun Kaja und Ajak ein und die Truppe löste das gemeinsame Frühstück auf, um ihr Vorhaben, den Göttern zu danken, nachzukommen. Alle griffen nach den Resten und während Kayon mit den Geschwistern bereits das Haus verließ, blieben Rhuna und Yedan noch ein paar Momente zurück.
Sie griff sich wortlos eine der Schüsseln und sah zu ihrem Liebsten, der noch immer in Gedanken versunken war. Von Allen war er der Einzige, der ihren nahenden Abschied nicht einfach beiseite wischen konnte. Und damit … tröstete er Rhuna sogar ein wenig. Yedan war für die Elfe zu jemandem geworden, ohne den sie sich gerade kein Weiterkommen vorstellen konnte. Seine Nähe, seinen Rat, seine Wärme… wie wollte sie ohne all das … ohne ihn überhaupt klarkommen? Ihr altes Ich, das sich selbst nicht viel zutraute, wollte sich diesem Gedanken völlig hingeben und keinen Ausweg sehen. Doch da war ein neuer Teil in ihr, der diesem alten Teil in sich entgegenwirkte. Eine Lösung oder eine Antwort auf ihre Gefühle bekam sie dadurch noch nicht, aber er hielt sie davon ab, sich ihrem schmerzendem Herzen zu ergeben.
Ihn musternd wartete Rhuna, bis Yedan sich selbst aus seinen Gedanken entließ, sie anlächelte und ihre Hand ergriff, um den anderen zu folgen. Dass ihr Griff sich deutlich fester um seine Finger schloss, als normalerweise, fiel ihr selbst dabei nicht auf.

An ihrem Ziel angekommen konnten sie alle die Reste des Baumes sehen, das noch immer überall verstreut lag. Die Dorfbewohner hatten zwar schon längst damit begonnen die Überbleibsel aufzuräumen, doch so groß, wie der Baum gewesen war, würde dies noch einige Stunden Arbeit bedeuten.
Obwohl Rhuna noch nicht lange im Dorf war, fühlte es sich merkwürdig an, den dunklen Baum an dieser Stelle nicht länger zu entdecken. Das bedrohliche Gefühl war verschwunden und die Atmosphäre war so rein und klar, wie noch nie zuvor an diesem Ort und doch musste man sich an den großen leeren Platz erst einmal gewöhnen.
Ajak löste sich als Erster und untersuchte die Erde, die so lange Jahre von dunkler Magie ausgezehrt worden war. Rhuna folgte ihm mit ihren Blicken und als der blonde Elf lächelte, löste dies unterbewusst auch bei ihr ein Lächeln aus. Irgendwie wirkte Ajak plötzlich viel reifer und erwachsener, als zuvor. Hatte er vor ein paar Tagen ihr ihre Kräfte noch geneidet, hatte er sie in so kurzer Zeit um ein Vielfaches übertroffen und hatte mit all seinen Kräften seine Heimat beschützt.
Ajak zeigte ihr auf eine andere Art, wie stark er… und auch die anderen Sarier mit ihrer Heimat verwurzelt waren. Seine Ausstrahlung berührte die Shyánerin unterbewusst und stärkte ihr Verständnis und die Ehrfurcht vor diesem Band, dass sie mit ihrer eigenen Heimat nicht in diesem Maße teilte. Aber es beruhigte sie ihm zuzusehen und der Schmerz um ihr Herz verlor ein wenig an Stärke. Bis Ajak sie plötzlich ansprach: Komm, ich will dir etwas zeigen, Rhuna!“, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen, auf die Rhuna einen Moment lang, etwas überrumpelt, blickte. Noch immer hielt sie Yedans Hand und erst, als sie ihren Griff langsam löste, spürte sie, wie feste sie ihn die ganze Zeit gehalten hatte. Ihre Fingerglieder fühlten sich angestrengt an und begannen auf die plötzliche Entspannung leicht zu kribbeln.
Bevor sie Ajaks Hand ergriff, sah sie noch einmal zu ihrem Halbelfen, der das alles still hingenommen hatte. Oder hatte er es gar nicht gemerkt?
Sie kniete sich neben Ajak, der ihre Hände in die warme, weiche Erde führte. Kurz sah sie ihn fragend an, in der Hoffnung herauszufinden, was er vorhatte, doch ihr Freund schien mit seinen Gedanken bereits wieder bei der Natur zu sein. Ihre Fingerkuppen strichen sanft über die etwas feuchte und doch lockere Oberfläche. Rhuna hatte ihre Naturmagie nur ein einziges Mal erfolgreich einsetzen können und fragte sich, ob sie überhaupt fähig war, diese noch einmal zu nutzen. Ob sie es überhaupt tun sollte, denn Avalinns warnende Worte klangen ihr noch immer in den Ohren. Zwei Magiearten zu beherrschen würde ihre Fähigkeiten mit Sicherheit übersteigen! Sie würde sich entscheiden müssen, sollte sich eine ihrer Magien nicht von alleine zurückziehen und Stück für Stück abschwächen, bis sie völlig verschwand. Oder…?
Das Gefühl mit der Natur um sich herum verbunden zu sein, würde sie niemals vergessen können. In diesem Moment hatte sie jegliche Einsamkeit verlassen. Ein Gefühl… das sie aufgrund ihres Kummers über den nahen Abschied verloren hatte.
Ajak zog ihre Aufmerksamkeit auf sich und Rhuna verstand mit meinem Mal, was der Naturmagier von ihr wollte. Sie versuchte sich seiner Atmung anzupassen und tatsächlich wurde sie, Atemzug um Atemzug, lockerer und entspannter. Ihr Geist richtete sich nicht länger auf ihr schmerzendes Herz, sondern wurde langsam davongetragen, während sie sich immer mehr auf die Natur und das Gefühl der frischen Erde unter ihren Fingern konzentrierte.
„Lasse sie herein, Rhuna… heiße sie Willkommen…“, flüsterte Ajak und bot der Elfe mit seiner Stimme eine Art Wegweiser. Letztes Mal hatte sie ihre Magie völlig alleine finden müssen. Doch nun begleitete sie jemand, wodurch es ihr viel einfacher fiel.
„Höre zu, Rhuna… höre der Magie der Natur zu und lasse sie zu dir sprechen…“ Sie folgte weiter seiner Stimme, bis jemand ihre andere Hand ergriff. Und merkwürdigerweise musste sie nicht einmal die Augen öffnen, um zu wissen, wer sie ergriffen hatte. Sie spürte Yedan und mit einem Mal die ganze Natur um sich herum auf eine völlig andere Weise und viel intensiver, als zuvor. Ajak lockte ihre eigene Magie hervor, wie es Neri bei ihrer Lichtmagie getan hatte.
Rhunas Ohren zuckten leicht. Sie hatte das Gefühl alles um sich herum hören zu können. Jeder Flügelschlag, ob Vogel oder Biene hallte in der Luft wieder und vermischte sich mit dem Rauschen des Windes, der über die Blätter in den Bäumen strich. Die Krallen kleiner Nager erzeugten dumpfe, teils klackernde oder schabende Laute, wenn sie über die warme Rinde der Bäume kletterten. Die Laute der Tiere stimmten in diese ganz einzigartige Melodie mit ein. Und Rhuna spürte eine Verbundenheit und Vertrautheit, die ihr beinahe die Tränen in die Augen trieben. Mit sanftem Flattern öffnete sie diese und fand sich plötzlich alleine und an einem ihr fremden Ort wieder.
Willkommen…, erklang plötzlich eine Stimme, die ihr fremd und zugleich merkwürdig vertraut erschien. Rhuna hätte sich erschrecken müssen, plötzlich woanders zu sein, doch sie tat es nicht. Wem auch immer diese Stimme hörte – die Elfe spürte ein unfassbares und unerklärlich starkes Vertrauen. Sie war umgeben von der Schönheit der Natur, einer sprudelnden Quelle, die in einen klaren Bach mündete, auf dessen Oberfläche sich die Sonne brach und die Klarheit des Wassers ihr den Blick bis zum Grund auf die filigranen Wasserpflanzen und Wassertierchen gewährte. Die Vegetation um sie herum war üppig und die Äste und Ranken zierte eine schöne Blüte, nach der Nächsten.
Du wirst noch einen langen Weg gehen müssen, bevor du mich sehen kannst. Aber ich will dir trotzdem für deine Dienste und deinen Mut bis hierher danken,… Rhuna.
Die Stimme war geradezu glockenklar und lieblich. Rhuna sah sich um, doch eine, zu ihr passende Gestalt, wollte sich ihr wirklich nicht zeigen. Das Gefühl von inniger Liebe, das wie die Quelle in ihr hervorsprudelte füllte das Herz der Elfe. Über ihre Wange lief eine einzelne Träne, die jedoch nichts mit Schmerz oder Einsamkeit zu tun hatte.
Dein Glaube lässt uns erstarken. Wir segnen diesen Hain des Neuanfanges und wir segnen dich, Rhuna…. Rhuna spürte ein Lächeln, das sie ganz natürlich widerspiegelte, während ihr ein Hauch durch ihr braunes Haar fuhr, als hätte man sie dort gestreichelt.
Ich danke dir…!, flüsterte Rhuna leise, ehe sich die Illusion auflöste und sie sich zurück bei ihren Freunden auf dem Dorfplatz wiederfand.
Rhuna blinzelte leicht und spürte nun auch wirklich auf ihrer Wange eine Träne, die an ihr hinablief. Sie war tief ergriffen von dieser Begegnung und auch wenn sie keine Gestalt gesehen hatte, wusste ihr Herz doch, wer zu ihr gesprochen hatte. Und für jemanden wie Rhuna, waren diese Worte mit das größte Geschenk, was man ihr hatte machen können.
Es brauchte eine Weile, bis sie sich wieder im Hier und Jetzt wiederfand und orientieren konnte. Sie wischte sich über die Augen und fühlte dem Abklingen der wundervollen Gefühle in sich nach und erhob sich zusammen mit den anderen. Ihrer aller Blicke richteten sich auf den Setzling, der an eben jener Stelle seine feinen Blättchen aus der Erde streckte, an dem der alte, befallende Baum gestanden hatte. Und sie alle wussten, was dieser bedeutete!
„Ein Neuanfang!“, flüsterte Rhuna leise mit einem Lächeln und dem Wissen, dass dieser Hoffnung beinhaltete. Bevor sie gingen, ließ Ajak wundervolle Blumen aus dem Boden um den Setzling herum wachsen, die ihn mit den schönsten Blüten umrahmten und diesen Platz wirklich zu einem gesegneten und heiligen Ort verwandelten. Hier hin würden die Dorfbewohner kommen können, wenn sie dem Götterpaar nahe sein wollten!

Kayon verabschiedete sich von ihnen und zusammen mit den Geschwistern und Yedan ging Rhuna in Richtung der Taverne. Um sie herum herrschte bereits geschäftiges Treiben, denn alle waren mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt. Die Stimmung war von Vorfreude durchsetzt und Rhuna war froh zu sehen, dass das Dorf und seine Bewohner trotz all des Schreckens in seiner ganz eigenen Art und Weise aufblühte. Wie die Natur, fanden auch die Bewohner ihren Weg zu heilen. Und dieses Mal … hoffentlich für immer oder eine sehr, sehr lange Zeit ohne neuen Schrecken!
Sie sah sich um, ehe ihr Blick auf Yedan hängen blieb. Trotz all der Jahre der Verbannung sah sie nun wie tief die Lebensart des Dorfes in ihm verwurzelt war. Sie sah, wie sein brauner Blick über jedes Detail der Häuser streifte, vielleicht auf der Suche nach Unterschieden zu dem Bild aus seinen Erinnerungen. Und in jedem dieser Blicke entdeckte sie das Wort: Heimat!
Ein sanftes Lächeln erhellte das Gesicht der brünetten Elfe. Ihr Blick spiegelte die Zuneigung, die sie zu ihm empfand und auch das Glück, das er vielleicht gerade fühlte. Wie könnte sie ihm dieses Gefühl wieder nehmen, nur um ihr eigenes Glück beisammen zu halten?!
Im Augenwinkel nahm Rhuna plötzlich eine andere Gestalt wahr und löste ihren Blick von Yedan. Als sie Lorna entdeckte, fühlte sie augenblicklich eine leichte Befangenheit in sich aufsteigen. Die Pelgarierin sah erschöpft aus, wirkte blass und als hätte sie seit dem Vorfall kein Auge zugetan.
Lorna… Die herzensgute Frau hatte Rhuna an ihrem ersten Tag hier im Dorf sofort geholfen und ihrer aufgewühlten Seele Trost gespendet, als sie um Yedans Leben gebangt hatte. Ihre liebevolle, fast mütterliche Art hatte den Anschein erweckt, als wüsste sie stets eine Lösung für ein Problem. Doch nun war dieser Zauber verschwunden. Der Verrat von Farun, ihrem Mann, hatte sie eindeutig schwer mitgenommen.
„Wie schön, euch noch mal zu sehen!“, sagte Lorna und wirkte ebenfalls befangen, während sie sich gleichzeitig wirklich freute sie alle zu sehen. Rhuna fühlte Mitleid in sich aufkeimen. Doch bevor sie überhaupt die Gelegenheit hatte, den Gefallen von damals zu erwidern und sie zu umarmen, trat diese plötzlich an Yedan heran und umarmte den Halbelfen.
Yedan zögerte die Umarmung zu erwidern, was Rhuna ihm nicht verdenken konnte. Es war einfach so viel passiert und alles war wegen Farun geschehen. Dem Mann, den sie als ihren Gefährten erwählt hatte. Doch bisher hatte nichts den Anschein erweckt, dass Lorna auch nur eine Sekunde lang an irgendetwas von Faruns Machenschaften je beteiligt gewesen war. Das schien auch Yedan zu erkennen, weshalb er zögernd die Arme hob und die Umarmung erwiderte. Rhuna war in diesem Moment unglaublich stolz auf ihn und lächelte, als sie die beiden betrachtete, die vor über 20 Jahren eine Freundschaft begonnen hatten.
„Avalinn ist auf dem Weg der Besserung. Ob sie bald aufwachen wird, weiß ich aber nicht… Der Mann beginnt sich zu regen. Ich hoffe, ihr findet euer Glück, Kinder!“, meinte sie ehrlich und lenkte den Blick der anderen auf Neri, die in Richtung von Yedans Elternhaus lief. „Eurer Freundin geht es offenbar auch wieder besser.“ Rhuna spürte den Drang zu der anderen Shyánerin zu laufen, doch verschwand diese dann in Kayons Hütte, so dass sie es vorerst dabei beließ.
„Lorna?“, sprach sie die Pelgarierin dann an und trat auf sie zu, um ihre Hand zu ergreifen.
„Ich danke dir, dass du dich um Avalinn und Neriélles Freund kümmerst. Es ist auch schön dich zu sehen!“ Dann umarmte sie Lorna ebenfalls, einfach, um sie spüren zu lassen, dass sie nicht ganz so alleine war, wie sie sich vielleicht im Innern fühlte.

Bis zur Dämmerung vertrieben sie sich die Zeit, doch tatsächlich sprachen sie und Yedan bis dahin kein Wort über die Aussage am Frühstückstisch. Wieso wusste Rhuna nicht wirklich. Sie wollte auch nicht die ganze Zeit an den Abschied denken und sich damit vielleicht die Zeit, die sie noch miteinander hatten, belasten und zerstören. Dieses Gefühl wuchs noch stärker, als sie mit den anderen Avalinn besuchte, die leider noch nicht zu Bewusstsein gekommen war. Rhuna hatte über eine Stunde bei ihrer Freundin gesessen, ihre Hand gehalten und mit ihr gesprochen. Eine Antwort hatte sie nicht erhalten, doch irgendetwas hatte ihr das Gefühl gegeben, dass Avalinn doch bewusster bei ihr gewesen war, als es ausgesehen hatte.
Gegen Abend sah sie dem Fest voller Vorfreude entgegen und hatte vor, jeden Moment mit ihren Freunden und Yedan zu genießen! Von daher tat sie es den Dorfbewohnern gleich und putzte sich, ihren Mitteln entsprechend, ebenfalls ein wenig heraus. Zumindest was aufwändige Flechtfrisuren anging, konnte die Brünette ihren Händen vertrauen.
Als es dann soweit war und das Fest begann, spürte sie ihr Herz vor Freude und Aufregung schneller schlagen. Von Anfang an hatte sie ein Fest im Waldmenschendorf erleben wollen, doch bis vor kurzem hatte es nicht so ausgesehen, dass es einen Grund für ein solches Fest gegeben hätte.
Auf dem Festplatz konnte Rhuna die Augen kaum stillhalten. Sie drehte sich um sich selbst, um die ganze Atmosphäre in sich aufzunehmen. Die Musik ließ ihr Herz hüpfen und nur zu gerne hätte sie Yedan direkt auf die Tanzfläche gezogen. Doch gleichzeitig wollte sie auch nichts überstürzen und sich erst einmal alles genau ansehen.
Jeder Anwesende schien voller Freude zu sein und die Tatsache, dass Rhuna eigentlich auch noch als Fremde zu bezeichnen war, schien niemanden zu stören. Niemand sah sie mit Skepsis oder Misstrauen an und niemand blickte auf Yedan, als hätte er hier nichts zu suchen. Im Gegenteil! Einige schienen sogar die Chance zu ergreifen, um den Wiederkehrer zu begrüßen oder in ein Gespräch zu verwickeln. War das nicht perfekt?
Rhuna lächelte ihm entgegen, als er aufgehalten wurde und sah sich weiter um, bis sie ausversehen mit jemandem zusammenstieß.
„Verzeiht mir…, ach Neri du!“, rief Rhuna plötzlich freudig aus, als sie in das Gesicht der anderen Elfe sah. „Es ist schön dich zu sehen! Wie geht es dir? Was machen deine Wunden?“, fragte sie und begann dann doch etwas besorgt ihren Körper mit dem Blick abzutasten.
„Vorhin habe ich dich kurz gesehen, aber du schienst es eilig zu haben zu Kayon zu gelangen. Oh... und... wie geht es deinem Freund? Kaja und Lorna meinten, er wäre auch auf dem Weg der Besserung!“, sagte sie, sich vorsichtig vortastend, vermied es allerdings noch bewusst nach Calhoun zu fragen.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Sonntag 24. September 2023, 18:01

Neri blickte in ihren inzwischen leeren Becher. Sie hatte eine Weile die Dorfgemeinschaft beobachtet, die von überall herbei geströmt war und inzwischen laut und fröhlich feierte. Auch wenn ihre Laune etwas besser war, fehlte doch Gesellschaft, um ausgelassener zu feiern. Ich brauche etwas zu Trinken. Die Elfe stieß sich von dem Baum in ihrem Rücken ab und glitt elegant an den versammelten Menschen und Elfen vorbei. Sie fokussierte sich auf die in einiger Entfernung liegende Bar, die aufgebaut worden war, und übersah so völlig die Elfe, mit der sie plötzlich aneinander stieß. Neri wollte gerade zu einer Entschuldigung ansetzen, als sich Erkennen in ihrer Miene spiegelte.
„Verzeiht mir…, ach Neri du!“
"Oh, Rhuna!" Sie lächelte und senkte die Hand, die sie im Reflex gehoben hatte, um ihr Gegenüber zu stützen, falls sie drohte, aufgrund des Zusammenrpalls das Gleichgewicht zu verlieren. Rhuna konnte erkennen, dass sie sich über die überraschende Begegnung mit der anderen freute.
„Es ist schön dich zu sehen! Wie geht es dir? Was machen deine Wunden?“
"Ist schon eine Weile her", erwiderte Neri schmunzelnd. Gestern hatten sie sich tatsächlich gar nicht mehr gesehen und irgendwie war so viel in der Zwischenzeit passiert, dass Neri auch gar nicht mehr an Rhuna gedacht hatte. "Mir geht's gut", sagte sie dann leicht daher, wie man eben so oft auf diese Frage antwortete, aber ziemlich überzeugend. An der Stelle, an der sie standen, herrschte ziemliches Getümmel und dieser Umstand im Zusammenspiel damit, dass Neri anderen gegenüber sehr selten Einblick in ihre Gefühlswelt zeigte, sorgten dafür, dass sie kaum einen Moment über eine ehrliche Antwort nachdachte. Tatsächlich hatte sie sich zumindest gut von dem Einfluss des Dämons erholt, der sie doch wahrhaft in die Knie gezwungen hatte. Bevor sie sich nach Rhunas Befinden erkunden konnte, sprach diese schon weiter.
„Vorhin habe ich dich kurz gesehen, aber du schienst es eilig zu haben zu Kayon zu gelangen. Oh... und... wie geht es deinem Freund? Kaja und Lorna meinten, er wäre auch auf dem Weg der Besserung!“
Neri nickte kurz bestätigend. "Kayon hat netter Weise angeboten, meinen Bogen zu reparieren. Hmm.. erzähle ich dir später, ja?", bot sie an. Die gesamte Geschichte um ihren Bogen und das magische Holz war einfach viel zu lange, um sie jetzt zu erzählen. Neri freute sich jedoch, dass sich Rhuna nach Arunn erkundigte und dabei erwähnte, dass es ihm besser ging. Das bestätigte auch Calhouns Worte und beruhigte Neri sichtlich.
"Das freut mich zu hören! Ich war ihn heute gar nicht besuchen. Aber ich hoffe, dass er bald aufwacht." Neri schwieg einen Moment und sah dann, dass Rhuna noch kein Getränk hatte.
"Ich wollte mir gerade etwas zu trinken holen. Kommst du mit? Vielleicht finden wir ein ruhiges Plätzchen", schlug sie vor, weil ihr solch einer angemessen für ein richtiges Gespräch erschien. Sie hatten viel erlebt und viel zu verarbeiten. Neri glaubte, dass es gut tun würde, das Geschehene gemeinsam Revue passieren zu lassen. Aber das wollte sie in Ruhe, zumal die Musiker soeben begannen, ein neues und recht lautes Lied anzustimmen.
Neri wies kurz zur Bar und steuerte dann schon auf jene zu.
"Ein Met bitte und ..?" Fragend sah sie zu Rhuna und übergab ihr das Wort. Sie nahm den warmen Met nickend entgegen und wandte sich wieder an die Elfe. "Dort ist etwas frei. Wollen wir?" Sie deutete auf eine Feuerschale, nicht weit entfernt, von der sich gerade ein Pärchen erhob. Dort hätten sie zumindest etwas Ruhe.
Sofern Rhuna zustimmen würde, ging Neriélle mit ihr zusammen dorthin. Sie ließ sich auf einen der Baumstämme nieder, die um die Feuerschale herum gelegt worden waren, und nahm einen Schluck von dem süßlichen Honigwein, der sie an so manche Abende in ihrer Heimat erinnerte.
"Wie geht es dir? Du siehst besser aus.. ausgeruht", stellte Neriélle fest und musterte nun ihrerseits die Elfe, ehe ihr Blick fragend in den violetten Augen verharrte. Sie wusste ganz genau, dass das vermeintlich gesunde Äußere nicht zwangsläufig mit dem Innenleben überein stimmen musste. "Das alles war ganz schön.. unheimlich und.. schockierend, hm? Ich hoffe, dass du dich gut von allem erholen wirst", meinte sie nachdenklich. Sie fand nicht die passenden Worte, das zu beschreiben, was Rhuna widerfahren war. Und es wurde klar, dass sie nicht von den körperlichen Wunden sprach. Für einen Moment huschte Neriélles Blick im Feuerschein zu der feinen Narbe an Rhunas Kehle. Wenn man nicht dabei war, konnte man nur erahnen, was Rhuna zugestoßen war. Neri dachte an das Blutbad zurück, das Calhoun angerichtet hatte, und schaute nachdenklich in die Flammen, ehe sie einen weiteren Schluck von dem Met trank. Sie hatte plötzlich das Bedürfnis, sich für die Tat des Elfen entschuldigen zu müssen, dabei hatte sie nichts von seinem Plan gewusst und sie wusste, dass sie keine Chance gehabt hätte, ihn davon abzuhalten. Einfach dabei zusehen zu müssen, wie er Rhuna umgebracht hatte, nagte sichtlich an Neriélle, auch wenn sie glaubte, dass Calhoun im Grunde nur das getan hatte, was getan werden musste.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Sonntag 1. Oktober 2023, 18:16

Tatsächlich war sich Rhuna nicht ganz sicher gewesen, ob Neriélle ebenfalls auf dem Fest sein würde. Sie hatte sich über den Tag hinweg einige Gedanken zu ihr gemacht und noch einmal gemerkt, dass sie sich im Grunde noch nicht wirklich gut kannten. Sie wusste nichts über ihre Reise und die Herausforderungen, denen die andere Shyánerin schon begegnet war. Auch kannte sie nicht den Grund, wieso sie ihre Heimat verlassen hatte. Oder wieso sie mit einem Dunkelelfen gereist war.
Ob das Fest der richtige Ort war über persönliche Belange oder Erlebnisse zu sprechen, würde sich noch zeigen. Rhuna zumindest hatte vor den Abend zu genießen und so freute sie sich noch mehr, dass auch Neri ein Teil von dieser Erfahrung sein würde.
Auf die Frage, nach ihren Wohlbefinden antwortete Neri: „Ist schon eine Weile her. Mir geht's gut.“, was ein nachsichtiges Lächeln auf die Lippen der Brünetten brachte. Tatsächlich musterte sie sie noch einmal kurz. Vielleicht war es ihre Intuition, oder das Wissen, dass man solch ein Erlebnis nicht einfach so wegsteckte, doch trotz des überzeugenden Klangs konnte sie der Aussage nicht so recht glauben. Doch akzeptierte Rhuna, dass Neriélle vielleicht nicht darüber reden wollte. Tatsächlich ging es ihr selbst … ja nicht anders.
„Du hast recht. Aber ich freue mich zu hören, dass es dir gut geht! Vorhin habe ich dich kurz gesehen, aber du schienst es eilig zu haben zu Kayon zu gelangen. Oh... und... wie geht es deinem Freund? Kaja und Lorna meinten, er wäre auch auf dem Weg der Besserung!“ Welche Beziehung die beiden wohl zueinander hatten? Waren sie wirklich nur Freunde? Oder eine Zweckgemeinschaft? Ganz am Anfang waren sie und Yedan auch nicht mehr gewesen. Doch nun…?
Kurz richtete sich Rhunas Blick zurück zu ihrem Halbelfen, der noch immer in ein Gespräch verwickelt war. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war entspannt und ausgelassen und nichts erinnerte gerade daran, dass er bis vor kurzem noch ein Ausgestoßener gewesen war.
Ihr Blick fand wieder Neris Gesicht, als diese antwortete.
„Kayon hat netter Weise angeboten, meinen Bogen zu reparieren. Hmm… erzähle ich dir später, ja? Das freut mich zu hören! Ich war ihn heute gar nicht besuchen. Aber ich hoffe, dass er bald aufwacht." Einen Moment lang war die Elfe doch ein wenig erstaunt darüber, dass Kayon ihr einen Bogen fertigen wollte, doch im nächsten Augenblick freute sie sich sichtlich für Neri.
„Er macht dir einen Bogen? Das ist ja großartig! Kayon war ein großartiger Bogenbauer, wie ich gehört habe. Die Bögen sollen äußerst robust und wunderbar in der Handhabung sein.“, erzählte Rhuna, was sie kurz daran erinnerte, dass sie und Yedan ursprünglich für das Hold der Sariannenbäume hergekommen waren. Doch ob sie dieses Dorf mit einem Bogen verlassen würde, war für sie momentan fraglich. Was wollte sie überhaupt? Wer wollte sie sein und was wollte sie können? In ihr schlummerten zwei Magiearten, von denen sie keine bewusst groß anwenden konnte. Sollte sie sich nicht erst einmal darauf konzentrieren? Gleichzeitig wollte sie etwas können, mit dem sie praktisch und ohne Magie etwas bewirken konnte.
„Das wird er bald, ganz bestimmt!“, sagte sie noch bezüglich Arun, ehe Neri sie einlud mit ihr für Getränke zu sorgen und sich ein ruhigeres Plätzchen zum Reden zu suchen. Noch einmal sah sie zurück zu Yedan, doch da es nicht so aussah, als würde er sich so schnell von der kleinen Traube an Waldmenschenbewohnern lösen können, nickte sie Neri lächelnd zu und folgte ihr zur kleinen Bar, an der für befeuchtete Kehlen gesorgt wurde.
„Ein Met bitte und ..?“, Neris fragender Blick traf die Brünette die kurz überlegte und dann ebenfalls bestellte: „Einen Honigwein! Ich danke Ihnen.“
Mit Getränken ausgestattet schlängelten sich die beiden Shyánerinnnen durch die teils Tanzenden, teils munter in Unterhaltungen verstrickten Leute. Am Rand fanden sie auf zwei Baumstämmen einen Platz, bei einer Feuerschale, die mit ihrem warmen Licht für eine gemütliche Atmosphäre sorgte.
Einen Moment ließ Rhuna lächelnd ihren Blick über die Menge schweifen. Sie mochte diese Ausgelassenheit, die Stimmung … das Sorgenfreie. Das Waldmenschendorf war in ihren Augen wunderschön und hatte ihr Herz völlig verzaubert.
„Wie geht es dir? Du siehst besser aus.. ausgeruht“, begann Neri dann ein Gespräch und während Rhuna den etwas zögerlichen Unterton vernahm, bemerkte sie, dass auch der Blick der Elfe forschend auf ihr verharrte.
„Das alles war ganz schön.. unheimlich und... schockierend, hm? Ich hoffe, dass du dich gut von allem erholen wirst“, sagte Neri und deutete damit oberflächlich das an, was die Jüngere dank des Dämons durchgemacht hatte.
„Hm…“, seufzte sie und ihr Lächeln verlor eine Spur an Stärke. Ihr violetter Blick richtete sich auf das knackende Feuer in der Schale und ließ ihre Augen beinahe rot aussehen.
„Es ist vorbei und das ist das Wichtigste! Noch dazu lebe ich, was…“, sie seufzte noch einmal und schlang unbewusst ihre Arme enger, so dass ihre Handflächen jeweils auf der Haut ihrer Oberarme ruhten.
„… ein Wunder ist.“, beendete sie ihren Satz und sah Neri dann wieder an. Sie löste ihre Arme und wischte jegliche Sorge aus ihrem Ausdruck. Nein, sie wusste selbst noch nicht wie sie das alles verarbeiten würde. Vielleicht gelang es ihr ja, das Schlimme zu verdrängen.
„Weißt du, ich bin einfach nur froh, dass es soweit allen gut geht! Yedan hat seine Heimat zurückbekommen und er wird wieder ein Teil der Gemeinschaft werden. Eines, dem man nicht mit Argwohn, Ablehnung oder Verachtung begegnet. Sein Ruf ist nun reingewaschen und er kann wieder zurück zu seiner Familie. Ihn gerade so zu sehen…“, lächelnd deutete sie in die Richtung des brünetten Sariers, „…ihn lächeln zu sehen, ist wirklich schön!“ Davon meinte Rhuna jedes Wort ernst, egal ob ihr Herz dabei auch ein Stück litt.
Als ihr Neris Blick auf ihren Hals auffiel, bemerkte sie selbst kurz, dass sie nicht so recht wusste, wie sie damit umgehen sollte. Die Erinnerungen an das Durchlebte wollten aufwallen und sich gedanklich wiederholen, doch dagegen wehrte sie sich unterbewusst und so verdrängte sie die Bilder und den Widerhall des Gefühls, als die Klinge die Haut ihres Halses durchtrennt hatte und ihr Blut unaufhaltsam aus ihrem Körper gelaufen war.
„Es geht mir gut! Ich bin stärker, als ich aussehe!“, flunkerte sie mit einem glaubhaften Ausdruck, durch den nicht jeder sehen konnte. Es war ja nicht mal so, dass es ihr nicht gut ging. Es war vielmehr so, dass die Aufarbeitung noch gar nicht wirklich begonnen hatte.
Rhuna wollte auch nicht die ganze Zeit über sich sprechen. Sie wollte das Fest genießen, doch gab es eine Sache, die auch ihr auf der Zunge lag.
„Neri? Darf ich dich etwas fragen?“, fragte sie und wartete kurz auf ihre Antwort. Sollte die andere zustimmen, würde sie nach kurzem Überlegen folgende Worte äußern:
„Calhoun…! Ajak meinte er hätte das Dorf bereits verlassen. Und … nun ja, ich hatte den Eindruck, dass ihr mehr als nur Wegbegleiter seid! Deshalb wollte ich fragen, ob… es dir gut geht!?“ Rhunas Blick würde auf Neris Gesicht gerichtet sein, mit dem sie aufmerksam ihre Züge beobachten würde. Vielleicht war der Dunkelelf ja auch nur vorgegangen und sie würden einander bald wiedersehen.
Während sie die andere musterte, fielen ihr an der Haut der Violetthaarigen einige Wunden auf, die sie ihres Wissens noch nicht nach dem Kampf gegen den Dämon gehabt hatte. Sie stellte ihr Glas ab und rutschte zu Neri, der sie vorsichtig den Zopf zur Seite schob und die Bissspuren der Fische betrachtete.
„Bei Florencia, was ist passiert Neri?“, fragte sie erschrocken und war beinahe versucht ihr den Kragen weiter zur Seite zu schieben.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Montag 2. Oktober 2023, 09:00

Neri freute sich darüber, endlich ein ihr bekanntes - und wohlgesinntes - Gesicht in der Menge zu treffen, auch wenn Rhuna und sie sich kaum kannten, was dafür sorgte, dass Neri ihr gegenüber noch etwas zurückhaltend war, wenn es um ihr tatsächliches Befinden ging. Auch die Geschichte um ihren Bogen war viel zu lang, um sie mitten im Getümmel zu erzählen. Aber sie sah das Erstaunen in Rhunas Mimik darüber, dass Kayon ihren Bogen reparieren wollte, ehe sie sich offenbar ehrlich für sie freute.
„Er macht dir einen Bogen? Das ist ja großartig! Kayon war ein großartiger Bogenbauer, wie ich gehört habe. Die Bögen sollen äußerst robust und wunderbar in der Handhabung sein.“
Rhunas Beschreibung ließ Neris Augen für einen Moment strahlen. So wie Rhuna von Kayons Fertigkeiten sprach, war anzunehmen, dass sich der schwere Weg, den sie gegangen - oder eher geschwommen - war, um an das Holz zu gelangen, schlussendlich lohnen würde. Es klang zumindest schon sehr vielversprechend.
"Wie gesagt, eine lange Geschichte", warf Neri noch freundlich ein, ehe sie sich etwas zu Trinken holten. Sie wollte das Thema nur für den Moment ruhen lassen, denn zunächst zog es Neri an einen ruhigen Ort, an dem sie sich ungestört austauschen konnten.
Leider bemerkte sie erst, nachdem sie Rhuna nach ihrem Gesundheitszustand gefragt hatte, mit welch versonnenem Blick jene der feiernden Menge zusah. Als Neri das erkannte, bereute sie sogleich, das Geschehene so direkt angesprochen und ihre Laune gemindert zu haben. Vielleicht hatte sie sich den falschen Ort und die falsche Zeit dafür ausgesucht? Doch Neri besaß dahingehend kein gutes Fingerspitzengefühl, wie sie auch jetzt im Seufzen ihres Gegenübers erkannte. "Ich wollte nicht..", begann sie zögerlich, doch da antwortete ihr Rhuna doch, während ihr Blick jedoch im Feuer verweilte.
„Es ist vorbei und das ist das Wichtigste! Noch dazu lebe ich, was… ein Wunder ist.“ Neri sah, wie sich der Feuerschein in Rhunas Augen spiegelte und die Iriden rötlich färbte, was sie für einen Moment zusätzlich an Calhoun erinnerte, während Rhuna von einem Wunder sprach, dass sie wieder lebte. Neri nickte nachdenklich, äußerte sich dazu jedoch nicht, sondern ließ die andere Elfe ausreden. „Weißt du, ich bin einfach nur froh, dass es soweit allen gut geht! Yedan hat seine Heimat zurückbekommen und er wird wieder ein Teil der Gemeinschaft werden. Eines, dem man nicht mit Argwohn, Ablehnung oder Verachtung begegnet. Sein Ruf ist nun reingewaschen und er kann wieder zurück zu seiner Familie. Ihn gerade so zu sehen… ihn lächeln zu sehen, ist wirklich schön!“
Die goldenen Augen folgten Rhunas Deuten in Richtung des Sariers, über den diese sprach, verweilten jedoch nur kurz auf dem Halbelfen und blickten schnell zurück in die violetten Augen. "Und was ist mit dir..?", fragte sie lediglich, aber mit ehrlichem Interesse. Oberflächlich gesehen mochte es allen Anwesenden hier gut gehen. Aber es überraschte Neri, dass Rhuna ihren Fokus so sehr auf Yedan richtete, auch wenn sie grundsätzlich verstand, dass es ihr wichtig war, dass es ihm gut ging. Aber was war eben mit Rhuna selbst? Unweigerlich fiel Neris Blick auf die Linie an ihrer Kehle.
„Es geht mir gut! Ich bin stärker, als ich aussehe!“
Für einen Moment sah Neri die andere Elfe prüfend an. Es war ihr klar, dass sie das alles nicht so leicht wegstecken konnte, wie sie vorgab. Die klaffende Wunde war verheilt, aber sonst..? "Das bist du auf jeden Fall", antwortete sie daher nur und für einen Moment zuckte ihr Mundwinkel in die Höhe. Neri hatte durchaus verstanden und ließ das Thema damit ruhen. Innerlich seufzend blickte sie nun ihrerseits in die Flammen, die eine wohlige Wärme ausstrahlten.

„Neri? Darf ich dich etwas fragen?“ Da hob sich der, noch leicht violette Schopf und blickte fragend zu Rhuna. "Natürlich", antwortete sie gutmütig. „Calhoun…!" Für einen Moment zuckten Neris Augen und verrieten, dass sie zu dem Elf einige Gedanken hatte, die sie nicht unbedingt teilen wollte. Neri senkte den Blick zu ihrem Becher und hob ihn gleichzeitig an ihre Lippen, um zu trinken - und um sich zu fangen und ihre Mimik zu verschließen, während Rhuna genauer wurde. "Ajak meinte er hätte das Dorf bereits verlassen. Und … nun ja, ich hatte den Eindruck, dass ihr mehr als nur Wegbegleiter seid! Deshalb wollte ich fragen, ob… es dir gut geht!?“
Neri schluckte den warmen Met hinunter und senkte dann den Becher. "Calhoun und ich? Oh nein, nicht doch", sagte sie nur und schüttelte den Kopf. Dabei klang sie so, als wäre dieser Gedanke ziemlich abwegig. Vielleicht klang sie auch eine Spur zu gleichgültig - könnte man meinen, wenn man Neri und Calhoun am Vortag beobachtet hatte. Ihr war nicht klar gewesen, dass Rhuna sie gesehen oder davon erfahren hatte. Aber sie hätte damit rechnen können, dass es seine Kreise zog. Immerhin hatte sie Calhoun vor dem versammelten Dorf geküsst und damit nicht nur sich selbst und Calhoun gegenüber etwas offenbart. Etwas, das lieber verschlossen gehörte. Neri räusperte sich. "Wir waren nie ein Paar", stellte sie deutlich klar. "Es ist.. es war kompliziert. Nach all dem, was gestern mit dem Dämon geschehen war, war ich einfach nur durcheinander und was dann passiert ist, war.." Sie stockte und musterte Rhuna einen Moment, offenbar nach den richtigen Worten suchend. "..nicht wichtig", beendete sie dann schließlich so einfach den Satz. Wäre es wichtig, wäre er geblieben oder nicht? Aber er war verheiratet und sie nichts weiter als eine Elfe, die ihm zufällig über den Weg gelaufen war und deren Neugierde sie zu etwas gebracht hatte, das gegen jede Moral sprach. Sie konnte Rhuna, die Yedan mit großer Sicherheit eine treue Seele war, unmöglich davon erzählen.
"Er ist weg", bekräftigte sie, als würde sich damit alles weitere erübrigen. Neri starrte in die Flammen und es war, als müsste sie die Worte, die sie zum ersten Mal laut aussprach, erst einmal auf sich selbst wirken lassen. "Die Welt ist voller Männer." Neriélle zuckte die Schultern, als wäre es tatsächlich so einfach und gab vermeintlich einen Einblick in ihr unstetes Leben. Das war doch etwas, woran sie sich halten konnte. Wozu brauchte sie diesen Dunkelelfen schon?

Fragend schaute sie auf, als Rhuna zu ihr rutschte und blickte zögerlich auf die Hand, ehe sie realisierte, dass sie ihre Haare zur Seite schob. Neri versteifte sich aufgrund der plötzlichen Nähe und musste dem Drang widerstehen, den Kopf von Rhuna weg zu drehen. „Bei Florencia, was ist passiert Neri?“ Die Elfe brauchte einige Augenblicke, um zu verstehen, wovon Rhuna sprach. Nun rückte Neri doch einen Zentimeter ab und strich mit der Hand über die Wunde in ihrem Nacken.
"Oh das. Ich hab' Bekanntschaft mit einigen Raubfischen gemacht. Falls du mal im Sarius spazieren gehen solltest, pass lieber auf." Sie schmunzelte kurz, denn irgendwie war doch alles mit einem Lächeln etwas besser zu ertragen. Schließlich setzte sie aber dazu an, Rhuna alles zu erklären. "Ich bat Kayon darum, meinen Bogen zu reparieren und er gab mir den Tipp, die Hüter des Waldes um ihr magisches Holz zu bitten. Also bin ich in diesen Sumpf gestiegen. Ich gebe zu.. ich habe mir das alles ziemlich einfach vorgestellt." Für einen Moment blickte sie auf ihre Hose hinab. "Die Biester haben mir die Beine zerfetzt.. die haben wirklich scharfe Zähne." Neriélle verstummte für einige Augenblicke und seufzte. Sie überlegte ernsthaft, was sie Rhuna alles anvertrauen sollte. Die goldenen Augen blickten wieder hinauf in die violetten. Wie es wohl wäre, ihr alles zu erzählen? Sich alles von der Seele zu reden? Wie eine.. Freundin? Doch dann erinnerte sie sich daran, was ihre Naivität alles angerichtet hatte. Andererseits war Rhuna eine Shyánerin wie sie. Sie war ein Stück Heimat und der konnte man doch vertrauen?
"Ein Namudu kam und rettete mich auf sein Floß. Namudu sind die Einheimischen, die im Sarius leben." So hatte es zumindest Calhoun ihr erklärt, die von ihnen noch nie zuvor gehört hatte. "Ich erzählte ihm, dass ich auf der Suche nach dem Holz bin und er brachte mich zu einer Quelle. Eine magische Quelle. Die Hüter des Waldes haben mir Dinge aus meiner Vergangenheit gezeigt, an die ich mich selbst kaum noch erinnern konnte. Es war ziemlich verrückt. Das Wasser war voller Raubfische, die Ringe bildeten. Immer, wenn ich durch einen hindurch geschwommen bin, sind sie über mich hergefallen und haben mir eine Vision gezeigt. Es tat weh, aber irgendwie.. war alles gut", fiel es ihr wieder ein. Alles war gut gewesen. Bis Calhoun sie gerettet hatte und dann war alles bergab gegangen. Rhuna konnte förmlich sehen, wie die Begeisterung und Faszination aufgrund der Dinge, die in der Quelle möglich und ganz selbstverständlich gewesen waren, kurzzeitig aus ihrer Mimik wichen, als sie sich erinnerte, dass eben doch nicht alles so gut war, wie die Kräuter es suggeriert hatten. Während sie Rhuna von all dem erzählte, schaute sie sich ab und zu um, ob auch niemand in der Nähe war und ihr ungebeten zuhörte. "Bitte erklär' mich nicht für verrückt. Ich bin sicher, dass ich mir das nicht eingebildet habe. Ich habe Dinge gesehen und Dinge erfahren, die ich vorher nicht wusste", raunte sie ihr zu, wurde jedoch nicht genauer, denn sie hatte Sachen über sich erfahren, die sie selbst noch nicht ganz verdaut hatte. Auch das zu verarbeiten würde noch dauern. "Aber am Ende hatte ich ein Bündel Holz von den Hütern. Calhoun musste mich aus der Quelle fischen. Er hat mich zurück ins Dorf gebracht und meine Wunden versorgt." Es war ihr sichtlich unangenehm, das zuzugeben, aber sie ließ nicht nur deshalb geflissentlich aus, dass er sie nicht nur herausgefischt hatte. Sie war ertrunken und er hatte sie wiederbelebt. Es war so viel geschehen, seit sie dieses Dorf betreten hatte, und Neri haderte noch immer, wem sie wie viel anvertrauen konnte. Das Geschehene hatte sie gelehrt, misstrauischer zu sein und nicht mehr jedem alles zu erzählen. Neri leerte ihren Becher und starrte nun nachdenklich in die Flammen.
"Wir haben uns gestritten", murmelte sie unvermittelt, ehe sie wirklich darüber nachdenken konnte. Es beschäftigte sie. So sehr, dass es einfach raus musste, um nicht mehr so belastend zu sein. Sie warf Rhuna einen Seitenblick zu, die vielleicht erkannte, dass Neri das gerade nicht leicht fiel und dass Calhoun und sein Verschwinden sie doch nicht so kalt ließen, wie es vorher den Anschein gehabt haben konnte. "Wir haben uns unterhalten. Ich wollte einfach nur mehr über ihn erfahren, denn im Grunde weiß ich nichts über ihn. Wir haben uns erst vor ein paar Wochen vor Zyranus kennengelernt. Wäre Arunn nicht verletzt worden, wären wir bestimmt nicht zusammen gereist. Dann sagte er gestern plötzlich, dass er gehen wird." Und das hatte sie verletzt. Sie sagte es nicht, aber es wurde deutlich, dass es ihr nicht gefiel. Neri sah wieder in das Feuer, weil das doch irgendwie einfacher war. Dann seufzte sie. "Ich hab wohl etwas überreagiert und sein Vorhaben dadurch etwas beschleunigt", gestand sie nachdenklich ein. Dann sah sie Rhuna plötzlich mit einem Grinsen an. "Na ja, Calhoun und ich waren noch nie gut im Reden", meinte sie mit einem bedeutungsvollen Blick, der Rhuna suggerieren sollte, dass sie stattdessen andere Dinge getan hatten. Trotz allem lächelte sie. Sie merkte zwar, dass es gut tat, darüber zu reden. Andererseits war es seltsam, jetzt noch über Calhoun zu sprechen, was eben doch auch Gefühle aufwirbelte, über die sie nicht nachdenken wollte. "Wir sollten uns nicht den Abend verderben lassen", beschloss sie dann und ihr Blick fiel auf Yedan.
"Keiner hat uns gesagt, wie die Welt hier draußen funktioniert, oder? Und Yedan und du..? Bist du schon lange hier im Dorf?", wollte sie dann wissen und gleichzeitig das Thema um den Dunkelelfen ruhen lassen.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Dienstag 3. Oktober 2023, 14:04

Natürlich hatte sich Rhuna auf das Fest gefreut und sich eigentlich vorgenommen nicht an die belastenden Themen zu denken. Doch für eine Freundin würde sie immer ein offenes Ohr haben und nur, weil für sie und ihre Probleme nicht der gefühlt richtige Moment zum Reden war, würde sie diese Meinung nicht auf alle projizieren. Von daher begegnete sie dem Gespräch offen, versuchte aber auf ihre eigenen Themen weniger den Fokus zu legen. Es war vielleicht auch eine Art Schutzmechanismus, den die Elfe unterbewusst aufgebaut hatte, weil sie nicht das Gefühl hatte, momentan gut mit weiterem Schmerz umgehen zu können. Sie versuchte das Positive zu sehen und log nicht eine Sekunde, als sie mit Freude über Yedans veränderte Situation sprach.
Doch Neri war weitaus scharfsinniger, als es Rhuna gerade lieb gewesen wäre. Vielleicht, weil sie sogar in ähnlichen Situationen steckten.
„Und was ist mit dir..?", hörte sie Neriélle fragen und hielt danach unbewusst den Atem kurz an. Ihr Blick war weiter auf Yedan gerichtet und für einen kurzen Moment ließ sich ihre Sorge nicht zurückhalten und spiegelte sich in ihren Augen. Neri konnte nicht wissen, dass Rhuna einen nahenden Abschied von ihm vermutete und sie damit innerlich zu kämpfen hatte. Sie hatte ja noch nicht einmal mit Yedan darüber reden können. Und deshalb verschloss sie sich noch vor der Auseinandersetzung mit diesem Thema und ihrem damit verbundenen, seelischen Befinden.
Nach einem Augenblick wandte Rhuna ihren Blick wieder zu der Anderen und lächelte beschwichtigend.
„Es geht mir gut! Ich bin stärker, als ich aussehe!“, antwortete sie und hoffte, dass es ihre Freundin ihr nicht übelnahm, weil sie gerade nicht das Thema näher aufgreifen wollte… oder konnte. Es wäre wohl äußerst ungewöhnlich, wenn sie die ganzen Ereignisse einfach so wegstecken würde. Doch tatsächlich war Rhuna noch gar nicht an dem Punkt, an dem sie alles registrierte und begann zu verarbeiten.
„Das bist du auf jeden Fall", antwortete Neri ihr dann und ließ Rhuna dankbar nicken, wenngleich sie befürchtete, dass sie sie damit doch ein wenig verletzt hatte. Vielleicht suchte die andere auch einfach eine Einleitung, um ihre eigene Seele zu entlasten. Und nach einigen Sekunden des Schweigens, war es nun Rhuna, die sie frage, wie es ihrer Freundin ging.
Die Erwähnung Calhouns löste direkt etwas in der anderen aus. Ähnlich wie sich Rhunas Blick bei der Frage nach ihrem eigenen Wohlbefinden verändert hatte, tat dies nun auch der von Neri. Ja, Rhuna erkannte sich selbst sogar im Verhalten der Elfe, als sie ihr schweigend zuhörte:
„Calhoun und ich? Oh nein, nicht doch. Wir waren nie ein Paar. Es ist... es war kompliziert. Nach all dem, was gestern mit dem Dämon geschehen war, war ich einfach nur durcheinander und was dann passiert ist, war…" Rhuna legte ihre Unterarme auf die Knie, beugte sich so leicht vor und hörte weiter aufmerksam zu. Ihr violetter Blick musterte aufmerksam die Züge der Älteren und ein verstehender Ausdruck bildete sich in ihren Augen.
Sie versucht stark zu sein., dachte Rhuna mitfühlend, als Neri nach passenden Worten suchte und beschloss bei diesem Thema äußerst behutsam zu sein.
„...nicht wichtig. Er ist weg. Die Welt ist voller Männer." Von Rhunas Seite kam ein verstehendes Nicken, auch wenn dies nicht auf den Inhalt bezogen war.
„Aber nicht alle erreichen auch unsere Herzen!“, sagte Rhuna leise und ungeklärt, ob sie diese Worte nun an Neri richtete, oder an sich selbst. Doch merkte auch sie, dass Neri entweder nicht reden wollte, oder nicht bereit dazu war. Und das würde sie vollends akzeptieren. Noch dazu, lenkte Rhuna etwas ganz anderes ab. Während des Zuhörens waren ihr die Wunden an Neris Hals aufgefallen und so rückte sie näher zu ihrer Freundin und schob sachte die Haare beiseite, um nur kurz danach erschrocken zu fragen, was passiert sei.
„Oh das. Ich hab' Bekanntschaft mit einigen Raubfischen gemacht. Falls du mal im Sarius spazieren gehen solltest, pass lieber auf.", erklärte die Verwundete mit einem Schmunzeln, woraufhin Rhuna sie nur noch besorgter, aber auch fragend ansah. Wie und wo war Neri nach all diesem schrecklichen Kampf in Kontakt mit Raubfischen gekommen?
„Ich bat Kayon darum, meinen Bogen zu reparieren und er gab mir den Tipp, die Hüter des Waldes um ihr magisches Holz zu bitten. Also bin ich in diesen Sumpf gestiegen. Ich gebe zu.. ich habe mir das alles ziemlich einfach vorgestellt. Die Biester haben mir die Beine zerfetzt.. die haben wirklich scharfe Zähne." Bei der beginnenden Erklärung wurden die Augen der brünetten Elfe ein wenig Größer. Holz aus dem Sarius für einen Bogen? Das kam ihr doch mehr als bekannt vor und sie erinnerte sich an Yedans Bemerkung, dass das Beschaffen alles andere als eine leichte Aufgabe sein würde.
Stirnrunzelnd und doch etwas pikiert, betrachtete sie eingehender die Wunden ihrer Freundin. Neri hatte also das Vorhaben von ihr in die Tat umgesetzt, wegen dem sie und Yedan ursprünglich den Sarius angesteuert hatten.
Das sind ja berauschende Voraussichten, dachte sie dann doch ernüchtert. Ihr Blick wanderte kurz auf ihre Hände und sie fragte sich, ob sie in der Lage wäre Neris Wunden zu heilen. Ob die den Zugang zu ihrer Magie finden würde? Und sie auch entsprechend einzusetzen wüsste?
Wann genau… hat Neri das eigentlich gemacht? Seit unserem Sieg über den Dämon ist doch kaum mehr als ein Tag vergangen…! Ein Verdacht schälte sich aus ihrem Unterbewusstsein und sie musterte das Gesicht der violett haarigen Elfe, die zu einer etwas ausführlicheren Antwort ansetzte:
„Ein Namudu kam und rettete mich auf sein Floß. Namudu sind die Einheimischen, die im Sarius leben. Ich erzählte ihm, dass ich auf der Suche nach dem Holz bin und er brachte mich zu einer Quelle. Eine magische Quelle. Die Hüter des Waldes haben mir Dinge aus meiner Vergangenheit gezeigt, an die ich mich selbst kaum noch erinnern konnte. Es war ziemlich verrückt. Das Wasser war voller Raubfische, die Ringe bildeten. Immer, wenn ich durch einen hindurch geschwommen bin, sind sie über mich hergefallen und haben mir eine Vision gezeigt. Es tat weh, aber irgendwie... war alles gut" Man konnte der Jüngeren ansehen, dass das Erzählte sie ziemlich erstaunte und sie nicht so recht wusste, was sie davon halten sollte. Es war nicht so, dass sie ihr nicht glaubte. Es war vielmehr der Aufwand, der gedanklich erst einmal abschreckte.
„Das war ganz schön gefährlich Neri! Du bist also in eine Quelle voller Raubfische gesprungen und getaucht, um an das Holz der Sariannenbäume zu gelangen?“, fragte sie noch einmal nach und ihr Blick wandte sich kurz suchend durch die Menge. Hatten alle Sarier, die einen Bogen aus diesem Holz besaßen, dieselbe Erfahrung gemacht?
Yedan hätte ruhig ein wenig detaillierter davon erzählen können…
„Bitte erklär' mich nicht für verrückt. Ich bin sicher, dass ich mir das nicht eingebildet habe. Ich habe Dinge gesehen und Dinge erfahren, die ich vorher nicht wusste. Aber am Ende hatte ich ein Bündel Holz von den Hütern. Calhoun musste mich aus der Quelle fischen. Er hat mich zurück ins Dorf gebracht und meine Wunden versorgt." Rhuna lehnte sich beim Sitzen etwas zurück und seufzte kurz. Der Inhalt des Gehörten war doch mehr, als erwartet.
„Ich halte dich nicht für verrückt für das was du mir erzählst. Mir ist selbst zu viel Unerklärbares geschehen, als dass ich an nur einem deiner Worte zweifeln würde. Woran ich aber zweifle ist…“ und damit tockte sie mit ihrer Faust sanft und tadelnd auf den Kopf der Älteren, „…wie bei den Göttern du auf die Idee kommst, direkt nach einem Kampf - auf Leben und Tod - gegen einen Dämon, in den Sarius zu laufen, um dich einer Prüfung zu unterziehen, um an das magische Holz der Sariannenbäume zu gelangen!? Kaputter Bogen hin oder her.“ Das war für Rhuna tatsächlich unverständlich, erst recht, weil es so geklungen hatte, dass Neri diesen Weg zunächst alleine gegangen war.
„Ich weiß darüber nicht viel, aber diese Prüfung soll alles andere als einfach oder gefahrenlos sein. Hat dich Kayon darüber denn nicht aufgeklärt?“ fragte sie nach, ohne eine wirkliche Antwort zu erwarten. Die Erzählung hatte sie natürlich nicht ihre Ruhe behalten lassen und es sorgte sie der Gedanke, was alles hätte passieren können – oder passiert war, was sich jedoch ihrer Kenntnis entzog. Seufzend versuchte sie ihre Sorge loszulassen und sah Neri nach einem Moment ungläubig lächelnd an.
„Du bist wagemutiger, als es eine Shyánerin sein sollte.“ Die Worte waren kein Tadel, sondern eher ein fast amüsiertes Zugeständnis. Denn auch Rhuna entsprach nicht ganz dem Bild, das man von diesem Elfenvolk malte.
„Ein Glück, dass er dann doch da war und dich herausgefischt und verarztet hat.“, erwähnte sie noch und musste sich selbst eingestehen, dass Calhoun sich auch nicht so präsentiert hatte, wie sie es von Dunkelelfen erwartet hätte. Doch Fragen zu ihm behielt sie für sich, da Neri ihn offenbar nicht wirklich zum Thema machen wollte. Doch nach einer Weile und der Leerung ihres Bechers, kam ihre Freundin dann doch von ganz alleine auf ihn zu sprechen.
„Wir haben uns gestritten", hörte Rhuna die gemurmelten Worte und wurde augenblicklich ernster, weil sie spürte, dass dies für Neri ein sensibles Thema war. Den Blick hebend, betrachtete sie das, vom flammenspiel erhellte Gesicht der anderen. Und als sich ihre Blicke trafen, bestätigte sich Rhunas Verdacht, dass Neri Calhouns Verschwinden viel mehr traf und beschäftigte, als sie es sie anfänglich hatte glauben lassen wollen.
„Wir haben uns unterhalten. Ich wollte einfach nur mehr über ihn erfahren, denn im Grunde weiß ich nichts über ihn. Wir haben uns erst vor ein paar Wochen vor Zyranus kennengelernt. Wäre Arunn nicht verletzt worden, wären wir bestimmt nicht zusammen gereist. Dann sagte er gestern plötzlich, dass er gehen wird. Ich hab wohl etwas überreagiert und sein Vorhaben dadurch etwas beschleunigt" Rhuna griff nach der Hand von Neri und drückte sie sanft, als Zeichen, dass sie für sie da war. Tatsächlich konnte sie mehr mit ihr mitfühlen, als es die andere Shyánerin wohl vermutete. Es gab einige Parallelen zwischen ihnen, was beinahe schon erschreckend und zugleich beruhigend war.
Und als Neri dann auch noch mit einem Grinsen gestand: „Na ja, Calhoun und ich waren noch nie gut im Reden" und mit ihren Worten andeutete, dass sie die Dinge auf andere … körperlichere Weise geklärt hatten, musste auch sie wissend lächeln.
„Verstehe!“, sagte sie und ihr Lächeln wandelte sich ebenfalls zu einem kleinen Grinsen. Zwar war Neri, was diese Dinge anging weiter und wagemutiger, doch hatten ihr ihre Zweisamkeiten mit Yedan gezeigt, dass man auch auf diese Weise ‚reden‘ konnte.
„Wir sollten uns nicht den Abend verderben lassen", erklärte Neri dann allerdings, noch bevor Rhuna etwas zu dem ihr Anvertrauten erwidern konnte. Sie sah, wie die goldenen Augen kurz zu Yedan wanderten, auf den Neri ihn dann auch kurz danach ansprach.
„Keiner hat uns gesagt, wie die Welt hier draußen funktioniert, oder? Und Yedan und du...? Bist du schon lange hier im Dorf?"
Rhuna löste langsam ihre Hand von Neris und sah selbst zu ihrem Geliebten. Sie stützte die Ellbogen auf die Knie ab und bettete ihre Wange in die rechte Handfläche.
„Findest du? Mir wurde sehr viel von der Welt hier draußen erzählt. Und zum Teil, gerade was die Gefahren angeht, stimmen sie durchaus überein. Nur…“, und damit lächelte Rhuna, „…haben die Erzähler auch ausgelassen, wie wunderschön es außerhalb unserer Grenzen sein kann.“ Die Erinnerung an all die Mahnungen erschienen ihr mittlerweile länger zurück, als es der tatsächlichen Zeit entsprach.
„Aber du hast recht. Wie sie funktioniert und wie man hier draußen klarkommt, hat uns wahrscheinlich niemand gesagt.“ Neris weitere Frage ließ die junge Elfe kurz nachdenklich werden. Auf den Themenbereich ihrer ‚Männer‘ wollten wohl beide nicht so recht eingehen.
„Ich bin eigentlich nicht sehr viel länger im Dorf als du. Tatsächlich habe ich Shyána Nelle erst vor einigen Wochen verlassen. Und es ist schon fast peinlich, aber ich habe völlig das Zeitgefühl verloren, so dass ich dir gar nicht genau sagen kann, wie viel Zeit vergangen ist. Ich weiß nicht einmal welchen Wochentag wir heute haben. Irgendwie war das… einfach nicht wichtig. Anders als daheim, wo ich gefühlt an jedem Tag wusste, was passieren würde…“
Das Elfental im Kapayu war für Rhuna natürlich ihre Heimat, die sie innig liebte. Und doch war ihre Erinnerung nicht ganz ungetrübt. Vielleicht belastete sie dies sogar, denn über eine Heimat sollte man doch stets mit aufblühendem Herzen denken und nicht das Gefühl haben, als würde ihr ein Teil der Luft abgeschnürt werden.
„Yedan und ich haben uns etwa einen Tag nach meinem Aufbruch kennengelernt. Und peinlicher Weise hat er mir direkt das Leben gerettet.“, vertraute sie Neri mit einem schiefen Lächeln an, doch als ihr Blick den Halbelfen streifte, wurde ihr Blick augenblicklich weicher.
„Er bot sich an mich eine Weile zu begleiten, weil er befürchtete, dass ich sonst einen Busch weiter in die nächste lebensbedrohliche Situation laufen würde. Wahrscheinlich hat er mich insgeheim als völlig verrückt abgestempelt, obwohl er es mir gegenüber als ‚mutig‘ betitelt hat.“ Ihr Grinsen wurde breiter und die Erinnerungen schienen ihr tatsächlich gut zu tun.
„Dank ihm habe ich viel gelernt. Und ich verstehe mittlerweile, dass ich völlig unvorbereitet und leichtsinnig losgestiefelt bin. Das möchte ich auch an mir ändern. Ich will stärker werden, damit ich nicht von anderen immer abhängig bin und selbst etwas bewirken und die Welt sehen kann, ohne der erstbesten Gefahr ausgeliefert zu sein.“
Das bisher nicht angerührte Glas mit Honigwein, das Rhuna neben sich auf dem Boden abgestellt hatte, fand nun ihren Weg in ihre Hand und sie nippte ein paar Schlucke daraus, ehe sie etwas ernster werdend, weitersprach.
„Ich glaube, dass du Calhoun wiedersehen wirst, Neri! Er wirkte vielleicht verschlossen und nicht besonders gesellig, aber in der kurzen Zeit, in der ich euch miteinander gesehen habe, habe ich bemerkt, dass sich sein Blick auf dich ganz anders gegeben hat, wie der auf andere. Er schien dich nie ganz aus den Gedanken zu lassen und achtete auf dich. Dahingehend…, ohje, das darf Yedan nicht hören, … erschienen sie mir ähnlich gestrickt!“ Rhuna wusste nicht, ob es gut war, dass sie diese Gedanken mit ihrer Freundin teilte, doch sie wollte das Thema nicht völlig kommentarlos im Sand verlaufen lassen.
„Der kleine Streit hat euch sicher nicht getrennt. Er schien mir eher der Kandidat, der dir die Stirn bietet…!“ Tatsächlich konnte Rhuna den Grund nicht wissen und auch nicht garantieren, dass sich ihre Hoffnung für Neri bestätigen würde. Daher schloss sie das Thema wieder und sah sie aufmunternd an.
„Dich mag es vielleicht überraschen – zumindest lassen mich deine Äußerungen vermuten, dass du denkst, dass ich hier und mit Yedan schon länger zusammenlebe. Aber wirklich … nah sind wir uns gerade mal am Vorabend des Kampfes mit dem Dämon gekommen. Bis dahin wusste ich nicht wirklich, was er über mich denkt oder für ich empfindet. Er wirkt gesellig und man hat das Gefühl sich mit ihm über alles unterhalten zu können. Aber die Wahrheit ist, dass er es hervorragend versteht Gespräche so zu lenken, dass das Gegenüber von ihm selbst und über sich nichts groß erfährt. Viele meiner Anläufe etwas über ihn herauszufinden scheiterten. Und ich glaube… wären die Dinge anders verlaufen – wäre er nicht von der Bärin lebensbedrohlich verletzt worden und hätten nicht Kaja und Ajak getroffen, die uns mit Farun ins Dorf gebracht hätten – wüsste ich noch immer nicht sehr viel über ihn und seine Vergangenheit. Wahrscheinlich wären wir uns… nicht auf diese Weise nah gekommen.“ Sie holte einmal tief Luft und sah von Yedan zu Neri zurück.
„Manchmal sind es nicht die Gespräche, die uns einander näherbringen und uns mehr über den anderen verraten. Oder uns unserer eigenen Gefühle bewusster werden lassen.“ Ob Neri sich aus ihren Worten eine Erkenntnis nehmen konnte, ließ Rhuna völlig unangesprochen. Sie wollte ihr dadurch nur vermitteln, dass sie, sollte sie selbst es wollen, nicht aufgeben sollte, Calhoun wiedersehen und mehr über ihn erfahren zu wollen.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Mittwoch 4. Oktober 2023, 16:42

Während Neri in die Flammen starrte und zum ersten Mal jemand anderem gegenüber zu erklären versuchte, was das mit Calhoun gewesen war, blickte sie aus dem Augenwinkel immer wieder zu Rhuna. Sie nahm die ihr zugewandte Haltung der Elfe wahr und erkannte, dass sie ihr aufmerksam und ehrlich interessiert zuhörte. Es war ungewohnt für Neri, hier zu sitzen und mit jemandem zu reden - ehrlich zu reden und einen Blick in ihr Inneres zuzulassen. Sie merkte, dass es irgendwie gut tat, trotzdem sträubte sich etwas in ihr dagegen. Sie empfand es nicht als wichtig. Wieso sollte sie Rhuna mit ihren Problemen belasten? Und wieso ging ihr dieser Dunkelelf eigentlich nicht aus dem Kopf? Es gab so viele Männer.
Aber nicht alle erreichen auch unsere Herzen!“
Neri hielt für einen Moment in der Bewegung inne und ihre Augen wurden in einem prüfenden Blick kleiner. Impulsiv ging ihr der Gedanke durch den Kopf, dass das Blödsinn war, einfach, weil sie diesen Gedanken gar nicht ernsthaft zulassen konnte. Trotzdem oder gerade weil Rhuna in ihrer Muttersprache sprach, lösten die Worte etwas in ihr aus. Etwas, das Neri jedoch sogleich wieder von sich weg schob. Vielleicht verallgemeinerte Rhuna auch einfach nur? Vielleicht sprach sie ja eher von ihren eigenen Gefühlen Yedan gegenüber und es war nur als eine Art Trost gemeint, dass auch ihr das widerfahren könnte? Neri hing diesem Gedanken länger nach, als sie eigentlich wollte, und sah erst wieder auf, als Rhuna sie auf ihre Wunden ansprach.

Aber auch diese versuchte sie zunächst herunterzuspielen. Sie sah die Sorge in Rhunas Blick und all die stummen Fragen, sodass Neri weiter ausholte, um ihr von ihrem Abenteuer zu erzählen. Nun hielt sie nicht mehr den Blick gesenkt, sondern schaute die Jüngere offen an. Für einen Moment glaubte Neri an ihrer Mimik zu erkennen, dass sie sie verstimmt hatte, doch sie konnte sich keinen wirklichen Reim darauf machen. Als Rhuna kurz auf ihre Hände hinab blickte, schien dieser Moment schon wieder vorbei zu sein und Neri sah auch keinen Grund, wieso Rhuna ein Problem mit ihrer Aktion haben sollte. Daher musste sie den Blick der Brünetten wohl falsch interpretiert haben. So erzählte sie beinahe unbekümmert weiter von dem, das ihr in der Quelle widerfahren war und löste das Erstaunen in Rhunas Miene aus, das sie erwartet hatte. Zugegeben, diese Verwunderung schmeichelte ihr durchaus. Neri strebte ständig nach Anerkennung, die ihr ihre wagemutigen Taten im Nachhinein mitunter einbrachten.
„Das war ganz schön gefährlich Neri! Du bist also in eine Quelle voller Raubfische gesprungen und getaucht, um an das Holz der Sariannenbäume zu gelangen?“
Ihr selbstsicheres Grinsen bekam für einen Moment Risse, als Rhuna sie tadelte. Es sah so aus, als wüsste sie im ersten Augenblick nicht, was daran so gefährlich sein sollte. Vielmehr erinnerte ihre Reaktion sie aber plötzlich wieder an Calhoun, der völlig verständnislos reagiert hatte. Neri zuckte kurz die Schultern, als wäre gar nichts dabei gewesen, und bestätigte Rhuna dann mit einem Nicken, was sie ihr erzählt hatte. Im nächsten Augenblick bat sie sie jedoch darum, sie nicht für verrückt zu erklären.
„Ich halte dich nicht für verrückt für das was du mir erzählst. Mir ist selbst zu viel Unerklärbares geschehen, als dass ich an nur einem deiner Worte zweifeln würde. Woran ich aber zweifle ist…“
"Aua, hey!", entfuhr es Neri empört, aber mit einem leisen Lachen, als Rhuna ihr plötzlich mit der Faust auf den Kopf tockte. Sie wich zur Seite aus und grinste noch für einen Moment. Tatsächlich war sie überrumpelt davon und hatte nicht damit gerechnet. „…wie bei den Göttern du auf die Idee kommst, direkt nach einem Kampf - auf Leben und Tod - gegen einen Dämon, in den Sarius zu laufen, um dich einer Prüfung zu unterziehen, um an das magische Holz der Sariannenbäume zu gelangen!? Kaputter Bogen hin oder her.“
"So wie du das sagst, klingt es natürlich etwas.. unüberlegt. Hätte ich vorher gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich es womöglich auf später verschoben", merkte Neri beinahe etwas kleinlaut an, machte aber gleichzeitig deutlich, dass sie es dennoch getan hätte. Aber auch Rhuna redete das Ziel des ganzen Wagnisses klein und dass sie damit einen Nerv bei Neri traf, zeigte sich durchaus in ihrem Blick.
"Das Wagnis war es wert. Ganz sicher. Ihr könnt es vielleicht nicht nachvollziehen, aber ohne diesen Bogen.." Sie seufzte. Wie sollte sie es erklären? "Nein, das geht einfach nicht."
„Ich weiß darüber nicht viel, aber diese Prüfung soll alles andere als einfach oder gefahrenlos sein. Hat dich Kayon darüber denn nicht aufgeklärt?“
"Du hast von diesen Prüfungen gehört?", fragte Neri überrascht nach. "Kayon hat mich nicht wirklich darauf vorbereitet. Kraven, der Namudu, warnte mich vor, aber dass das passieren würde, hat er nicht gesagt." Und dass sie ihr Leben geben musste, auch nicht - oder sie war so voller Adrenalin und Kräutern gewesen, dass diese Warnung einfach an ihr vorbei geflogen war.
„Du bist wagemutiger, als es eine Shyánerin sein sollte.“ Neri grinste schief und konnte das nur zurückgeben. Rhuna erkannte es vielleicht an ihrem bedeutungsvollen Blick, dass Rhuna sich da gar nicht von auszuschließen brauchte. Sie hatte sie vor einem Dämon beschützt und sich als Wirt geopfert! Aber Neriélle beließ es bei diesem Blick und wollte das Thema ruhen lassen, bis Rhuna bereit war, darüber zu reden.

„Ein Glück, dass er dann doch da war und dich herausgefischt und verarztet hat.“ Neri gab nur einen Laut von sich, der sowohl als Zustimmung als auch als Schnauben interpretiert werden konnte. Es entstand eine kurze Stille, in der Neri ihren Gedanken nachhing. Die Erlebnisse spielten sich erneut in ihrem Kopf ab, zuletzt der Streit, den Calhoun und sie gehabt hatten und von dem sie Rhuna zurückhaltend erzählte. Plötzlich spürte sie den Griff ihrer Hand um ihre eigene und blinzelte überrascht. Rhuna schaffte es durch ihre Art, Vertrauen aufzubauen und eine Verbindung zu ihr herzustellen, dass sich Neri weiter öffnete, als sie gedacht hätte. Es kostete sie einiges an Mut, ihr anzuvertrauen, dass sie sich dem Dunkelelfen hingegeben hatte. Doch Rhuna reagierte tatsächlich offen und grinsend. Da war keine Verurteilung in den violetten Augen, so sehr Neri auch in den violetten Iriden danach suchte. Da war kein Kopfschütteln und kein Entsetzen. Einfach nur ein „Verstehe!“ Neriélle bemerkte, wie eine Anspannung von ihr abfiel, die sie im Vorfeld gar nicht bemerkt hatte. Es machte sie irgendwo auch sprachlos und für einige Moment sah sie Rhuna nur verblüfft an und wusste nicht, wie sie auf diese Leichtigkeit, mit der sie das hinnahm, reagieren sollte. Doch sie wollte auch nicht sentimental werden und sie musste unbedingt diesen Dunkelelfen aus ihrem Kopf bekommen. Daher lenkte sie das Thema lieber auf Yedan.

„Findest du? Mir wurde sehr viel von der Welt hier draußen erzählt. Und zum Teil, gerade was die Gefahren angeht, stimmen sie durchaus überein. Nur…haben die Erzähler auch ausgelassen, wie wunderschön es außerhalb unserer Grenzen sein kann. Aber du hast recht. Wie sie funktioniert und wie man hier draußen klarkommt, hat uns wahrscheinlich niemand gesagt.“ Neri nickte, denn genau das meinte sie. Sie hatte das Gefühl, dass die Welt hier draußen einfach anders funktionierte. Sie war einem Heer des Dunklen Volkes und zwei Dämonen begegnet. Es gab Geschichten darüber, aber das war für Neri vor ihrem Aufbruch alles nur übertriebene Theorie gewesen. Wie man hier wirklich überlebte und die realen Gefahren hatten sie eher überfordert.
„Ich bin eigentlich nicht sehr viel länger im Dorf als du. Tatsächlich habe ich Shyána Nelle erst vor einigen Wochen verlassen.
"Oh, wirklich?", unterbrach Neri kurz, weil sie ehrlich überrascht davon war. Rhuna hatte auf sie gewirkt, als wäre sie schon lange ein fester Teil des Dorfes, aber offenbar war das gar nicht so. Vielmehr sprach es wohl für die Gastfreundlichkeit der Elfen und Menschen, die sie den passenden Elfen zeigten.. „Und es ist schon fast peinlich, aber ich habe völlig das Zeitgefühl verloren, so dass ich dir gar nicht genau sagen kann, wie viel Zeit vergangen ist. Ich weiß nicht einmal welchen Wochentag wir heute haben. Irgendwie war das… einfach nicht wichtig. Anders als daheim, wo ich gefühlt an jedem Tag wusste, was passieren würde…“ Neriélle musterte Rhuna eingehend, als sie eine kleine Pause machte. Sie interpretierte ihre Worte so, dass sie in ein und demselben Trott gelebt hatte und losgezogen war, um etwas Anderes und Neues zu erleben.
"Ich weiß, was du meinst. So schön Shyana auch ist, aufregend und abwechslungsreich ist es nicht gerade, außer man sorgt selbst dafür." Neri grinste, denn sie wusste, wovon sie sprach. Sie hatte sich immer etwas oder jemand Neues gesucht, wenn ihr langweilig geworden war. Doch sie verstand auch, was Rhuna meinte. Ihre Heimat war so behütet und idyllisch, dass man sich manchmal nach etwas Abenteuer und Frische sehnte.

„Yedan und ich haben uns etwa einen Tag nach meinem Aufbruch kennengelernt. Und peinlicher Weise hat er mir direkt das Leben gerettet. Er bot sich an mich eine Weile zu begleiten, weil er befürchtete, dass ich sonst einen Busch weiter in die nächste lebensbedrohliche Situation laufen würde. Wahrscheinlich hat er mich insgeheim als völlig verrückt abgestempelt, obwohl er es mir gegenüber als ‚mutig‘ betitelt hat.“
Neri erwiderte ihr Grinsen offen - und im ersten Moment sichtlich überrascht, dass sie Yedan direkt an ihrem ersten Tag auf ihrer Reise begegnet war und sich daraus eine Beziehung ergeben hatte. Und sie bemerkte, dass Rhunas Blick weicher wurde, als sie zu dem Halbelfen hinüber sah. Neri erinnerte sich, Yedan hatte ihr gestern mehr als deutlich gemacht, wie viel Rhuna ihm bedeutete. Und diese zeigte, dass seine Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhten.
"Er hat dir das Leben gerettet?", fragte sie mit einem etwas besorgten Unterton nach. Neri entdeckte im Laufe ihres Gesprächs einige Parallelen zwischen sich und der Elfe. Sie sah zu Yedan hinüber. "Ihr seht glücklich aus. Er würde vermutlich alles für dich tun. Das kann durchaus praktisch sein", merkte sie dann mit dem Blick zurück zu Rhuna an und zwinkerte ihr am Ende witzelnd zu.
„Dank ihm habe ich viel gelernt. Und ich verstehe mittlerweile, dass ich völlig unvorbereitet und leichtsinnig losgestiefelt bin. Das möchte ich auch an mir ändern. Ich will stärker werden, damit ich nicht von anderen immer abhängig bin und selbst etwas bewirken und die Welt sehen kann, ohne der erstbesten Gefahr ausgeliefert zu sein.“
"Ich verstehe das so gut. In Shyana brauchte man nicht viel zum Überleben. Und hier kommt man schon nach den ersten Tagen an seine Grenzen", bestätigte sie Rhunas Worte, die auch ihrer Wahrnehmung entsprachen. Es war auch ein Eingeständnis, dass sie die Geschehnisse nicht so locker hingenommen hatte, wie es den Anschein haben könnte. Auch darin schienen sie sich ähnlich zu sein.

„Ich glaube, dass du Calhoun wiedersehen wirst, Neri! "Was?", entfuhr es Neri da glatt überrascht. Für sie kam Rhuna so plötzlich wieder auf Calhoun zu sprechen, dass sie einen Moment brauchte, um dem Gedankensprung zu folgen. „Er wirkte vielleicht verschlossen und nicht besonders gesellig, aber in der kurzen Zeit, in der ich euch miteinander gesehen habe, habe ich bemerkt, dass sich sein Blick auf dich ganz anders gegeben hat, wie der auf andere. Er schien dich nie ganz aus den Gedanken zu lassen und achtete auf dich.“
Das, was Rhuna da sagte, beschleunigte für einige Momente ihren Herzschlag. Kurz keimte da eine Hoffnung auf. Sie wollte gerne an Rhunas Worte glauben, doch sie wollte sich nicht in irgendetwas reinsteigern, das nie passieren würde. Nachdenklich blickte sie in die Flammen. Wollte sie das überhaupt, dass jemand auf sie achtete? Eigentlich sträubte sie sich doch immer dagegen, doch Calhouns Nähe und Schutz hatte sie ganz offensichtlich gesucht.
„Dahingehend…, ohje, das darf Yedan nicht hören, … erschienen sie mir ähnlich gestrickt!“ Sie lächelte aus Pflichtgefühl, aber es erreichte nicht mehr ihre Augen. „Der kleine Streit hat euch sicher nicht getrennt. Er schien mir eher der Kandidat, der dir die Stirn bietet…!“ Neri biss auf ihre Unterlippe herum und dachte einige Momente über diese Worte nach. Sie hatte Calhoun durchaus einige Gelegenheiten geboten, um ihr die Stirn zu bieten. Und vielleicht war das auch ein Teil des Problems - es machte es aufregend und leidenschaftlich.
"Nein", sagte sie dann plötzlich und sie klang etwas harsch dabei. Die goldenen Augen suchten Rhunas Blick. "Wir werden uns nicht wiedersehen. Nichts davon hat ihm irgendetwas bedeutet. Wenn es anders wäre, dann wäre er nicht abgehauen." Hatte sie im Laufe ihres Gesprächs noch etwas zurückhaltend geklungen, so wurde nun auch durch ihre schroffe Wortwahl deutlich, dass er sie ernsthaft gekränkt hatte. Aber auch, dass sie darüber gar nicht so genau nachdenken wollte. Neri versperrte sich vor jedweder Hoffnung und bügelte diese lieber direkt nieder, als sich unnötig damit zu belasten. Die Welt war riesig und sie würde Calhoun weder hinter her rennen noch darauf hoffen, ihm irgendwo wieder zu begegnen. Dafür waren ihre Leben zu verschieden, das hatte er deutlich gemacht.

Neri besaß nicht genug Feingefühl, um ihre Worte in irgendeiner Weise abzumildern. Sie war völlig überzeugt davon, das musste sie sein. Daher war sie froh, dass Rhuna wieder das Wort an sich nahm und das Thema wechselte.
„Dich mag es vielleicht überraschen – zumindest lassen mich deine Äußerungen vermuten, dass du denkst, dass ich hier und mit Yedan schon länger zusammenlebe. Aber wirklich … nah sind wir uns gerade mal am Vorabend des Kampfes mit dem Dämon gekommen.“
"So wie dich das Dorf aufgenommen hat, habe ich tatsächlich gedacht, dass ihr hier zusammen schon länger wohnt", warf sie mit einem leichten Schmunzeln ein. Vor allem die Art, wie die Gemeinschaft um sie getrauert hatte, hatte sie zu dieser Vermutung verleitet. Doch das behielt sie geflissentlich für sich. In ihren Augen wirkten die beiden viel vertrauter, als es durch Rhunas Erklärung den Anschein hatte. „Bis dahin wusste ich nicht wirklich, was er über mich denkt oder für ich empfindet. Er wirkt gesellig und man hat das Gefühl sich mit ihm über alles unterhalten zu können. Aber die Wahrheit ist, dass er es hervorragend versteht Gespräche so zu lenken, dass das Gegenüber von ihm selbst und über sich nichts groß erfährt. Viele meiner Anläufe etwas über ihn herauszufinden scheiterten. Und ich glaube… wären die Dinge anders verlaufen – wäre er nicht von der Bärin lebensbedrohlich verletzt worden und hätten nicht Kaja und Ajak getroffen, die uns mit Farun ins Dorf gebracht hätten – wüsste ich noch immer nicht sehr viel über ihn und seine Vergangenheit. Wahrscheinlich wären wir uns… nicht auf diese Weise nah gekommen.“
"Ein Bär hat ihn angegriffen?!", entfuhr es ihr da ehrlich überrascht und es hob sich eine ihrer Augenbrauen. Dieser Fakt kam deutlich unerwartet in Rhunas Erzählung vor, sodass er sie kurz von ihren vorherigen Gedanken ablenkte. Sie erkannte tatsächlich eine Ähnlichkeit zwischen Yedan und Calhoun. "Komisch, dass die Männer so ein Geheimnis um sich machen müssen, mh? Und ist das nicht .. frustrierend für dich?", warf sie ein und erinnerte sich nur zu gut daran, wie sie ständig versucht hatte, mehr aus Calhoun herauszubekommen und wie wütend sein Schweigen sie gemacht hatte. „Manchmal sind es nicht die Gespräche, die uns einander näherbringen und uns mehr über den anderen verraten. Oder uns unserer eigenen Gefühle bewusster werden lassen.“ Rhuna konnte erkennen, dass sie Neri damit durchaus zum Nachdenken bewegte, die ins Schweigen verfiel. Sie fragte sich, ob sie vielleicht tatsächlich überreagiert hatte? Hätte sie Calhoun vielleicht einfach die Zeit geben sollen, die er brauchte? Die Elfe seufzte, weil sie schon wieder über diesen Elfen und seine Beweggründe nachdachte. Es wäre viel einfacher, wenn er ihr vollkommen gleichgültig sein würde!

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Mittwoch 11. Oktober 2023, 22:06

Neris Unbedachtheit der Gefahren im Sarius gegenüber erinnerte Rhuna an sich selbst. Auch sie war blauäugig in die Welt hinausgestiefelt und war von einer unvermuteten Gefahr in die Nächste geraten. Von daher wollte und konnte sie der anderen Shyánerin keinen Vorwurf machen. Erst recht nicht, wenn Kayon sie im Grunde unvorbereitet und ungewarnt auf dieses Abenteuer aufmerksam gemacht hatte.
Die Stimme und die Mimik der Elfe verrieten Rhuna, dass ihr die Situation gerade unangenehm wurde. Immerhin hörte niemand gerne kluge Ratschläge und Warnungen, nach der eigentlichen Situation. Noch dazu schien die Brünette nicht sofort erkannt zu haben, wie wichtig Neri der Besitz eines Bogens war. Sie war eben keine Jägerin und auch wenn sie den Umgang mit Pfeil und Bogen erlernen wollte, blieb ihr die Bedeutung dennoch noch verborgen.
„Ich wollte dich nicht schelten! Es war nur die Sorge…!“, sagte sie daher beschwichtigend und lächelte milde, während sie kurz Arme und Beine ausstreckte und zurück ins Feuer sah.
„Yedan hat mir von einer Prüfung erzählt. Was sie beinhaltet und ob oder welchen Gefahren man begegnet, hat er damals aber noch nicht erwähnt.“, erklärte Rhuna noch mit einem eindeutig unsicheren Blick, ob sie sich nun sehenden Auges in eine solche Prüfung begeben sollte um ebenfalls an einen Bogen zu gelangen. Sie war vielleicht mutiger geworden, doch gerade, so frisch nach dem Kampf sehnte sie sich weiter noch nach ein wenig seelische Erholung. Von Fischen attackiert zu werden stand da nicht unbedingt auf ihrer Liste für dringend zu erledigenden Dingen.

Die Beiden wechselten das Thema und versuchten sich an etwas leichterer Kost. Noch immer tasteten sie sich beieinander vor und versuchten die andere kennenzulernen, ohne in ein Fettnäpfchen zu treten, was gar nicht mal so einfach war. Bei keiner der Beiden. Jede trug ihrer eigenen Päckchen und Sorgen mit sich, die sie alle beiden nur schwer oder noch gar nicht jemand anderem anvertrauen konnten – wenn gar vor sich selbst. Von daher war ihre gemeinsame Heimat ein Thema, mit dem sie ein Weilchen offener verbringen konnten.
„Ich weiß, was du meinst. So schön Shyana auch ist, aufregend und abwechslungsreich ist es nicht gerade, außer man sorgt selbst dafür.", erwiderte Neri auf Rhunas Erzählung, wie sie damals die Welt in Shyána erklärt bekommen hatte. Ein kleines Schmunzeln legte sich bei dieser Bemerkung auf die Lippen der Brünetten, denn sie hatte durchaus in den Worten lesen können, die ihr sagten, dass Neri sich ihre Zeit dort bewusst spannender gestaltet hatte. Also ganz anders, als sie selbst und obwohl Rhuna kurz Luft holte und zu einer Erwiderung ansetzte, blieben ihr die Worte dann doch im Hals stecken.
Ich… will irgendwie nicht über mein altes Ich sprechen…, dachte sie und merkte dabei, dass sie merkwürdig gemischte Gefühle für sich empfand. War es denn überhaupt ihr altes Ich? Oder war sie noch immer dieselbe und hatte nur den Situationen entsprechend anders gehandelt?
Für einen Moment wirkte es so, als wäre Rhuna kurz in Gedanken, doch als Neri nachharkte, wie Yedan sie gerettet hatte nahm sie dankbar den Faden wieder auf und sah lächelt zu ihrem brünetten Sarier, der wieder ins Gespräch kam.
„Oh ja. Ich geriet in den moorigen Teil des Kapayu und lief dort einem Tiger über den Weg, der in mir natürlich leichte Beute erkannte.“ Neri wusste sicher, dass die Wahrscheinlichkeit einem Tiger zu begegnen, sehr gering war. „Doch bevor er mich beißen konnte rief Yedan ihn zurück. Er und der Tiger – Raji – sind nämlich so etwas wie Reisegenossen. Zumindest wenn sich Yedan im Kapayu aufhält, was damals zum Glück der Fall war.“ Die Erinnerung schien der Elfe lieb und teuer zu sein und ein kleines Kichern verließ ihren Mund, als sie Yedan dabei beobachtete, wie er versuchte die Fragen eines offenbar sehr gesprächigen und neugierigen Dorfbewohners zu beantworten. Sie kannten sich noch immer nicht sehr lange und doch verstand sie es mittlerweile selbst in seiner verborgenen Miene zu lesen.
„Ihr seht glücklich aus. Er würde vermutlich alles für dich tun. Das kann durchaus praktisch sein" Mit diesen Worten von Neri veränderte sich Rhunas Blick wieder und sie sah zurück zu ihrer neuen Freundin.
„Praktisch?“, fragte sie nach und schien nicht ganz zu verstehen, was die andere Elfe ihr damit sagen wollte. Doch noch ein weiterer Ausdruck schlich sich in ihre Augen. Sie wirkten plötzlich bedrückt, auch wenn sie versuchte das Lächeln beizubehalten.
„Er … würde es wahrscheinlich sogar!“, begann sie mit leiser und fast ein wenig belegter Stimme und ihr Blick verlor an Glanz. „Doch das soll er gar nicht…! Yedan denkt immer erst an andere und ganz zum Schluss an sich, wenn dann überhaupt noch etwas übrig ist, dass er dann noch für sich tun kann. Er…“, ihre Hände griffen in den Stoff ihres Rockes und verkrampften sich leicht, „…Yedan hat so viel durchgemacht und war ständig lebensgefährlichen Situationen ausgeliefert, durch die er sich alleine gekämpft hat. Er soll nicht an mich denken oder alles für mich tun. Ich muss lernen auf eigenen Beinen zu stehen und auch Gefahren die Stirn zu bieten. Und er soll … das Leben, das er zurückbekommen hat genießen. Ich will, dass er glücklich ist!“ In diesem Moment hatte ihr Herz doch ihre Zunge übernommen und obwohl sie etwas zu belasten schien, entsprach jedes Wort der Wahrheit. Rhuna liebte ihn … und das wäre wohl jedem klar, der in diesem Moment zugehört hätte.
Als würde sie aus ihrer Gedankenwelt aufwachen zuckte sie kurz, ehe sie sich räusperte und wieder sich wieder einen Teil verschloss und Neri anlächelte, als hätte sie ihr nicht diesen Einblick gewährt.
„Aber ja, ich bin glücklich ihm begegnet zu sein!“, schloss sie das Thema und versuchte dann das Thema wieder mehr auf Neri zu richten. Dabei erwähnte sie noch einmal Calhoun, was vielleicht keine allzu gute Idee war.
„Nein! Wir werden uns nicht wiedersehen. Nichts davon hat ihm irgendetwas bedeutet. Wenn es anders wäre, dann wäre er nicht abgehauen." Die Stimme der Violetthaarigen war ein wenig schroffer, als sie es vielleicht gewollt hatte, was Rhuna dazu bewog sie eingehender zu mustern. Und sie glaubte zu verstehen, was ihre Worte in der anderen ausgelöst hatten. Und dass sie selbst vielleicht noch nicht verstand oder akzeptieren wollte, was der Dunkelelf in ihr bewegt hatte.
Ihr Lächeln wurde mitfühlender und milder und kurz überlegte sie, wie sie Neri antworten sollte, ohne sie weder in ihrer Leugnung zu bestätigen, noch ihr das Gefühl zu geben sie erneut irgendwie belehren zu wollen.
„Ist das so…?“, fragte sie daher nur zaghaft und betonte es so, dass Neri nicht unbedingt den Drang verspüren musste, sich zu einer Antwort gedrängt zu fühlen. Und im Anschluss wechselte sie erneut das Thema und merkte erneut, dass es gar nicht so einfach war jemanden kennenzulernen. Von daher erzählte sie Neri noch ein wenig mehr von ihren Erlebnissen und wie sie ins Dorf gekommen war. Und so kam es unausweichlich wieder dazu, dass sie Yedan erwähnte. Sie schien den brünetten Halbelfen selbst nicht aus den Kopf zu bekommen.
„Ein Bär hat ihn angegriffen?!, fragte Neri sie dann interessiert und gleichzeitig so, als würde ihr dabei selbst etwas einfallen. Rhuna lehnte sich etwas zurück, stützte ihre Arme auf dem Stamm ab und sah zum Himmel, als sie über diese Frage nachdachte und Erinnerungen Revue passieren ließ.
„Wir kamen gerade erst im Neldoreth an und wollten das Nachtlager aufschlagen. Er ging los zum Jagen… und kam und kam nicht zurück. In der Nacht kam auch noch ein Unwetter auf und als es immer später wurde zog ich los ihn zu suchen und… fand ihn …“ Wie ein Blitz schlug der Anblick seines verblutenden Körpers in ihren Kopf und sie schauderte und schüttelte den Kopf, um das Bild abzuschütteln.
„Tut mir leid Neri. Ich… kann das gerade nicht erzählen. Ich hätte ihn… fast verloren und war völlig nutzlos.“ Wofür sie sich noch immer verabscheute, auch wenn ihr alle stetig sagten, dass sie geholfen hatte. Neri zumindest schien zu verstehen und schwenkte daher zu Yedans Charaktereigenschaft um, die zwar offen wirkte, mit der er aber auch sehr viel verbarg und nicht offenbarte.
„… Komisch, dass die Männer so ein Geheimnis um sich machen müssen, mh? Und ist das nicht … frustrierend für dich?", fragte sie daher und Rhuna sah sie dankbar an.
„Es war frustrierend! Sehr sogar. Ich wollte alles über ihn wissen, doch er warf mir nur Brotkrumen zu und lenkte sofort wieder ab. Meist indem er mich etwas über mich erzählen ließ. Ich bekam ihn schnell nicht mehr aus dem Kopf und rätselte über ihn herum. Dazu kam noch, dass ich seine Nähe viel zu sehr zu genießen begann… mich nach ihm sehnte…!“ Während sie sprach lief die Elfe dann doch immer röter an. Sie wirkte verlegen, woran man ihr nun doch ihr recht junges Alter für eine Shyánerin ansehen konnte.
„Yedan war … anders, als all die anderen daheim. Er ist anders! In Shyána kam mir ein junger Mann nie auf diese Weise nah - also er hat sich nie aufgedrängt oder so, aber er hat mit Körpernähe … keine Schwierigkeiten. Was ich so nicht kannte…“ … ihr aber eindeutig gefallen hatte!
Das Thema wurde ihr dann doch wieder zu persönlich und sie brach ab. „Nun ... eigentlich haben die Umstände dazu geführt, dass er mir mehr von sich erzählt hat. Gezwungenermaßen sozusagen. Weil ich auch von anderen etwas über ihn erfuhr und zum Teil entsprach dies gar nicht der Wahrheit, wie beispielsweise sein ehemaliger Ruf in diesem Dorf. Wir stritten uns oft und Ajak…“ Erneut brach sie ab und beschloss diesen Teil ebenfalls nicht zu erwähnen. Sie erzählte schon viel zu viel, was sie eigentlich gar nicht wirklich wollte.
„Yedan und ich kamen uns… Stück für Stück näher. Weil ich zu ihm stand. Und glaub mir anfangs hat ihm das nicht mal gefallen. Aber … Neri wollen wir nicht das Fest genießen?“ Mit diesen Worten stand die Brünette auf und hielt der anderen die Hand hin.
„Lass uns tanzen gehen! Daheim gab es überall Tanz und Gesang. Und das ist etwas, was ich wirklich ein wenig vermisse.“

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Donnerstag 12. Oktober 2023, 19:24

Neri erzählte nicht alles von ihrem Ausflug in die Quelle, aber genug, dass Rhuna indirekt in Frage stellte, ob das ein Bogen Wert wäre. Die Jägerin wurde ungern belehrt und war eigensinnig, was ihre Waffe anging. Das bekam nach Calhoun nun auch Rhuna zu spüren.
„Ich wollte dich nicht schelten! Es war nur die Sorge…!“
"Schon gut", murmelte Neri leise, aber ehrlich. Sie zürnte Rhuna nicht und sie wollte die Stimmung auch nicht kippen. Die Elfe klang ehrlich und Neri fühlte sich in ihrer Gegenwart nicht so unterschwellig provoziert, wie von einem gewissen anderen Elfen in der Vergangenheit, sodass sie dieses Thema schnell ruhen ließ. Rhuna konnte nichts für ihre Laune und sie wollte sie ihr auch nicht verderben. Schließlich waren sie auf einem Fest, das sie für Rhuna feierten.
„Yedan hat mir von einer Prüfung erzählt. Was sie beinhaltet und ob oder welchen Gefahren man begegnet, hat er damals aber noch nicht erwähnt.“
Neriélle ahnte noch immer nicht, dass auch Rhuna solch eine Prüfung im Sinn gehabt hatte, um einen Bogen zu erlangen. "Falls du mit dem Gedanken spielst..", meinte sie, als sie Rhunas verunsicherten Blick traf, ".. ich würde es nicht empfehlen." Sie schmunzelte kurz. Sie war gestorben. Das würde sie keinem empfehlen. Schon gar nicht einer Elfe, die bereits am Vortag ihr Leben ausgehaucht hatte und auf seltsame Weise wieder auferstanden war. Auch wenn sie Rhuna offen davon abriet, sich dieser Prüfung zu unterziehen, konnte diese erahnen, dass sie dennoch auf Neri zurückkommen konnte, was das betraf und wenn sie wollte.

Vorerst aber redeten sie über ihre Heimat. Ein weitaus unverfängliches Thema, bei dem sie sich langsam annähern konnten. Auch wenn sie einem Dämon die Stirn geboten hatten - sie kannten sich nicht und auch Neriélle bemerkte, dass Rhuna nicht so leichtfertig durch die Welt ging, wie es die Ältere zuerst vermutet hatte. Neri hingegen hielt nicht hinter dem Berg damit, dass sie sich Shyana selbst aufregend und abwechslungsreich gestaltet hatte, um den langweiligen Alltag zu überstehen. Sie sah, wie Rhuna zu einer Erwiderung ansetzte, dann aber stoppte. Auch wenn Neri nicht ergründen konnte, woher es kam, war Rhuna mit einem Mal deutlich das Unwohlsein anzusehen - was auch immer es ausgelöst hatte. Neri sah kurz ins Feuer und runzelte die Stirn. Vielleicht hatte Rhuna, entgegen ihrer Vermutung, gar nicht solch eine aufregende und abwechslungsreiche Zeit in Shyana verbracht, sondern.. das Gegenteil erlebt? Neriélle konnte sich das kaum vorstellen. Das Leben in ihrer Heimat mochte auf jeden Fall langweilig sein, aber nicht.. böse oder durchweg negativ. Zumindest fehlte es Neri hierbei an Erfahrung, die sie doch erst kurz vor ihrer Abreise aus Shyana gemacht hatte.

Im Laufe ihres Gesprächs bemerkte die ältere Elfe, dass Rhuna weitaus gelöster war, wenn sie von ihrer Reise durch die Wälder und dem Sarier redete. Dann wirkte sie gelöster und redseliger. So kam auch Neri wieder zurück auf Yedan zu sprechen und wollte mehr darüber wissen, wie er Rhuna im Urwald gerettet hatte.
„Oh ja. Ich geriet in den moorigen Teil des Kapayu und lief dort einem Tiger über den Weg, der in mir natürlich leichte Beute erkannte.“ "Ein Tiger?" Neri blickte Rhuna staunend und gleichzeitig fragend an, ob sie das gerade richtig gehört hatte. „Doch bevor er mich beißen konnte rief Yedan ihn zurück. Er und der Tiger – Raji – sind nämlich so etwas wie Reisegenossen. Zumindest wenn sich Yedan im Kapayu aufhält, was damals zum Glück der Fall war.“
Sie war noch nie einer solchen Raubkatze begegnet - und sehr froh darüber, denn sie legte auch keinen Wert darauf. Aber dass es solche wilden Tiere gab, die auf einen Halbelfen hörten, davon hatte sie tatsächlich noch nie zuvor gehört. Ihr Blick huschte kurz zu Yedan. Das war eine wirklich Überraschung. Rhuna hatte wohl immens Glück gehabt, ausgerechnet auf den einzigen Tiger zu treffen, der auf einen Halbelf hörte. Offenbar waren die Götter ihnen beiden gut gesinnt, wenn sie darüber nachdachte, was sie alles schon überlebt hatten auf ihrem Weg zum Dorf der Waldmenschen. Neri bescheinigte Rhuna, dass sie glücklich zusammen wirkten und dass es durchaus praktisch sein konnte, wenn Yedan alles für sie tun würde. „Praktisch?, wollte Rhuna wissen.
"Ja, natürlich. Er könnte dir Frühstück bereiten, deine Stiefel putzen, die Wäsche waschen oder am Abend das Haus in Ordnung bringen", grinste sie belustigt, als sie deutlicher wurde, bevor sie Rhuna kurz zu zwinkerte und dann wieder entsprechend ernster wurde, als die Brünette weiter sprach und sich darauf bezog, dass Yedan alles für sie tun würde.
„Er … würde es wahrscheinlich sogar! Doch das soll er gar nicht…! Yedan denkt immer erst an andere und ganz zum Schluss an sich, wenn dann überhaupt noch etwas übrig ist, dass er dann noch für sich tun kann. Er…Yedan hat so viel durchgemacht und war ständig lebensgefährlichen Situationen ausgeliefert, durch die er sich alleine gekämpft hat. Er soll nicht an mich denken oder alles für mich tun. Ich muss lernen auf eigenen Beinen zu stehen und auch Gefahren die Stirn zu bieten. Und er soll … das Leben, das er zurückbekommen hat genießen. Ich will, dass er glücklich ist!“
Neri beobachtete die andere bei ihren Worten und hörte durchaus die Liebe heraus, die Rhuna für ihn empfand. Sie schwieg einige Momente mit der Elfe, in denen nur das Feuer knisterte. War es nicht das, wonach sich immer alle sehnten? Die große Liebe, jemand, der alles für einen tat und der einem in jeder Situation zur Seite stand?
"Es könnte beides möglich sein", dachte Neri laut nach und zuckte dann mit den Schultern. Nicht, weil es sie nicht interessierte, sondern weil sie Rhuna keinen Rat geben konnte, falls sie darauf hoffte. Sie kannte sich damit nicht aus. Und überhaupt, wann war sie eigentlich so sentimental geworden? Neri blickte kurz argwöhnisch in ihren leeren Becher, auf der Suche nach Alkohol. Doch der Met war alle. Sie überlegte einen Moment, sich noch etwas zu trinken zu holen, als Rhuna die Gelegenheit nutzte und erneut auf Calhoun zurückkam. Als würde sie es sich selbst noch einmal beweisen müssen, dass sie nicht der Typ war, der Rhunas Worte entsprach, ließ Neri diese an sich abprallen und machte deutlich, dass sie keinen Wert auf ein Wiedersehen mit den Dunkelelfen legte.
„Ist das so…?“ Mit einem leisen Schnauben warf sie Rhuna einen kurzen Blick zu, was das wieder bedeuten sollte. Natürlich war das so! Oder nicht? Das Gespräch mit Rhuna machte sie langsam nervös, weil sie viel länger über Dinge nachdachte, die sie lieber aus ihrem Kopf ferngehalten hätte.

Rhunas bisherige Reise war offenbar wirklich von mehreren Ereignissen gespickt und Neri wollte mehr über den Bärenangriff wissen, dem Yedan entkommen war.
„Wir kamen gerade erst im Neldoreth an und wollten das Nachtlager aufschlagen. Er ging los zum Jagen… und kam und kam nicht zurück. In der Nacht kam auch noch ein Unwetter auf und als es immer später wurde zog ich los ihn zu suchen und… fand ihn … Tut mir leid Neri. Ich… kann das gerade nicht erzählen. Ich hätte ihn… fast verloren und war völlig nutzlos.“
Sie sah, wie die Erinnerung die Jüngere schaudern ließ. "Schon gut", sagte sie ehrlich und lächelte nun ihrerseits zaghaft in Richtung der Brünetten. Es war in Ordnung, wenn sie darüber nicht reden wollte. "Er ist zäh, hm", erinnerte sie Rhuna daran. Sie ersparte sich Floskeln darüber, wie nutzlos sich Rhuna gefühlt hatte und dass das sicher nicht stimmte. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, dass Rhuna wirklich nichts getan hatte - aber sie war nicht dabei gewesen, um die passenden aufbauenden Worte zu geben. Und selbst wenn.. "Es war ein Bär. Die sind nun mal keine Kuscheltiere", sagte sie stattdessen und wollte damit andeuten, dass es völlig in Ordnung war, wenn man gegen diese nichts ausrichten konnte.

Sie hörte aufmerksam zu, als Rhuna auf ihre Frage einging, ob Yedans Schweigen sie nicht frustrierte. Auch wenn sie es offen niemals zugeben würde - vielleicht konnte sie ja noch etwas im Umgang mit verschwiegenen Männern lernen.. nur für den Fall der Fälle natürlich.
„Es war frustrierend! Sehr sogar. Ich wollte alles über ihn wissen, doch er warf mir nur Brotkrumen zu und lenkte sofort wieder ab. Meist indem er mich etwas über mich erzählen ließ. Ich bekam ihn schnell nicht mehr aus dem Kopf und rätselte über ihn herum. Dazu kam noch, dass ich seine Nähe viel zu sehr zu genießen begann… mich nach ihm sehnte…! Yedan war … anders, als all die anderen daheim. Er ist anders! In Shyána kam mir ein junger Mann nie auf diese Weise nah - also er hat sich nie aufgedrängt oder so, aber er hat mit Körpernähe … keine Schwierigkeiten. Was ich so nicht kannte…“
Neri grinste, als sie den roten Schimmer auf Rhunas Wangen deutlich im Flammenschein wahrnahm. Im Gegensatz zu der Jüngeren schien Neri dieses Thema aber überhaupt nicht peinlich zu berühren. "Ich sag doch, er würde alles für dich tun", meinte sie nun kess und lachte kurz auf, vertiefte dieses Thema aber nicht weiter. Zum einen wollte sie nicht wirklich über das Intimleben von Yedan reden.. und Rhuna offenbar auch nicht. Da musste diese Andeutung reichen.
„Nun ... eigentlich haben die Umstände dazu geführt, dass er mir mehr von sich erzählt hat. Gezwungenermaßen sozusagen. Weil ich auch von anderen etwas über ihn erfuhr und zum Teil entsprach dies gar nicht der Wahrheit, wie beispielsweise sein ehemaliger Ruf in diesem Dorf. Wir stritten uns oft und Ajak…“ Neri hatte einige tanzende Leute in der Entfernung beobachtet, während Rhuna erzählte und blickte nun fragend auf, als sie plötzlich abbrach. „Yedan und ich kamen uns… Stück für Stück näher. Weil ich zu ihm stand. Und glaub mir anfangs hat ihm das nicht mal gefallen. Aber … Neri wollen wir nicht das Fest genießen?“ Neriélle überlegte gerade noch, was mit Ajak war und was sie wohl hatte erzählen wollen, aber zusammenreimen konnte sie es sich nicht, worauf Rhuna kurz hin erzählt hatte. Rhuna riss sie mit ihrer plötzlichen Frage aus den Gedanken, dann blickten die goldenen Augen auf die ihr dargebotene Hand hinunter.

„Lass uns tanzen gehen! Daheim gab es überall Tanz und Gesang. Und das ist etwas, was ich wirklich ein wenig vermisse.“
"Du möchtest mit mir tanzen?", vergewisserte sich Neri, ehe sie kurz auflachte. "In Ordnung. Aber wenn dir nachher die Füße wehtun, darfst du dich nicht beschweren."
Mit einem Grinsen erhob sich Neri von ihrem Platz und war eigentlich ganz froh über die Ablenkung, die Rhuna gerade anbot. Sie hatten viel voneinander erfahren und am meisten wohl, dass sie sich beide nicht so einfach und offen ins Herz blicken ließen. Aber umso besser konnten sie die jeweils andere wohl auch akzeptieren und verstehen.
Sie ließ sich von Rhuna bereitwillig bis zur Tanzfläche ziehen und lächelte schon auf dem Weg dorthin, als die fröhliche Musik an ihre Ohren drang. Zu Beginn tanzte sie noch etwas zurückhaltend und steif, doch mit jeder Minute begann sich ihr Körper zu entspannen. Sie griff Rhuna bei den Händen und passte je nach Lied und Laune ihre Tanzbewegungen an. Als dann auch noch Musik aus ihrer Heimat an ihre spitzen Ohren drang, löste sich Neri völlig und vergaß für einige Momente all das, was insbesondere die letzten beiden Tage passiert war.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Erzähler » Freitag 13. Oktober 2023, 21:53

Das Fest war eine willkommene Abwechslung. Sowohl Neri als auch Rhuna hatten sich darauf gefreut, denn es versprach Kurzweil, Ablenkung und einen Abend ohne Sorgen. Die Musik spielte unablässig schnelle und fröhliche Stücke, während geschwatzt, gelacht und gesungen wurde. Die Geräuschkulisse begleitete das erste, echte Gespräch der jungen Elfinnen, die sich ein wenig zurückgezogen hatten. Nach allem, was sie erlebt hatten, war es kein Wunder, dass sie erstmal ein wenig Zeit brauchten, um sich endlich zu beschnuppern. Sie kannten einander nicht, hatten dennoch wohl bereits ein enges Band geknüpft, weil sie gemeinsam etwas überlebt hatten, das sie nicht hatten kommen sehen können. Neri war vollkommen unbeteiligt hineingestolpert und hatte sich in einer Situation wiedergefunden, die auch jetzt noch ihr Verständnis überstieg. Zudem spürte die Elfe, wie sehr die letzten Wochen doch ihr Leben auf den Kopf gestellt hatten. Glaubte sie noch, dass das Leben mit ein wenig Würze in Shyána Nelle aufregen wäre, da wusste sie erst jetzt, was sie all die Jahre verpasst hatte. Sie hatte wirklich alles erlebt und war am Ende sogar… gestorben. Der Gedanke war weiterhin befremdlich und doch teilte sie auch dieses Schicksal mit Rhuna. Anders als bei ihr aber, hatte Neri sich freiwillig in eine Situation begeben, die ihr am Ende glücklicherweise doch noch gelang. Sie hatte das Holz beschafft, aber wäre niemand dagewesen, der sie aus dem Wasser gezogen hätte… Rhuna hingegen spürte allmählich das Aufatmen, nach den beschwerlichen Wochen. Sie schaffte es immer wieder zu lächeln und sich gar für alle hier zu freuen. Sie hatte ihre Aufgabe gemeistert und war daran nicht gescheitert. Bis zum bitteren Ende hatte sie es gewagt und wurde nun belohnt. Das Gespräch der Frauen verlief grundlegend gut, auch wenn es hier und dort mal kleinere Abzweigungen gab, die nicht sehr angenehm waren. Allerdings besaßen sie beide genug Empathie und vor allem Willen, sich nicht gegenseitig zu verletzen. Sie wollten der anderen nichts Schlechtes, sondern lediglich ein wenig mehr erfahren. Die Zeit würde zeigen, ob und wie sie eventuell noch dazu kämen, aber vorerst wollten sie das Fest endlich auch genießen.
Nachdem beide ihre Getränke geleert hatten und sich ausgelassen erhoben, suchten sie die Tanzfläche auf. Schnell wurden sie von den Klängen des Waldmenschendorfes mitgerissen. Die Musiker spielten verspielte Melodien, die auch sie in Shyáná kannten und wohl jeder Elf irgendwo gerne hörte. Es war wirklich schwer, sich nicht von der Ausgelassenheit der Leute mitreißen zu lassen. Wo Rhuna ohnehin immer wieder freundlich begrüßt wurde, durfte nun auch Nerielle feststellen, dass man ihr weitaus wärmer begegnete. Immer wieder wurde ihr mal zugeprostet oder einer der mutigen, jüngeren Elfen, wagte sich an sie heran, um eine kleine Tanzeinlage zu geben. Es wurde gelacht. Viel und ausgelassen, denn keiner wollte sich noch länger die Laune verderben lassen. Es war ein Neuanfang, ein wichtiger Moment. Sie hatten das Unheil alle überlebt und niemand war ernsthafter zu Schaden gekommen. Nun, für Avalinn mochte das nicht ganz zutreffen, doch auch sie schien nicht länger in Lebensgefahr zu schweben. Es gab keinen Grund, sich nicht zu freuen. Oder? Allerdings konnte Rhuna sich nicht gänzlich frei davon machen, dass Yedan im Dorf bleiben würde. Sie wusste, sie rollte auf einen Abschied zu, den sie nicht wollte und das trübte ihre Stimmung erheblich. Auch Neri hing ihren Gedanken um einen Mann nach, von dem sie nicht im Ansatz geglaubt hatte, dass er diese Wirkung auf sie hätte. Doch bevor die beiden Frauen wieder schwermütig werden konnten, kam Yedan zu ihnen und lächelte auf Rhuna herab. Er griff ihre Hand, drehte sie einmal um sich selbst und fing sie sanft auf, damit sie nicht fiel. Erst nachdem er sie angelacht hatte, kam der braune Blick zu Neri. Warm war er dieses Mal und auch ihm sah man die Freude an. Er wirkte gelöst, regelrecht befreit und hatte sichtlich Spaß. „Es tut mir leid, Neriélle.“, begann er die Musik zu übertönen und neigte sich ihr etwas entgegen, damit sie ihn verstehen konnte. Er setzte zum nächsten Satz an, da grölten einige Jungelfen und Menschen, weil Ajak gerade ein ganzes Trinkgefäß auf einmal getrunken hatte. Er ließ sich lachend feiern, bevor er nachschenken ließ. Yedan aber verfolgte seinen Plan, mit Neri zu reden: „Ich war zu hart zu dir. Ich.. es tut mir wirklich leid – ich weiß, dass du nur hast helfen wollen.“, versicherte er ihr, richtete sich wieder auf und nickte ihr zu. Es war ihm wichtig, dass er das loswerden konnte. Doch dann riss der Blick von Neri ab und er richtete ihn auf Rhuna. „Willst du tanzen?“, fragte er sie und hatte sie bereits im Arm. Er entführte sie ein wenig zur Seite, bevor er sie im Takt der Musik bewegte und gleichzeitig an sich zog. Er hielt sie so fest, dass sie glauben musste, er wollte sie nie wieder loslassen. Wenn es doch nur so wäre… Jetzt aber war er sichtlich ausgelassen, lachte sogar in ihr Gesicht und scheinbar nur für sie. Er war so glücklich und so gelöst, wie sie ihn noch nicht erlebt hatte. Er wirkte stets zufrieden, aber jetzt… Das war etwas anderes. Es war wundervoll.

Während Rhuna mit Yedan weitertanzte und ihre Zweisamkeit genoss, da stand Neri für einige Takte alleine da. Erst nach etlichen Noten, spürte sie mit einem Mal eine Hand auf ihrer Schulter. „Pfff… DAS nennen die ein Fest?!“, hörte sie eine ihr vertraute und viel zu lange nicht mehr gehörte Stimme. Sobald sie sich umdrehte, stand dort Arunn. Frisch gewaschen – endlich – und trotzdem genau so, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Der Dessarier sah gut aus. Schlicht und ergreifend. Wie er da stand, mit seinem dunklen Haar, dem – endlich – gepflegten Bart und den wachsamen, blauen Augen. Er hatte sein geliehenes, vor Dreck stehendes Hemd von Calhoun (endlich) gegen ein neues, beiges Leinenhemd getauscht und trug ebenso beige Leinenhosen. Er wirkte ein wenig wie ein Priester, was er sogleich kommentierte: „Dass diese Baumknuddler auch alle so auf Naturverbunden machen müssen!“, knurrte er, grinste aber zu Neri und zwinkerte. Dann musterte er sie und sein Lächeln wurde eine Spur weniger. Seine Augen strahlten Ehrlichkeit und Freude zugleich aus. „Schön dich zu sehen, Schnecke! Du siehst verdammt gut aus!“, grinste er dann und ließ seinen Blick einmal über ihre Statur wandern. „Also“, er sah sich demonstrativ um. „Bevor du was sagst – ich habe mächtig Durst! Wo kann man denn hier… - ah! Dahinten“, er wartete nicht, er griff Neri’s Hand und zog sie mit sich. „Ich geb‘ einen aus!“, grunzte er lachend. Seine Bewegungen waren noch etwas steif, wie Neri beobachten konnte, doch ansonsten schien er wahrlich bei Kräften zu sein. Seine Hautfarbe hatte noch nicht die gänzlich alte Farbe zurückgewonnen, aber er sah auch nicht mehr dem Tode nahe aus. Nachdem sie etwas zum Trinken ergattert hatten, er ungefähr 3 Bier sofort getrunken hatte und ein viertes nun in der Hand hielt, da führte Yedan auch Rhuna zum Ausschank. Auch er hatte Durst und wollte sich etwas holen, bevor er Rhuna fragend ansah, ob sie nicht auch etwas mochte? Erst dann fiel Yedan’s Blick auf Arunn und Neri. „Dein Freund ist aufgewacht!“, bemerkte er und nickte Arunn zu. Jeder hatte gerade sein halbes Gesicht im Bierkrug versenkt, ehe er sich ertappt fühlte und räuspernd über seinen Bart strich. „Arunn – aus Dessaria! Sehr erfreut.“, meinte er zackig und grinste Yedan an. Bevor er aber erneut einen Schluck nahm, wanderte sein Blick zu Rhuna. „Meine Güte!“, sagte er nur und grinste charmant, wie er – manchmal – sein konnte. „Noch ein Zuckerstück! Sehr erfreut!“, verneigte er sich halb, zuckte aber unter seinen immer mal wieder ziependen Wunden zusammen und richtete sich wieder auf. Dann neigte er sich zu Neri : „Und wer sind die?“, fragte er halblaut, dass es jeder hören konnte aber er glaubte, leise genug zu sprechen.
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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Samstag 14. Oktober 2023, 17:40

Neriélle und Rhuna machten die Tanzfläche unsicher. Mit jedem Lied konnte sich die Elfe mehr entspannen und ließ sich bald gelöst von der Musik treiben. Die anderen Menschen und Elfen um sie herum machten es ihr auch zunehmend einfacher. Das Zuprosten erwiderte sie mit einem Nicken oder Lächeln, während sie schmunzelnd die Tanzeinlagen zur Kenntnis nahm, die vor ihren Augen aufgeführt wurden. Während Neri das Verschwinden des Dunkelelfen noch verdauen musste, sorgte es bei den Dorfbewohnern dafür, dass das Misstrauen ihr gegenüber verschwand. Ein deutlicheres Zeichen dafür, dass Neri und Calhoun nur vorübergehende Reisebegleiter gewesen waren, gab es nicht. Neri sah aus dem Augenwinkel, wie sich Yedan näherte und kam langsam zum Stehen, um Rhuna dem Halbelfen zu überlassen. Als sie die beiden miteinander beobachtete, überlegte sie, ob Calhoun wohl tanzen konnte.. Sie versuchte, sich vorzustellen, wie der Elf tanzte, kam dann aber schnell zum Schluss, dass er wohl nur mit verschränkten Armen und grimmigem Blick vom Rand aus zugesehen hätte, um sich dann mit einem Schnauben gänzlich von all der Freude hier abzuwenden.
„Es tut mir leid, Neriélle.“ Sie war kurz in Gedanken versunken und blinzelte dann, überrascht davon, dass Yedan sie ansprach und sich sogar bei ihr entschuldigte. Mit ernster Miene schaute sie zu ihm hinauf und überlegte einige Momente. Bevor sie etwas erwidern konnte, ertönte ein Grölen schräg hinter ihr, dass noch lauter als die Musik war. Sie schaute sich kurz nach den Jünglingen um und grinste, als sie das Geschehen verstand, das sich da abspielte. Offenbar musste Ajak sich den anderen gegenüber beweisen. Neri blickte zurück zu Yedan. „Ich war zu hart zu dir. Ich.. es tut mir wirklich leid – ich weiß, dass du nur hast helfen wollen.“ Neri sah einen Moment zu Rhuna und seufzte dann. Die goldenen Augen suchten erneut den Blick zu dem Halbelfen, dessen Entschuldigung aufrichtig klang. "Warst du nicht. Es ist einiges schief gelaufen und auch ich muss mich bei dir entschuldigen", räumte sie ein und es war ihr anzumerken, dass es sie Überwindung kostete. Sie war nicht gut darin, Fehler vor anderen zuzugeben, und auch wenn sie nicht konkret wurde, meinte auch sie es ehrlich. All die Konflikte um sie herum und in ihrem Inneren, die sich seit der Quelle in ihr offenbart hatten, waren anstrengend genug. Da brauchte sie nicht noch zusätzlichen Streit mit jemanden. Vor allem nicht, da sie erfahren hatte, wie sehr Rhuna ihn liebte. An jene wandte er sich nun und Neri gönnte ihnen ihr Glück. Sie beobachtete die beiden für einen Moment, wandte dann aber den Blick ab, als der Halbelf Rhuna nah an sich heran zog.

Und nun? Neri schaute sich kurz nach links und rechts um. Jeder schien einen Tanzpartner zu haben oder in ein Gespräch verwickelt zu sein. Dann spürte sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter und während sie den Kopf über ihre Schulter drehte, hörte sie eine ihr sehr bekannte Stimme, die sie lange nicht mehr gehört hatte. „Pfff… DAS nennen die ein Fest?!“
"Arunn?!" Sie war völlig überrumpelt, ihn hier so plötzlich zu sehen, und drehte sich in einer fließenden Bewegung vollends zu ihm herum. Bevor er noch irgendetwas sagen konnte, warf sie ihre Hände um seinen muskulösen Körper und umarmte ihn herzlich - und fest. "Phaun sei Dank. Ich dachte, du würdest sterben", murmelte sie leise, den Kopf an seine Schulter gedrückt. Endlich konnte sie es sagen und endlich fiel diese unbewusste Anspannung von ihr ab. Man hatte es ihr sicherlich an der Sorge in ihrem Blick und der Dringlichkeit in ihren Worten und Taten angemerkt. Aber sie hatte nie jemanden gegenüber geäußert, wie viel Angst sie wirklich um Arunns Leben gehabt hatte. Dem Einzigen, dem sie das anvertrauen konnte, war komischerweise Arunn selbst. Sie kannten sich kaum und nicht lange, aber er war ihr einfach direkt ans Herz gewachsen. Neriélle drückte ihn vielleicht eine Spur zu lange und löste sich dann mit einem Räuspern, als ihr klar wurde, dass die Erleichterung über sein Auftauchen sie zu dieser Übersprungshandlung verleitet hatte. „Dass diese Baumknuddler auch alle so auf Naturverbunden machen müssen!“ Sie war noch immer sprachlos und starrte ihn einfach nur an, registrierte das Zwinkern und das Strahlen in seinen Augen, einfach das ganze Leben, das er nach so langer Zeit wieder ausstrahlte. „Schön dich zu sehen, Schnecke! Du siehst verdammt gut aus!“
Sie grinste und war noch immer etwas überrumpelt, dass er einfach wieder da war. Gesund und mit seiner alten Art, als wäre nie etwas geschehen. "Es ist schön, dich zu sehen. Hätte ich gewusst, dass du auch hier bist..", erwiderte sie auf seine Worte direkt frech und ließ offen, was sie dann getan hätte. Bevor sie noch etwas sagen konnte, redete er direkt weiter und sie grinste einfach nur aus ehrlicher Freude heraus, dass er endlich wieder sprach. Also. Bevor du was sagst – ich habe mächtig Durst! Wo kann man denn hier… - ah! Dahinten. Ich geb‘ einen aus!“ Neri umfasste seine Hand und folgte ihm bereitwillig durch die Menge. Dabei musterte sie ihn und bemerkte, dass er sich noch steif bewegte. Aber er war hier und das tat so gut.

Neri bestellte noch einen Met und beobachtete dann den Menschen dabei, wie er den ersten Krug Bier leerte. Ajak hätte keine Chance gegen ihn. Neri schmunzelte und legte dann eine Hand auf Arunns, damit er mal kurz eine Pause machte.
"Wie geht's dir, Aru?", wollte sie wissen und sah ihn lächelnd, aber auch bittend an, dass er ihr bloß die Wahrheit sagen sollte. "Ein Gutes hat das Ganze. Du siehst endlich mal aus wie ein Mensch - also wie ein sauberer. Anständig gekleidet und zurecht gemacht. Ich hätte dich so fast gar nicht erkannt", meinte sie gutmütig, was natürlich der innigen Umarmung widersprach und nicht ernst gemeint war. Dann sah sie, wie Yedan und Rhuna sich näherten und erwiderte den Blick des Halbelfen, als er sich an sie wandte. „Dein Freund ist aufgewacht!“ Sie nickte und lächelte - zum ersten Mal glücklich, seit sie hier war, konnte man meinen. Sie konnte immer noch nicht glauben, dass Arunn wieder wohlauf war und ab und zu blickte sie den Menschen einfach nur ungläubig an.
„Arunn – aus Dessaria! Sehr erfreut. Meine Güte!“ Neri sah verwundert auf, ehe sie verstand, dass Arunns Blick auf Rhuna gefallen war. „Noch ein Zuckerstück! Sehr erfreut!“ Dann grinste sie und sah Rhuna entschuldigend an. Als Arunn unter seiner Bewegung zusammen zuckte, wurde ihr Blick besorgt und die goldenen Augen musterten den Menschen eingehend.
„Und wer sind die?“, wollte er dann wissen und machte sie auf ihre fehlenden Manieren aufmerksam. "Oh, natürlich. Das sind Rhuna und Yedan. Er ist aus dem Dorf und Rhuna kommt ursprünglich auch aus Shyana Nelle. Wir lernten uns hier kennen." Sie blickte zwischen den dreien hin und her und hoffte, dass sie Yedan unverfänglich genug vorstellte. Ansonsten konnten beide natürlich noch ihrerseits etwas hinzufügen. "Arunn und ich lernten uns vor Zyranus kennen. Dann entschied er sich, sich von meinem Bogen durchbohren zu lassen." In ihren Augen blitzte es kurz, dann wurde sie aber wieder ernster, denn natürlich war das nicht wirklich witzig gewesen. Es war so viel vorgefallen, von dem sie Rhuna nichts erzählt hatte. Calhoun, der sie zu Arunn gesperrt hatte. Ihre Flucht. Der Dämon, der das ganze Lager ins Chaos gestürzt hatte. Calhoun hatte sie aus dem Lager herausgebracht und sie hatte Arunn in den Wald gezerrt, bis sie den Plan gefasst hatten, ihn nach Süden zu bringen. Calhoun und sie hatten alles getan, um Arunn Leben zu retten. Sie erwähnte den Dunkelelfen absichtlich nicht, sie hatte Rhuna bereits erzählt, dass sie auch ihm bei der Magierstadt begegnet war - obwohl sie alle Details darüber hinaus verschwiegen hatte. Allerdings, so dämmerte es ihr jetzt, hatte sie den Plan vermutlich ohne Arunn gemacht, der stets frei von der Leber redete. "Lasst uns das Fest genießen. Auf dich Aru!" Sie prostete dem Menschen zu und nahm dann einen großen Schluck aus ihrem Becher, während ihr Blick wachsam auf Arunn liegen blieb.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Samstag 14. Oktober 2023, 23:23

„Du möchtest mit mir tanzen? In Ordnung. Aber wenn dir nachher die Füße wehtun, darfst du dich nicht beschweren.", hörte Rhuna noch Neri sagen, ehe sie ihr die Hand reichte und sie gemeinsam zur Tanzfläche liefen. Die fröhliche Stimmung, die Ausgelassenheit und Musik schaffte es sehr schnell die junge Elfe mitzureißen und so rückten die Sorgen glücklicherweise in den Hintergrund.
Wie lange hatte sie nun nicht mehr getanzt? Es fühlte sich an, wie eine halbe Ewigkeit! Doch umso mehr fand Rhuna dabei ihren Spaß. Sie liebte das Tanzen, wie wohl die meisten Shyáner. Ihre Bewegungen passten sich den Rhythmen der Lieder an und zusammen mit Neri neigte sie ein wenig dazu übermütig zu werden. Die Melodien ließen das Gefühl von Heimat und Geborgenheit in ihr aufkeimen, was zusätzlich reinstes Balsam für ihre Seele war.
In diesem Moment gab es keine negativen Gefühle. Keine Blicke trafen sie, die sie kritisch, misstrauisch oder gar abweisend betrachtet hätten. Weder sie noch Neri. Im Gegenteil, die Bewohner schienen sie nun alle beide zu akzeptieren und mindestens grob zu wissen, wer sie wohl waren.
Nach einer Weile, in der die beiden Elfendamen getanzt hatten, arbeitete sich Yedan durch die Menge zu ihnen, was Rhuna recht schnell auffiel. Mit einem glücklichen Lächeln begrüßte sie ihn und ließ sich lachend einmal drehen und auffangen. So spontan und losgelöst hatte sie ihn dann auch noch nicht erlebt.
„Schön, dass du da bist!“, flüsterte sie ihm mit einem liebevollen Lächeln zu, ehe sie sich vorbeugte und dem Halbelfen einen Kuss auf die Wange hauchte. Tatsächlich hatte Rhuna schon befürchtet, dass Yedan von einem Gespräch ins nächste gezogen werden würde.
Ihre Blicke sprachen kurz miteinander, ehe ihr Liebster seine Aufmerksamkeit nun auf Neri richtete und sich für sein Verhalten ihr gegenüber entschuldigte. Rhunas Ausdruck wurde sanft und lächelnd sah sie zu der Violetthaarigen. Vielleicht würden sie sich ja doch noch verstehen lernen!?
Neben der Musik war nun lautes Grölen zu hören und sie alle sahen wohl zur Quelle dieses Lärms. Ajak schien mit seinen Freunden das Fest auf seine Weise zu genießen, was sie unbewusst schief lächeln ließ. Noch immer war es so, dass sie Zuneigung empfand, wenn sie den blonden Elfen ansah. Es war eine andere Art der Zuneigung, wie die für Yedan, doch hatte sich Ajak einen ganz eigenen Weg und Platz in ihr Herz gesucht. Sie erinnerte sich an ihr Kennenlernen und dass sie damals nicht unbedingt den besten Start miteinander gehabt hatten, doch erinnerte sich Rhuna auch, dass sich seine burschikose und typisch sarische Art in Punkto Natur, schnell gewandelt hatte und sie sein gutes Wesen erkannt hatte. Der Weg zur Erinnerung an ihren Kuss war von diesem Moment an nicht weit und sie spürte eine leichte Wärme in ihren Wangen aufsteigen. Ajak hatte sie damals völlig überrumpelt, doch schien der blonde Elf bereits weitergegangen zu sein. Und zu ihrem Glück war es nicht merkwürdig zwischen ihnen geworden.
Kurz schüttelte sie amüsiert den Kopf über den Spaß der Jungelfen und Menschen. Vielleicht würde sie später zu ihm gehen und Ajak ein wenig necken. Doch bevor sie weiter solche Gedanken verfolgen konnte, setzte Yedan noch einmal an und spezifizierte seine Entschuldigung, was Neri dazu bewog sich ebenfalls zu entschuldigen. Beide bauten so vielleicht ihre Mauern ab, die sie zuvor deutlich vor dem jeweils anderen gezogen hatten.
Rhuna griff hinter ihrem Rücken ihre Hände und betrachtete das Bild vor sich zufrieden. Alles schien sich gerade irgendwie zu regeln. Einzig und alleine ….
… wäre Avalinn doch nur wieder wach und würde bei uns sein können!, dachte Rhuna kurzzeitig etwas bedrückt, bis Yedan ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.
„Willst du tanzen?“, fragte er sie und zog sie in seine Arme, was Rhuna mit einem zustimmenden Lachen kommentierte. „Gerne!“, antwortete sie noch, ehe ihr Violett zu Neri wanderte, die sie kurz entschuldigend anlächelte und dann für eine Weile sich selbst überließ.

Auf der Tanzfläche lernte Rhuna eine völlig neue Seite von Yedan kennen. Eine, die sie an sein jüngeres Ich erinnerte, dem sie in Kayons Traumwelt begegnet war. Bei diesem Gedanken machte ihr Herz einen Sprung, ehe sie dann in seine Arme gezogen wurde. Eng beieinander tanzten sie und Rhuna konnte seine Wärme spüren und seinen Geruch wahrnehmen.
„Das habe ich mir schon länger gewünscht…!“, murmelte sie an seine Schulter und zog ihn für einen Moment selbst noch etwas enger an sich. Die Gefühle über das Bewusstsein des Abschieds wollten wieder aufsteigen, doch minderten diese nicht das Glück, das sie gerade ebenfalls empfand.
„Danke!“, fügte sie noch ehrlich hinzu und schloss die Augen, während sie sich im Takt der Musik miteinander bewegten. Die junge Elfe wollte nicht zulassen, dass sie die Zeit, die sie noch miteinander hatten, von einem Abschiedsschmerz getrübt wurde. Noch waren sie beisammen und Rhuna genoss jede Sekunde an seiner Seite.

Eine Weile tanzten sie noch, ehe Yedan seinen Griff langsam löste und sie bei der Hand nahm, um sie zum Ausschank zu führen. Die letzten Lieder war Rhuna ganz in ihrer eigenen Welt gewesen und hatte kurzzeitig auch vorgestellt, wie es wäre hier zu bleiben. Doch stellte sich bei diesen Gedanken keine Ruhe ein. Eher im Gegenteil – irgendetwas schien sie weiterzuziehen.
Beim Ausschank entdeckte Rhuna schnell wieder Neri, die sich nun ebenfalls in Gesellschaft befand. Ist das nicht… ihr verletzter Freund?, fragte sie sich in Gedanken, während sie Arunn musterte. Da sie ihn zuvor nur bewusstlos, verletzt, dreckig und mit blutiger Kleidung gesehen hatte, war der Anblick des Mannes nun ein völlig anderer.
Er hat freundliche Augen!, dachte sie und merkte, dass sich Neriélles Stimmung noch einmal um ein vielfaches aufgeklart hatte. Was verständlich war! Ihr sind sicher einige Steine vom Herzen gefallen!, dachte sie und sah neugierig zwischen ihr und dem Dressarier hin und her, während Yedan das Wort ergriff.
„Dein Freund ist aufgewacht!“, bemerkte er ebenfalls erfreut und nickte Arunn zu, der sein Gesicht aus dem Bierkrug hob und sich nun grinsend vorstellte.
„Arunn – aus Dessaria! Sehr erfreut.“, grüßte er zackig, was sie vermuten ließ, dass er ein heiteres Wesen haben könnte. Dann bemerkte Rhuna allerdings, dass sich Arunns Blick auf ihre Gestalt legte. Sie wollte schon einen Schritt vortreten und ihm die Hand reichen, als er plötzlich „Meine Güte! Noch ein Zuckerstück! Sehr erfreut!“, sagte und sich halb vor ihr verneigte, wie es ein Gentleman zu tun pflegte. Über seine Wortwahl war Rhuna doch ein wenig überrascht, doch stimmte er sie heiter und so erwiderte sie seinen Gruß lächelnd mit einem kleinen Knicks. Ihr war nicht entgangen, dass Arunn bei der Verneigung zusammengezuckt war, was sicher mit den Wunden zusammenhing, die er erlitten hatte. Tatsächlich hatte die Elfe nicht einmal erwartet, dass Neris Begleiter schon wieder so rasch so munter sein würde.
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite!“, sagte sie und beobachtete dann, wie er Neri etwas ins Ohr flüsterte. Die feinen Elfenohren der Umherstehenden konnten die Worte ohne Schwierigkeiten verstehen, was ihm vielleicht gar nicht bewusst war. Doch machte es auch keinen Unterschied.
„Und wer sind die?“
„Oh, natürlich. Das sind Rhuna und Yedan. Er ist aus dem Dorf und Rhuna kommt ursprünglich auch aus Shyana Nelle. Wir lernten uns hier kennen.", stellte Neri sie nun vor, woraufhin sie ihm noch einmal zunickte. Sie sah dann kurz zu Yedan, ehe sie sagte: „Nun, ich komme zwar auch nicht von hier, aber ich denke es ist ok, wenn ich sage: Willkommen im Waldmenschendorf! Wir sind froh, dass es dir bessergeht. Neri war in großer Sorge um dich!“, erzählte Rhuna dann und warf ihrer Freundin einen Blick zu, die dann wiederum erwähnte, wie es zu ihrer Reisegemeinschaft gekommen war.
„Arunn und ich lernten uns vor Zyranus kennen. Dann entschied er sich, sich von meinem Bogen durchbohren zu lassen." Bei dieser Erwähnung weiteten sich Rhunas Augen leicht und sie sah fragend zu dem Dressarier. „Das hört sich nach interessanten Details an, die es noch zu erfahren gilt!?“ Doch ein Blick auf die Shyánerin genügte, um Rhuna den Ernst erkennen zu lassen und so unterließ sie es eine spaßige Frage zu stellen. Die Verletzungen von Arunn waren schwer gewesen und die Brünette wusste, welche Ängste Neriélle ausgestanden hatte.
Yedan versorgte sie unterdessen mit etwas zu Trinken und als Rhuna ihren Becher in der Hand hielt, rief Neri: „Lasst uns das Fest genießen. Auf dich Aru!" Sie prosteten sich alle zu und während Rhuna an ihren Becher nippte, wechselte sie erneut den Blick von Arunn zu Neri und zurück. Es wirkte so und die Andeutungen der anderen bestärkten dies noch, dass die beiden viel miteinander durchgestanden hatten.
„Werdet ihr noch eine Weile im Dorf bleiben?“, Fragte Rhuna nach einer Weile lächelnd, um das Gespräch am Laufen zu halten. „Oder wohin wird es euch ziehen?“

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Erzähler » Sonntag 15. Oktober 2023, 16:58

Nicht mal Calhoun hätte Neriélle ein solches Lächeln auf die Lippen zaubern können, wenn er plötzlich hinter ihr gestanden hätte. Vielleicht wäre ihr Herz ein wenig leichter geworden, aber gewiss nicht in dem Maße, was sie jetzt Arunn entgegenbrachte. Die Freude war…echt. Sie war ehrlich und gleichzeitig wie ein Befreiungsschlag, für das angeknackste Gemüt der ansonsten fröhlichen Elfe. Arunn?!, stieß sie überrascht aus und der Dessarier grinste breit. „Wie-“, er musste innehalten, denn Neri schlang ihre Arme um den Mann und drückte ihn so innig, dass er kurz Mühe hatte, zu atmen. „Himmel, Mädchen!“, brummte er und lachte dann gutmütig. "Phaun sei Dank. Ich dachte, du würdest sterben", hörte der Bärtige die Elfe und schüttelte leicht den Kopf. „Achwas, so schnell kriegt mich doch so eine kleine Wunde nicht klein!“, brummte er hochtrabend und dennoch tätschelte er Neriélle‘s Rücken, weil ihm natürlich bewusst war, dass es auch schiefgehen hätte können. Nachdem Neri sich wieder zurückgezogen hatte, lockerte Arunn den Moment auf seine Weise und gab der Elfe somit die Möglichkeit, noch einige Sekunden in ihrer Überraschung zu verweilen. Ehrlichkeit war wohl etwas, das Arunn ausmachte. Wenn er ein Kompliment verteilte, dann stimmte es wohl auch, zumindest nach seiner Ansicht. "Es ist schön, dich zu sehen. Hätte ich gewusst, dass du auch hier bist..." Er grinste auf und wackelte mit den Augenbrauen. „Was dann?“, feixte er, auch wenn sie beide wussten, dass sie nur Späße miteinander machten. Im Grunde hatte sie die Verwundung des Dessarias auf eine Weise zusammengeschweißt, die es sonst wohl noch nicht recht gegeben hätte. Sie kannten sich noch nicht so lange und doch herrschte eine gewisse Vertrautheit. Und während Arunn mit Neri den Getränkeausschank ansteuerte, da schmiegte sich Rhuna derweil an ihren Yedan.

Es war wohl ein vollkommen ungewohntes Bild und trotzdem deswegen nicht minder schön. Der Halbelf wirkte zum ersten Mal, seit sie sich begegnet waren entspannt, in sich ruhend und gelöst. Er zeigte Rhuna, dass er durchaus verstand zu tanzen und den Klängen seiner Heimat einiges abgewinnen konnte. Zwar bewegte er sich nicht so elegant und fein, wie die Elfe in seinen Armen, aber er machte auch keine klotzige Figur. Yedan so zu sehen, war für Rhuna etwas Wundervolles. Es erleichterte ihr Herz und zog es gleichzeitig zusammen. Erneut wollten die Gedanken aufkommen, dass sie ihn nicht mehr würde diesem Gefühl entreißen können. Yedan gehörte ins Dorf der Waldmenschen und das hatte er lange Zeit vermissen müssen. Jetzt sah sie, was die Heimat mit einem eben auch machen konnte. Wo sie sich eingeengt fühlte und Freiheit brauchte, da kehrte Yedan in den sicheren Schoß der Gemeinschaft zurück. Es war nur natürlich, dass Rhuna sich schämte, weil sie sich nicht ungetrübt freuen konnte. Aber es war auch nur natürlich, dass sie ihn nicht mehr missen wollte. Sie stand erheblichen zwischen den Stühlen und trotzdem bemühte sie sich, diese Momente zu genießen, wie sie waren und schob daher ihre Gedanken beiseite. Sie vollführten noch einige weitere Tanzschritte, in denen Yedan sie immer mal wieder drehen ließ, ehe er sie in die sichere Umarmung seiner starken Arme empfing. Dabei ging er so liebevoll und zärtlich mit ihr um, dass Rhuna keinen einzigen Zweifel zu haben brauchte, was sie ihm bedeutete. „Das habe ich mir schon länger gewünscht…!“, säuselte sie an seiner Brust und er lächelte, während seine Hand über ihren Hinterkopf strich. „Und ich bin so froh, dass ich das mit dir noch erleben kann, Rhuna. Ich hatte solche Angst um dich und nun… bin ich dankbar, dass wir das gemeinsam erleben können.“, lächelte er und seine Stimme versetzte seine Brust in Schwingungen. Er schob sie eine halbe Armlänge von sich und betrachtete sie. Ihren Dank erwiderte er mit einem langen Kuss, der seine Gefühle nicht verschwieg. Danach aber führte er sie mit zu der kleinen ‚Bar‘, die von der Taverne im Dorf betrieben wurde. Rhuna kannte bereits den Jungen und seine Mutter, die sich hier um das leibliche Wohl kümmerten und von denen sie Yedan bereits mal etwas mitgebracht hatte, als er noch außerhalb des Dorfes sein musste.

Während Rhuna und Yedan ihren Tanz allmählich beendeten, nutzte Neri die Zeit und fand ihre Sprache wieder. "Wie geht's dir, Aru?", der Dessarier trank sein Bier weiter und schien beinahe so, als hätte er die Frage nicht gehört. "Ein Gutes hat das Ganze. Du siehst endlich mal aus wie ein Mensch - also wie ein sauberer. Anständig gekleidet und zurecht gemacht. Ich hätte dich so fast gar nicht erkannt" Nun aber sah er sie mit gespielter Empörung an und beließ seinen Schaumbart absichtlich im Gesicht. „Wie meinen?!“, fragte er hochnäsig und zog ein Gesicht, das urkomisch aussah. Erst dann schmunzelte er, wischte sich den Schaum vom Mund und stellte das leere Gefäß wieder zurück, um es neu befüllen zu lassen. Er winkte ab. „Mich haut so schnell nichts um.“, murmelte er und Neri konnte sich gut an seine lange Narbe erinnern, die sie im vollen Ausmaß gesehen hatte, als sie ihn das Hemd von Calhoun anzog. „Aber… diese Wunde war gar nicht das Problem. Ist sie jetzt auch nicht – jedenfalls nicht so richtig.“, antwortete er und nahm das nächste Bier, trank aber noch nicht. Er erzählte weiter und schien sich zu erinnern. „Versteh mich nicht falsch, Schnecke, die Wunde war fies, die dein Bogen hinterlassen hatte. Aber… Irgendwas anderes hat mich dann korrumpiert, verstehst du?“, er zweifelte es an, das konnte sie erkennen in dem Blick, den er ihr zuwarf. „Ich habe irgendwann nichts mehr mitbekommen, weil ich so viel Blut verloren hatte. Aber ich erinnere mich noch daran, dass ich das Gefühl hatte, nie wieder aufzuwachen. Dass mich…. Wie soll ichs beschreiben… Hoffnungslosigkeit packte. Das war… das war gar nicht ich!“, er schnaubte und stemmte die Hände in die Hüften. „Sieh mich an! Ein Kerl in seinen besten Jahren, nicht wahr?! Den haut doch nichts um! Und trotzdem fühlte ich mich… vergiftet. Schwer, des Lebens müde. DAS war wirklich unheimlich!“, gestand er ihr dann doch freiheraus und Neri konnte gewiss die Schlüsse ziehen, dass es der Dämon war, der ihn irgendwie infizierte. Je mehr Hoffnung sie in seine Rettung steckten, desto mehr sog der Dämon und seine Auswüchse daran.
Das mussten die schwarzen Schlieren gewesen sein. Auch die Leichen in der Höhle wiesen diese Schlieren auf. Er setzte erneut an und trank den halben Krug. „Aber was solls. Jetzt ist es wenigstens weg.“, wedelte er mit der Hand und wandte sich um, als Yedan und Rhuna auftauchten. Die Begrüßung war herzlich und doch ungewohnt für zumindest Rhuna. Die etwas raubeinige Art des Dessariers musste man auch erstmal genießen lernen. Doch allen gemein war, dass sie sich ehrlich freuten, dass Arunn wieder wohlauf schien. Nachdem sie auf ihn anstießen und er es sich nehmen ließ, das auch gebührend zu genießen, da war es an Rhuna, das Gespräch in eine andere Richtung zu treiben: „Werdet ihr noch eine Weile im Dorf bleiben? Oder wohin wird es euch ziehen?“ Arunn sah Rhuna einen Moment an, dann zuckte er mit den Schultern und machte eine ausladende Geste mit den Armen, während sich ein Grinsen auf sein Gesicht stahl. „Ich bin doch gerade erst angekommen und habe wohl das Beste verpasst, nicht wahr?“, feixte er und trank den zweiten Krug leer. Dann stellte er ihn wieder hin und musterte die Runde. Er blieb an Neri hängen. „Hab gehört, hier war einiges los.“, sein Blick wurde prüfend. „Du bist auch ständig in Abenteuer verwickelt, was Schnecke?“, er grinste jedoch und tadelte Neri nicht. „Aber mal im Ernst. Ich habe keine Ahnung, was wir jetzt anstellen sollten. Ich bin echt weit weg von zu Hause. Und dieser schleimige, schmierige Aasgeier von Calhoun scheint auch nicht mehr da zu sein. Hat der sich aus dem Staub gemacht??“, wollte er wissen und genehmigte sich einen Schluck aus dem dritten Bier. Dann stutzte er und deutete auf Rhuna und Yedan. „Seid ihr zwei ein Paar?“, fragte er freischnauze und grinste. „Ihr seht jedenfalls aus wie ein Paar.“, kommentierte er, obwohl die beiden derzeit gar nichts groß machten. So war er eben… Dann kehrte er mit dem Blick zu Neri zurück und deutete auf ihre Halskette, die unter ihrer Kleidung hervorblitzte. „Was ist das denn? Und…“, er stutzte erneut und griff dann, ohne zu fragen, wie Rhuna zuvor kurz an Neri’s Kragen und deutete auf die Bisswunde. „Zum Harax, Neriélle! Was treibst du bloß? Du siehst aus, als hätte dich einer durch die Höllenspiele gejagt und wieder zurück!“ Er sah zu Rhuna und Yedan. „Ist das zu fassen?!“, wollte er rhetorisch wissen und schüttelte den Kopf. „Da ist man einmal ausgeknockt und du strauchelst von einem Ding ins nächste. Dich kann man keine fünf Minuten allein lassen!“, motzte er und trank den nächsten Krug leer. „Ich verlange einen vollständigen Bericht, Leidensgenossin!“, feixte er erneut, meinte es aber durchaus ehrlich.
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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Neriélle » Montag 16. Oktober 2023, 21:55

Neri konnte noch immer nicht ganz fassen, dass Arunn wieder vor ihr stand. Sie hätte nie gedacht, dass er sich so schnell erholen würde. Wenn man genau hinsah, fiel auf, dass er noch nicht vollständig fit war. Aber er stand vor ihr, mit seinem alten Humor, und tätschelte ihren Rücken während ihrer Umarmung, und das war viel wert. Neri war den Göttern dankbar, dass er seine schwere Wunde überlebt hatte. In manchen Stunden war er, seinem Aussehen nach zu urteilen, dem Tod deutlich näher als dem Leben gewesen. „Achwas, so schnell kriegt mich doch so eine kleine Wunde nicht klein!“ Er versuchte es zu überspielen und Neriélle ließ seine Worte so stehen. Sie dachte anders darüber, aber sie war nicht hier, um ihn dahingehend zurechtzuweisen. Viel lieber machte sie Scherze mit ihm, wie schon vor seiner Verletzung und der anschließenden Reise bis hierher. „Was dann?“ Neri ließ seine Frage unbeantwortet und blickte ihn mit einem gespielt vielsagenden Blick an, ehe sie auf den Ausschank zusteuerten.

Erst dort wurde sie wieder ernst und fragte ihn ehrlich, wie es ihm ging - bevor sie ihm dann doch noch einmal ein unterschwelliges Kompliment über sein geändertes Aussehen machte, da er kaum noch Ähnlichkeit mit dem Mann hatte, den sie in ihrer Zelle kennengelernt hatte. „Wie meinen?!“ Seine gespielte Empörung und der Schaumbart ließen sie gelöst auflachen. Doch sie wurde schnell wieder ernster, denn sie wollte nicht zulassen, dass er von ihrer Frage ablenkte. Es interessierte sie wirklich, wie es ihm ging. „Mich haut so schnell nichts um.“ Neri nickte verstehend, denn zumindest die lange Narbe, die sie gesehen hatte, bestätigte das wohl. „Aber… diese Wunde war gar nicht das Problem. Ist sie jetzt auch nicht – jedenfalls nicht so richtig. Versteh mich nicht falsch, Schnecke, die Wunde war fies, die dein Bogen hinterlassen hatte. Aber… Irgendwas anderes hat mich dann korrumpiert, verstehst du?“ Sie gab ein verstehendes Geräusch von sich, denn sie ahnte bereits, worauf er hinaus wollte. „Ich habe irgendwann nichts mehr mitbekommen, weil ich so viel Blut verloren hatte. Aber ich erinnere mich noch daran, dass ich das Gefühl hatte, nie wieder aufzuwachen. Dass mich…. Wie soll ichs beschreiben… Hoffnungslosigkeit packte. Das war… das war gar nicht ich! Sieh mich an! Ein Kerl in seinen besten Jahren, nicht wahr?! Den haut doch nichts um! Und trotzdem fühlte ich mich… vergiftet. Schwer, des Lebens müde. DAS war wirklich unheimlich!“
Neri dachte an Yedan und Kayon zurück, die gefangen in ihrem Leid in der Schattenwelt gestanden hatten. Ob es ihnen und Arunn ähnlich ergangen war? Es klang furchtbar, was er durchgemacht hatte, und sie nickte. Sie verstand es sehr gut.
"Das wird der Dämon gewesen sein. Ein Dämon der Hoffnungslosigkeit, der das ganze Dorf hier vergiftet hat. Uns ging es allen so. Du hast seeehr viel verpasst. Ich würde ja sagen, sei froh, aber.. dich hat es mit am schlimmsten getroffen", erwiderte sie offen, sprach aber dennoch gedämpft. Auch wenn das Geschehene hier im Dorf kein Geheimnis war, hatte sie den Eindruck, dass alle anderen es so schnell wie möglich vergessen und nicht darüber reden wollten. "Keine Sorge, er ist tot. In einer ruhigen Minute erzähle ich dir alles. Lass' uns das nicht vor ihr besprechen, sie hat viel durchgemacht", fügte sie schnell hinzu, als sie Rhuna und Yedan auf sie beide zukommen sah. Sie würde ihm davon erzählen, vom Dämon und von Rhunas Tod. Aber nicht in ihrer Gegenwart und mit einem Blick appellierte sie an Arunns Feingefühl, das irgendwo unter seinen Muskel verborgen lag. Aber Ort und Zeitpunkt waren im Moment nicht die Richtigen.

Es war an Neri, Arunn mit Rhuna und Yedan bekannt zu machen. „Nun, ich komme zwar auch nicht von hier, aber ich denke es ist ok, wenn ich sage: Willkommen im Waldmenschendorf! Wir sind froh, dass es dir bessergeht. Neri war in großer Sorge um dich!“ Sie erwiderte Rhunas Blick kurz und nickte abermals. "Du hast mir eine Heidenangst eingejagt", bestätigte Neri an Arunn gewandt, ehe sie Rhuna und Yedan knapp erklärte, wo sie Arunn aufgegriffen hatte. „Das hört sich nach interessanten Details an, die es noch zu erfahren gilt!?“ Neriélles Augen weiteten sich kurz, als hätte man sie bei etwas erwischt, ehe sie sich wieder fing. Mit Rhunas Worten stieg unvermittelt die Sorge in ihr auf, dass Arunn etwas sagen könnte, das sie der Elfe gegenüber in Erklärungsnot bringen würde. Daher versuchte sie schnell von Rhunas Aufforderung abzulenken und forderte die anderen dazu auf, auf den Dessarier zu trinken.

„Werdet ihr noch eine Weile im Dorf bleiben? Oder wohin wird es euch ziehen?“ Die goldenen Augen betrachteten die gleichfarbige Flüssigkeit in ihrem Becher, als Rhuna danach fragte. "Gute Frage..", murmelte sie. Neri wusste eigentlich ganz genau, wohin sie wollte - und auch wieder nicht. Sie wusste, dass sie Astaloth suchen musste. Was oder wer auch immer das war. Schweigend und nachdenklich umfasste Neri unbewusst das Amulett um ihren Hals, das ihr erst vor wenigen Stunden so viel über sich selbst offenbart hatte.. Sie war froh, dass Arunn das Wort an sich nahm, diese Chance ließ er sich nicht nehmen, darauf war Verlass. Sie erhoffte sich eine kleine Denkpause, doch der Mensch brachte die Aufmerksamkeit schneller wieder auf sie zurück als ihr eigentlich lieb war.
„Ich bin doch gerade erst angekommen und habe wohl das Beste verpasst, nicht wahr? Hab gehört, hier war einiges los. Du bist auch ständig in Abenteuer verwickelt, was Schnecke?“ "Es wird nie langweilig mit mir", wiederholte sie, was sie schon zu Calhoun gesagt hatte, schmunzelte jedoch nur halbherzig und zuckte dann mit den Schultern, während ihre Hände wieder den Becher mit Alkohol umschlossen. „Aber mal im Ernst. Ich habe keine Ahnung, was wir jetzt anstellen sollten. Ich bin echt weit weg von zu Hause. Und dieser schleimige, schmierige Aasgeier von Calhoun scheint auch nicht mehr da zu sein. Hat der sich aus dem Staub gemacht??“
Unweigerlich sah Neri kurz Rhuna an. Es war nicht zu überhören, dass Arunn nicht gut auf Calhoun zu sprechen war - womit er hier im Dorf keine Ausnahme bildete. Sie schätzte Rhuna nicht so ein, dass sie unüberlegt herum plauderte, was sie ihr eben erst am Feuer erzählt hatte. Ihr Blick war eher unbewusst, als müsste sie sichergehen, dass sie sich auf ihre Verschwiegenheit verlassen konnte. Sie wollte nicht, dass sie Arunn auf die Nase band, wovon sie Zeugin geworden war. Ihr Blick huschte kurz zu Yedan und ihr wurde bewusst, dass sie den Dunkelelfen sowieso vor dem halben oder gar ganzen Dorf geküsst hatte. Wie dumm von ihr - in so vielerlei Hinsicht. "Er ist gestern gegangen, er musste zurück. Keine Sorge also.. so schnell wirst du ihn nicht wiedersehen." Sie versuchte, ihre wahren Gefühle mit einem Scherz zu überspielen, der unbeabsichtigt andeutete, dass Arunn den Elfen zumindest vorerst nicht wiedersehen würde, während sie Rhuna gegenüber klar ausgeschlossen hatte, Calhoun je wieder zu begegnen. Aber er war mit Arunns Schwester verheiratet, der Dunkelelf und der Mensch würden wohl unweigerlich wieder aufeinander treffen, nahm Neri an. Arunn wandte sich an Rhuna und Yedan und fragte sie ungeniert über ihren Beziehungsstatus aus, und Neri ergriff die Gelegenheit und leerte ihren Becher, was sie gerade gut abzulenken wusste.

„Was ist das denn? Und…“ Fragend folgten die goldenen Augen der Shyanerin Arunns Blick zu ihrem Amulett hinab, mit dem sie eben noch gedankenverloren gespielt hatte. "Das ist von meiner Mutter. Eigentlich Großmutter", antwortete sie leise und dachte erneut darüber nach, wie die Reise weitergehen sollte. Kurz darauf musterte sie Arunn nachdenklich. Ob er schon mal etwas von Astaloth gehört hatte? Doch während sie noch darüber nachdachte, entdeckte der Mensch ihre Bisswunden. Offenbar waren alle der Meinung, sie ungefragt anfassen zu können. Sie wandte grummelnd den Kopf von ihm weg. „Zum Harax, Neriélle! Was treibst du bloß? Du siehst aus, als hätte dich einer durch die Höllenspiele gejagt und wieder zurück! Ist das zu fassen?! Da ist man einmal ausgeknockt und du strauchelst von einem Ding ins nächste. Dich kann man keine fünf Minuten allein lassen!“ Sie guckte etwas grimmig drein, bei seinem Schwall an Worten. "Da liegst du gar nicht so falsch. Bist du jetzt fertig? Vergiss nicht, Luft zu holen", meinte sie dann trocken, als er endlich eine Pause machte, während ihr Mundwinkel kurz in die Höhe zuckte. Sie konnte ihm nicht ernsthaft böse sein. Dafür war sie viel zu froh darüber, dass er lebte und überhaupt wieder plaudern konnte. „Ich verlange einen vollständigen Bericht, Leidensgenossin!“
Neriélle seufzte. "Vollständig?", vergewisserte sie sich. "Da brauche ich aber erst etwas zu trinken." Sie wandte sich an den Jungen, der schon bei ihr war und offenbar über gute Ohren verfügte. Ebenso schnell schenkte er ihr nach und sie bedankte sich freundlich.

Dann blickte sie von Rhuna, zu Yedan und weiter zu Arunn. Seufzend fasste sie den Entschluss, einfach alles zu erzählen. Nun ja, fast alles, aber zumindest das große Ganze, nur so unverfänglich wie möglich. Sie holte etwas weiter aus, denn auch Rhuna hatte zuvor ihre Neugierde deutlich gemacht. "Also gut. Lehn dich zurück und spitz' deine runden Ohren. Das letzte Mal, als wir miteinander gesprochen haben, wollten wir dich zur Kräuterhexe im Wald bringen, erinnerst du dich? Zwei Tagesmärsche meinte Calhoun." Sie schüttelte den Kopf und schnaubte. Sie bereute es noch immer, auf diesen Elfen gehört zu haben. "Er schleppte dich fast durchgehend, ohne große Rast. Aber es stellte sich heraus, dass die Hütte leer war. Keine Hexe weit und breit. Da war nur Staub. Ich hätte ihm am liebsten in den Hintern getreten." Sie grinste in Richtung Arunn, weil ihm das sicher gefiel. Dann wurde sie wieder ernster. "Also mussten wir versuchen, dich irgendwie vor Schlimmerem zu bewahren. Ich habe deine Wunden versorgt und Calhoun hat Tag und Nacht ein Floß gebaut, um hierher zu kommen." Neri erzählte davon, wie sie stundenlang jagen gewesen war und dabei Pitt, das sprechende Ottsel, vor einer Bärin gerettet hatte. "Pitt ist wahnsinnig und vorlaut. Ich wette, ihr beide werdet euch blendend verstehen. Ich renne also vor der Bärin weg und in diese Höhle hinein." Hier stockte Neri und nahm einen großzügigen Schluck vom Met. Sie musterte jeden einen Moment, als wollte sie sicherstellen, dass sie bereit für das waren, was sie zu sagen hatte. "Die Höhle war voller Leichen. Es war furchtbar. Etwas Schlimmeres habe ich noch nicht gesehen. Sie hatten aufgerissene Augen und hatten dieselben schwarzen Schlieren, die sich inzwischen auch von deiner Wunde aus ausgebreitet hatten. Das muss wohl schon der Dämon gewesen sein." Falls er etwas einwerfen wollte, hob sie eine Hand. "Später", vertröstete sie ihn. Ganz ohne die Erwähnung des Dämons würde es wohl doch nicht funktionieren. Neris Blick wanderte zwischen den dreien hin und her, blieb nun jedoch an Rhuna und Yedan hängen, wie um sich zu erklären. "Vor der Höhle traf ich Dromar. Er wirkte.. unbeteiligt und nett. Völlig unschuldig. Er sagte, dass er die Schlieren untersucht und da etwas auf der Spur wäre. Er wollte ebenfalls in das Dorf und so dachte ich, er könnte nützlich sein und dass wir einfach nur einem freundlichen Menschen helfen würden, wenn wir ihn mit dem Floß mitnehmen würden." Sie seufzte und blickte nun zu Arunn. "Es stellte sich heraus, dass dieser Dromar seit Jahrzehnten einen Plan schmiedete, um den Dämon der Hoffnungslosigkeit zu beschwören. Mitten hier im Dorf. Ich hab also den Weg des Nekromanten bis hierher ordentlich beschleunigt." Man hörte, dass sie noch immer ein schlechtes Gewissen hatte. Ihr war klar, irgendwann wäre Dromar auch ohne sie hier aufgetaucht. Aber sie fühlte sich trotzdem mitschuldig. Neri dachte an all die Dinge, die Rhuna ihr über Yedan, Farun und Alyisa erzählt hatte, und die sie genau genommen noch immer nicht ganz sortiert und vielleicht auch nicht gänzlich verstanden hatte. Vielleicht war Rhuna bereit, die Geschichte hier zu ergänzen? Abwartend sah sie die Brünette an, würde dann also entweder weiter erzählen oder aber an passender Stelle wieder einhaken.
"Dromar sperrte uns drei, Yedans Vater und Calhoun in eine Schattenwelt." Sie versuchte, sich kurz zu fassen, würde kleinere Nebenfragen jedoch versuchen, so gut es ging, zu beantworten. Sie erzählte, wie Rhuna und sie gemeinsam Yedan und seinen Vater mittels der Lichtmagie befreit hatten. Kurz wurde ihr Blick prüfend. Sie war sich nicht mehr sicher, ob Arunn davon eigentlich schon wusste. Aber inzwischen wusste sie, dass sie ihm vertrauen konnte, also war das unerheblich. "Während wir also in diesen Schatten gefangen waren, führte Dromar das Ritual aus und der Dämon krachte aus diesem Baum heraus." Neriélle deutete in die entsprechende Richtung. "Er war auf der Suche nach einem Wirt und Rhuna.." Hier erzählte sie dann doch noch etwas knapper und stockte dann kurz. Sie sah Rhuna an und wusste nicht recht, wie viel sie erzählen sollte. Außerdem erinnerte sie sich selbst äußerst ungern daran, was der Dämon ihr versprochen hatte und wie viel Willenskraft es sie gekostet hatte, dem zu widerstehen. "Sie hat uns alle gerettet." Sie lächelte sacht in Rhunas Richtung und konnte sich denken, dass sie das nicht gerne hörte. "So ist es nun mal", sagte sie mit Nachdruck. Dann wurde Neriélle erneut ernster und fuhr sich mit den Händen durch die Haare, als würde sie die Erinnerungen in ihrem Kopf lieber vertreiben als heraufbeschwören wollen. Ihr Blick legte sich auf den Halbelfen neben Rhuna. "Yedan und Calhoun töteten schließlich Dromar und den Dämon", sagte sie dann eine Spur leiser. Das war doch das Ergebnis, das zählte, oder? Beide Männer hatten ihren Teil dazu beigetragen, das Dorf zu retten, aber gezürnt wurde nur einem von ihnen. Neris Blick verfinsterte sich kurz bei dem Gedanken, den ihre Mine nicht ganz für sich behalten konnte. Schließlich wandte sie den Blick von dem Halbelfen ab. Sie ersparte jeden von ihnen die Details und überließ es nun erneut Rhuna, mehr davon zu erzählen, wenn sie wollte. Sie verschwieg ihren Tod und auch ihre Wiedergeburt.

"Und diese Wunden hier sind von den Raubfischen, die im Sarius leben", setzte sie irgendwann dazu an, von den Ereignissen in der Quelle zu erzählen. Diese Schilderung war jedoch noch kürzer als die Fassung, die sie Rhuna erzählt hatte. Neri erzählte, wie Kayon ihr angeboten hatte, ihren Bogen zu reparieren, wenn sie die Hüter des Waldes um ihr Holz bat. Sie erzählte von ihrem Vorhaben, das sie ziemlich unterschätzt hatte, einfach im Sumpf zu den Bäumen zu laufen, und von den Fischen, die sie angegriffen hatten. Sie erzählte sogar von dem Namudu, der sie gerettet hatte - aber auch hier ließ sie weitere Details aus, die sich sicherlich nur ergeben hatten, weil sie unter dem Einfluss der Kräuter gestanden hatte. "Ich erzählte ihm, dass ich auf der Suche nach dem Holz bin und er brachte mich zu einer Quelle - eine magische Quelle. Das Wasser war voller Raubfische, aber seltsamer Weise hatte ich überhaupt keine Angst. Jetzt im Nachhinein würde mich da wohl nichts mehr reinbekommen. Die Fische formten Ringe und immer, wenn ich durch einen hindurch geschwommen bin, sind sie über mich hergefallen und haben mir eine Vision gezeigt. Die Hüter des Waldes haben mir Dinge aus meiner Vergangenheit gezeigt, an die ich mich selbst kaum noch erinnern konnte. Es war ziemlich verrückt", wiederholte sie ihre Erzählung, die auch Rhuna schon kannte. Sie räusperte sich kurz, nachdem sie so viel erzählt hatte, und trank erneut einen großen Schluck. "Calhoun hat mich herausgefischt, sonst wäre ich ertrunken und säße nun gar nicht hier mit euch", fügte sie dann noch murmelnd hinzu. Sie hätte es auch weglassen können, aber unbewusst hoffte sie darauf, dass er vielleicht etwas im Ansehen der Männer stieg. Auch wenn es ihr egal sein konnte, aber sie wollte, dass selbst einem Dunkelelfen anerkannt wurde, wenn er Leben rettete. Er hatte ihr mehrmals das Leben gerettet und Arunn ebenso. Sie hatte nicht viel von ihm erzählt, sodass nicht im geringsten der Eindruck entstehen konnte, dass sie ihm noch einmal irgendwie nah gekommen war. Aber das wenige, das sie erzählte, machte deutlich, dass auch er alles in seiner Macht stehende getan hatte, um Arunn hierher zu bringen, wo er Heilung erfahren hatte. Calhoun hatte den Dämon getötet und sie glaubte noch immer, dass er etwas mit Rhunas mysteriöser Wiederbelebung zu tun hatte. So schlecht konnte er doch gar nicht sein? Neri schüttelte kurz den Kopf. "Ich denke, damit ist das Gröbste erzählt oder Rhuna?" Sie schaute von Arunn zu der der jüngeren Elfe.

Neriélle schwieg für einen Moment, dann fasste sie scheinbar einen Entschluss. Sie hatte noch nicht konkret auf Rhunas Frage geantwortet, wo die Reise für sie hingehen würde. Arunn hatte zuvor das Wort an sich genommen und durch ihre minutenlange Geschichte waren sie doch sehr weit davon abgedriftet. Doch jetzt kehrte Neriélle gedanklich an diesen Punkt zurück. Zum einen wollte sie wirklich nicht mehr die Geschehnisse, die glücklicherweise hinter ihnen lagen, durchgehen. Zum anderen brauchte sie eine Perspektive, ihr Tatendrang rührte sich schon wieder. Sie dachte an das Geheimnis ihrer Großmutter, das jetzt auch ihr Geheimnis war, und sie wusste, wenn sie es völlig für sich behalten würde, würde sie ihren eigenen Wurzeln nie näher kommen. Sie hatte nur einen Anhaltspunkt: Astaloth. Vielleicht wusste ja auch Yedan etwas darüber? Es wäre durchaus denkbar, wenn er zwei Jahrzehnte nicht hier im Dorf, sondern außerhalb und vermutlich auch außerhalb des Waldes gelebt hatte. Drei Köpfe wussten vielleicht mehr als nur einer. "Habt ihr schon mal etwas von Astaloth gehört?", rang sie sich schließlich zu der leisen Frage durch. Für die anderen war es wohl ziemlich aus dem Kontext gerissen. Neri nahm jeden genau in Augenschein. Erst Rhuna, dann Yedan und zuletzt Arunn, der ihrer Vermutung nach von ihnen vier bisher am meisten von der Welt gesehen haben musste.

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Re: Alte Freunde, neue Freunde

Beitrag von Rhuna Bláidyaét » Donnerstag 19. Oktober 2023, 21:39

Es war für Rhuna interessant Neri in Arunns Gegenwart zu sehen, denn sie verhielt sich doch anders, als sie es in Calhouns Gegenwart getan hatte. Auf irgendeine Weise schien sie entspannter zu sein, noch dazu war ihr anzusehen wie groß die Freude darüber war, dass der Mensch so munter bei dem Fest aufgetaucht war.
Arunn schien ein fröhlicher Geselle zu sein, der sein Herz auf der Zunge trug und nicht mit Worten oder Fragen hinterm Berg hielt. Er erinnerte Rhuna tatsächlich ein wenig an Pharus, der ebenso die menschlichen Gesichtszüge, wie auch einen Bart besessen hatte. Sie lernte immer mehr Menschen kennen und erkannte durchaus einige Unterschiede zu Angehörigen von Elfenvölkern. Bildete sie sich das nur ein, oder waren Menschen häufig offener und direkter? Wie als würde diese Vermutung von Neris Freund direkt bestätigt werden fragte er plötzlich Yedan und sie: „Seid ihr zwei ein Paar? Ihr seht jedenfalls aus wie ein Paar.“
Im ersten Anflug schien Rhuna verlegen zu werden, doch dann, als sie zu Yedan aufsah, erkannte sie, dass sie nie darüber gesprochen hatten, ob sie ein Paar waren. Sie hatten ihre Gefühle für den anderen erst am Vorabend des Kampfes gegen den Dämon enthüllt und nun…? Nun stand ihnen im Grunde bereits ein Abschied vor, der sie auf unbestimmte Zeit trennen konnte. Ihre Gefühle würden nicht einfach verschwinden, doch wenn sie etwas seit ihrem Aufbruch aus Shyana gelernt hatte war es, dass sich die Zukunft nicht beherrschen oder nach den eigenen Vorstellungen richten würde.
Wer Rhuna bereits ein wenig kannte würde vielleicht erkennen, dass sich in ihren Blick ein bedrückter Ausdruck schlich. Irgendwie schien sie dieses Thema an diesem Abend einfach nicht vergessen können.
Einer Antwort blieb sie schuldig, sollte Yedan nicht das Wort ergreifen. Sie griff nur nach seiner Hand und versuchte die anderen nicht ihre Sorgen erkennen zu lassen, indem sie ein Lächeln aufsetzte.
Zu ihrem Glück entdeckte Arunn etwas Anderes, was seine Aufmerksamkeit auf sich zog, so dass nun Neri wieder in den Fokus geriet und ein wenig in Erklärungsnot zu kommen schien, wie sie sich all diese Wunden zugezogen hatte. Und da es wohl eindeutig umständlicher zu werden schien, würde sie nach Ausreden suchen, entschied ihre Freundin weiter auszuholen und ihnen eine Zusammenfassung der Ereignisse zu erzählen. Auch Neri hatte viel erlebt, überlebt und durchgemacht. Und Rhuna fiel ganz besonders auf, dass ihr die Abreise Calhouns weit mehr ausmachte, als sie es den anderen vorzuspielen versuchte.
Die heitere Musik um sie herum wollte so gar nicht zu den schweren Themen passen, die sie besprachen und ein stummes Seufzen verließ die Lippen der Brünetten. Sie spürte eine wachsende Ungeduld in sich aufsteigen und schien es irgendwie immer schwerer zu ertragen das Geschehene noch einmal zu hören. Das Nippen an ihrem Becher wurde immer häufiger und die Schlucke weit größer, so dass ihr Becher schnell leer war und sie sich ohne groß darüber nachzudenken noch einmal einfüllen ließ, als der Wirtsjunge mit einem großen Krug in ihre Nähe kam.
„Er war auf der Suche nach einem Wirt und Rhuna…", hörte sie Neri weiter erzählen woraufhin sie kurz zusammenzuckte und der anderen einen nachdrücklichen Blick sendete, dass sie das nicht weiterreden sollte. Was Neri im ersten Moment gar nicht zu bemerken schien. "Sie hat uns alle gerettet." Als sich dann ihre Blicke trafen sah man in den violetten Augen der Elfe keine große Begeisterung. Sie wollte es tatsächlich nicht hören…
"So ist es nun mal", meinte die andere noch einmal mit Nachdruck und ohne es böse zu meinen, während sie wohl nicht gänzlich Rhunas Widerwillen zu erkennen schien. Ein weniger begeistertes Lächeln zeigte sie aus Höflichkeit in Richtung Arunn, setzte dann jedoch ihren Becher an und trank diesen in ein paar Zügen bis zur Hälfte leer, was für sie durchaus unüblich war.
"Yedan und Calhoun töteten schließlich Dromar und den Dämon" Für einen Moment schloss Rhuna die Augen. Dann platzte aus ihr heraus „Entschuldigt mich…!“ und sie verließ die drei mit einem entschuldigenden Lächeln. Sie sah lediglich noch kurz zu Yedan, als sie seine Hand losließ und flüsterte nur noch ein „Alles gut…! Ich komm gleich wieder“. Dann ging sie ohne auf eine Reaktion zu warten. In ihren Ohren hatte es zu rauschen begonnen und weil sie nicht einschätzen konnte, wie viel und wie genau Neri Arunn alles erzählen würde, war sie der Situation einfach entflohen. Und das ohne einen Blick zurück zu werfen.
Sie suchte sich raschen Schrittes einen Weg durch die feiernde Menge, so dass sie schnell in dieser unterging und wohl nicht sofort gefunden werden konnte. Etwas Abseits an einem Baum blieb sie stehen und lehnte sich gegen diesen. Die Erinnerung von Calhouns Dolch der ihre Kehle durchschnitt holte sie in diesem Moment ungeschönt ein und erneut zuckte sie zusammen und erschauderte. Übelkeit wollte in ihr aufsteigen, was vielleicht auch der Alkohol begünstigte, den sie in rascherer Zeit und größerer Menge in sich geschüttet hatte, ohne darauf zu achten.
Bedacht atmete sie tief langsam ein und aus und spürte eine feine kalte Schweißschicht auf ihrer Stirn ausbrechen, die sie jedoch rasch wegwischte.
Von einer Sekunde auf die Nächste war ihr plötzlich alles zu viel gewesen. Und so sehr sie sich anstrengte ihr Herz für diesen Abend nicht zu beschweren, war ihr dies nicht gelungen.
Die Freude an der Musik war vergangen und obwohl sich bereits ein schlechtes Gewissen in ihr aufbauen wollte, weil sie so abrupt verschwunden war und sogar Yedan hatte stehen lassen, zog es sie nicht sofort zurück.
Eine Weile hielt sie die Augen einfach geschlossen und versuchte die Übelkeit zu überwinden. Sie versuchte sich in Gedanken abzulenken, sang im Kopf die Liedtexte der Musik mit, zumindest wenn ein solches auch eine lyrische Verfassung besaß, doch als ihr dies noch immer keine Abhilfe verschaffte, öffnete sie wieder ihre Augen und suchte die Menge mit den Augen ab. Rotes Haarband … Naturkrone…. Zopffrisur… - sie sah Kaja auf ihrer munteren Art in einer Gruppe stehend, etwas vom Besten geben – bunte Blumen als Haarschmuck… - ein ihr bekannter blonder Schopf…
Ich sollte zurück…, dachte sie, doch drückte sie sich nur langsam vom Baum ab und behielt ihre Hand noch eine Weile auf der moosbewachsenen Rinde. Sie wusste, dass es für Neriélle wichtig gewesen war zu reden und ihren Freund über alles aufzuklären. Es war völlig verständlich, doch obwohl Rhuna es selbst nicht hatte kommen spüren, hatten sie die Widergaben und Gespräche immer stärker belastet und nun wollte ein kleiner aufkeimender Egoismus einfach nur das sorgenfreie Fest beobachten, die Bilder aus ihrer Erinnerung unterdrücken und ihre Sorgen vergessen.

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