Neuanfang

Etwa eine halbe Stunde Fußmarsch von der Magierstadt Zyranus entfernt liegt eine bislang noch immer namenlose Siedlung, erbaut aus vereinten Kräften der wenigen zuvor scon ansässigen Bauern, eifriger Zyraner und den Überbleibseln der dunklen Armee, die ursprünglich die Magierstadt unter ihrem dämonischen Heerführer hatte den Garaus machen wollen. Wer hier noch siedelt und sich ein Eigenheim erbaut hat, will Frieden.
Antworten
Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7034
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Neuanfang

Beitrag von Erzähler » Sonntag 28. April 2024, 13:11

Kazel kommt von: Schicksals Domäne

Kazel spürte die Schwere seines Körpers viel stärker, als er ihn in Erinnerung hatte. Der Grund auf dem er lag fühlte sich feste und zugleich weich an und jede Regung seines Körpers löste ein feines Rascheln aus. Unterbewusst nahm er den Geruch von Kiefernholz wahr, doch vermischten sich noch andere Düfte mit diesem, die ihm durchaus bekannt waren. Verschiedene Kräuter, die rauchig-würzige Luft eines Kaminfeuers…
Den Weg zurück ins Bewusstsein zu finden war nicht so leicht, wie man hätte meinen können. Sein Kopf schmerzte und ihm war unerträglich warm, während er gleichzeitig fror und zitterte. Er befand sich in einem unruhigen Zustand zwischen Schlaf, Bewusstlosigkeit und kurzen halbwachen Momenten, die dennoch nicht steuer- oder greifbar waren.
Das Verlieren seiner Erinnerungen war leider kein Eingriff, den seine Seele ohne Gegenwehr hinnahm. Kazel hatte hohes Fieber bekommen und war leider noch nicht voll allen Qualen erlöst. Sein Verstand versuchte erfolglos das Verlorene zu erreichen, huschte in Schwärze und Bildlosigkeit hin und her und schenkte ihm kaum erholsame Ruhe. Seine Wangen und die Stirn fühlten sich brennend an und unruhig wälzte er sich von einer Seite auf die Andere. Seine Seele hatte jede Beziehung verloren, zu der sie sich in ihrem jetzigen Zustand flüchten würde. Es war kein schönes Gefühl und erfüllte ihn mit Unruhe und Einsamkeit.
Erst als kühle Finger seine Wange berührten, schien er einen Moment zu erhalten, an den sich seine Seele klammern und orientieren konnte. Er war doch nicht alleine!
„Es wird alles gut…!“, drang eine ruhige und angenehme Stimme durch seinen Dämmerzustand in sein Bewusstsein. Etwas Kühles und Feuchtes berührte seine Stirn und bot seinem schmerzenden Kopf anhaltende Milderung. Kazel würde vielleicht die Augen öffnen, doch war seine Sicht durch das Fieber getrübt, so dass er wenn, nur schemenhaft eine Gestalt bei sich sitzend, erkennen könnte, bevor er wieder in einen Dämmerzustand fallen würde.
Eine zeitlose Weile kehrte so sein Geist immer wieder zu solchen kleinen halbwachen und gleichzeitig ungenauen Momenten zurück. Die Gestalt war jedes Mal weiter an seiner Seite und kümmerte sich scheinbar um seinen Fieberzustand. Einmal würde er einen bittersüßen Geschmack auf der Zunge schmecken können, der zwar nicht angenehm, jedoch ertragbar sein würde. Sowohl Kazels Körper, als auch seine Seele fand immer mehr Ruhe, bis ihm die Gnade eines tiefen und erholsamen Schlafes gewährt wurde.

Das Erste, was der junge Mann bewusst wieder wahrnahm war der gedämpfte Gesang von Vögeln und einigen dumpfen Lauten, als würde jemand außerhalb holzhacken. Kazels Nase würde den Geruch von frisch gebackenem Brot wahrnehmen können, der langsam aber sicher sein Hungergefühl hervorlockte.
Der Schlaf hatte ihm gut getan und das Fieber verjagt. Erstaunlicherweise fühlte sich der Mischlingself sogar erfrischt und leicht im Kopf. Der Schmerz seiner Seele war abgeklungen.
Das Flackern eines Licht- und Schattenspiels der hereinbrechenden Sonne fiel auf seine Augen und ließ die Sicht hinter seinen Lidern rötlich wirken. Langsam kehrten seine Lebensgeister wieder zurück und so auch Denkprozesse, wie nach dem: Wo er war?!
Sollte Kazel versuchen seine Gedanken zu ordnen würde er sich an Teile seines Gesprächs mit Tod und Schicksal zurückerinnern können. Sein Leid war jedoch vergessen! Er wusste lediglich, dass er schweren Herzens seine Erinnerungen an sein bisheriges Leben aufgegeben hatte, um seine Rolle als Tods Geselle wahrlich einzunehmen, zu testen und wie von Schicksal gefordert, das Leben unter Beachtung der Grenzen neu kennenzulernen.
Er wusste, wie angekündigt, wer er war, wie alt er war, was er konnte und was nicht - woher er kam und auch, wenn er keine wirklichen Bilder abzurufen vermochte, kannte er ein paar Details zu seinen Wurzeln. So wusste er beispielsweise, dass er kein gutes Verhältnis zu seiner dunkelelfischen Familie besaß und den Namen abgelegt hatte. Er besaß also keine Bindungen, außer zu Tod und an diesen, waren ihm viele Erinnerungen, wenn auch manche lückenhaft, bewahrt geblieben.
„Schläft das Prinzesschen etwa immer noch?“, drang eine männliche Stimme an seine Ohren, dicht gefolgt von einem dumpfen Klopfen, das ein wenig verspätet wirkte. Aus der anderen Richtung, nicht weit von ihm entfernt erklang ein Seufzen.
„Was willst du hier schon wieder, Tarek?“ Die weibliche Stimme, die nun antwortete, könnte Kazel bekannt vorkommen. Es war dieselbe, die er auch hin und wieder in seinen halbwachen Fiebermomenten gehört hatte. Würde Kazel die Augen öffnen, würde er sich im Raum einer L-förmigen Waldkate wiederfinden. Die Wände bestanden aus soliden und geölten Holzleisten, die quer verlegt waren. Es gab mehrere Fenster, von denen einige Schläge geöffnet waren und vor denen helle Gardinen im Wind tanzten. Die Einrichtung wirkte spärlich – er selbst lag in einem Bett, das sehr einfach und mehr, wie ein Provisorium wirkte. Es existierte ein eingemauerter gekachelter Kamin an der hinteren Hauptwand, doch derzeit knisterte kein Feuer darin. Die ebenfalls steingekachelte Bodenfläche darum wies jedoch Spuren abgebrannten Holzes auf. Zwei Türen ließen vermuten, dass es noch zwei weitere Räume zu entdecken gab, doch in dem größeren Raum, in dem er lag gab es noch ein wenig mehr zu sehen.
Auf der anderen Seite befand sich eine kleine Küche, die ebenfalls noch nicht vollendet wirkte. Ein schmaler Ofen, der für einen kleinen Haushalt genügen würde, verströmte den Geruch nach frischen Brot. Ein kleiner Holzschrank, ein Tisch mit 4 Stühlen und ein Gestell mit einer großen Wasserschale waren das Einzige, was seine blauen Augen weiter entdecken würden. Lediglich die vielen aufgehängten Kräuterbüschel, die auf dem Tisch stehenden Tiegel und Töpfchen und viele Stoffstreifen, die ordentlich aufgerollt und gestapelt in einem Flechtkorb lagen, wiesen auf aktive Arbeiten hin.
Die Küche war durch eine provisorisch erstellte Zwischenwand, bestehend aus einem großen Laken, das an einem gespannten Seil hing, halb vom Rest des Raumes getrennt. Und genau hinter diesem trat nun eine junge Frau in sein Sichtfeld, die zweifelsohne die Besitzerin der weiblichen Stimme war. Kupferrote und in sanfte Locken fallende Haare würden ein recht hübsches Gesicht umrahmen, wären sie nicht zu einem dicken Seitenzopf geflochten, der ihr in etwa bis zum unteren Rippenbogen reichte. Klare, dunkle blaue Augen, in die sich je nach Lichteinfall ein winziger Klecks Grün gemischt zu haben schien, sahen in die Richtung der Eingangstüre, die offenstand und in deren Rahmen offenbar der Besitzer der männlichen Stimme lehnte. Dieser vollführte eine etwas übertriebene Geste mit seinen Händen indem er mit ihnen nach der Stelle griff, unter der sein Herz schlagen müsste.
„Wie kaltherzig! Dabei bin ich extra so früh hergekommen, um nachzusehen, ob du Hilfe mit dem fremden Kerl benötigst!“ Der Blick der Rothaarigen sprach Bände und verbarg nicht, dass sie den Worten des Mannes keinen Glauben schenkte. Ihr Mund verzog sich dennoch ein wenig amüsiert, so dass sich ihre mit Sommersprossen geschmückten Wangen leicht hoben.
„Hier kennen sich beinahe alle nicht gut. Abgesehen davon habe ich dir doch erklärt, dass er mir nicht fremd ist! Außerdem bist du nur hergekommen, um dir wieder ein Frühstück zu ergaunern und Zeit zu schinden“, konterte sie und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Sie trug eine einfache weiße, etwas knittrige Bluse mit Vorderknöpfen und einem hellbraunen Rock, in den die Blusenenden gestopft worden waren und der ihre schlanke Taille dadurch betonte.
Der Mann an der Türe gab einen grummelnden Laut von sich. „Hack du mal wochenlang Tag für Tag Holz für die Neubauten! Da würdest du auch versuchen Zeit zu schinden.“ Ein melodisches, etwas unterdrücktes Lachen war zu hören.
„Wir können ja gerne mal tauschen und du kümmerst dich um all die Verletzungen!“ Bei diesem Vorschlag stieß sich der Mann mit Dreitagebart und braunen Haaren vom Rahmen und hob die Hand zum Abschied.
„Auf die Jammerei kann ich verzichten! Aber sieh zu, dass der Siebenschläfer nicht noch eine Nacht dein Bett blockiert! Zu wenig Schlaf lässt selbst hübschere Blumen welken!“
Tarek, der von Kazels Standpunkt aus nur spärlich zu sehen gewesen war, verabschiedete sich und zog die Türe mit einem dumpfen Laut hinter sich zu.
„Wie immer charmant…!“, konnte er die Rothaarige noch leise sagen hören, ehe sie sich eine Schale griff und auf ihn und das Bett zusteuerte.
Würde er vorgeben noch zu schlafen, würde die Unbekannte sich an sein Bett setzen und vorsichtig seine Temperatur erfühlen.
Würde er sich wach zeigen, würde die junge Frau kurz aus Überraschung stehen bleiben. Ihre blauen Augen würden kurz über sein Gesicht tasten, bis diese von einem Lächeln leicht gezogen werden würden.
„Oh du bist wach! Wie schön, wie geht es dir?“ Sie setzte sich wieder in Bewegung und ließ sich vor ihn und dem Bett auf einen Hocker nieder. Neben diesem stand bereits eine Schale mit Wasser indem einige Stoffbahnen schwammen, mit denen sie vermutlich seine Stirn gekühlt hatte.
Für einen kurzen Moment sah sie Kazel schweigend an, musterte sein Gesicht und in ihren Augen konnte man durchaus … verhaltene Neugierde erkennen. Auf ihrer Wange war eine feine Spur aus Mehl zu sehen und auch ihr brauner Rock wies ein paar kleinere weiß-staubige Flecken auf, was sie jedoch nicht zu stören schien. Die zweite Schale, die sie getragen hatte, lag auf ihrem Schoß gebettet und wenn er einen Blick hineinwerfen würde, würde er darin einen Holzlöffel und eine bräunliche Flüssigkeit entdecken können. Damit diese jedoch nicht verschüttet wurde, stellte sie sie neben sich auf den Boden ab.
„Nun…“, begann sie und schien kurz nach dem besten Beginn für ein Gespräch zu überlegen. Dann hielt sie ihm die Hand hin.
„Ich bin Elodi. Und du bist der Geselle … Kazel, richtig? Ich hoffe ich spreche deinen Namen richtig aus!“ Ihre Stimme klang offen und sie schien sich irgendwie zu freuen mit ihm reden zu können.
Optisch betrachtet schien Elodi ein Mensch zu sein und sollte Kazel über dieses Wissen im Leben verfügt haben, könnte er vermuten, dass sie aus Santros käme.
„Ich denke, du wirst wissen wollen, wo du hier bist, nicht wahr? Schicksal erklärte mir die Umstände, deshalb… scheu dich nicht zu fragen. Wenn ich helfen kann… nun ja!“ Sie schien ein wenig unsicher zu sein, wie sie sich an das Thema herantasten sollte. Dann wanderte ihr Blick kurz durch den Raum und sie strich sich in Gedanken eine lose Strähne hinters Ohr.
„Du befindest dich in der neu entstehenden Grasland-Siedlung, nahe Zyranus. Tod brachte dich her… und die letzten zwei Tage ging es dir nicht sehr gut. Du hattest Fieber, aber vorhin war es schon beinahe verschwunden.“ Sie schien eine ruhige Art zu besitzen, auch wenn sich vorhin anhand des Besuchers gezeigt hatte, dass sie auch ganz anders reagieren konnte. Kazel würde sich zusammenreimen können, dass Elodi die Person war, die Schicksal ihm zur Seite stellen wollte. Doch wer war sie, dass sie dafür in Frage kam? Ebenfalls eine Weltenspringerin?
Bild

Benutzeravatar
Kazel Tenebrée
Administrator
Administrator
Beiträge: 3770
Registriert: Mittwoch 9. August 2006, 23:05
Moderator des Spielers: Rhuna + Madiha
Aufenthaltsort: Andunie
Steckbrief: Zum Steckbrief
Rasse: Mischling (Elf/Dunkelelf)
Sprachen: Lerium
etwas Kr'zner
Beruf: Des Gevatters Geselle
Fähigkeiten: Dolche (durchschnittlich)
Zeitmanipulation
Flinkheit
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: gehäkelter Wollbeutel (blau)
Sademos' Amethyst-Ring (keine Fähigkeiten mehr)
Zum Vorzeigen: Bild

Re: Neuanfang

Beitrag von Kazel Tenebrée » Mittwoch 8. Mai 2024, 15:07

Vergessen. Fort war so viel, nahezu alles, inklusive ihm selbst. Denn sein halbes Leben - die bessere Hälfte! - zu vergessen, wollte das Unterbewusstsein nicht so einfach zulassen, nur weil der eigene Verstand sich dazu entschied. So wie Kazel selbst zuvor mit seinem eigenen Herzen um eine Entscheidung hatte ringen müssen, da fochten sein Leib und Schicksals Exekutive nun einen Kampf aus. Einer, bei dem das Ende bereits feststand, denn niemand konnte seinem Schicksal entkommen ... oder? Der Mischling schien es geschafft zu haben und doch wieder nicht. Wie war sein Leben doch geprägt gewesen, von Beginn an und in eine beschwerliche Richtung, nur weil seine Mutter sich einen eldorischen Waldelfen ins Bett geholt hatte, um sich ein Kind zeugen zu lassen. Natürlich war Kazel ein Versehen gewesen, aber seine Mutter hatte ihn dennoch austragen wollen. Sie hatte ihn in sein Schicksal zwingen wollen, nicht nur dann. Als man aufgrund der farblichen Veränderung seiner Haut immer deutlicher erkannte, wie mischblütig er doch war, versuchten Mutter und Tante, dass er seinem Schicksal erstmals entging. Sie hatten ihm über Monate hinweg die unreine Haut vom Leib peitschen wollen. Es war ebenso missglückt wie der Versuch, Kazel trotz allem noch als angesehenes Mitglied in die Familie Tenebrée einzugliedern. Vor dem damaligen Oberhaupt verlangte man von ihm, dass er den eldorischen Sklaven - seinen Vater - mit eigener Hand und vor aller Augen um sein Leben brachte. Und jener hatte es nur allzu gern angenommen, in der Hoffnung, seinem Sohn einen besseren Weg ebnen zu können als den eigenen, doch Kazels mentales Nervenkostüm war dadurch mehr als zerrissen. Zunächst hatte er sich nichts anmerken lassen. In derselben Nacht war er jedoch ins Schlafzimmer der Mutter geschlichen, hatte auch ihr Leben ausgehaucht, nur um dann aus seinem Elternhaus und gleich aus Morgeria zu fliehen. Eine beschwerliche Reise durch die Tote Ebene, das Drachengebirge und schließlich in die Stille Ebene hinein war ihm mit Jahren der Einsamkeit, aber auch des Friedens vergönnt geblieben. Doch ebenso wenig wie er das Familienwappen seines Hauses als Hautbild auf seinem inneren Handgelenk nicht hatte entfernen können, war es ihm in all der Zeit und auch danach unmöglich gewesen, das Stigma seines Mischblutes von sich zu nehmen. Beides würde ihm auch jetzt nicht gelingen, doch das Haus Tenebrée war größtenteils vergessen. Indem seine Tante Starle es unter ihrer Herrschaft in ein Edelbordell gewandelt hatte, war der Ruf der einstigen Familie längst nicht mehr jener, unter dem Kazel hatte aufwachsen müssen. Doch weder den Namen seiner Tante noch das Bordell selbst würde man bald noch kennen. Starle Tenebrée blieb ein langes Leben vergönnt - das hatte er Dank Tods Gabe eigenes gesehen. Aber dieses Leben würde sie in Gefangenschaft verbringen und niemals wieder Morgerias Straßen durchqueren, geschweige denn den Namen Tenebrée mit Hurerei in den Schmutz ziehen. Das sollte ohnehin nicht geschehen, denn Kazel und seine Freunde hatten das Bordell an zwei Nachtelfenschwestern übergeben. Es war der Lohn dafür, dass sie Janays Schwester aus den Fängen eines missbräuchlichen Ehemannes gerettet hatten. Sie würden das Bordell fortführen und den Namen Tenebrée vergessen machen.
Kazel selbst hatte ihn schon vergessen, zusammen mit so viel anderem. Sein Körper konnte rebellieren, aber am Ende verlor er. Tenebrée als Name war vergessen, zusammen mit allen anderen. Janay, Nar'Zissus de Quis, Janays Schwester Arina, Kodiak der Bär, Schlange oder so viele weitere Verbündete ... Kazels Erinnerungen wirbelten in einem Fieberwahn umher, der am Ende nur einen löchrigen Käse zurücklassen sollte. Einzig, dass er der Geselle des Gevatters bliebe, sein Lehr- und Schützling, das blieb fest verankert. Ebenso hätte er noch das Wissen um die Vereinbarung mit dem Schicksal, wenngleich auch hier nicht alles in seinem Gedächtnis vorhanden bliebe. Aber er würde wissen, dass er zu seinem alten Leben zurück könnte, wenn er es denn wollte. Oh, in dieser Hinsicht konnte man das Schicksal als genauso perfide bezeichnen wie alle anderen, die bisher so sehr mit Kazels Leben gespielt und ihn wie einen Bauern über das Schachbrett gerückt hatten. Wie sollte er das Bedürfnis verspüren, ein Leben wiederaufzunehmen, an das er sich nunmehr kein bisschen erinnerte? Jedenfalls nicht an die guten Teile.
Er wusste, dass er als Mischlingsblut in ein morgerianisches Adelshaus hineingeboren worden war. Der Name war ausgelöscht. Tenebrée gab es für ihn nicht mehr. Da war nur noch Kazel, so wie er sich Schicksal auch vorgestellt hatte. Aber er wusste, dass er sich nicht im Guten von seiner Familie getrennt hatte, sondern vielmehr fluchtartig aus Morgeria entkommen war. Er würde sich an die Reise durch die Tote Ebene und bis hinein in die Stille Ebene erinnern, denn dort war er keiner Seele begegnet, die sein Herz hätte prägen können. Aber er hatte auf dieser Reise gelernt, in der Wildnis zu überleben und mit der Einsamkeit umzugehen. Diese Fähigkeiten würde er wohl noch brauchen, weshalb ihm die Kenntnisse erhalten blieben. Doch hier endete sein Flickenteppich aus Erinnerungen auch schon wieder. Er wusste nur noch, dass er die Stille Ebene hatte verlassen wollen, weil er eben irgendwann doch nicht mehr mit der Einsamkeit hatte umgehen können. Er wusste, dass seine Seele aus irgendeinem Grund dem Gevatter verschrieben worden war ... weil er schon ein-, wenn nicht gar mehrere Male verstorben war. Doch Tod hatte ihn nicht zum Werkzeug auserkoren, sondern es ihm angeboten und Kazel hatte eingewilligt. Er war freiwillig der Lehrling des Zeitlosen und schien sich zumindest soweit gemacht zu haben, dass er sich nun Geselle schimpfen durfte.
Dieses Wissen begleitete ihn durch heiße Fieberträume, aus denen er nur hin und wieder herausbrechen konnte. Lange genug, um den verschwommenen Schatten roten Haares, das verwaschene Säuseln einer lieblichen Stimme und einen neugierigen Glanz von blauen Seelenspiegeln erkennen zu können, bevor die heißkalte Dunkelheit ihn zurück in ihre Arme zog. Wie lange er im Fieber gefangen war, wusste er nicht. Im Grunde wusste er kaum noch etwas. Aber die Erkenntnis darüber, dass er Erholung in all der Zeit hatte finden können, begleitete sein langsames Erwachen.

Er lag auf festem Grund, aber es fühlte sich nicht nach Erde an. Kein Gras kitzelte seine Unterarme. Keine Insekten summten um ihn herum und auch das krabbelnde Geräusch ihrer winzigen Füße über seine Haut blieb aus. Er lag verhältnismäßig weich, ja wirklich komfortabel. Außerdem war eine Decke über ihn ausgebreitet worden. Doch nicht nur jene hielt ihn warm. Er assoziierte das Kaminfeuer allerdings erst als solches, nachdem ihm das leises Knistern und sanfte Knacken bewusst wurde. Verbrennt jemand Nadelholz?, fragte er sich im Stillen, denn den Rauch begleitete auch eine holzige Note in jener Form, wie es nur Kiefern oder Tannen vermochten. Er erinnerte sich, dass er das Aroma von feuchten Wäldern liebte - die Kombination aus nasser Erde und Moosen im Einklang mit der Frische, die vom Regen gesegnete Bäume spendeten. Kazel atmete tief ein, ohne die Augen zu öffnen. Und gerade als er sich in seiner kleinen Welt aus Dunkelheit, Halbschlaf und Frieden Gedanken darüber machen wollte, warum diese Erinnerung ihn im Gegensatz zu vielen anderen erfüllte, unterbrach jemand seine träumerische Stille.
Nein, nicht jemand. Etwas. Vogelgesang! Oh, wie hatte er ihn vermisst ... und doch passte es kaum zu seinen jüngsten Eindrücken, die er nun nicht mehr in der Lage war, einzufangen. Bin ich noch einmal eingeschlafen? Er fühlte sich noch erholter als bei seinem letzten kurzen Moment, den er größtenteils bewusst erlebt hatte. Nun aber wollte er die Augen aufschlagen, denn nicht nur Klänge an seinen Spitzohren lockten ihn dazu. Sonnenlicht - es musste die Sonne sein - streichelte warm sein Gesicht und tanzte vor seinen geschlossenen Lidern. Es färbte die Schwärze mit diesem warmdunklen Rot, das einen neuen Morgen versprach, wenn man sich nur aus Manthalas Reich zurückzog. Hinzu kam der Duft von etwas Neuem, das den übrigen Körper anregte. Gebackenes Brot. Das Aroma war so intensiv, dass Kazel glaubte, die Kruste des Backwerks ebenfalls riechen zu können. Es musste sich um ein crosses Brot handen mit fester Rinde, aber so weichem Kern, dass ihm sprichwörtlich das Wasser im Munde zusammenlief, wenn er nur daran dachte. Er bemerkte nicht einmal, dass ein feines Lächeln seine Mundwinkel kräuselte.
Just in dem Moment, da er ein hungriges Schmatzen nicht mehr unterdrücken konnte, fragte eine ihm gänzlich unbekannte Stimme: "Schläft das Prinzesschen etwa immer noch?" Beinahe könnte man seinen Laut für eine Kuss-Reaktion ob der Worte interpretieren, aber dazu kam sie zu zeitgleich mit jenen. Doch nun wich Hunger der Vorsicht und der Mischling hielt sogar für mehrere Herzschläge den Atem an. Wo befand er sich und wer sprach dort? Er schnappte sogleich einen Namen auf. Tarek, ausgesprochen von einer Stimme, die ihm ebenfalls nicht bekannt, wohl aber vertraut war. Etwas drang zu ihm durch und erinnerte ihn daran, dass er sie schon einmal vernommen hatte. Nein, mehrmals. Sie war es, die ihm gut zugeredet hatte, als hitziges Fieber ihm die Sicht auf mehr versperrt hatte als ein verwaschenes, rotes Meer und zwei tiefblaue Tupfer darin. Er konnte das Bild nicht festigen, vielleicht war es auch nur ein Traum gewesen. Die Stimme aber erkannte Kazel wieder.
Neugier hob seine Lider, doch er musste erst den Kopf in den Raum hinein wenden, um mehr als Decke und Fenster der Kate zu sehen, in der er sich befand. Er erkannte im hinteren Teil eine Küche. Er begutachtete knapp die Einrichtung, entdeckte dabei den Kamin, weitere Türen, einen Vorhang als Raumtrenner, einen Tisch samt Stühlen, einen Schrank und ... offenbar die Hausbewohnerin. Er hatte nicht geträumt, wie er nun feststellte. Da war es, das wallende, rote Meer. Jemand hatte es in Bänder gefangen und zu einem Zopf gezähmt, aber es bestand für Kazel kein Zweifel. Glänzendes Kupfer, das blaue Edelsteine umrahmte. Er sah sie selbstbewusst aufblitzen. Die Frau, der dieser Blick gehörte, ließ sich von diesem Tarek nicht für dumm verkaufen. Sie fiel auf seine theatralischen Geste und auch auf seine Worte nicht herein.
"Wie kaltherzig! Dabei bin ich extra so früh hergekommen, um nachzusehen, ob du Hilfe mit dem fremden Kerl benötigst!" Kazel runzelte die Stirn. War er der fremde Kerl? Seine Annahme wurde von der Reaktion der Frau beiseite gewischt. "Hier kennen sich beinahe alle nicht gut. Abgesehen davon habe ich dir doch erklärt, dass er mir nicht fremd ist!" Nein, dann ging es nicht um ihn. Denn er kannte die Rothaarige nicht. Kazel blieb liegen. Es war ihm unagenehm, dem Gespräch zu lauschen, aber noch weniger wollte er es unterbrechen, indem er zeigte, dass er wach war. So versuchte er, sich nicht darauf zu konzentrieren, bis Tarek sich dazu entschied, das Haus zu verlassen. Doch seine Abschiedsworte ließen Kazel erneut aufmerksamer werden. Ging es etwa doch um ihn?
"Aber sieh zu, dass der Siebenschläfer nicht noch eine Nacht dein Bett blockiert! Zu wenig Schlaf lässt selbst hübschere Blumen welken!" Die Tür fiel ins Schloss. Kazel sah den Moment geeignet, sich langsam aufzurappeln. Er war erholt. Sein Körper hatte reichlich Zeit zum Ausruhen erhalten, aber das lange Liegen hatte die Glieder doch etwas steif werden lassen. Seine Muskeln ziepten kurz, als er sie seit langem wieder selbst aktiv beanspruchte. Es war erträglich, er musste sich nur wieder daran gewöhnen, sie zu nutzen. Während er so also noch damit beschäftigt war, sich zu ordnen und in eine sitzende Position zu gelangen, erreichte die Fremde sein Bett. Sie trug eine Schale und wollte jene offenbar gerade neben seiner Schlafstatt abstellen, als sie sein Erwachen bemerkte und inne hielt. Kazel hockte sich auf und beide schauten einander zunächst nur stumm an. Er betrachtete ihr feines Gesicht, die weich geschwungenen Lippen, die großen blauen Augen... Wie er im Gegensatz wohl aussah? Kazel erinnerte sich an ein Bild seiner selbst, aber er war so zeitverloren, dass er nicht einschätzen konnte, inwieweit es mit seinem real existierenden Jetzt noch vergleichbar wäre. Er wusste, dass er für Elfen eher klein geraten war und auch wenn er durch seine Flucht aus Morgeria und sein Überleben in der Wildnis garantiert ein paar Muskeln antrainiert hatte, würde seine Statur ihn eher drahtig darstellen. Seine Haut war weder eldorisch hell, noch morgerianisch dunkel. Er fand sich irgendwo dazwischen in einem angenehm matten Braunton wie von Mandeln. Er wusste, dass er selbst blaue Augen besaß, wenngleich anders als jene, in die er schaute. Seine konnten von einem tiefen Ozean hin bis zu Regen verhangenem Sturmgrau variieren, je nachdem, wie sehr die Meereswogen seiner Seele im Inneren umher gespült wurden. Im Moment lagen sie ruhig da, vollkommen neutral und glatt. Denn das war er: neutral mit der Situation seines Erwachens. Seine Miene drückte keine Überraschung aus wie jene, in die er schaute.
"Oh, du bist wach! Wie schön, wie geht es dir?" Eine simple Frage, aber Kazel konnte sie dennoch nicht beantworten. Wie ging es ihm? Er horchte in sich hinein. Er fand ... viele Lücken, aber er erkannte sie nicht als solche. Er wusste, es fehlte ein enorm großer Teil seiner Erinnerungen. Er wusste, dass es sein Opfer war, das er schweren Herzens hatte eingehen müssen, um im Dienst von Gevatter Tod stehen und Celcias Gleichgewicht wahren zu können. Schicksal hatte ihm nahezu alles genommen, was er wohl einmal geliebt hatte ... aber auch all sein Leiden. Folglich fühlte er sich im Augenblick...
"Mir geht es gut ... schätze ich." Kazel hüstelte. Sein Hals fühlte sich etwas trocken an, was nicht einmal der Fall sein musste. Aber seine Stimmbänder hatten sich mindestens so lange geschont wie der Rest von ihm. Sie würden eine längere Konversation benötigen, um ihre Arbeit wieder im vertrauten Rahmen aufnehmen zu können. Noch brannten sie ein wenig, als sie sich unter den Worten dehnten und wieder zusammenzogen, aber ein Schluck Wasser würde es sicher richten. Kazels Blick fiel auf die braune Flüssigkeit in der Schale, welche die Fremde nun beiseite stellte.
"Ich ... blockiere dein Bett", griff er Tareks Worte direkt auf, als sie ihm mit einem Mal erneut bewusst wurden. Schon schlug er die Decke beiseite und schob sich aus den Laken an die Kante. Seine nackten Füße kamen auf dem Boden auf, da hielt die Frau ihm eine Hand zum Gruß hin.
"Ich bin Elodi." Kazel zögerte, ergriff die Hand dann mit seiner eigenen, aber nur kurz. Eigentlich hatte er nun keine Zeit zu verlieren ... und dass er das Bett dieser Frau die ganze Zeit belegt zu haben schien, war ihm unangenehm. Er rappelte sich auf. Seine Beine waren nur im ersten Moment weich. Nach einem Schritt Richtung Tür ging es bereits besser. Er musste gehen. Schicksal hatte doch gesagt, sie würde ihm jemanden zur Seite stellen, der ihm helfen sollte. Er musste diese Person finden. "Ich muss ... gehen ... entschuldige ...", murmelte er und tappte los.
"Und du bist der Geselle ..." Er erstarrte. Dann wandte er sein Gesicht um, nahm Elodi langsam in den Fokus. "Kazel, richtig? Ich hoffe, ich spreche deinen Namen richtig aus!" Er nickte nur. Sie kannte den Namen. Sie wusste, dass er der Geselle des Gevatters war. "Du bist die Hilfe, die man mir zur Seite stellen wollte." Bewusst erwähnte er Schicksal noch nicht. Denn es konnte immer noch sein, dass er sich irrte und dann würde Elodi ihn sofort für geisteskrank halten, wenn er davon sprach, höheren Wesenheiten zu dienen, für die Zeit und Raum nur Begriffe waren. Doch das tat sie nicht, im Gegenteil. Sie sorgte dafür, dass er nun die Überraschung in seine Züge einlud, aber auch die Aufmerksamkeit, ihr still zuzuhören.
"Ich denke, du wirst wissen wollen, wo du hier bist, nicht wahr? Schicksal erklärte mir die Umstände, deshalb ... scheu dich nicht zu fragen. Wenn ich helfen kann ... nun ja! Du befindest dich in der neu entstehenden Grasland-Siedlung, nahe Zyranus. Tod brachte dich her ... und die letzten zwei Tage ging es dir nicht sehr gut. Du hattest Fieber, aber vorhin war es schon beinahe verschwunden."
Kazel blinzelte. Wo er Vorsicht walten ließ, sprach sie einfach offen über den Gevatter und Schicksal. "Zwei Tage", griff er die Information auf, die er verarbeiten konnte. Denn weder sagten ihm Zyranus, das Grasland, noch eine darin entstehende Siedlung etwas. Er würde Elodi gewiss auch nicht santronischen Wurzel zuordnen können. Er hatte so wenig bisher von der Welt gesehen und doch so viel. Im Grunde beschränkte sich sein celcianischer Horizont aber auf Morgeria, die Tote Ebene, das östliche Drachengebirge, die Stille Ebene, die Ränder Andunies, Pelgar und ... Kata Mayan, das er besser zu kennen glaubte, als den Rest der Lebendwelt. Er befühlte seine Stirn, allerdings weniger, um die Temperatur zu prüfen. "Mir geht es schon besser, danke. Ich ... jedenfalls gut genug, dass du wieder in deinem Bett schlafen kannst. Ich werde dann wohl gehen und ..." Er stutzte. Dann schnaufte er in amüsierte Hiflosigkeit aus und hob ratlos die Schultern. "Ich weiß gar nicht, was ich jetzt tun soll. Vielleicht wäre es gut, wenn ich mich irgendwo wasche. Hast du...?" Kazels Augen weiteten sich, sie wuchsen zu großen, meerblauen Tellern heran. Röte schoss ihm in die Wangen und bis in beide Ohrspitzen hinein. Er starrte Elodi an, dann an sich herab um zu schauen, ob er überhaupt Kleidung am Leib trug. Aber selbst wenn, löste ihn das nicht vor einer peinlich berührten Frage, auf die er nun dringend eine Antwort brauchte. "D-du ... hast du ... i-ich meine ... du hast nur mein Fieber behandelt, oder?" Sie war schön, ohne Zweifel. Sie sah wirklich wie einer unberührte Blume aus, der man ihren Lebensraum nicht wegnehmen oder sie mit anderweitigen Tatsachen zum Welken bringen wollte. Kazel stellte dabei nicht einmal ihre Unberührtheit in Frage. Ihm behagte nur der Gedanke nicht, dass sie - nahezu eine Fremde - ihn in seiner körperlichen Versehrtheit hätte waschen und anderweitig von körperlichen Ausscheidungen befreien müssen. "Entschuldige!" wedelte er mit einer Hand in ihre Richtung, während er mit der anderen versuchte, sein knallrotes Gesicht zu verstecken. "Ich muss mich erst einmal zurechtfinden." Vor allem musste er herausfinden, was er nun tun sollte. Man hatte ihm die Erinnerungen genommen, ihm Elodi offenbar an die Seite gestellt, aber darüber hinaus war er vollkommen frei von allem, auch von Aufgabe jeglicher Art.
Bild

Benutzeravatar
Erzähler
Nicht-Spieler-Charakter
Nicht-Spieler-Charakter
Beiträge: 7034
Registriert: Montag 4. Januar 2010, 20:11
Lebensenergie:

Geld: 0D, 0L, 0F
Ausrüstung: [br][/br]
Zum Vorzeigen: [br][/br]

Re: Neuanfang

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 15. Mai 2024, 22:07

Nachdem dieser Tarek die Haustüre hinter sich zugezogen hatte, dauerte es nicht mehr lange, bis die rothaarige Frau das Erwachen ihres Patienten bemerkte. Sie hielt inne und für einen Moment sahen sie sich stumm an, musterten einander und bildeten sich ihren ersten Würde Kazel stehen würde er feststellen, dass sie in etwa gleich groß waren – er vielleicht ein bis zwei Zentimeter größer. Sie schien keiner elfischen Abstammung zu sein, wenngleich auch sie etwas Zartes an sich hatte. Ihr Lächeln verriet, dass sie eine fröhliche und offene Seite besaß – die allerdings nicht den Funken Neugierde in ihrem blauen Blick erklärte, mit dem sie ihn eindeutig betrachtete.
Dieser ergab für Kazel anfangs noch keinen Sinn. Er wusste ja noch nicht einmal, wie er in ihre Kate, geschweige denn wie er in ihr Bett gekommen war!!! Besonders letzterer Umstand beschwerte dem Mischling ein schlechtes Gewissen. Ihr Bett zu blockieren war nicht seine Absicht gewesen und wenn er die Worte des Mannes Tarek richtig gedeutet hatte, schien er genau dies getan zu haben! Ungewollt… aber dennoch getan!
Die Rothaarige schien dies jedoch keineswegs zu beschäftigen. Sie nahm freudig zur Kenntnis, dass er erwach war und fragte ihn, wie es ihm ging, während sie näherkam und die Schale abstellte, in der sie eine bräunliche Flüssigkeit transportiert hatte.
Kazel, der sich der Situation gegenüber überraschend neutral fühlte, horchte in sich hinein. Wie ging es ihm überhaupt? Gesundheitlich… an und für sich gut, vielleicht ein wenig eingerostet!
„Mir geht es gut ... schätze ich.“, antwortete der Mischling und dabei unerwartet hüstelnd. Offenbar war er auch durstig, denn dein Hals fühlte sich kratzig an und seine Stimme war belegt, als hätte er sie schon länger nicht mehr benutzt.
Die junge Frau griff nach einem Becher, der auf einem kleinen, provisorisch erstellten Beistelltischchen stand. Dieser bestand lediglich aus einem umgedrehten Holzeimer mit Eisenverschlägen und einer runden Holzplatte, die nichts anderes war, als eine große Holzbaumscheibe.
Sie reichte Kazel den Becher, der noch bis zur Hälfte mit Wasser befüllt war.
„Hier, trink einen Schluck.“, forderte sie ihn freundlich auf und wartete ab, ob ihr Patient sie um das Trinkgefäß erleichtert würde. Wieder könnte er ihren Blick auf sich spüren, doch war er weder aufdringlich, noch unruhig. Sie wartete geduldig, dass er bereit war die Unterhaltung weiterzuführen.
Kazel hingegen empfand durchaus eine gewisse Unruhe. Einmal, weil er nicht wusste, wie er hergekommen war und was er als Nächstes tun sollte. Andererseits hingen ihm Tareks Worte nach, dass er offenbar schon etwas länger das Bett der jungen Lady blockierte.
„Ich ... blockiere dein Bett“, meinte er daher schuldbewusst und schlug die Decke beiseite, um aufzustehen. Doch bevor er sich erheben konnte, schob sich eine Hand in sein Sichtfeld.
„Ich bin Elodi.“, stellte sich seine Gastgeberin vor. Kazel besah ihre Hand. Sie besaß schlanke Finger, die ein wenig kürzer waren, als seine eigenen.
Nach kurzem Zögern ergriff er ihre Hand zum Gruß, doch schien er ihr hingegen nicht seinen Namen verraten zu wollen.
Schicksals Worte, dass sie ihm jemanden zur Seite stellen würde, kehrten in sein Gedächtnis zurück und so wandte er sich der Eingangstüre zu.
„Ich muss ... gehen ... entschuldige ...“ murmelte er und machte ein paar Schritte. Elodi hatte ihn beobachtet, schien für einen Moment und von seiner Art ein wenig überrascht zu sein, ehe sich ihre Lippen zu einem feinen und leicht amüsierten Lächeln spannten.
„Und du bist der Geselle! Kazel, richtig? Ich hoffe, ich spreche deinen Namen richtig aus!“ Der Elf blieb in seiner Bewegung stehen und wandte sich langsam um, als ihm klar wurde, dass nur die von Schicksal erwähnte Person seinen Namen und seine Position wissen könnte. War sie es etwa? War diese Elodi…? „Du bist die Hilfe, die man mir zur Seite stellen wollte,“ schloss er ohne Schicksals Namen direkt zu nennen. Obwohl es unnötig war, schien er sich damit wohler zu fühlen noch etwas abzuwarten!
Die junge Frau, die sich ihm halb zugewandt hatte nickte, ehe sie aufstand und zu ihm kam. Sie blieb vor ihm stehen, verschränkte hinter ihrem Rücken die Hände und neigte ihren Kopf in einer nachdenklichen Geste etwas zur Seite. Jetzt, wo sie einander gegenüberstanden bewahrheitete sich der Verdacht, dass sie beinahe gleich groß waren.
„Du siehst überrascht aus! Hast du jemand anderen erwartet?“, fragte sie leicht neckend während das hübsche Paar blauer Augen, aus denen ein gewisser Humor sprach, sein Gesicht betrachtete. Da Elodi ihn allerdings nicht ernsthaft ärgern wollte, klärte sie ihn erst einmal auf, wo er sich befand und wie er hergekommen war.

Für Kazel war die Situation sicher nicht ganz einfach, doch versprach sie doch interessant zu werden. Die junge Frau, die Schicksal ihm zur Seite gestellt hatte, schien zumindest nett und hilfsbereit zu sein. Ob sie sich darüber hinaus noch als nützlich erweisen würde, blieb allerdings abzuwarten.
„Zwei Tage“, murmelte er und griff damit die Information auf, die er gerade erhalten hatte. Dass er mit der Ortsangabe nicht wirklich viel anfangen konnte, schien Elodi nicht zu ahnen. Vermutlich wusste auch sie nicht in allen Einzelzeiten, was er wusste und was nicht. Immerhin waren sie einander zuvor noch nie begegnet. Oder? Kazel würde es wohl nicht wissen, selbst wenn dies der Fall gewesen wäre.
Da er bis vor kurzem ein Fieber bekämpft hatte, befühlte er vorsichtshalber seine Stirn, die sich dann aber glücklicherweise normal warm anfühlte.
„Mir geht es schon besser, danke. Ich ... jedenfalls gut genug, dass du wieder in deinem Bett schlafen kannst. Ich werde dann wohl gehen und ...“ Wieder hörte Elodi ihm geduldig zu. Allerdings schien sie Kazels Bestreben ihr Bett frei zu machen und sie nicht weiter zu stören, ein wenig amüsant zu finden – auch wenn sie versuchte dies nicht offen zu zeigen.
Draußen schien ein schöner Tag zu herrschen, denn die Sonne strahlte durch das geöffnete Fenster und wärmte ihre Haut, wo die Strahlen diese erreichten.
Kazel unterbrach sich allerdings selbst mitten im Satz. Er stutzte und schien dann zu registrieren, dass er gar nicht wusste, was er nun tun sollte.
„Ich weiß gar nicht, was ich jetzt tun soll“, gab er mit einem amüsierten Schnauben zu. Seine Reaktion ließ sie leise lachen und nickend meinte sie: „Das kann ich mir vorstellen! Aber dafür bin ich ja da! Deshalb mach dir erst einmal keine Sorgen. Fühl dich wie zu Hause!“ Auch Elodi schien die Situation fremd zu sein, aber sie gab sich sichtlich Mühe, damit er sich wohlfühlen konnte. Kazel müsste für sich herausfinden, wie er ihre Art empfand, doch vorerst plagte ihn ein ganz anderes Bedürfnis. Zwei Tage lang hatte er mit Fieber das Bett gehütet. Zwar schien er nicht zu stinken, doch würde ein Bad sicher sein Wohlbefinden fördern.
„Vielleicht wäre es gut, wenn ich mich irgendwo wasche. Hast du...?“ Kazels Augen weiteten sich plötzlich, als er auf einen Gedanken stieß. Zwei Tage Fieber – Bettruhe – hieß das etwa…? Ihm schoss die Röte ins Gesicht und er konnte sehen, dass auch Elodi seinen Mienenwandel registrierte. Überrascht und fragend sah sie ihn an und blinzelte kurz.
Kazel sah an sich hinab. Er würde feststellen, dass er seine Hose trug und ein etwas großes beiges Leinenhemd, das ihm fremd sein würde. Seine Schuhe würde er am Fuße des Bettes entdecken können, sollte er seinen Blick nach ihnen auf die Suche schicken.
„D-du ... hast du ... i-ich meine ... du hast nur mein Fieber behandelt, oder?“, fragte er und traute sich nicht weiter ins Detail zu gehen. Der Mischling fände es äußerst unangenehm, wenn sie einen gewissen Pflegegrad hätte überschreiten müssen. Wie war er überhaupt an das neue Hemd gekommen?
Die Rothaarige musterte ihn einen Moment und schien sich zu fragen, worauf er anspielte, bis sie die Erkenntnis traf. Ein verstehender Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht, dann winkte sie lächelnd ab.
„Ich bin eine Feldschwester, mach dir also darüber keine Gedanken!“, versuchte sie ihn zu beruhigen, was im Detail betrachtet seine Sorgenpunkte jedoch nicht zerstreute. Feldschwestern… kümmerten sich immerhin um alle Belange und die Pflege ihrer Patienten! Dennoch erfuhr er darüber schon einmal ein kleines Detail über sie.
In Kazels Augen sah sie vielleicht wie eine unberührte Blume aus, doch schien sie weniger Edelpflänzchen, als Wildblume zu sein, wie sich herausstellen würde.
„Entschuldige!“ wedelte er mit einer Hand in ihre Richtung, während er mit der anderen versuchte, sein knallrotes Gesicht zu verstecken. Ihre Züge hingegen wurden etwas weicher. Sie sagte es zwar nicht, allerdings könnte man ihrer Miene entnehmen, dass sie seine Reaktion niedlich fand.
„Ich muss mich erst einmal zurechtfinden."
Elodi schüttelte beschwichtigend mit dem Kopf. „Du musst dich nicht entschuldigen!", meinte sie ehrlich und ging dann an ihm vorbei zu einer der Türen, die sie öffnete. Kazel würde nun in einen Raum sehen können, in dem ein kleiner, wie auch großer Zuber stand. Der Kleine war ganz offensichtlich für die Wäsche gedacht, denn darin lehnte ein Waschbrett, oder auch Wäscheruffel genannt. Der große Zuber war dagegen für die körperliche Pflege geeignet und enthielt bereits klares Wasser, das allerdings nicht beheizt sein würde. In einer Schale daneben konnte man Seife und Schwamm finden.
An der einen Wand, neben einem weiteren geöffneten Fenster, vor dem die Gardinen im Wind spielten, hing an einer Leine Kazels gewaschenes Hemd, das er ursprünglich angehabt hatte. Daneben trockneten einige Tücher, in die man sich nach einem Bad einwickeln könnte.
„Du kannst dich hier in aller Ruhe waschen. Wenn du warmes Wasser möchtest, müsstest du allerdings ein wenig warten“, erklärte Elodi und trat ein wenig zur Seite, um ihm den Weg nicht zu versperren.
„Einer der Bewohner hier – Tarek, hat mir ein paar Wechselsachen für Männer gebracht. Diese kannst du gerne anziehen. Dein Hemd wird vermutlich noch nicht trocken sein!“ Sie ging zurück zum Bett und hob ein Bündel hoch, das sie ihm dann reichte. Einen Moment schien sie zu zögern, doch dann fand sie noch einmal ihre Sprache, bevor er die Türe hinter sich schließen konnte.
„Lass uns danach in Ruhe reden, in Ordnung? Ehrlich gesagt begegne auch ich zum ersten Mal jemanden wie, … nun ja, der so ähnlich ist, wie ich!“, gab sie leicht verlegen zu. Ihre Neugierde und auch Aufregung Kazel gegenüber hielt sie zwar möglichst kontrolliert zurück, doch konnte man in ihren blauen Augen doch eine Spur dessen erkennen.
„Als Schicksal und Tod dich herbrachten, war ich ziemlich überrascht. Ich musste mir eine Geschichte für die Dorfbewohner einfallen lassen, wie du hier plötzlich aufgetaucht bist. Das und alles Weitere würde ich gerne mit dir besprechen. Du wirst sicher wissen wollen, was die nächste Zeit auf dich zukommen soll!“
Die junge Frau formulierte es nicht so, als würde Kazel einem Zwang ausgesetzt sein. Sie schien ihm die Orientierung erleichtern zu wollen, wenngleich sich der Mischling sicher vorstellen könnte, dass die Situation auch für sie neu war.
Mit einem Lächeln würde sie ihm seine Privatsphäre gönnen und sich um solange mit ihren täglichen kleinen Aufgaben beschäftigen. Darunter würde sicher auch ein Frühstück für Kazel fallen.
Sollte sich Kazel waschen wollen, würde er alles Nötige für ein Bad vorfinden. Wenngleich es wohl wirklich kalt sein würde. Die Vorhänge vor dem Fenster würde man als Sichtschutz zuziehen können, ohne dass der Raum in völlige Dunkelheit getaucht werden würde.
Einen kleinen und nicht besonders hochwertigen Spiegel würde man an einer Seite der Wand befestigt finden. Sollte sich Kazel dort, oder seinen Oberkörper mit seinen Blicken betrachten, würde ihm auffallen, dass seine Feder-Tätowierung verschwunden war. Und mit dieser auch die damit verbundenen Fähigkeiten der Reise-Teleportation.
Bild

Antworten

Zurück zu „Die Grasland-Siedlung“