Villa Valerion

Hier reihen sich wahre Anwesen aneinander. Jedes Haus besitzt einen riesigen Garten und hohe Räume mit kristallinen Fenstern oder Marmorsäulen und Springbrunnen. Hier wohnt der Adel.
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Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Samstag 21. Oktober 2023, 18:07

Ysara kommt von Das Nest der Krähen

Die Villa Valerion (Inspiration ohne Blütenpracht) war im Gegensatz zu vielen anderen Häusern im Innenring nicht sehr pompös oder prahlerisch. Trotzdem strahlte sie durchaus Wohlstand aus, den sich Aradin Valerion über Jahrzehnte hart erarbeitet hatte. Die Villa war aus hellem Stein erbaut und wirkte durch hölzerne Balken am Dachvorsprung durchaus auch gemütlich auf ihren Betrachter. Die großen, bodentiefen Fenster wurden von hölzernen Rahmen eingefasst und erfüllten das Innere der Villa mit viel Tageslicht. Das Dach war mit dunklen Schindeln bedeckt und anders als viele andere Bauten im Innenring nicht groß oder prahlerisch verziert. Generell wirkte das Haus, das zwar durchaus groß und geräumig war, eher unaufdringlich, auch wenn es sich harmonisch in seine Umgebung aus wohlhabenden Familien einfügte. Auch wenn die Familie Valerian vereinzelte Kontakte zum Adel pflegte, war sie doch vergleichsweise bodenständig und das spiegelte sich eben auch in der - im Vergleich zu vielen anderen Bauten im Innenring - Zurückhaltung der Stadtvilla wider. In den Augen der Armen war natürlich auch diese Villa fernab jeder Vorstellungskraft und durchaus ein Symbol für den florierenden Handel der Kaufmannsfamilie. Der Vorgarten war vergleichsweise klein und die breiten Stufen, die zur doppelflügeligen und verzierten Eingangstür aus Holz hinauf führten, waren gesäumt von wenigen Büschen und Blumen. Hinter dem Haus erstreckte sich dafür ein großer, gepflegter Garten mit vielen Bäumen, allerlei Pflanzen und einem Teich.

Ysara kam gerade aus dem Nest der Krähen im Außenring zurück und verharrte in einigen Schritten Entfernung vor ihrem Elternhaus. Sie brauchte die Zeit, um sich mental auf ihren Rollenwechsel einzustellen. Es war komisch, denn auch wenn sie sich eher im Krähennest Zuhause fühlte, weckte auch der Anblick ihres eigentliches Zuhauses eine wohlige Gemütlichkeit und Aussicht auf Vorzüge, die sie genau genommen ungerne aufgeben wollen würde. Sie mochte das Haus gerne und war froh, dass ihr Vater dieses Haus lieber in Stand hielt, als sich ein protziges Anwesen zu kaufen, das er sich vermutlich sogar leisten konnte. Ysara freut sich auf ein Bad, bei dem sie sich schon einmal auf ihren morgigen Coup im Zelt des dunkelelfischen Generals vorbereiten konnte. Danach würde sie in ihrem weichem Bett ein Buch lesen, ehe sie ins Land der Träume driftete. So sah jedenfalls der restliche Abend für sie aus, wenn es nach dem Kopf der Blonden ging! Doch diese war schon lange eine Valerion und wusste daher, dass durchaus auch unangenehmere Dinge in dem Haus auf sie warten konnten. Als erstes klopfte sie sich den gröbsten Staub und Dreck von der Kleidung, damit ihre Mutter nicht sofort eines Herzinfarkt bekäme, falls sie ihr unbeabsichtigt über den Weg laufen würde. Dann versuchte sie mehr oder weniger erfolglos, ihre Haare mit den Händen grob durch zu kämmen und die inzwischen recht verzottelten Strähnen auseinander zu friemeln. Als sie an sich herunter schaute und still bemerkte, dass es nicht besser werden würde, ging sie schließlich flink die Treppen hinauf und klopfte verhalten an die Tür, damit nur der Diener hinter dieser auf sie aufmerksam würde. "Guten Abend", grüßte sie leise, aber freundlich die Person, die ihr öffnete und machte sich dann direkt daran, auf leisen Sohlen zu ihrem Zimmer zu schleichen, falls nicht jemand oder etwas sie davon abhalten würde.

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Sonntag 22. Oktober 2023, 23:04

Endlich ein Hoffnungsschimmer! Ysara hatte wirklich Glück mit ihrer Gruppe. Nicht umsonst waren sie seit fünf Jahren beisammen und hatten sich wie eine zweite Familie in ihr Leben gestohlen. Jeder durfte hier ein Veto einlegen, wenn ihm etwas nicht passte. Und dabei blieb es egal, ob man die Position des Anführers oder Mitgliedes bekleidete. Sie waren gleichberechtigt, zumindest so lange, bis eine Entscheidung getroffen werden musste. Dass sie nicht den Lockvogel spielen wollte und damit gar einen ganz anderen Stein ins Rollen bringen wollte, verstanden die Krähen anstandslos. Sie hatten ob ihrer Vorfreude einfach nur nicht weit genug gedacht. Aber das konnte Ysi ihnen gar nicht vorhalten. Wichtig war doch, dass sie gemeinsam die Dinge besprachen und gemeinsame Lösungen fanden! Und das hatten sie. Aufgrund dieser Basis, fiel Ysara der Weg zu ihrem Elternhaus auch nicht besonders schwer. Im Gegenteil. Eigentlich freut sie sich jedes Mal, wenn sie das hübsche Haus vor sich sah. Die Welt im Innenring war dann doch eine ganze andere. Steinerne Mauern gab es hier in verschiedensten Ausführungen. Hier wurden massive Villen und Anwesen gebaut, mit hübschen Gärten und wundervollen Parkanlagen. Es war wie das Aufatmen nach einem Regenschauer, wenn man vom Außen- in den Innenring kam. Sofort stellte sich ein Gefühl der Geborgenheit ein. Auch wenn Ysi im Armenviertel ein- und ausging, so musste sie stets wachsam bleiben und über ihre Schulter blicken. Neid gab es überall aber im Außenring waren die Leute zudem noch verzweifelt. Sie hatten niemanden, der sich wirklich um ihre Leiden kümmerte und jetzt, da die Dunklen sich einnisteten, wurde es gar nicht schlimmer. Dennoch. Es gab so einige Privilegien, die Ysara durchaus schätzte. Und der Anblick auf ihr Zuhause war eines davon. Die Villa der Valerian war im Gegensatz zum Anwesen Jafor deutlich kleiner. Auch besaß ihre Familie keine Parkanlage davor und drumherum. Es war ein kleines, aber schönes Gartenstück vorhanden, das gepflegt aber nicht überladen war. Bodenständigkeit war selten in diesen Kreisen und doch stand sie gerade ihren Eltern gut zugesicht. Ihr Vater hatte nie vergessen, woher er kam und seine Eltern hatten mit den Grundstein für das heutige Handelskontor geschaffen. Wenn sie ihm damals nicht finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt hätten, dann gäbe es dieses Anwesen gar nicht. Allerdings hatte das auch zur Folge, dass ihr Vater kaum Zeit für sie oder ihre Geschwister gehabt hatte. Stets kam das Geschäft an erster Stelle, danach die Familie. Ihre Mutter allerdings kannte ihre Wurzeln, aber hatte sich im Leben der ‚reichen‘ sehr gut etabliert.

Sie sorgte mit penibler Genauigkeit dafür, dass den Namen nichts beschmutzte und war die heimliche Chefin im Hause. Ohne sie, würde der Haushalt nicht funktionieren und gewiss auch das Kontor nicht mehr sein. Sie war die Frau im Hintergrund, die ihr Leben und ihre Stellung akzeptierte und voll ausfüllte. Was wiederum bedeutete, dass Reyenne Valerian alles mitbekam! Nun… fast alles. Ysara war sich sicher, dass sie einen Herzinfarkt erleiden würde, wenn sie wüsste, was ihre Jüngste da so trieb. Allerdings war gewiss, bei allen Pflichten und Tadel, dass ihre Eltern ihre Kinder liebten und nur das Beste für sie im Sinn hatten. Zumindest das Beste in den Augen ihrer Eltern. Ysara aber kehrte nach Hause zurück und klopfte an die schwere Eingangstür der Villa. Sie wusste, dass immer ein Diener hinter der Tür bereitstand und jedem die Tür öffnete, der Einlass verlangte. Allerdings war es auch immer einer, der wirklich schwer zu überwinden wäre, falls es ungebetene Gäste gab. So aber öffnete sich die Tür, kaum dass Ysi klopfte und hervor kam das bleiche Gesicht mit Hakennase. „Guten Morgen g’nädige Frau!“, begrüßte sie der weißhaarige Diener Belgin. Er war schon seit Ysara denken konnte bei ihnen und hatte seit sie sich erinnerte kaum bis gar nicht gelächelt. Er war stocksteif, im höchsten Maße korrekt und ein echter Emotionsklotz! Aber er war so pflichtbewusst, dass Ysi wusste, er würde Diskretion noch großschreiben, wenn er die Feder nicht mehr halten konnte! Kommentarlos wurde sie eingelassen und leise die Tür wieder verschlossen. Belgin nahm dann seine Position wieder ein, setzte sich auf einen samtenen Stuhl und schlug das Buch der Götter auf. Er war sehr religiös, doch wen er genau anbetete, hatte Ysara bisher nie erfahren. Ohne noch weiter auf die junge Valerian zu achten, las er in seinem Buch.
Hier in der Villa gab es jedenfalls keine Dienstbotengänge, wie im Anwesen von Cassian. Ihre Dienstboten hatten Tages und Nachtschichten und gingen am Ende ihrer Arbeit stets in ihre eigenen Behausungen. Die Meisten wohnten im ärmeren Teil des Innenringes, dicht beim Außenring oder gar im Außenring selbst. Ysara konnte ungehindert durch das Foyer gehen, um die Stufen der in roten Samt gehaltenen, hölzernen Treppe zu gelangen. Die aus dunklem Holz handgefertigte Treppe mit einem Intarsien Geländer, die den Werdegang des Kontor’s beschrieben, führte Ysara im leichten Bogen hinauf und in den ersten Stock.

Hier lagen die Wohnräume ihrer Familie. Das Schlafzimmer ihrer Eltern, ein Nebenzimmer für ihre Mutter, wenn sie alleine nächtigen wollte. Ein Zimmer für ihren Bruder Severin, wenn er samt Frau hier übernachten wollte und eines für ihre ältere Schwester Elysia. Auch sie kehrte ab und zu hier ein und beanspruchte dann weiterhin ihr altes Schlafzimmer. Natürlich hatte sie es aufwändig renovieren lassen, bevor sie auszog. Obwohl sie ihren eigenen Hausstand besaß. Cedric war der Einzige, der kein Zimmer mehr hatte. Er hatte Ysara seines überlassen, nachdem er auszog und übernachtete, wenn dann in Ysi’s altem Zimmer, das nun ein Gästezimmer darstellte. Leider war Cedric von allen aber auch der eigenständigste und kam nur selten wirklich länger zu Besuch. Alles lag ruhig und nur einige, gedimmte Nachtkerzen leuchteten an den Wänden. Oberhalb konnte man die Rußfärbungen sehen. Ysi folgte hier den Wegen blind in ihr eigenes Zimmer und wurde nicht behelligt. Sobald sie die Zimmertür hinter sich geschlossen und in ihrem eigenen Reich war, konnte sie aufatmen. Cedric’s ehemaliges Zimmer besaß den Zugang zu einem eigenen Bad, welches Ysara nicht besessen hatte. Man hatte nun nachträglich für Gäste eines einbauen lassen, doch damals war es ein echter Mehrgewinn gewesen und sie brauchte sich dieses Bad nicht mit Elysia zu teilen. Was um Längen besser war! Ysara wollte sich gerade um das kümmern, was ihr in den Sinn kam, als es verhalten klopfte. Sobald sie die Tür öffnete, konnte sie Kalina erkennen. Die schüchterne, braunhaarige Grandessanerin trug die Haare unter einer Nachthaube offen und blickte ein wenig verschlafen drein. Sie knickste. „Guten Abe.. Morgen Herrin Elinor. Braucht Ihr etwas? Herr Belgin ließ mich wissen, dass Ihr eingetroffen seid. Kann ich euch etwas bringen? Euch ein Bad einlassen?“, fragte die Dienerin und unterdrückte ein müdes Gähnen. Kalina war bereits seit rund zwei Jahren im Hause angestellt und vornehmlich für Ysara zuständig. Was immer ihr in den Sinn kam, Kalina würde losgehen und es ihr richten oder bringen. Danach konnte Ysara sich frisch machen oder schlafen, ganz egal. Sie würde nicht weiter gestört werden.
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Montag 23. Oktober 2023, 20:28

Ysara schaute in das Gesicht von Belgin, der ihr die Tür öffnete, und musste sich zusammenreißen, um ihren Widerwillen, den sie darüber verspürte, nicht zu zeigen. Sie konnte ihn nicht leiden. Er war so steif und korrekt und verkörperte damit zwei Dinge, die ihr grundsätzlich missfielen. „Guten Morgen g’nädige Frau!“ War es schon so früh? Oder wollte er einfach nur andeuten, dass sie lange unterwegs gewesen war? Ysara traute sich nicht, zu fragen. Sie hatte Respekt vor Belgin, der in einer eher unterschwelligen, aber dennoch vorhandenen leichten Angst vor ihm begründet lag. Er war so alt und seine Anstellung hier so gesichert, weil ihre Eltern ihn in seinem Alter niemals auf die Straße setzen würden, dass sie manchmal das Gefühl hatte, dass er sich das Recht herausnahm, sie unterschwellig zurecht zu weisen, ohne Sorge vor einer Konsequenz haben zu müssen. Immerhin gelang ihm durch sein Alter und seine Art etwas, das nicht viele in diesem Hause von sich sagen konnten: Die junge Elinor hatte Respekt vor ihm und wurde regelrecht schweigsam in seiner Gegenwart, weil er es oft mit seiner bloßen Anwesenheit schaffte, dass sie sich unwohl fühlte. Im Vorbeigehen glitt ihr Blick über sein Buch und innerlich verzog sie den Mund, als sie den Einband sah. Lektüre über die Götter und Gebete wären das Letzte, womit sie sich zu so später Stunde beschäftigen wollen würde. Das Augenrollen gestattete sie sich aber erst, als sie die Treppe hinaufging und den alten Diener in ihrem Rücken wusste. Zielsicher schlich sie bis zu ihrem Zimmer und schloss erleichtert die Tür hinter sich. Sie war froh, dass ihre Ankunft unbehelligt und von ihren Eltern unbemerkt verlaufen war.

Als sie sich in ihrem Zimmer herum drehte, fiel ihr Blick auf den großen Spiegel, der neben ihrem Kleiderschrank stand. Sie war erstaunt, wie dreckig sie wieder aussah. Es störte sie nicht, aber es machte ein Bad eigentlich notwendig. Sie wollte gerade zu dem angrenzenden Raum gehen, als es leise an der Tür klopfte. Überrascht blieb Ysara stehen und dachte einen Moment darüber nach, das Klopfen zu ignorieren. Aber vielleicht war es auch wichtig? Bitte lass es nur nicht Mutter sein, bat sie in Gedanken und öffnete ihre Zimmertür einen Spalt. So schaute nur ihr Gesicht mit einer Unschuldsmiene zwischen Tür und Türrahmen hinaus in den Flur. Die dreckige Kleidung blieb verborgen.
"Kalina? Ist alles in Ordnung?", fragte sie überrascht, als sie ihre Dienerin erblickte, und sah an ihr vorbei in den Flur, ob dort etwas Ungewöhnliches zu sehen war, das ihr Auftauchen erklärte. „Guten Abe.. Morgen Herrin Elinor. Braucht Ihr etwas? Herr Belgin ließ mich wissen, dass Ihr eingetroffen seid.“ Die Überraschung in dem grünen Blick legte sich und Kalina traf stellvertretend ein nüchterner Blick. "Natürlich hat er das", murmelte sie und das nicht gerade erfreut. „Kann ich euch etwas bringen? Euch ein Bad einlassen?“
Es musste mitten in der Nacht sein, wenn schon Kalina sie mit einem Guten Morgen grüßte. Sie sah verschlafen aus, auch wenn sie tapfer versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Natürlich hatte Belgin sie geweckt. Wahrscheinlich hatte er auch noch Spaß dabei, dass er nicht der Einzige sein musste, der so spät im Haus abgestellt wurde. Ysara überlegte. Wenn tatsächlich schon bald der Morgen anbrach, sollte sie die Zeit wohl lieber nutzen, um zu schlafen. Baden konnte sie immer noch am Morgen - auch wenn es sich nicht schickte, so ins Bett zu gehen, wie sie nun mal aussah. Aber die Chance zu schlafen, verrann förmlich. Vermutlich waren es nur noch wenige Stunden bis zum Morgengrauen.
"Es tut mir leid, dass er dich geweckt hat. Geh' ins Bett, Kalina. Ich brauche nichts. Wirklich", versicherte sie ihr mit einem Lächeln. "Könntest du mir bitte gleich morgen früh ein Bad einlassen und mich dann wecken? Aber nicht zu früh, in Ordnung?", bat sie sie dann doch noch. Sie war schließlich jung und brauchte Schlaf. Während ihre Eltern schon schliefen, während sie noch um die Häuser zog, schlief sie unheimlich gerne aus! Sofern man ihr diesen Luxus zukommen ließ. In der Regel begann das Tagwerk nämlich bedeutend eher, als es Ysara lieb war.

Als alles geklärt war, schloss sie die Tür und seufzte kurz. Der Abend war aufregend gewesen und bedeutend länger, als sie geplant hatte und als es sich angefühlt hatte. So schlüpfte Ysara nur noch aus ihrer Kleidung und zog ein leichtes Nachthemd über den Kopf. Zumindest bürstete sie noch ihre blonde Mähne aus, ehe sie die Vorhänge zuzog und sich in ihr weiches Bett legte. Sie starrte zur Decke hinauf und konnte nicht anders, als erneut an Cassian und diese Dunkelelfe zu denken, die er heiraten sollte. Sie konnte es noch immer nicht ganz fassen, was sie heute erfahren hatte.
Keine Sorge Cassian, wenn wir den wertvollen Schatz dieser dunkelelfischen Familie gestohlen haben, wird es für deine Familie gar keinen Vorteil mehr haben, wenn du Ta'nurie heiratest, grübelte sie und malte sich schon aus, wie diese Verlobung unter dem Deckmantel des Schweigens gelöst wurde. Cassian würde vielleicht erkennen, welche Chancen sich daraus boten und vielleicht würde er, so wie Sadia gesagt hatte, endlich das tun, was er wirklich wollte. Über diese Gedanken schlief Ysara schließlich mit einem zufriedenen Lächeln ein und fiel in einen Schlaf, den sie nach diesem langen Tag bitter nötig hatte.

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Dienstag 24. Oktober 2023, 21:04

Ysara war am Vorabend reichlich spät erst losgekommen. Zudem dauerten die Wege inzwischen ein wenig länger, wenn sie nicht unnötige Aufmerksamkeit erregen wollte. Dann hatte sie erfahren, dass Cassian länger nicht anwesend gewesen war und musste dort erst nach dem Rechten sehen. Ta’nurie und er waren bereits im Nachtgewand. Aber über all die neuen Informationen, hatte Ysara vollkommen das Zeitgefühl verloren. So war es nicht weiter verwunderlich, dass sie stutzte, als der Diener sie mit einem ‚Guten Morgen‘ begrüßte. Ob er sie gleichwohl tadelte, überließ er wie immer ihrer Fantasie. Belgin war schon immer dagewesen. Seit Ysara denken konnte, gab es diesen alten, steifen und etwas schrulligen Diener in ihrem Haus, der das ganze ein wenig ungemütlich machte. Belgin hatte niemals auch nur eine unheimliche Sache getan, doch er war ihr einfach nicht sympathisch. Er war mit Leib und Seele Diener und füllte jene Aufgabe bis an die Grenzen des erträglichen aus. Er hatte seine Augen und Ohren überall und war vollkommen ihren Eltern verpflichtet. Ysara hatte es nie testen müssen, aber Belgin war niemand, den man ins Boot holte, wenn man geheime Dinge tun wollte oder auf ein Alibi hoffte. Er würde nicht lügen und sollte ihre Mutter auf die Idee kommen den Alten zu fragen, dann wusste Ysi, dass er erzählen würde, wann sie nun zu Hause gewesen war. So war die Erleichterung darüber, dass sie unbehelligt die Treppen und es in ihr Zimmer geschafft hatte nur kurz. Allerdings stellte sich bei der Blonden sofort ein wohliges Gefühl ein, als sie ihr Zimmer betrat. Hier brannte immer ein wenig das Feuer im großen Kamin, der sich rechts vom Eingang befand. Steinern und ausladen, beheizte er ihr Zimmer zuverlässig. Darauf hatte Ysara einige hübsche Erinnerungsstücke und schmuckvolle Dekoration gestellt. Nachdem sie dieses Zimmer von Cedric erhalten hatte, hatte sie es ganz nach ihrem Geschmack umgestaltet. Ihr Vater hatte ihr sogar erlaubt, einen Maler kommen zu lassen, der das Zimmer mit wundervollen Tapeten ausstaffierte, die sich alsbald mit ihren Möbeln und den Teppichen am Boden ergänzten. Ysara besaß Geschmack. Es war ein wenig verspielt, aber dennoch geradlinig, was man dem Wirbelwind gar nicht recht zutrauen wollte. Links von der Eingangstür, befand sich gleich eine Nische mit rundem Bogen, in der ein großes Himmelbett stand. Es füllte die Nische beinahe komplett aus und lud ein für gemütliche Stunden, träumerisch und abgeschieden. Ysara liebte ihr Zimmer. Es war ihr Rückzugsort, an dem sie nachdenken und ihre Gedanken sortieren konnte. Ein Badezimmer schloss sich ebenfalls linker Hand an und war ganz nach ihrem Sinne eingerichtet. Eine freistehende Badewanne, die durch einen Mechanismus betrieben wurde, sodass die Dienerschaft nicht jedes Mal eimerweise Wasser schleppen mussten, hatte ihr Vater aus Andunie mitgebracht, als er von seinen Reisen mal zurückkehrte.

Die Städter am Wasser wussten sehr genau, wie man dieses Element nutzbar machte und so schöpfte der Mechanismus aus dem Grundwasser unterhalb des Hauses, ebenso wie die Brunnen es taten. Beheizt wurde das ganze dann mit einer Vorrichtung unterhalb der Wanne, an der dann die Wärme des Feuers sanft an die Wanne abgegeben wurde, ohne das Material unnötig zu erhitzen. Es sollte ja kein Kochtopf werden! Ysara freute sich gedanklich bereits auf jenes Bad, da klopfte es. Kurz saß der Schreck, das Belgin jetzt auch noch ihre Mutter geweckt haben könnte, aber das würde er nicht wagen, wenn nicht das halbe Haus in Flammen stehen würde. Nein, es war Kalina, das Hausmädchen, das sich vornehmlich um Ysara’s Belange kümmerte. Ysi sah sofort, dass sie furchtbar müde war. Es war ihr unangenehm, dass sie ihretwegen doch noch geweckt wurde und schickte sie wieder ins Bett. Die Anweisung nahm Kalina mit einem Lächeln und neigen des Kopfes entgegen. „Sehr wohl, Herrin.“, ließ sie höflich vernehmen und zog sich daraufhin zurück. Endlich war Ysara allein. Allein mit sich und ihren Gedanken… Sie sprach in ihnen zu ihrem Freund und schwor ihm, dass sie einen Weg finden würde, ihm zu helfen. Ob dieser Schatz das wirklich konnte? Ob er die Lösung sein würde, dass Cassian nicht heiraten musste? Ysara schlief darüber nachdenkend ein und verfiel in einen immer mal wieder unruhigen Schlaf. Viel zu aufwühlend war das alles gewesen, als dass sie nun von Manthala gesegnet wurde, um unbehelligt zu schlafen. Ob sich Bilder formten oder nicht, Ysara wurde am nächsten Morgen mit einem sanften Klopfen geweckt. Kalina öffnete die Tür, schob einen kleinen Wagen herein und schloss die Zimmertür dann von innen. Sie knickste vor dem Bett, ob Ysara es sehen würde oder nicht und meinte dann zurückhaltend: „Guten Morgen, Herrin Elinor. Ich bringe euch das Frühstück gleich mit, damit ihr die Zeit nutzen könnt, um euch fertigzumachen.“, meinte sie und achtete dabei auf einen angenehmen Tonfall. Sie kannte Ysi nun bereits länger und wusste, dass sie am Morgen eher ausschlief und dann gewiss einen Moment brauchte, bevor sie überhaupt recht ansprechbar wäre. Während Ysara aus dem Schlaf zurückkehren durfte, öffnete die Dienerin die langen, schweren Vorhänge vor den bodentiefen Fenstern. Sie verknotete jeden akkurat mit einer Kordel und klopfte leicht gegen den Stoff. Dann öffnete sie eines der Fenster, um die gute Luft hereinzulassen. Es war kühl und gewiss würde es heute wieder ein frischer Tag werden, doch dafür wirkte der Himmel mit vereinzelten Wolken freundlich. Ysara hörte einige Vögel kreischen und auf der Straße vor dem Haus hier und dort eine Pferdekutsche fahren. Kalina aber flog weiter und öffnete auch die anderen Vorhänge, bis sie alle fein säuberlich zurückgebunden waren und den Blick auf den Tag freigaben. Die Dienerin öffnete daraufhin das Bad, um hier alles Nötige zu veranlassen. Die Wärme von unten kam bereits, denn durch ausgeklügelte Schachtsysteme, nutzten die Herrschaften das Feuer aus der Küche im Untergeschoss, um ihre Wannen zu beheizen. So sparte man Feuerholz und nutzte es auf mehrere Weise. Zumal das Kaminfeuer in der Küche ohnehin immer an war.

Während Kalina im Bad wirkte, konnte Ysara auf dem kleinen Servierwagen erkennen, dass das Mädchen ihr alles, was das Herz begehrte mitgebracht hatte. Sie fand Brötchen, Butter, Marmelade, Honig und Aufschnitt dort. Jener musste frisch vom Schlachter stammen, denn Ysi wusste, dass sie gestern solchen Schinken nicht gehabt hatte. Dann gab es Milch, Saft und einige Trauben, die das ganze Frühstück versüßten. Ein Ei stand bereit, damit sie es essen konnte, sofern sie mochte. Dazu gab es ihre Korrespondenz. Ysara erkannte drei Briefe mit handgeschriebenem Adressaten. Die Tinte war fein, nicht verlaufen und zeugte davon, dass jene Briefe aus gutem Hause stammten. Ein Brief kam von der Familie van Gibbert. Ysara kannte sie flüchtig, wusste, dass sie eine Tochter in ihrem Alter hatten und einen Sohn, der ungefähr in Cedric’s Alter war. Man lud Ysara ein, am nächsten Geburtstag des Alten van Gibbert – Leon van Gibbert – beizuwohnen. Es war nicht ungewöhnlich, dass man jedes Mitglied des Hauses, sofern volljährig, auch persönlich einlud. Der zweite Brief war von einem Händler, der kundtat, dass er nun die Reparaturen seines Geschäfts vollendet hatte und eine kleine Feier ausrichtete. Sie war auch hier herzlich eingeladen. Der dritte Brief allerdings war weitaus interessanter. Schon das Papier weckte Erinnerungen und so war es für Ysi nicht schwer zu erraten, woher jener Brief stammte:

Die Familie Jafor
darf feierlichst verkünden, dass sich
Ta’nurie Illune Vashnar und Cassian Andeus Jafor
verlobt haben.
Wir laden zu dieser großen Freude zum Fest ein!
Schriftrolle Fuss
Es war wohl ein bedeutend kalter Morgen. Vielleicht sollte Kalina das Fenster doch schließen. Jene aber rief soeben aus dem Badezimmer, dass Ysara nun baden dürfte. Das Mädchen kam mit gefalteten Händen heraus und senkte das Haupt samt Haube. „Die gnädigen Herrschaften speisen noch im Esszimmer. Sie erwarten Euch dann, sobald ihr fertig seid zu Tisch, um die Korrespondenz zu besprechen.“, ließ sie Ysara wissen und trat dann in Richtung Zimmertür. „Benötigt ihr noch etwas, Herrin Elinor?“, wollte das Mädchen wissen und würde alles tun, was Ysara in den Sinn kam. Bevor Kalina allerdings dann Ysi sich selbst überließ, wandte sie sich noch mal mit einem Blitzen in den braunen Augen um und murmelte ein: „Der junge Herr Jafor ist ebenfalls anwesend.“, und machte sich dann aus dem Staub. Kalina wusste nichts über die ende Bindung von Ysara und Cassian, aber sie war sehr wohl verzückt, wenn er die Nase in dieses Haus steckte. So, wie alle anderen weiblichen Dienerschaften. Das war nichts neues. Dass er allerdings unten bei ihren Eltern saß… das war überraschend.
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Dienstag 24. Oktober 2023, 22:50

Ysara schlief schnell ein. Der Tag war bedeutend länger gewesen, als sie am Morgen noch angenommen hatte. All die Gespräche und Entscheidungen hatten sie nicht nur Nerven, sondern auch Kraft gekostet. Sie schlief unruhig und wachte mehrmals auf. Dann wollten sich ihre Gedanken schon wieder darum drehen, wie sie diese unliebsame Verlobung auflösen konnten. Doch dann war wiederum die Müdigkeit größer und Ysara fiel zurück in den Schlaf, von dem sie diese Nacht wohl nicht so viel bekam, wie sie gebrauchen konnte. Kalina klopfte am Morgen jedenfalls viel zu früh an die Tür, wenn es nach Ysara ging. „Guten Morgen, Herrin Elinor. Ich bringe euch das Frühstück gleich mit, damit ihr die Zeit nutzen könnt, um euch fertigzumachen.“ Ganz so tief und fest schlief sie dann wohl doch nicht, denn die Worte des Dienstmädchens drangen bis zu ihrem Bewusstsein hervor und ließen die Blonde sich noch einmal umdrehen und das Gesicht unter der Decke verstecken, als würde sie schon ahnen, was kommen würde. Sie grummelte leise und kniff die Augen zusammen, weil die Decke, unter der ihr Kopf steckte, sie nicht gänzlich von der Helligkeit abzuschirmen vermochte, die in ihr Zimmer fiel, als Kalina einen Vorhang nach dem nächsten zur Seite schob. Ysara hörte die Vögel schreien und das geschäftige Treiben auf den Straßen. Der Morgen war unweigerlich herangebrochen und sie sah ein, dass sie ihm nicht weiter entkommen konnte. Seufzend schlug sie die Decke zur Seite und hielt Ausschau nach Kalina. Sie entdeckte jedoch nur den Servierwagen, während sie das Mädchen im Bad hantieren hörte. Der Anblick des reichhaltigen Frühstücks konnte dem Morgen dann doch etwas Gutes abgewinnen. Ysara schwang die Beine aus dem Bett und schlurfte zu dem kleinen runden Tisch, an dem drei bequeme Stühle standen. Sie zog den Servierwagen mit sich und erhaschte dabei einen Blick auf die Korrespondenz. Doch bevor sie sich dieser widmete, setzte sie sich an den Tisch, schnitt sich ein Brötchen auf und schmierte ordentlich Marmelade darauf, während sie, ungeachtet der klebrigen Finger, die sie hatte, nach dem ersten Brief griff. Sie fragte sich, was die Familie van Gibbert von ihr wollte und stillte ihre Neugierde, die sich allerdings sehr schnell in Enttäuschung umwandelte. Es ging um den Geburtstag des alten van Gibbert. Das waren die Feste, die Ysara feiern wollte - nicht! Sie rollte mit den Augen, schob sich den Rest des Brötchens in den Mund und griff gleichzeitig nach dem nächsten Schreiben, dessen Anlass sie fast noch weniger interessierte. Ysara trank etwas von dem Saft, schob sich eine Scheibe Schinken in den Mund und wollte gerade nach dem Ei greifen, als ihr Blick auf den dritten Brief fiel.

Ein Brief der Familie Jafor. Sie brauchte gar nicht erst den Absender des Schreibens lesen. Unweigerlich beschleunigte sich Ysaras Herzschlag, als sie das Briefpapier erkannte. Ysara wollte sich schon aus Gewohnheit die Finger am Nachthemd abschmieren, besann sich dann aber gerade noch rechtzeitig und fingerte nach einer Serviette, an der sie ihre Hände grob säuberte, bevor sie nervös den Brief öffnete und ihn las. Dabei zog sich ihr Herz gleichzeitig zusammen und schlug ungefähr doppelt so schnell wie sonst in der Brust. "Schöne schei.. schöne Nachrichten", korrigierte sie sich noch schnell, als ihr einfiel, dass sie nicht alleine in ihrem Gemach war. Gepaart mit dem ironischen Unterton war wohl zu erraten, was sie eigentlich hatte sagen wollte. "Das hätten sie nicht einen Tag vorher losschicken können?", murmelte sie zu sich selbst und schnaubte. Wieviel Zeit sie gespart hätte! Und wie wenige Freunde sie dann verprellt hätte, wenn sie nur die Chance gehabt hätte, das in Ruhe zu verarbeiten. Dann hätte sie nämlich keinen Freund und schon gar nicht ihren besten Freund vor den Kopf gestoßen. Ysara las die Einladung erneut und konnte sich überhaupt nicht darüber freuen. Ihr passte diese Verlobung überhaupt nicht! Und jetzt sollte sie auch noch auf der Verlobungsfeier aufkreuzen und gemeinsam mit Cassian gute Miene zum bösen Spiel machen? Ysara schnaubte. Sie wollte den Zettel gerade verärgert zusammen knüllen, als sie Kalinas Stimme in ihrem Rücken hörte und in der Bewegung inne hielt. „Die gnädigen Herrschaften speisen noch im Esszimmer. Sie erwarten Euch dann, sobald ihr fertig seid zu Tisch, um die Korrespondenz zu besprechen.“
"Guten Morgen, Kalina", wünschte sie ihr zunächst einmal mit einem freundlichen Blick und nickte dann verstehend. Dann starrte Ysara auf den Brief in ihrer Hand. „Benötigt ihr noch etwas, Herrin Elinor?“
"Nein, danke. Dabei kannst du leider nicht helfen." Sie warf Kalina einen Blick zum Abschied zu und wünschte, es wäre anders! Sie wünschte sich, die Lösung des Problems wäre so einfach, dass das Dienstmädchen ihr helfen konnte. Doch das war weitaus komplizierter. Verstimmt griff Ysara nach den Trauben und stopfte sich gleich mehrere davon in den Mund, bevor sie das Glas mit dem Saft an die Lippen setzte, um zu trinken, als sie das Zögern von Kalina bemerkte und über den Rand des Glases noch einmal zu ihr sah. „Der junge Herr Jafor ist ebenfalls anwesend.“ Ysara verschluckte sich fast an dem Saft. Sie konnte es gerade noch verhindern und rechtzeitig das Getränk hinunter schlucken, um die Flüssigkeit nicht hustend über den Tisch zu verteilen. Was soll das denn?!, dachte sie und war selbst überrascht darüber, dass sie sich gar nicht darüber freuen konnte, wie es sonst der Fall war, wenn ein Treffen mit Cassian bevorstand. Ob er alleine hier ist? Vermutlich nicht, überlegte sie weiter. Kalina hatte nur ihn erwähnt, aber das konnte auch daher rühren, dass sie nur Augen für ihn hatte. Die Augen, die verräterisch gefunkelt hatten, als sie dieses Detail erwähnt hatte. Doch Ysara konnte sich nicht vorstellen, dass er alleine so offiziell hier auftauchte. Nicht im direkten Anschluss an den Brief, den sie gerade gelesen hatte. Nicht nach ihrem Gespräch in der letzten Nacht, dessen Ausgang ihnen beiden missfiel.

Ysara merkte, dass sie nervös wurde. Was suchte er hier? Was erwartete sie unten? Was erwartete Cassian von ihr? Dass sie Kalina nicht mehr fragen und so nicht in Erfahrung bringen konnte, was und wer sie noch erwartete, machte sie unruhig. Sie legte den Brief seiner Eltern unbeschadet zurück zu den anderen und erhob sich. Der Hunger war ihr vergangen. Dafür stieg eine ungewohnte Aufregung in ihr auf. Sie beeilte sich nun mehr, als es an einem normalen Morgen der Fall gewesen wäre. Sonst zögerte sie das morgendliche Gespräch mit ihren Eltern gerne so lange hinaus, wie sie konnte und trödelte gerne mal. Doch jetzt war sie neugierig und konnte nicht abwarten, zu erfahren, wieso Cassian Andeus Jafor an ihrem Frühstückstisch mit ihren Eltern saß!
Die blonde Grandessanerin entkleidete sich flink in ihrem Bad und wusch sich ungewohnt eilig, aber dennoch gründlich in der Badewanne. Das Wasser war warm und der Duft von Lavendel und Kräuter drang ihr direkt in die Nase. Kalina hatte das Badewasser mit ätherischen Ölen versetzt, die nicht nur gut dufteten, sondern auch ihre Haut geschmeidig machten. Ysara tauchte mit dem kompletten Kopf unter und wusch ihren Körper und die Haare gründlich mit Seife. Nach dem Bad wickelte sie sich eines der fluffigen Handtücher um den schlanken Körper, das andere wickelte sie kopfüber um ihr nasses Haar. Barfuß und nasse Fußabdrücke hinterlassend, ging sie zu ihrem Kleiderschrank und beäugte kritisch die darin befindlichen Kleider. Normalerweise würde sie jetzt zu einem schlichten und bequemen Kleid greifen. Eines, mit dem sie den Rest des Tages auf ihrem Bett liegen und die Nase in Bücher stecken konnte. Doch wenn Gäste schon zu ihrem Frühstück erschienen, musste der Anlass bedeutend ernster sein. Und für den Fall, dass Cassian mit seinen Eltern hier war, wollte sie zumindest ihn nicht in Verlegenheit bringen, wenn sie in Kleidern auftauchte, denen man deutlich ansah, dass sie diese schon unzählige Male getragen hatte und die kaum dazu taugten, Gäste zu empfangen. Nein, jetzt musste sie einen besseren Eindruck hinterlassen. Das war selbst der rebellischen Ysara klar.

Sie rubbelte ihre Haare so gut es ging mit dem Handtuch trocken, bürstete die dicken Strähnen durch und band sie zu einem lockeren Zopf im Nacken zusammen, in dem sie weiter trocknen konnten. Dann griff sie zu einem dunkelgrünen Kleid, von dem sie wusste, dass es ihren Augen und ihrer schlanken Figur schmeichelte. Zumindest sagte Kalina das immer. Auch wenn das Kleid, an dem Reichtum ihrer Familie gemessen, nichts besonderes war, fiel es an Ysara dennoch auf, einfach, weil sie sonst weitaus unscheinbarere und bequemere Kleidung trug. Der hochwertige, dicke Stoff fiel weich bis zu ihren Knöcheln hinab und endete oberhalb ihrer einfachen Schuhe. Ein Ausschnitt war nur angedeutet und vielmehr wurde ihre schmale Taille durch einen breiten, braunen Gürtel betont, der dafür sorgte, dass das Kleid einige Falten schlug, was durchaus beabsichtigt war. Die Ärmel endeten in Höhe ihrer Ellenbogen und lediglich ein Armreifen zierte ihr Handgelenk. Ansonsten trug sie weder Schmuck, noch hatte sie sich geschminkt. Ysara wirkte natürlich wie immer, nur diesmal eine Spur.. ernsthafter. Aufgeregt nickte sie ihrem Spiegelbild Mut machend zu, ehe sie ihr Zimmer verließ und zielstrebig den Flur entlang bis zum Esszimmer ging. Bevor sie in Sichtweite der dort Anwesenden trat, holte sie noch einmal tief Luft, nahm eine gerade Haltung ein und betrat, auf alles gefasst, aber mit einer erprobten Leichtigkeit, den Raum.

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 25. Oktober 2023, 11:31

Das Frühstück hätte ein echtes Highlight werden können, wenn dazu nicht kalter Fisch in Form von Briefen serviert worden wäre. Die ersten beiden Briefe waren langweilig und kaum der Rede wert. Sie würde ohnehin nicht zu den Festen gehen, wenn ihre Eltern sie nicht dazu zwängen. Der dritte aber hatte es in sich und Ysara hätte sich beinahe verschluckt. Ein größeres Unheil verhindern, schaffte sie es gerade noch so, ihren Mund geordnet zu leeren, bevor sie die ‚freudige‘ Botschaft noch mal las. Zum Freuen war, das nicht und insgeheim blieb doch die Frage, ob Cassian’s Eltern sich tatsächlich darüber freuen konnten? Allerdings gehörten sie allesamt den Adel an und somit waren sie in dieses Geflecht aus ‚mehr Schein als Sein‘ hineingeboren und füllten jenes perfekt aus. Was wirklich hinter den Türen der Familie vor sich ging, das konnte zumindest der Rest der Rangliste nicht ahnen. Ysara wusste, dass Cassian seiner Familie treu war aber zumindest vor ihr, hatte er sich ab und an auch darüber ausgelassen, dass er manchmal selbst nicht mehr wusste, was Schein oder Sein wäre. Seine Eltern dachten als erstes an die Familie und deren Fortbestehen. Es war ein Grundbedürfnis des Adels, weshalb man es ihnen nicht mal vorwerfen kann. Der Adel besteht nur, weil er nicht ausstirbt. Somit ist es nur normal, dass man den einzigen Sohn verlobt und am besten in eine wirklich gute Partie. Die Tochter eines Generals zu ehelichen, die dann noch ein Bündnis nach Morgeria darstellt, war eine gute Partie. Selbst einem Freigeist wie Ysara leuchtete das ein. Was nicht bedeutete, dass es ihr auch schmeckte. Sie war dahingehend einfach etwas verwöhnt. Cassian hatte ihr mal gesagt, dass er sie um ihre Freiheit beneidete. Ihm stand das einfach nicht zu. Man hatte ihn gezeugt, um die Familie zu erhalten. Man hatte ihn unterrichtet, um der Familie einen fähigen Stammhalter zuzuführen. Man hatte ihn ausgebildet, um einen würdigen Nachfolger zu haben.
Cassian war eine Marionette im strampelnden Versuch, die Familie Jafor am Leben zu erhalten. Weitere Kinder würde es dann von seinen Eltern nicht zwangsweise geben, denn seine Mutter, Elina Jafor, hatte die letzten Schwangerschaften verloren. Ob es einen neuen Versuch geben würde? Nun, es wurde getratscht, sie wäre zu alt, aber vielleicht war sie es auch leid, diese Schmerzen zu ertragen. Nichtsdestotrotz, hatte Ysara diesen Morgen anders erwartet. Und es kam noch anders: Kalina offenbarte, dass Cassian im Esszimmer säße und mit ihren Eltern sprach. Worum es dabei wohl ging? Und waren seine Eltern auch dabei? Nun kam Bewegung in die Blonde, denn sie wollte ihre Neugierde stillen und gleichzeitig die Aufregung herunterfahren. Zügig beeilte sie sich, damit sie vorzeigbar wäre und wählte am Ende tatsächlich ein schlichtes, aber aus teurem Stoff bestehendes Kleid in dunkelgrüner, weicher Optik. Es fiel ihr locker um den Körper und schmeichelte ihr in einer Weise, die sie sonst nicht zwangsläufig beabsichtigte. Jetzt aber wollte sie tatsächlich mal einen guten Eindruck machen. Nachdem sie ihre Haare gebürstet und geknotet hatte, konnte sie mit dem Ergebnis mehr als zufrieden sein.

Ysara brauchte wenig, um zu glänzen. Ihre lockere, freundliche Art und das stets abenteuerlustige Blitzen in den grünen Augen, verhalfen ihr zu einer schönen Ausstrahlung, die viele Mädchen durch Prunk und Schminke erreichen wollten. Sie aber bestach durch ihre Natürlichkeit und war damit vielen einen großen Schritt voraus. Der Weg aus ihrem Zimmer und zum Speisezimmer, war nicht sehr weit. Allerdings begegnete sie dieses Mal schon dem einen oder anderen Bediensteten. Am Tage waren sie zahlreicher zugegegen, das kannte Ysara schon. Allerdings wirkte es so, als wäre heute deutlich mehr los. Ysara erkannte, dass viele der Zofen in den Zimmern von ihrer Mutter und ihrer Schwester ein und ausgingen und gleichzeitig der Kammerdiener ihres Vaters in dessen Zimmer, einen schönen Anorak bürstete. Offenbar bereitete man sich darauf vor, dass die Herrschaften ausgingen. Hatte sie eine Feierlichkeit verpasst? War nicht unüblich, dass sie eine der unzähligen Einladungen verpasste. Ysara aber erreichte das Speisezimmer ohne Umwege und atmete vorher noch mal durch. Nun würde es sich zeigen müssen, was sie von dem Besuch erwarten sollte. Bevor Ysara die Tür aufmachen konnte, wurde sie plötzlich von drinnen aufgerissen und Darron, einer der neueren Diener stand mit weit aufgerissenen Augen vor ihr. Er schwankte vor Schreck, balancierte ein Silbertablett auf einer Hand, auf der abgeräumtes Geschirr stand. Es klapperte verdächtig und Darron keuchte auf. „Herrin Elin…“, stieß er abgehackt aus, musste die zweite Hand zur Hilfe nehmen und das Tablett packen, damit nicht alles zu Boden segelte. Das bedeutete aber, dass die Tür zum Speisezimmer wieder zufiel und Ysara vor die Nase. Sie hörte Stimmengemurmel im Speisezimmer und dann sah sie einen betretenen Darron die Tür erneut öffnen. „Verzeihung Herrin Elinor, ich… bin untröstlich“, knirschte er unzufrieden mit sich und neigte den Kopf. Darron lernte noch und das unter den äußerst peniblen, strengen Augen von Belgin. Jener trat nun auch auf den Plan und sah kein Bisschen so aus, als hätte er Schlaf nötig gehabt! Der Mann musste ein Untoter sein. Belgin übernahm die Tür, damit Darron Ysara Platz machen und danach das Zimmer verlassen konnte. Auch Belgin neigte das Haupt förmlich. „Willlkommen.“, meinte er höflich und schloss die Tür hinter Darron, der mit klapperndem Geschirr abdampfte. Endlich konnte Ysara die Lage im Zimmer erkunden. An einer langen, hölzernen Tafel, die die Länge des Raumes einnahm und ausreichend Platz für Gäste und sämtliche Familienmitglieder bot, saßen tatsächlich neun Leute. Gegenüber vom Eingang befand sich eine lange Fensterfront, die allesamt das Tageslicht hineinwarfen, aber auch bei Bedarf mit Vorhängen verdunkelt werden konnten. Ansonsten stand ein gewaltiges Blumenbouquet in der Mitte des Tisches mit zahlreichen zarten Blüten. Auch sonst war der Raum nur dezent gehalten, da der Tisch bereits viel Raum fürs Auge einnahm.
Als Ysara den Raum betrat, war es Cassian, der sie sofort erfasste. Seine blauen Augen suchten ihre, bevor er seinen Blick seelenruhig über ihre Erscheinung wandern ließ. Dann sprang sein Blick wieder in ihre Augen zurück und sie konnte durchaus erkennen, dass ihm gefiel, was er sehen durfte. Und blitzte da sein Mundwinkel nach oben? Doch er hatte sich sehr schnell wieder im Griff, als auch die anderen ihr Eintreten wahrnahmen. „Elinor!“, hörte sie ihren Bruder Severin sagen und er tupfte sich mit einer Serviette den Mundwinkel ab. „Ausgeschlafen?“, stichelte er und deutete auf Cassian. „Wir haben einen Gast. Schön, dass du ihm die Ehre erweist.“, meinte er hochnäsig und seine Frau räusperte sich vernehmlich. Die beiden saßen zur Rechten ihres Vaters, der links am Kopf des Tisches saß. Seine Ehefrau, Ysis Mutter, saß zu seiner Linken, neben ihr konnte sie ihren Bruder Cedric mit seiner Frau Lizelle sehen. Er grinste offen und winkte ihr unförmlich zu. Auch Lizelle lächelte freundlich. Cedric hatte immerhin eine Frau gefunden, die er auch wirklich mochte. Und sie war bodenständig und unkompliziert. Eigentlich eine gute Freundin, auch wenn sie ein paar Jahre älter war als Ysara.
Daneben saßen dann aber Elysia mit ihrem Mann Gunter. Gunter war ein etwas dicklicher, rotköpfiger Kerl mit einem mächtig dicken Portemonnaie und weniger Haaren als ein Nacktmull. Er war meist still und wenn er doch etwas sagte, war es irgendwie unangenehm und laut. Elysia aber gab stets die große Liebe vor, denn durch die Vermählung mit Gunter, schwamm sie regelrecht in noch mehr Geld. Ihre Schwester war wie immer furchtbar ausstaffiert und hatte sich gewiss mehrere Stunden Zeit genommen, sich fertigmachen zu lassen. Sie war hübsch, das konnte man nicht anders sagen, aber sie überzeichnete ihre Schönheit gern mit optischen Reizen von außen. Schmuck, Schminke und eine auffällige Frisur waren Pflicht bei ihr. Sie rollte nur die Augen, während sie in damenhafter Arroganz einen Fächer wedelte. Gunter nahm keine Notiz, sondern schaute auf seine Taschenuhr, die kurz darauf wieder in der Westentasche seines Wanztes verschwand. Und dann… dann kam endlich Cassian.

Er saß zwischen Gunter und einem freien Platz an dem anderen Ende des Tisches. Wenn alle da waren, hatten sie stets die selben Plätze und Ysara saß als Nesthäkchen eben ganz rechts am Tisch. Somit aber auch neben Cassian. Jener hatte sich soeben erhoben und neigte höflich das Haupt, während Ysara den Tisch und ihren Platz aufsuchte. Er verlor niemals die Etikette, zwang allerdings auch die anderen Männer bei Tisch dazu, sie einzuhalten. Schwerfällig und teilweise widerwillig, erhoben sich auch Gunter, Severin und Cedric. Ihr Vater blieb sitzen und wartete, bis seine Jüngste endlich ihren Platz eingenommen hatte. Erst danach setzten sich alle wieder. Cassian’s Finger seiner linken Hand zuckten kurz, doch anstatt ihre zu ergreifen, weil er sich freute, sie zu sehen, griff sie nach der Tasche vor seiner Nase. Kaffee erfüllte den Raum mit seinem angenehmen Duft. Sofort kam Kalina zu Ysara und bot ihr an, etwas zum Trinken einzuschenken. Dann erhob ihr Vater seine Stimme: „Nachdem nun auch die Jüngste den Weg gefunden hat, bitte, Herr Jafor, fahrt fort.“, übergab er das Wort. Cassian nickte. „Vielen Dank. Es ist wahrlich eine Freude, dass Ihr mich so herzlich empfangt.“, sagte er formell und ließ dennoch nicht erkennen, ob er das ernst meinte. Wobei Cassian auch nicht alles nur vorspielte. Er war nun mal auch ein charismatischer, freundlicher Mensch. Wenn da nur nicht seine Pflichten wären. „Nun, vorab möchte ich um Verzeihung bitten, dass ich mich so spät noch angekündigt habe und meine Nachricht euch heute Morgen überrascht, haben muss.“, Reyenne lächelte leicht. Sie trug ihr dunkles Haar zu einem schönen Geflecht und wirkte generell recht jugendlich und zart. Doch der Schein trog so manchen, denn sie tat alles für diese Familie und kämpfte wie eine Löwin um deren Reputation. Fehltritte duldete Reyenne Jafor nicht. „Nicht doch, Cassian. Ihr beehrt uns. Macht euch keine Gedanken!“, schmeichelte sie ihm und jener nickte in ihre Richtung. „Werten Dank. Nun, durch meine Verlobung mit Ta’nurie Vashnar ist es mir eine große Freude Euch, Aradin und eure Familie zu den kleinen Feierlichkeiten persönlich einzuladen. Sie finden zu Ehren des neuen Generals am heutigen Mittag statt.“, meinte er und erntete einige dankbare Worte seitens der restlichen Familie. „Wundervoll, wir sind geehrt und folgen Eurer Einladung selbstverständlich gern!“, ließ ihr Vater verlauten und dabei war es unerheblich, ob denn die Kinder am Tisch eigene Pläne hätten. „Nun aber ist es mir eine innere Pflicht, auf euch das Glas zu erheben!“, Aradin Valerian schnippte kurz mit den Fingern und Belgin öffnete die Speisezimmertür.
Darron kehrte zurück und hatte dieses Mal ein Tablett mit kleinen Kristallgläsern dabei. Jene waren mit edlen Tropfen gefüllt und wurden vor jedes Mitglied am Tisch gestellt. Aradin erhob sich und das Glas, als alle hatten. Auch die anderen standen auf, bis auf Cassian. Um ihn ging es. „Auf euch und eure Braut!“, dann wiederholten die anderen das Gesagte und tranken gemeinsam mit Cassian einen Schluck. Danach wurde es ein wenig zwangloser und es wollten sich hier und da einige Gespräche entwickeln. Doch bevor Cassian das Wort an Ysara richten konnte, kam Severin ihm zu vor: „Cassian… sagt, wo werdet Ihr Euer Domizil haben, wenn ihr erst vermählt seid?“, fragte er in Plauderlaune und Cassian’s blauer Blick ruckte zum Bruder. Er kannte Ysara’s Meinung zu ihm und doch war er die Höflichkeit in Person. „Wie nett, dass ihr Interesse hegt, Severin.“, meinte er galant und lächelte entwaffnend, dass Kalina, die am Rand auf Anweisungen wartete, kurz schwummrig wurde und die Karaffe auf ihrem Tablett verräterisch klapperte. Dann aber wurde Cassian’s Blick ernst und auch sein Lächeln verlor Kraft. Er senkte kurz den Blick, was für ihn schon ungewöhnlich genug war. Seine Finger fummelten an der weißen Tischdecke einen imaginären Fussel beiseite. „Nun, um die Geschäfte zu stärken und neue Handelsposten zu erschließen, werden wir nach der Hochzeit nach Morgeria umziehen…“, ließ er verkünden und auf einmal wurde es still im Saal. So sehr einige die Verbindungen begrüßten… Morgeria war kein Ort an dem man leben wollte, wenn man kein Dunkelelf war…
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Mittwoch 25. Oktober 2023, 14:20

Auf dem Weg zum Esszimmer wurde ihr schnell klar, dass irgendetwas in der Luft lag. Die Diener und Dienerinnen erfüllten vorzeigehaft ihre Aufgaben, aber an diesem Morgen war die Geschäftigkeit noch eine Spur stärker, als würden sie einem bestimmten Ziel entgegen arbeiten. Stand heute ein wichtiger Termin an? Ysara überlegte fieberhaft auf dem Weg über den Flur, es wollte ihr aber keiner einfallen. Aber selbst wenn, ihre Mutter würde sie schon noch erinnern. Sie zuckte gedanklich mit den Schultern und stand dann auch schon vor der geschlossenen Tür des Speisezimmers. Ysara hob gerade ihre Hand, um sie zu öffnen, als dies schon von innen geschah. Als Erstes sah sie Darrons Gesicht, das ganz überrascht und erschreckt aussah, als sich ihre Blicke trafen. "Oh", entfuhr es Ysara nun selbst überrascht und auch etwas überfordert im Angesicht des wankenden Dieners, der mit dem Tablett auf seiner Hand zu kämpfen hatte. Sie hatte gerade entschieden, ihn zu stützen, da erlangte er von selbst sein Gleichgewicht wieder und bewahrte das Tablett mit seiner zweiten Hand vor dem Fall. Er entschied sich also für das wervolle Porzellan und gegen die Tochter des Hauses. Etwas hilflos fand sich Ysara also plötzlich vor der geschlossenen Tür wider und wartete einen Moment irritiert. Als Darron die Tür erneut öffnete, konnte Ysara das Grinsen aufgrund der absurden Situationskomik nicht zurückhalten. „Verzeihung Herrin Elinor, ich… bin untröstlich“
"Das ist uns doch allen schon mal passiert", winkte Ysara gutmütig ab. Er tat ihr leid und sie wollte es ihm nicht noch schwerer machen. Unter Belgin angelernt zu werden, war schließlich Strafe genug. Jener war auch direkt zur Stelle und hielt ihr die Tür auf. Sie nickte ihm lediglich zu und ging an Darron vorbei, um nun endlich den Raum zu betreten.

Für einen Moment sah man ihr deutlich die Überraschung an, viel mehr Personen als ihre Eltern und Cassian zu sehen. Ihr Blick glitt über die Gesichter ihrer Geschwister und Ehepartner hinweg und landete schließlich bei Cassian. Ob er noch sauer auf sie war? Sie schaute ihn direkt und offen an und hoffte, dass nun keine bedrückte Stimmung zwischen ihnen beiden herrschte. Doch als er sie zu Ende gemustert hatte und ihr in die Augen blickte, erkannte sie keinen Groll in den blauen Augen. Unmerklich entspannte sie sich daraufhin und erwiderte sein kurzes Schmunzeln. Sie konnte sich eben auch anders kleiden - wenn sie denn wollte. Das war nämlich das schlichte Geheimnis hinter ihrer Kleiderwahl. Und sie war sehr froh, dass sie sich heute für dieses Kleid entschieden hatte und nicht wie eine einfache Magd vor der versammelten Mannschaft erschien.
„Elinor!“ Ysaras Blick löste sich eher widerwillig von Cassian und schweifte hinüber zu ihren Bruder. „Ausgeschlafen?“
"Ehrlich gesagt: Nein. Aber ich freue mich, dass du auf mein Wohl bedacht bist", erwiderte sie, ohne mit der Wimper zu zucken und rang sich nicht einmal ein Lächeln ab. Sie befand sich hier im, zumindest erweiterten Kreis ihrer Familie und das merkte man auch direkt an ihrer Erwiderung. Für die anderen mochte Cassians Besuch ein Grund sein, all die gelernten Manieren nun endlich auch zeigen zu dürfen. Für Ysara war er aber 'nur' jemand, bei dem sie sein konnte, wie sie war. Ihr Blick fiel auf Cedric und sie erwiderte sein Winken auf gleiche Weise. Dafür nahm sie auch eine Mahnung ihrer Eltern in Kauf. Wenigstens befanden sich dann also mit ihrem Bruder, Cassian und ihrer eigenen Person drei vernünftige Menschen hier im Raum.
„Wir haben einen Gast. Schön, dass du ihm die Ehre erweist.“
"Natürlich. Herr Jafor, es ist mir eine Ehre, Euch begrüßen zu dürfen", sagte sie an Cassian gewandt und blitzte ihn frech aus grünen Augen an, ehe sie sich noch zu einem kleinen Knicks hinreißen ließ. Er erhob sich höflich und nickte ihr zu. Sie sah, wie die anderen Männer es ihm nachmachten und konnte sich gerade so ein Grinsen verkneifen. Dass Cassian ihren älteren Bruder und merkwürdigen Schwager Gunter dazu zwang, sich ebenfalls zu erheben, belustigte sie schon sehr. "Es freut mich, euch alle hier versammelt zu sehen", log sie und nickte den angeheirateten Partnern ihrer Geschwister förmlich zu, einzig Lizelle lächelte sie ehrlich an. "Vater. Mutter", grüßte sie ihre Eltern dann noch einmal respektvoll einzeln und neigte kurz den Kopf, ehe sie endlich ihren Platz aufsuchen konnte.
Als sie sich setzte, sah sie Cassian an und der Duft, den er verströmte, weckte eine Vertrautheit, an der auch das nächtliche Gespräch nichts geändert hatte, während ihre frisch gewaschenen Haare eine Wolke aus Lavendel und Kräutern um seine Nase wehen ließen. Sie musterte ihn kurz und stellte fest, dass er nicht beleidigt wirkte. Sie seufzte kurz, weil sie am liebsten sofort mit ihm geplaudert hätte - da gab es ja auch noch ihren genauen Plan, den sie nach dem Besuch bei ihm mit den Krähen gefasst hatte und von dem er noch nichts wusste. Doch man gab ihnen keine Gelegenheit für einen Wortwechsel. Kalina war direkt bei ihr und sie bat sie um einen Tee. Nachdem ihr Vater ihr noch eine kleine Zurechtweisung entgegen kommen ließ, die Ysara schweigend über sich ergehen ließ, bat er im gleichen Atemzug Cassian darum, fortzufahren. Der Erbe versicherte seine Freude über ihren Empfang und wie alle anderen, lagen auch Ysaras Augen neugierig auf ihm. Was hatte ihn wohl dazu veranlasst, ihre gesamte Familie zusammen zu trommeln und persönlich hier zu erscheinen? Ysara konnte es kaum erwarten, bis die höflichen Floskeln gesprochen waren und Cassian sich endlich erklären konnte.
„Werten Dank. Nun, durch meine Verlobung mit Ta’nurie Vashnar ist es mir eine große Freude Euch, Aradin und eure Familie zu den kleinen Feierlichkeiten persönlich einzuladen. Sie finden zu Ehren des neuen Generals am heutigen Mittag statt.“ Ysaras Augenbraue hob sich ein stück. Ein Fest? Heute? In wenigen Stunden? Das war schon sehr spontan. Doch wo sie sich sonst vielleicht gewehrt hätte, blieb sie stumm und sah die Chance aufblitzen, den General ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen. Es wäre nicht verkehrt, ein bisschen abklopfen, wen sie da eigentlich am Abend bestehlen wollten - wenige Stunden nach dem Fest. Vielleicht wäre sie dann als Diebin am Abend raus, bevor sie noch jemand wiedererkennen würde, aber es gab ja noch drei mindestens genauso gute Diebe unter den Krähen, die ihre Rolle dann einnehmen konnten. Die Lage oder das Opfer vorher auszuspionieren wäre nicht verkehrt. „Wundervoll, wir sind geehrt und folgen Eurer Einladung selbstverständlich gern! Nun aber ist es mir eine innere Pflicht, auf euch das Glas zu erheben!"
"Wo findet die Feierlichkeit statt?", fragte sie mit durchaus ehrlichem Interesse, während bereits die Kristallgläser verteilt wurden. Als sich ihr Vater erhob, tat es Ysara ihm gleich und hob das Glas, während sie auf ihren Freund neben sich hinab schaute. „Auf euch und eure Braut!“
"Auf euch und so", murmelte Ysara leise und wenig erfreut in ihren nicht vorhandenen Bart und fragte sich, wieso nun wieder seine Braut erwähnt werden musste. Ihre Worte wurden von den Wünschen ihrer Familie übertönt und auch wenn Cassian ihre Worte vielleicht nicht verstand, hörte er eben auch keinen klaren Zuspruch von ihrer Seite. Sie trank einen großen Schluck aus ihrem Glas und setzte sich dann schwungvoll wieder auf ihren Stuhl. "Uff", sagte sie nur und sah Cassian bedeutungsvoll an. Seine Verlobung hatte sie noch immer nicht verdaut und die hier herrschende Ernsthaftigkeit strengte sie an.

Sie wollte den Moment nutzen, um nun also etwas lockerer zu plaudern, als ihr Bruder ihr zuvor kam. „Cassian… sagt, wo werdet Ihr Euer Domizil haben, wenn ihr erst vermählt seid?“ Ysara sah zu Severin und runzelte dann die Stirn. Was war das denn für eine Frage? Die Blonde überlegte, ob Severin nun die genaue Adresse in Grandea in Erfahrung bringen wollte. „Wie nett, dass ihr Interesse hegt, Severin.“ Ihr Blick wanderte zu Cassian und sie sah, wie das Lächeln auf seinen Lippen etwas verblasste und er den Kopf senkte. Sie blickte auf seine Finger hinab, die nervös mit der Tischdecke spielten, und da wurde ihr klar, dass die Antwort darauf nicht so einfach war, wie sie ganz naiv angenommen hatte. Es bedrückte ihn. Wie von selbst rutschte ihre Hand unter den Tisch zu Cassians und wollte nach seiner fassen, um ihm zu zeigen, dass sie hier war und ihm beistand. Es war ungewohnt, ihn so in der Gesellschaft anderer Leute zu sehen, dass sie ein beklemmendes Gefühl überkam. „Nun, um die Geschäfte zu stärken und neue Handelsposten zu erschließen, werden wir nach der Hochzeit nach Morgeria umziehen…“ Ihre Fingerspitzen berührten seine Hand bereits, bis sie eben seine Worte hörte. In ein und denselben Moment stockte ihr der Atem, ihr Mund öffnete sich vor Unverständnis und ihre Augen wurden aufgrund der Ungläubigkeit, die sie verspürte, ein ganzes Stück größer. Augenblicklich zog sie ihre Hand von seiner fort. Sie schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf. Sie musste sich verhört haben! Als Ysara die Augen wieder öffnete sah sie Cassian verständnislos und gequält an.
"Ist das dein..", riss sie das Wort an sich, vor Empörung etwas lauter als es aufgrund der plötzlich herrschenden Stille im Raum angebracht war, und setzte schon zu einer wenig damenhaften Erwiderung an, als sie stockte und sich besann, wo sie sich befand und vor allem mit wem. Sie räusperte sich und versuchte es noch einmal. "Ihr beliebt zu scherzen?", fragte sie daher und nun war es ihre Mutter, die sich räusperte, da sich ihre Tochter anmaßte, die Angelegenheit eines Jafors offen in Frage zu stellen - obwohl das doch hier gerade alle Anwesenden im Stillen taten. Nur Ysara sprach das an, was sie alle dachten. War er wahnsinnig?! Doch für ihre Ehrlichkeit fing sich Ysara einen mahnenden Blick ihrer Mutter ein, zu der sie aufgrund des Räusperns sah. Sie seufzte und wandte sich zurück an Cassian. "Darf ich frei sprechen?", fragte sie also obligatorisch und mit einem leicht genervten Unterton, aufgrund dieser sinnlosen Etikette, die ihr als Frau vorschrieb, dass sie nur auf Nachfrage ihre Meinung dazu äußern durfte. Kaum hatte sie diese Frage gestellt, holte sie schon aus und wartete Cassians Zustimmung gar nicht erst ab.
"Seit wann zieht der Mann zu seiner Frau?", fragte sie und war wirklich um einen ruhigen Ton bemüht. Aber was er hier gerade teilte, überstieg nun wirklich ihre Vorstellungskraft. Es war zu viel. Nicht nur, dass ihr bester Freund eine Dunkelelfe heiraten musste.. nicht nur, dass er dann keine Krähe mehr sein konnte.. nicht nur, dass sie dann nicht mehr ihre enge Freundschaft pflegen konnten.. Jetzt wollte er auch noch nach Morgeria ziehen! "Deine Heimat ist hier. In Grandea." Wo sie sonst anzweifelte, wieso ausgerechnet die Frau zu ihrem Mann ziehen musste, so berief sie sich nun darauf, was eben schon immer vorgesehen war. Die Ehefrau zog zu ihrem Ehemann. Er konnte nicht einfach gehen. Er konnte nicht einfach.. Lass mich hier nicht alleine, Cassian. Er konnte diese stumme Bitte förmlich in ihrem Blick erkennen, mit dem sie ihn verzweifelt ansah. Wie konnte er das nur in Erwägung ziehen? Es verletzte sie! "Entschuldigt mich." Sie brach den Blickkontakt ab und schob geräuschvoll ihren Stuhl nach hinten. Dann erhob sie sich und verließ den Raum. Sie konnte seinen Anblick nicht ertragen, nicht mit dem Wissen, dass er einfach so beschlossen hatte, mit dieser Dunkelelfe wegzuziehen. Sie konnte vor den anderen nicht länger gute Miene zum bösen Spiel machen.

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 25. Oktober 2023, 16:06

Es war manchmal schwer die Dinge in Einklang zu bringen. Ysara war eine Bürgerliche, die durch den Geschäftssinn ihres Vaters im Innenring wohnte. Trotzdem war ihre unkomplizierte und direkte Art gerade für Cassian Jafor eine Erfrischung gewesen, sodass sich für die beiden eine Freundschaft entwickeln konnte. Jene Freundschaft aber, die auf Ehrlichkeit, tiefem Vertrauen und Verbundenheit aufbaute, durfte nicht zu sehr ausgelebt werden. Es war ein Drahtseilakt, wenn sie zusammen auf Festen gesehen wurden. Getuschelt wurde ohnehin immer und Elinor Calista Ysara Valerian sagte man gerne mal nach, dass sie einzig des Standes wegen am Rockzipfel von Cassian hing. Dass dem nicht so war, wussten nur sie beide. Cassian aber wurden Gerüchte angedichtet, dass es das ungebändigte und ungeschliffene Verhalten der jungen Valerian war, das ihn faszinierte. Geredet wurde eben immer, weshalb sich weder der eine noch die andere, wirkliche Gedanken darum machten. Nun aber befanden sie sich im Kreise ihrer Familie und so ungewöhnlich es war, dass ein Jafor höchst persönlich seine Aufwartung machte, so war es zumindest Ysara, die dahinter ein wenig mehr erkennen konnte. Das nächtliche Gespräch hatte nicht nur sie aufgewühlt.
Auch Cassian wollte nicht einfach ihr Gespräch so stehen lassen und gerade mit jenem Ausblick, den er nun offenbart hatte, konnte er nicht noch einmal eine Chance ergreifen, wenn sie sich bot. Die nächsten Wochen würden nun mit Vorbereitungen, Feierlichkeiten, Verkostungen und all diesem Klimbim vonstattengehen, sodass er noch weniger Zeit hätte. Zumal er nun keinerlei Grund mehr hatte, Ysara überhaupt aufzusuchen. Schlagartig war es vorbei, denn solange er ungebunden war, war alles in Ordnung. Ein wenig Gerede machte da nichts, doch nun… nun war er ein versprochener Mann und er war nicht Ysara versprochen. Eine Freundschaft würde sich nun nicht mehr schicken und Ysara erkannte es mit jeder Silbe, die Cassian da sprach. Ihre Geste blieb unausgeführt, obwohl ihre Fingerspitzen seine Haut berührten und er nach ihr greifen wollte, zog sie die Finger zurück, ob der quälenden Neuigkeit. Einen Moment war ein jeder an diesem Tisch vom Donner gerührt und Cassian hatte es tatsächlich selbst nicht recht geschafft, seine Maskerade aufrechtzuhalten. Ysara hatte ihm angesehen, dass ihm diese Wendung der Dinge überhaupt nicht schmeckte. Allerdings brach nun alles auf einmal über sie herein. Sie konnte nicht länger die Maske halten, die sie trug und so gab sie ihrem ersten Impuls nach: "Ist das dein.." Cedric hob den Blick zu seiner Schwester und gleichzeitig amüsiert die Augenbrauen, während sich die Andeutung eines Schmunzelns auf sein Gesicht schlich. Dann räusperte bereits seine Mutter neben ihm und stellte schwungvoll das Trinkglas wieder ab. Ysara bemerkte es. "Ihr beliebt zu scherzen?" Cassian wandte den Blick und er sah ihr direkt ins Gesicht. Seine Mimik war glatt, doch in seinen Augen lag ein Glanz, der nur sehr selten Teil seiner Person war. Er scherzte nicht. Er litt.

„Elinor!“, mahnte ihre Mutter dort und durchschnitt den Blick, den Cassian Ysi zuwarf. "Darf ich frei sprechen?", fragte Ysara genervt und erntete vernehmliches Hüsteln, seitens Severin und dessen Frau. „Natürlich ni-“, wollte er schon anstelle seines Vaters einwenden, doch Ysara hörte nicht. Sie wartete nicht ab, was die Etikette ihr vorschrieb. Hier ging es um nichts anderes als ihre Freundschaft zu Cassian! "Seit wann zieht der Mann zu seiner Frau?“ „Elinor!“, hörte sie wieder ihre Mutter eindringlicher mahnen. Und nun drehte sich auch ihr Vater etwas zurecht in seinem Stuhl. „Haben wir dir etwa beigebracht infrage zu stellen, was in anderen Häusern getan wird?“, wollte ihr Vater wissen, doch Cassian hatte nur Augen für Ysara. Auch Cedric und Lizelle beobachtet mit angehaltenem Atem, was sich da gerade entladen wollte. "Deine Heimat ist hier. In Grandea.", appellierte sie und vergaß vollkommen die höfliche Anrede in solchen Momenten. Ihre Mutter zog scharf die Luft ein und wandte sich an Cassian. „Es tut mir höchst leid, Herr. Ich bitte vielmals um Verzeihung.“, Cassian aber hörte nicht. Er sah Ysara weiterhin unverwandt an und in seinen Augen glänzte nun Schmerz. Er wusste darum, dass er sie verriet. Er wusste darum, dass er sie im Stich ließ. Er wusste, dass ihre Freundschaft ein Ende nehmen würde. Und er bedauerte es, ja er bedauerte es aufrichtig. Endlich teilten sich diese unverschämt weichen Lippen, die ihm so gut zu Gesicht standen. Endlich brach er das Schweigen. „Nun, Ihr habt Recht Elinor. Es ist üblich, dass die Frau zum Mann und in dessen Haushalt zieht. Nur sind dieser Tage die Dinge nicht mehr ganz so… üblich. Meine Eltern entsprechen damit dem Wunsch des Generals, die Bindung ein wenig mehr zu festigen. Morgeria hat Handelsgüter, die es zu erschließen gilt. Und das… tut er, indem er hier mit den üblichen Gepflogenheiten bricht.“, kommentierte er steif und erreichte damit lediglich, dass er Ysi’s Zorn mehr schürte. Ihr Unverständnis brach sich bahnen, während ihr Herz schrie. "Entschuldigt mich.", gab sie bekannt und schob ihren Stuhl unangenehm kratzig über den Boden.
„Elinor Calista Ysara! SETZ dich!“, mahnte ihre Mutter streng und mit einem Feuer im Blick, der ein Nachspiel haben würde. „Sofort!“, brummte auch ihr Vater. „Du wirst dich bei unserem Gast entschuldigen, für dein Benehmen, auf der Stelle!“, geiferte nun auch er, mit aller Höflichkeit, die er jetzt noch aufbringen konnte. Auf einmal war es unruhig im Speisezimmer. Während Reyenne, Aradin und Severin auf Ysara einredeten, sie möge ihre Etikette, die Höflichkeit und den Respekt nicht verlieren, da grinste Cedric und beobachtete seine Schwester, wie sie auf alles pfiff und auf dem Weg zur Tür keine Anstalten machte, sich an irgendwelche Regeln zu halten. „Elinor! Unterstehe dich, dich jetzt durch diese Tür zu begeben, das wird ein Nachspiel-“, die Tür fiel hinter Ysara ins Schloss und ihr Vater starrte wütend auf das Holz, als könne es etwas dafür. Cedric hob die Hand und lehnte sich im Stuhl zurück. „Kann ich noch einen Schnaps haben, bitte?“, grinste er und erntete von Seiten seiner Mutter einen vernichtenden Blick. „Was?“, fragte er unschuldig und erhielt seinen Schnaps. Dann sah er zu Cassian, der in all dem Trubel vollkommen ruhig geblieben war. Er sah Ysara nach, obwohl sie längst nicht mehr im Raum war. „Wir müssen uns für Elinor entschul-“, begann Elysia nun und hatte einen Blick drauf, der sagen wollte ‚das ist typisch für sie‘. Doch Cassian hob die Hand und lächelte charmant.

„Nicht nötig. Es ist ungewöhnlich und manchmal müssen solche Nachrichten eben erst noch verdaut werden.“, er erhob sich, während er sprach und neigte seinen Kopf. „Vielen Dank für die Gastfreundschaft. Ich sehe Euch dann auf der Feier zu Ehren des Generals. Keine Umstände, ich finde allein hinaus“, sagte er eilig und ließ sich noch von Kalina die Tür öffnen, der er ein Lächeln schenkte. Nun aber eilte er über den Flur, die Treppe hinunter und suchte mit den Augen nach Ysara. Er sah sie nirgendwo. Doch dann knallte irgendwo im Haus eine Tür und ließ den Jafor aufhorchen. Er wandte sich dem Geräusch zu und blickte nach oben. Er erlaubte es sich nicht zu schmunzeln, dafür war das alles viel zu ernst. Bevor er aber die Treppe wieder nach oben ging, hielt er Darron auf, der soeben erneut die Gläser in die Küche bringen wollte. „Darron, richtig?“, fragte Cassian und der Diener nickte ergeben. Er senkte den Blick. „Sorge bitte dafür, dass in der nächsten Zeit niemand die Bibliothek aufsucht, versprichst du mir das?“, fragte er den Jungen und jener nickte eifrig. „Natürlich Herr.“, versprach er pflichtbewusst und räusperte sich. Cassian klopfte ihm die Schulter und stutzte dann. Er neigte sich dem Jungen etwas entgegen und raunte: „Belgin liebt dunkle Schokolade. Versuch es damit, das wird das alte Herz ein wenig erweichen.“, lächelte er und Darron’s Augen blitzten vor Dankbarkeit. Ein bisschen Verschnaufpause von den alten Hausregeln, würde ihm gewiss guttun. Nun aber machte Cassian sich daran, seiner Freundin die Laune zu versüßen. Wie auch immer er das anstellen sollte.
So betrat er kurz darauf ungesehen die Bibliothek des Hauses und schloss leise die Tür. Auch hier brannte ein Kaminfeuer, dessen Feuerschein die vielen, unzähligen Buchrücken beleuchtete. Es gab zwei gemütliche Leseecken. Eine direkt in einem Erker, mit einem gemütlichen Sofa und Kissen und einer direkt am Kamin. Auch ein Schreibtisch von ausladender Gestalt stand hier, an dem ihr Vater ab und zu mal saß und seine Korrespondenz führte. Jetzt aber war niemand hier.. nun, fast niemand. Ysara war hierher geflohen. Und Cassian entdeckte sie, während er an der Tür stehen blieb. Seine Augen musterten sie in ihrem grünen Kleid ein wenig, bevor sie abschweiften und die Bücher erfassten. „Gibt es ein Buch, das du hier noch nicht gelesen hast? Abgesehen von der Rechtskunde-Sammlung deines Bruders?“, grinste er und doch wusste er, dass dieses Gespräch wichtig werden würde.
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Mittwoch 25. Oktober 2023, 20:16

Ysara fühlte sich von Cassian vor den Kopf gestoßen. Nachdem er sie und ihre Familie zur Feier zu Ehren des Generals eingeladen hatte, hatte sie einfach nicht mehr damit gerechnet, dass noch etwas folgen würde, das ihr abermals den Boden unter den Füßen wegziehen würde. Er wollte nach Morgeria zu seiner Frau ziehen. Die Nachricht war erschütternd und erwischte Ysi eiskalt. Sie war überrumpelt und konnte keinen klaren Gedanken fassen. Plötzlich kippte die Stimmung und Ysara entzündete einen Brand, der nicht mal in ihrer Absicht lag. Diesmal nicht. Diesmal war es nur pure Hilflosigkeit, die sie jede Warnung in den Wind schießen und jeden Anstand vergessen ließ. Mit jedem Wort, das sie sprach, geriet die Stimmung im Raum in Schieflage. Sie hörte das Räuspern ihrer Mutter, doch das Schmunzeln ihres Bruders entging ihr, weil die grünen Augen noch immer Cassian fixierten. Sie konnte einfach nicht fassen, was er vorhatte. Er wollte nach Morgeria gehen. Er wollte sie hier alleine lassen, in einer Welt voll Schein und Scharade, in deren kleinerer Abbildung sie sich gerade befanden. Alle um sie herum versuchten, diesen Schein zu wahren, obwohl sie sich sicher war, dass sie alle nicht verstanden, dass Cassian nach Morgeria gehen würde. Die Lippen noch immer leicht geöffnet, schaute Ysara den Erben hilflos an und fühlte sich ohnmächtig in Anbetracht des Leids, das sich in den blauen Augen spiegelte und das sie gerade ganz genau nachempfinden konnte.
Sie hörte die Zurechtweisung ihrer Mutter, die den Namen des jeweiligen Kindes, das Unsinn angestellt hatte, normalerweise nur in diesem einen scharfen Ton aussprechen musste, um es zum Schweigen zu bringen. Sie hörte, wie Severin dazu ansetzte, ihr zu verbieten, ihre Einwände vorzutragen. Doch es war zu spät, Ysara stellte offen in Frage, seit wann der Mann zu seiner Frau zog. Erneut durchschnitt der Klang ihres Namens die Stille und Ysara blinzelte kurz. Die Härchen auf ihren Armen stellten sich in Anbetracht der Gefahr auf, die sie mit ihrem Widerstand hervor lockte. Auch ihr Vater mischte sich nun ein, doch Ysara brachte es nicht fertig, den Blick von Cassian zu lösen. Da waren nur er und sie, die sich oft ohne Worte verstanden. Doch das hier war etwas völlig anderes. Sie verstand das kein bisschen. Die Ehe mit einer Dunkelelfe hätte sie wohl irgendwann, wenn auch widerwillig, akzeptieren können. Aber dass er nun vorhatte, gänzlich von der Bildfläche zu verschwinden, tat einfach nur weh. Es war wie ein Stich in ihr Herz und ein Verrat an ihre Freundschaft. Ihre Mutter entschuldigte sich für sie, aber in Ysaras Ohren klang das alles nur wie ein dumpfes Rauschen. Das Einzige, das sie interessierte, war Cassians Erklärung.
„Nun, Ihr habt Recht Elinor. Es ist üblich, dass die Frau zum Mann und in dessen Haushalt zieht. Nur sind dieser Tage die Dinge nicht mehr ganz so… üblich. Meine Eltern entsprechen damit dem Wunsch des Generals, die Bindung ein wenig mehr zu festigen. Morgeria hat Handelsgüter, die es zu erschließen gilt. Und das… tut er, indem er hier mit den üblichen Gepflogenheiten bricht.“
Sie hörte seine Worte, aber verstand kein Wort. Nichts davon machte Sinn! Nichts davon war erstrebenswert, wenn es das Band ihrer Freundschaft ohne Wenn und Aber zerschnitt! Sie schnaubte abwertend. Wie konnte er sich so unter den Scheffel seines Vaters stellen!? Ysara verstand es tatsächlich nicht, denn ganz offensichtlich sträubte sich alles in ihr gegen den Gehorsam, den man auch jetzt gerade von ihr forderte.

Sie erhob sich von ihrem Platz. Ihr fiel dazu nichts mehr ein und Cassians Anblick schnürte ihr die Kehle zu. Wie sollte sie ruhig hier sitzen bleiben, während er ihr in Aussicht stellte, sich bald von ihr abzuwenden? „Elinor Calista Ysara! SETZ dich!“ Sie spürte ein unangenehmes Kribbeln in ihrem Nacken. Sie wusste ganz genau, dass sie den Worten ihrer Mutter lieber folgen sollte. Es wäre besser für sie. Ihr Instinkt wusste das. „Sofort! Du wirst dich bei unserem Gast entschuldigen, für dein Benehmen, auf der Stelle!“ Ysara schnaubte erneut und dachte nicht mal daran. Sie war bereits auf dem Weg zur Tür, ihre Eltern und Cassian in ihrem Rücken. Die Wut schwappte über sie hinweg und selbst die Androhung ihrer Eltern konnte sie nun nicht mehr stoppen. „Elinor! Unterstehe dich, dich jetzt durch diese Tür zu begeben, das wird ein Nachspiel-“ Die Worte ihres Vaters klingelten in ihren Ohren. Sie konnte es nicht mehr hören! Schwungvoll schmiss sie die Tür hinter sich zu und blieb einen Moment stehen. Sie zitterte am ganzen Körper und das bestimmt nicht vor Angst vor der Strafe ihrer Eltern, die ihr blühen würde. Sie hatten keine Ahnung! Sie hatten keine Ahnung, wie wichtig Cassian für sie in diesem Gefüge war, vor dem sie gerade ausbrach!

Ysara wandte sich nach links und stiefelte aufgebracht über den Flur. Er konnte nicht in ihr Haus kommen und ihr vor aller Leuten solch eine Nachricht überbringen! Was dachte er, was passieren würde?! Dass sie das stillschweigend hinnahm?! Ysara suchte Zuflucht in der Bibliothek. Neben ihrem Zimmer war auch diese ein Rückzugsort für sie und der einzige Grund, warum sie nicht ihre privaten Gemächer aufsuchte, war tatsächlich die Hoffnung, dass Cassian ihr folgen würde. Die Hoffnung, dass sie es klären und aus der Welt schaffen konnten. Am besten das ganze Problem an sich! Wenn er nicht heiratete, musste er nicht wegziehen. Der aufgewühlte Spross der Familie flüchtete in die Bibliothek und warf auch diese Tür hinter sich zu. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen das Türblatt und seufzte tief. Sie war wütend und zwar auf die ganze, verdammte Welt! Nach einigen Momenten schritt sie zielsicher zu einem der Regale, das voller Liebesromane stand, die nur sie las. Sie zog drei Bücher heraus und griff nach der kunstvollen, flachen Verpackung, die sie dahinter versteckt hielt. Dann stellte sie die Bücher zurück und nahm die Packung mit zum Erker. Seufzend und grummelnd - nun dürften ja all die Schimpftiraden hinaus, für die sie für jede einzelne eine Woche Stubenarrest bekommen würde -, ließ sie sich aufs Sofa nieder und öffnete die geheimnisvolle Packung. Der Geruch von Zucker und Mandeln schlug ihr entgegen und sie schob sich ein Stück von Schokolade umhülltes Marzipan in den Mund. Kalina hatte ihr die Packung erst vor zwei Tagen besorgt, sodass sie noch entsprechend voll war. Die Süßigkeit schmälerte nicht ihre Wut, aber sie machte es einen minimalen Hauch erträglicher. Zumindest half der Zucker gegen den Stress, bildete sie sich ein. Ysara setzte sich parallel zum Fenster auf das Sofa, zog die Beine an und schaute auf die Straße hinaus.

So saß sie dann auch da, als wenig später die Tür zur Bibliothek geöffnet wurde. Sie schaute auf und war erleichtert, Cassian zu sehen. Sehr erleichtert! Er war der Einzige, den sie jetzt sehen wollte, auch wenn es gerade schwer zu ertragen war - das Wissen, dass es das letzte Mal für eine sehr lange Zeit sein könnte. Sie würde in Zukunft nur noch selten, vielleicht auch gar nicht mehr, alleine mit ihm in einem Raum sein, in dem sie frei und offen sprechen konnten. Mit einem Seufzen blickte Ysara zurück aus dem Fenster und wusste nicht recht, was sie sagen sollte.
„Gibt es ein Buch, das du hier noch nicht gelesen hast? Abgesehen von der Rechtskunde-Sammlung deines Bruders?“ Sie schwieg einige Momente. Dann sah sie erneut zu Cassian und hob die Verpackung in sein Blickfeld als eine Art Angebot. Gleichzeitig zog sie die Füße ein Stück näher an ihren Körper heran, damit er Platz auf dem Sofa fand.
"Das Buch 'Grandessanische Etikette' hab ich nur überflogen. Und 'Die erfolgreiche Ehe zwischen Dunkelelfen und Menschen' ist eine Neuerscheinung, die ich noch lesen muss. Aber ich glaube, das übersteigt meinen Horizont", antwortete sie trocken und schaute zurück auf die Straße, auf der gerade eine Kutsche an ihrem Haus vorbei fuhr. Sie knabberte auf ihrer Unterlippe, ehe sie erneut zum Sprechen ansetzte. "Weißt du noch, als ich dich in eine der Kutschen verfrachten wollte, um nach Serna zu fahren? Ich weiß nicht mehr, wieso, aber mein Vater war sauer. Nicht halb so erzürnt wie jetzt. Wahrscheinlich tobt er gerade durchs Speisezimmer. Wir hätten das damals einfach tun sollen. Bevor die Dunklen hier einfielen und machten, was sie wollten." Sie seufzte erneut und schüttelte kurz den Kopf. Das war Vergangenheit. Und ihre Freundschaft womöglich auch bald. Ysara wusste noch immer nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte so viele Fragen, aber sie war sich nicht sicher, ob sie sie frei von Vorwürfen stellen konnte. Sie wollte es zumindest versuchen, denn totschweigen konnte sie das Thema auch nicht.
"Deine Eltern verkaufen dich wie Vieh nach Morgeria" stellte sie fest und formulierte es absichtlich so drastisch. Vielleicht wurde ihm endlich mal der Ernst der Lage klar? Sie schoben ihn wie eine Schachfigur übers Spielbrett, direkt in die Stadt der Dunkelelfen. "Wie kannst du dabei bloß so ruhig bleiben?" Sie ging ja schon als - wenn man es nüchtern betrachtete - Unbeteiligte bei dem bloßen Gedanken an die Decke. Wie konnte er sich da einfach so fügen? Wann lehnte er sich auf? Er hatte ihr erklärt, dass er die Dunkle heiraten musste, weil sonst das Leben seiner Eltern in Gefahr war. Aber dass er nach Morgeria ziehen sollte, war etwas, das niemand von ihm verlangen sollte. Wieso wehrte er sich nicht?

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 25. Oktober 2023, 22:49

Wie konnte man sich von der Etikette sein Leben diktieren lassen? Wie konnte man so wenig Rückgrat haben, wenn vor seinen Augen Unrecht geschah? Dafür stand Ysara nicht. Dafür standen die Krähen nicht. Wenn sie mitbekamen, dass Unheil drohte oder gar schlimmeres, dann waren sie zur Stelle und kämpften. Ysara lernte, dass es nicht immer ein gutes Ende nehmen konnte. Sie musste mitansehen, wie ihr Freund eine Entscheidung trug, die nichts Gutes für ihn bedeuten konnte. Und das konnte das lebhafte Herz nicht ertragen. Ysi stand für Gerechtigkeit, für Abenteuer und für Integrität. Aber sie stand gewiss nicht dafür, dass alles, was ihr das Leben ein wenig leichter machte, mit einem Fingerschnipp fortgespült wurde. Cassian sollte also nach Morgeria gehen und dort… leben. Ta’nurie entpuppte sich als das geringere Übel. Vielleicht hätten sie sogar Wege finden können, einander dennoch Freude zu sein, wenn er wenigstens in Grandea bliebe. Aber anstatt sich endlich zu wehren, da willigte er noch mit einem freundlichen Lächeln in seinen Untergang ein. Morgeria war eine Stadt voller Grausamkeit. Jeder, der einmal den Unterricht in ‚Politik und Geschichte Celcia’s‘ hatte durchstehen müssen, wusste das. Diese Stadt barg nichts Gutes in sich und würde für jemanden wie Cassian das sichere Gefängnis, wenn nicht sogar Grab bedeuten. Dort war ‚sie‘ zu Hause. Sie, die hier nicht hergehörte, würde dort einen ganz anderen Stellenwert einnehmen können. Sie würde über ihn verfügen, ihn vielleicht zu Dingen zwingen, die er nicht wollte. Und er würde es mit sich machen lassen. Aber nicht, weil er schwach war. Cassian war niemals schwach gewesen.
Im Grunde war er wohl der stärkste Mensch, den Ysara hatte kennenlernen dürfen. Denn er vollführte jeden verdammten Tag einen Drahtseilakt, den andere nicht mal beginnen würden. Er tanzte auf dem Parkett der Reichen und Schönen, verführte sie und spielte ihnen etwas vor, während er hinter verschlossenen Türen seine Maske abzog und zeigte, welch loyaler Kern wirklich in ihm schlummerte. Cassian Andeus Jafor war ein Opfer. Auch wenn Ysara ihn derzeit nicht so sehen konnte.

Wütend und reichlich mit Adrenalin vollgepumpt, hatte sie den Grundstein für eine gehörige Standpauke gelegt. Es konnte gut sein, dass man sie erst gar nicht zu den Feierlichkeiten ließ. Nun, der Coup würde dennoch starten, das war einfach zu wichtig. Oder nicht? Oder war alles vorbei? Hinfällig und nichtig? Jetzt da sie sich gehörig aufgeregt hatte und kaum in der Lage war allein herunterzukommen, da griff sie zielsicher in das Bücherregal mit all den Liebesschnulzen und Abenteuerromanen, die sie in ihrem Leben bereits häufiger verschlungen hatte. Ysara griff zielsicher die kleine Schatulle und öffnete jene. Der süße Duft klärte ein wenig ihre Gedanken, bevor sie sich eine der Schokoladen herausnahm. Kalina hatte sie bei ihren Einkäufen auf dem Markt besorgt und dort deponiert. Das Mädchen war eine Hilfe und Ysi konnte auf ihre Diskretion vertrauen. Reichlich aufgewühlt fand sie ihren Platz auf dem Sofa und schaute, die Beine angezogen, auf die belebte Straße. Eben noch war ihr der Morgen viel zu früh gewesen, jetzt hätte er besser noch nicht begonnen! Ihre ganze Welt überschlug sich mit einem Mal und Ysara konnte aus diesem Karussell des Irrsinns nicht mehr aussteigen. Sie hörte die Tür, die in ihrem Rücken klappte. Ihr Blick erfasste Cassian und sie fühlte ein inneres Aufatmen. Er war ihr also doch gefolgt. Sie mussten nicht wieder im Streit auseinander gehen und so beruhigte sich das Nervenkostüm noch ein wenig. Sie bot ihm Schokolade an und sein Blick fiel darauf. Er lächelte und kam mit langsamen Schritten durch den Raum, um neben ihr auf dem Sofa einen Platz zu finden. Er schaute ausgiebig in die Schatulle und schürzte die Lippen. Seine Maske war mit dem Klicken der Tür gefallen und nun saß er, ihr Freund, neben ihr und suchte sich eine der Pralinen aus. Er griff nach einer Zartbitter-Schokolade und betrachtete sie. „Ist es seltsam, dass Belgin und ich die selbe Schokolade mögen?“, fragte er, ohne eine echte Antwort zu erwarten.
Dann schob er sich die Schokolade in den Mund und lehnte sich zurück. Er seufzte lange und schloss für einen Moment die Augen. Dabei war es nicht der Genuss, der ihm den Ausdruck bescherte, sondern die Last, die er stets tragen musste. "Das Buch 'Grandessanische Etikette' hab ich nur überflogen. Und 'Die erfolgreiche Ehe zwischen Dunkelelfen und Menschen' ist eine Neuerscheinung, die ich noch lesen muss. Aber ich glaube, das übersteigt meinen Horizont" Er lachte leise und öffnete die Augen wieder. Er drehte den Kopf, um Ysi anzusehen und musterte sie einen Moment.„Ich zweifle nicht an deinem Horizont, Ysi.“, bemerkte er und griff noch einmal in die Schatulle. „Wenn es deinen Horizont übersteigt, zweifle ich an der Geschichte…“, gestand er und offenbarte gleichwohl, welch hohe Meinung er von ihr hatte.

„Aber manche Geschichten werden trotzdem geschrieben…, ob wir das nun verstehen, oder nicht.“, murmelte er zweideutig und verfiel in Schweigen. "Weißt du noch, als ich dich in eine der Kutschen verfrachten wollte, um nach Serna zu fahren? Ich weiß nicht mehr, wieso, aber mein Vater war sauer. Nicht halb so erzürnt wie jetzt. Wahrscheinlich tobt er gerade durchs Speisezimmer. Wir hätten das damals einfach tun sollen. Bevor die Dunklen hier einfielen und machten, was sie wollten." Cassian nickte schlicht. Er blickte Ysara wieder an und musterte ihr zerknirschtes Gesicht. „Wir hätten das einfach tun sollen.“, meinte er und hob einen Mundwinkel. „Wir hätten ein kleines, unscheinbares Haus. Kaum mehr als zwei Zimmer. Aber es würde reichen, denn…“, er wandte den Blick ab. „Du wärst dort und ich wäre dort. Keine Diener, keine Etikette, keine… Ta’nurie.“, schloss er leise und verlor den leichtfertigen Ausdruck in seinem Gesicht. Für einen Moment saßen sie einfach nur schweigend nebeneinander und hingen der Bitterkeit der Nachrichten nach. Sie schwelgten für einen Moment in der Illusion in Serna glücklich zu sein, bevor Ysara es nicht mehr aushielt: "Deine Eltern verkaufen dich wie Vieh nach Morgeria. Wie kannst du dabei bloß so ruhig bleiben?" „Meinst du denn, mir wäre das nicht bewusst?“, fragte er eine Spur schärfer als gewöhnlich. Er wandte den Blick und sah sie fragend an. Da war er wieder, der ehrliche Cassian. Der Cassian, der er nur sein konnte, wenn er allein mit sich oder bei Ysara war.
„In meiner Welt, Ysi, da bin ich nichts anderes als Ware. Ich bin das höchste Gut, das unsere Familie zu bieten hat. Sie haben mich teuer an den Höchstbietenden verkauft und das Maximum herausgeholt.“, antwortete er und wirkte nun selbst aufgebracht. Er zog sich den Mantel aus und erhob sich. Cassian trug eine schwarze Hose, dazu schwarze Schuhe und ein weißes Hemd aus edlem Stoff. Er sah gut aus – egal was er trug. Selbst die altbackenen Klamotten des Abends hatten ihm geschmeichelt. Seine schwarzen Haare lagen zurückgekämmt, während sie sich nun langsam aus der Form lösten und ihm verwegen in die Augen hingen. Er ging vor Ysara auf und ab und wirkte wie ein Tier, das man in einen viel zu engen Käfig sperrte. „Glaubst du denn wirklich, ich wäre gefragt worden?“, blieb er plötzlich stehen und sah zu ihr herunter. „Ysara, man fragt nicht nach meiner Meinung. Man will auch meine Bedenken oder meine Einwände nicht hören. Es interessiert keinen, was ich will!“, wurde er sogar lauter und schenkte ihr erneut einen Blick, der Bände sprach.

Cassian wollte nichts von alldem. Er fuhr sich durch die Haare und ruinierte endgültig seine Frisur. Dann resignierte ihr Freund vor ihren Augen. Er atmete tief aus und warf einen Blick zurück zur Tür. Er vergewisserte sich, dass sie noch einen Moment Zeit hatten. Erst danach wandte er sich wieder zu ihr um und trat einen Schritt auf sie zu. „Glaubst du denn wirklich..“, begann er und ließ sich neben ihr wieder auf die Couch nieder. Cassian aber wandte sich so, dass er sie ansehen und sogar nach ihrer Hand greifen konnte. „…ich will von hier fort?“, fragte er ernst und sein Daumen streichelte sanft über ihren Handrücken. Einen kurzen Augenblick lang, breitete sich Wärme aus. Sowohl durch die Berührung als auch durch sein Blick. „Dass ich … das hier… dich.. uns und… die anderen aufgeben möchte?“, raunte er mit tiefem Timbre, das durchaus etwas für sich hatte. Cassian aber drückte ihre Hand und entließ sie dann.
Erneut erhob er sich, beendete die Wärme, die sich aufzuladen versuchte. „Aber ich muss es tun. Ysara.“, räumte er ein und schritt die Bücherregale langsam ab. Er suchte bereits wieder seine Stabilität. Er konnte nicht fliehen, also brauchte er eine Strategie, die es ihm ermöglichen würde, das alles irgendwie zu ertragen.„Ich muss es tun, denn wenn ich mich dagegen auflehne, dann sind nicht nur meine Eltern in Gefahr…“, er wandte sich um und sah sie durchdringend an. Er hatte schon etwas, wie er da am Bücherregal lehnte und die Hände in die eingenähten Taschen seiner Hose schob. Selbst jetzt war er unverschämt attraktiv. Wobei seine Ehrlichkeit ihm weitaus mehr zu Gesicht stand, als jede Scharade und jedes charmante Lächeln.„Auch die Vögel sind in Gefahr…“, meinte er kryptisch und wählte mit Absicht dieses Wort. Man wusste nie, wer die Ohren gespitzt hatte.„Und du…“, räumte er ein und lächelte schwach. „Und glaube mir, das sind mir zu viele Opfer, um mich deshalb gegen all das aufzulehnen….“, murmelte er und schüttelte den Kopf.„Nein, Ysi. Eher verschwinde ich von der Bildfläche und weiß, dass es euch… dir gut geht!“, sagte er bestimmend und stieß sich vom Bücherregal ab. Er schaute erneut die Buchrücken an. Dann zog er eines aus dem Regal und strich über den Einband. „Die Abenteuer der Arenne Lotaz.“, las er vor und schmunzelte. „Leihst du mir das?“, fragte er plötzlich und blickte sie an. „Ich gebe es dir, sobald wir uns wiedersehen….“, sagte er bedeutungsschwer und knüpfte gleichwohl ein Versprechen daran, dass sie sich irgendwann wiedersehen würden…
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Freitag 27. Oktober 2023, 16:17

Ysara kannte Cassian seit Kindertagen. Als sie sich kennenlernten, fand sie ihn zwar nett, aber selbst schon als Kind war er so angepasst und steif gewesen. Während sie zu Beginn ihres Kennenlernens noch einigen Unsinn anstellten, der sie hätte zusammenschweißen können, erfassten seine Eltern schnell den vermeintlich schlechten Einfluss des blonden Wirbelwindes. Ysara stiftete Cassian zu wenig ruhmreichen Dingen an und zeigte ihm die Freiheit, die ihm innerhalb der eigenen vier Wände verwehrt blieb. Nach einigen Treffen nahm er sich jedoch deutlich zurück. Er fürchtete den Ärger seiner Eltern, er wurde vorsichtiger bei ihren Unternehmungen und dadurch schließlich zu langweilig und anstrengend für Ysara, die ganz Grandea auf den Kopf stellen wollte und zwar, ohne zuvor stundenlang deren mögliche Auswirkungen durchzugehen. Sie verloren sich aus den Augen und trafen sich von da an nur noch zu offiziellen Anlässen. Irgendwann kam dann die Zeit, in der sowieso alle Jungen doof waren und Ysara sich nur noch mit ihren wenigen Freundinnen abgab. Während Cassian irgendwann begann, das Interesse der Mädchen zu wecken, war dieser Teil des Erben für Ysara nicht groß von Bedeutung gewesen. Den Zeitpunkt, an dem die jungen Burschen wieder interessant wurden, verpasste Ysara irgendwie. Ihr Interesse hatte sich zuvor in eine andere Richtung entwickelt. Sie war gedanklich viel zu sehr damit beschäftigt, die Armen zu retten, dass alles andere keine Bedeutung mehr hatte. Natürlich spielten auch ihre Hormone verrückt in der Zeit des Heranwachsens. Es blieb ihr natürlich nicht völlig verborgen, dass sich andere in ihrem Alter ausprobierten und manchmal beäugte sie aus dem Augenwinkel junge und scheinbar glückliche Paare. Ihre Gedanken waren auch durchaus frei in dieser Zeit und beflügelt durch das Lesen verschiedener Romane. Sie nahm sich Zeit zum Lesen, aber davon abgesehen, gab es genug zu tun, wenn man die Strukturen aufbrechen und die Welt verändern wollte. Das hatten auch etwaige Verehrer zu spüren bekommen, die bei Ysara auf Unverständnis trafen oder auf Granit stießen. Sie war durchaus offen für Schmeicheleien, aber sie bildete sich auch ein, dass das alles nur Theater war, bei dem sie nicht mitspielen wollte. Wer zeigte schon wahre Gefühle in der Öffentlichkeit, in der sie sich bewegte? Woher sollte sie wissen, ob die Männer ihr nur etwas vorspielten oder die Wahrheit sprachen und was ihre eigentlichen Absichten waren? Wer wollte sie schon wirklich als Person kennenlernen oder gar akzeptieren und war nicht nur hinter dem Geld ihrer Familie her? Ysara blockte ab, die Männer fanden keinen Zugang zu ihr und sie verschloss sich aus vielleicht falschen Gründen vor ihnen. Als sie dann zufällig vor Jahren wieder mit Cassian ins Gespräch kam, zeichnete sich zwar deutlich ab, dass sie sich charakterlich noch immer unterschieden, aber sie vertraten die gleichen Ansichten, und ergänzten sich. Sie waren nicht mehr die Kinder von früher, sie näherten sich einander an und fanden über die Jahre zueinander. Sie schlossen Freundschaft. Inzwischen kannte sie Cassian schon lange und so gut wie kein anderer. Und trotzdem hatte sie ihn in all der Zeit nie durch die Augen eines verliebten Mädchens gesehen. Er war intelligent und klug, sah immer bestens aus und war durchaus witzig, wenn er wollte. Doch all das hatte sie immer eher objektiv betrachtet.

Und nun saß sie hier heimlich mit ihm auf dem Sofa in der Bibliothek. Er war jetzt nicht mehr der Herr Jafor, den sie vor ihrer gesamten Familie beleidigt und sitzen gelassen hatte. Er war der Cassian, der einen Weg gefunden hatte, ihr ungesehen hierher zu folgen, um mit ihr zu sprechen. Ein letztes Mal vielleicht unter vier Augen. „Ich zweifle nicht an deinem Horizont, Ysi. Wenn es deinen Horizont übersteigt, zweifle ich an der Geschichte…“ Sie nahm seine Worte einfach mal selbstbewusst lächelnd an und ließ sie so stehen. „Aber manche Geschichten werden trotzdem geschrieben…, ob wir das nun verstehen, oder nicht.“
Doch dann verschwand das Lächeln von ihren Lippen. Sie hätten ihre eigene Geschichte schreiben können. Ysara hatte oft das Buch aufgeschlagen und die Feder in die Hand genommen. Sie erinnerte Cassian daran, wie sie ihn in der Vergangenheit nach Serna schleifen wollte. „Wir hätten das einfach tun sollen. Wir hätten ein kleines, unscheinbares Haus. Kaum mehr als zwei Zimmer. Aber es würde reichen, denn…" Auch sie wandte den Blick ab, weil diese Geschichte, die richtig klang und nie geschrieben werden würde, schmerzte. „Du wärst dort und ich wäre dort.“ Sie wünschte, er würde nicht weiter sprechen. Seine Worte berührten ihr Herz und das so unverhofft, dass ihr der Atem stockte. Doch dann redete er weiter. „Keine Diener, keine Etikette, keine… Ta’nurie.“ Natürlich. Ta'nurie. Ysi entließ den angehaltenen Atem in einem leisen Seufzen. Sie merkte, dass ihr Tränen in die Augen stiegen, ausgelöst durch eine bisher unbekannte Verzweiflung und Wut. Sie schwiegen und sie nutzte die Zeit, um die Tränen zurückzudrängen. Sie wischte sich kurz wie zufällig über die Augen und stieß dann die böse Wahrheit aus. Seine Eltern verkauften ihn an die Dunkelelfen und er ließ es ruhig über sich ergehen.
„Meinst du denn, mir wäre das nicht bewusst?“
"Wenn du so ruhig bleibst, erweckst du den Eindruck, dass es dich kaum tangiert", sagte sie leise und bedrückt, aber gleichsam ehrlich. Sie ahnte, dass es in seinem Inneren anders aussah - sie hoffte es, denn ansonsten hätte sie sich schwer in ihm getäuscht! Es ging um sein Leben, um seine Frau, um den Ort, an dem er fortan leben sollte. Und sie verstand nicht, wie er das alles so ruhig mit sich ausmachen konnte. „In meiner Welt, Ysi, da bin ich nichts anderes als Ware. Ich bin das höchste Gut, das unsere Familie zu bieten hat. Sie haben mich teuer an den Höchstbietenden verkauft und das Maximum herausgeholt.“
Ysara sah ihn mit leicht geöffnetem Mund an, als er sich erhob. Ihr Blick blieb kurz an seinem Mantel hängen, dem er sich entledigte, und huschte dann wieder zu ihm. Sie beobachtete, wie er vor dem Sofa auf und ab tigerte und spürte einen riesigen Kloß in ihrem Hals. Es musste ihn schmerzen, wie seine Eltern ihn behandelten. Es musste schmerzen, zu wissen, dass er ihnen so egal war. "Cassian..", brachte sie gerade noch hervor und es schwang so viel Schmerz und Mitleid in seinem Namen mit. „Glaubst du denn wirklich, ich wäre gefragt worden?" Sie schüttelte nur leicht den Kopf und starrte in seine hellen Augen, als er stehen blieb und zu ihr hinab sah. "Man will auch meine Bedenken oder meine Einwände nicht hören. Es interessiert keinen, was ich will!“
"Es tut mir leid"
, bekam sie dann doch noch zustande. "Es ist furchtbar, was sie dir antun." Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Es musste schwer auf seinem Herzen lasten und es belastete auch sie.

Ysara sah, wie er sich hilflos durch die Haare fuhr. Sie hätte ihm gerne gesagt, dass alles gut werden würde, aber sie konnte ihn nicht anlügen. Es tat gut zu sehen, dass er den Frust und Ärger zumindest mal heraus ließ. Dann sah er kurz zur Tür und sie hatte für einen Moment Angst, dass dort jemand war. Die grünen Augen folgten seinem Blick, aber sie waren allein und sie spürte Erleichterung darüber. Sie hoffte eindringlich, dass hier keiner so schnell herein platzen würde und Cassian und sie noch Zeit hatten. Als sie seine Absicht erkannte, sich wieder neben sie zu setzen, stellte sie ihre Füße auf den Boden ab und rutschte ein kleines Stück zu ihm heran. Auch sie suchte ganz selbstverständlich seine Nähe und auch sie suchte seine Hand.
„Glaubst du denn wirklich…ich will von hier fort?“ Ysara schaute auf ihre beiden Hände hinab. Sie glaubte es nicht und sie wollte gar nicht darüber nachdenken. „Dass ich … das hier… dich.. uns und… die anderen aufgeben möchte?“ Dich.. uns.. Worte, die sie selbst so oft gesagt hatte und die ihr bisher nie so nah gegangen waren, wie in diesem Augenblick. Ysara hob den Kopf und schaute in seine blauen Augen und allein ihr Blick offenbarte einen Teil ihrer Gedanken. Sie verspürte plötzlich den Wunsch, ewig hier zu sitzen und seine Hand zu halten. Sie genoss die Zeit mit ihm, die ehrlichen Gespräche und sie wusste, dass ihre Freundschaft etwas Besonderes war. Es war ihr nie wichtig gewesen, wie genau sie die Zeit verbrachten, so lange sie sich überhaupt sahen. Es war auch zweitrangig gewesen, wie nah sie sich kamen. Ihre Berührungen, wie das Halten ihrer Hände, waren so selbstverständlich, dass es einfach zu ihnen dazu gehörte und Ysara nie darüber nachgedacht hatte, ob es sich schickte oder ob es etwas zu bedeuten hatte. So wie es bisher war, hatte es für Ysara gereicht, denn Cassian war da und das zählte. Es war genug. Aber vielleicht war es gar nicht so oberflächlich, wie sie sich das immer eingeredet hatte. Es war alles gut so gewesen, wie es war, weil sie noch so viel Zeit zusammen hatten. Doch diese Zeit lief nun ab. Cassian würde gehen müssen. Ysara umfasste seine Hand bei dieser Erkenntnis fester und ließ sie diesmal nur sehr widerwillig los, als er aufstand und seine Hand aus ihrer zog. Manchmal musste einem erst vor Augen geführt werden, was man verlieren würde, um zu realisieren, was man wollte. Der Gedanke, dass er gehen würde, ließ sie nicht los und ihr wurde zum ersten Mal klar, wie sehr seine Nähe ihr fehlen würde.

„Aber ich muss es tun. Ysara. Ich muss es tun, denn wenn ich mich dagegen auflehne, dann sind nicht nur meine Eltern in Gefahr…“ Die Gefühle in ihr waren plötzlich so laut, dass sie ungewohnt schweigsam war. Sie gab ihm Raum, das Ganze endlich rauslassen zu können, all das Unverständnis und den Widerwillen. Doch der Moment währte nicht lange und schon suchte er wieder nach Gründen, die ihm seine einzige Möglichkeit, die ihm blieb - und zwar die Dinge so anzunehmen, wie sie waren -, erträglicher machten. Es tat ihr furchtbar leid, ihn in diesem Zwiespalt zu sehen. Sie war die Erste, die ins offene Feuer springen würde, um ihn vor all dem zu bewahren, aber sie konnte nichts tun und das ließ sie hilflos zurück. Aber dieser Gedanke, tatenlos zuzusehen, missfiel ihr. Jetzt hier zu sitzen und nichts zu tun, würde auch sie unglücklich machen. Sie war nicht geboren worden, um nichts zu tun. Sie konnte ihm zuhören und ihm zeigen, dass er nicht ganz alleine war. Ysara erhob sich, um zu ihm zu gehen, während er mit dem Rücken gegen das Bücherregal lehnte. Ihr Kleid fiel direkt wieder in seine Position und folgte fließend ihren Bewegungen, während er versuchte, sich weiter zu erklären.
„Auch die Vögel sind in Gefahr… Und du…“ Sein, wenn auch schwaches Lächeln, ließ ihr Herz einen Moment schneller schlagen und ein Lächeln huschte über ihre Lippen. Nun stand sie bereits vor ihm und musste den Kopf leicht heben, um ihm noch in die Augen zu schauen. „Und glaube mir, das sind mir zu viele Opfer, um mich deshalb gegen all das aufzulehnen…. Nein, Ysi. Eher verschwinde ich von der Bildfläche und weiß, dass es euch… dir gut geht!“
"Was redest du da?"
, fragte sie plötzlich frei heraus, aber mit einem gutmütigen Grinsen. Ihr Auftreten in dem hübschen Kleid, in dem sie rein äußerlich wunderbar in die Gesellschaft passte, bekam durch ihre Worte wieder einen Riss. Jetzt war sie es, die kurz zwischen einer Lücke im Regal zur Tür lugte, um sich zu vergewissern, dass sie alleine waren, ehe sie wieder seinen Blick suchte. Sie räusperte sich kurz, denn es machte sie plötzlich nervös, ihm so nah zu sein. Jetzt, wo ihr bewusst geworden war, dass sie das Leben ohne ihn nicht aushalten würde.
"Und du meinst, sobald du verschwindest, vergessen wir dich und leben das Leben hier fröhlich ohne dich weiter? Du machst es dir zu einfach, Cassian. Es ehrt dich, dass du dir Sorgen um uns machst.." Das tat sie ja selbst auch, schließlich hatte sie ihn aus dem gleichen Grund erst vor einigen Stunden gebeten, die Krähen die nächste Zeit nicht aufzusuchen. Aber sie glaubte, dass er sie alle gerade nur vorschob, um das Ganze mit so viel Würde anzunehmen, die ihm noch blieb. Das war auch der Grund, wieso sie sich mitten im Satz dazu entschied, darauf nicht weiter einzugehen. Sie seufzte und schaute ihren Händen dabei zu, wie sie wie von selbst nach dem Kragen seines Hemdes fassten, als müssten sie ihn richten. Dabei sah er selbst jetzt noch gut aus, viel besser als in seinem gestriegelten Aufzug. "Wenn du gehst, wird das der schwerste Tag meines Lebens." Sie starrte das Hemd vor ihren Augen an. Sie traute sich nicht, ihn dabei anzusehen. Sie wollte es ihm nicht noch schwerer machen, aber sie konnte ihre Gedanken auch jetzt nicht vor ihm zurückhalten.

Im nächsten Moment hörte sie etwas vor der Tür der Bibliothek klappern. Sofort löste sie sich von ihm und entfernte sich einige Schritte. Sie erstarrte und schaute einige Momente angespannt zur Tür, ehe deutlich wurde, dass niemand den Raum betrat. Sie atmete erleichtert aus, dennoch blieb eine innere Anspannung. Dann schaute sie über die Schulter zu Cassian zurück, der sich in der gleichen Bewegung vom Regal abgestoßen hatte. Sie waren immer auf der Hut und immer bereit, auf Abstand zu gehen. Ihre letzten Worte lagen noch in der Luft und hingen zumindest ihr noch nach.
„Die Abenteuer der Arenne Lotaz“, griff Cassian nun seinerseits etwas weniger brisantes auf. Ysara schaute auf das Buch in seinen Händen. „Leihst du mir das? Ich gebe es dir, sobald wir uns wiedersehen….“ Ysara erstarrte erneut und blickte schweigend auf das Buch. Dann drehte sie sich wieder zu ihm um und überwand den Abstand zwischen Cassian und sich. Sie griff nach dem Buch, wobei ihre Finger für einen Moment auf seiner Hand liegen blieben.
"Bitte geh noch nicht jetzt", sagte sie leise und eindringlich, weil seine Worte unvermittelt die Befürchtung geweckt hatten, dass er nun den Abschied einläuten wollte. Sie war noch nicht bereit dafür, sie wollte ihn nicht gehen lassen. Ysara nahm ihm das Buch aus der Hand und betrachtete den dunkelblauen Einband, über den sie liebevoll mit den Fingern strich. "Das Ende wird dir nicht gefallen", prophezeite sie. Arenne hatte viel erlebt und viel erreicht. Man konnte sich die ein oder andere Weisheit daraus nehmen und es regte zum Nachdenken an. Aber am Ende war sie gestorben. Alleine. Der Blondschopf legte das Buch neben ihnen in das Regal und seufzte, noch immer den Einband betrachtend. "Es endet, wie unser aller Leben."
Wer war schon wirklich glücklich in diesem großen Gefüge? Ihre Eltern mochten eine Ehe auf Augenhöhe und aus Zuneigung führen. Aber sonst.. hörte man doch selten davon. Viele wurden an ihre Männer oder Frauen gebunden und lebten miteinander, weil sie es mussten und weil eine Trennung dann unter keinen Umständen mehr in Frage kam. Jetzt wurden sogar schon die freundlichsten Männer den Dunkelelfinnen versprochen.
"Du kannst es nachher mitnehmen und wenn sie deiner überdrüssig wird, was nicht passieren wird, dann bringst du es wieder mit." Erst jetzt fand sie den Mut, zu ihm hinauf zu sehen. Sie sah ihn traurig an. Er konnte nicht nur ihren Worten, sondern auch den Blick aus grünen Augen entnehmen, dass sie nicht damit rechnete, dass er zurückkehrte. Er konnte nicht darüber bestimmen, nicht nach Morgeria zu gehen und er würde nicht darüber bestimmen können, wieder zurück nach Grandea zu kommen. Er zog in die Heimat seiner Frau, die voller Dunkelelfen war und würde kämpfen müssen, um dort Ansehen zu erlangen. So wie es die Dunkelelfen gerade in Grandea taten. Sie wusste, dass er sich durchbeißen würde, aber sie wusste auch, dass ihm der Halt fehlen würde, den sie sich hier gegenseitig gaben. Ysara konnte nur hoffen, dass seine Frau nicht ganz so schlecht war, wie man es den Dunklen nachsagte, und das sie das Gute in Cassian erkannte. Er würde es ihr sicher leicht machen. Sie hatte unzählige Frauen gesehen, die ihn umschwärmten und denen er allein mit seiner zuvorkommenden Art den Kopf verdreht hatte. Ysara konnte nur hoffen, dass auch Ta'nurie zu diesen Frauen zählten, damit er ein gutes Leben neben ihr führen konnte. Die Blonde schob den Gedanken an seine Zukünftige zur Seite. Sie hatten nicht viel Zeit und den Rest davon wollte sie nicht über die Elfe nachdenken.
"Ich bin froh, dass du noch einmal hergekommen bist", sagte sie schließlich mit erstickter Stimme, weil ihr plötzlich bewusst wurde, dass es kein Zurück gab. Sie musterte sein Gesicht von so nah, als würde sie sich jedes Detail einprägen müssen. "Bitte vergiss' nicht, dass einer Person auf dieser Welt nicht egal ist, was du willst. Ich wünschte, du könntest bleiben und nur einmal das tun, was dein Herz dir sagt." Sie sah ihn an, aber dann hüpften ihre Augen unruhig umher. Die letzten Minuten hatten ihr klar gemacht, dass sie sich Cassian gegenüber schon lange nicht mehr so benahm, wie es für eine Freundschaft angemessen war. Und mit diesem Wissen war nun auch die Unbekümmertheit ihrer Berührungen verschwunden. Sie blickte flüchtig zu ihrer Hand, die sich auf seine Brusthöhe hob, bevor sie ihre Finger zögerlich auf sein Hemd legte. Sie wirkte mit einem Mal nervös und unsicher, weil sie eigentlich gar nicht wusste, was sie hier gerade tat und was sie von Cassian erwartete. Feigheit hatte man Ysara noch nie vorwerfen können und auch jetzt stand sie tapfer vor ihm, obwohl ihr bewusst war, dass sie ihm viel zu nah war und obwohl sie keinerlei Erfahrung mit Annäherungen dieser Art hatte. Sie tat nur das, was sie sich selbst von ihm wünschte. Sie hörte ihrem Herz zu, das sich in Anbetracht des endlichen Abschieds über einiges klar geworden war, und versuchte tapfer den Drahtseilakt zu meistern, der sich zwischen ihren Gefühlen und dem versprochenen Cassian, der vor ihr stand, auftat.

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Samstag 28. Oktober 2023, 22:28

Sadia hatte prophezeit, dass Cassian irgendwann an all der Etikette und Pflicht ersticken würde – oder aber platzte. Sie hatte Ysi gut zugesprochen, in der Hoffnung, ihr ein wenig Licht in diesen dunklen Tagen zu schenken. Jetzt aber zeigte sich, wie sehr der adelige Sohn in seine Rolle hineingewachsen war. Ein Auflehnen kam für ihn nicht in Frage, denn es hätte zur Folge, dass alle um ihn herum in Gefahr waren. Allein, dass er nun hier vor Ysara stand und mit ihr so vertraut sprach, hätte einen Skandal auslösen können. Mehr denn je, denn jetzt war er so gut wie verheiratet. Bisher hatte sie das Gerede niemals aufgehalten sich zu sehen und die Köpfe kichernd zusammenzustecken. Aber jetzt? Jetzt war einfach alles anders. Cassian würde heiraten. Und damit nicht genug, er würde danach fortgehen. Unerreichbar für Ysara und vermutlich dem Schlimmsten ausgeliefert. Man hörte die Geschichten… und Ysi las sehr viel. Morgeria war ein Gewaltpfuhl und das Recht des Stärkeren war das oberste Gebot. Sicher, in Grandea war auch überhaupt nicht alles in Ordnung. Aber hier galten gewisse, menschliche Gepflogenheiten, an die sich jeder zu halten wusste. Mal mehr, mal weniger. Aber dort? Dort konnte Cassian’s Stand nichts ausrichten. Denn sollte er dort nicht angemessen behandelt werden, würde gewiss nicht der neue General alle Kräfte mobilisieren, um einen Befreiungsschlag zu initiieren. Die Lage war … aussichtslos. Endgültig. Ysara aber wurde gerade in dieser Endgültigkeit etwas bewusst: Da waren seltsame, neue Gefühle in ihr, wenn sie Cassian ansah. Wenn sie ihm zuhörte und erkannte, welch schwere Bürde auf seinen Schultern ruhte. Sie war ihm immer eine tiefverbundene Freundin gewesen. Es war vollkommen natürlich, dass sie einander auch näherkamen. Doch auf einmal… fühlte es sich anders an. Zu wissen, sie könnte ihn verlieren, machte etwas mit der blonden Krähe. Sie spürte, dass die Zeit drängte und dass es vielleicht zu spät sein könnte, wenn sie nicht jetzt einen gewissen Vorstoß wagte. Aber Ysara war unerfahren und gleichwohl von der neuen Situation überrumpelt. War es denn wirklich echt? Oder nur der Situation geschuldet? Sie erhob sich, um zu ihm zu gehen.

Cassian beobachtete sie, während ihr Kleid sanft um ihren Körper schwang. Sein helles Blau musterte sie fest und ohne Scheu oder Scham. Cassian wusste, was er tat, während sie sich mit jedem Schritt und unter seinem Blick nicht so sicher war. Ihr Herz klopfte vernehmlich, je näher sie ihm kam. Plötzlich war seine Nähe anders. Aufregender. Es kribbelte überall und verwirrte sie. Sein Edelmut, sich für alle anderen zu opfern, brachte sie dazu aus ihrer augenscheinlichen Rolle herauszufallen und sie erwiderte das kurze Lächeln. "Und du meinst, sobald du verschwindest, vergessen wir dich und leben das Leben hier fröhlich ohne dich weiter? Du machst es dir zu einfach, Cassian. Es ehrt dich, dass du dir Sorgen um uns machst.." Er musterte sie. Seine Augen ruhten weiterhin auf ihrem Gesicht, während sich ihre Hände selbstständig machten und seinen Kragen fassten. Cassian harrte aus. Sein Blick glitt über ihre Züge, die sowohl Eleganz als auch Schalk ausstrahlten und erneut stieg die Wärme zwischen ihnen auf. War er das? "Wenn du gehst, wird das der schwerste Tag meines Lebens." Ihre Augen ruhten auf dem Hemd, das sie gerade versuchte zu richten, obwohl es gar nicht nötig wäre. Cassian zog seine Hände aus seinen Taschen und wollte gerade nach ihr fassen, als ein Geräusch die beginnende, traute Zweisamkeit löste. Sie floh und nahm eine neue Position ein, die passend wäre, falls man sie erwischen würde.
Cassian hatte sich aufgerichtet und wartete kurz, ob jemand eintreten würde. Allerdings hörte man nur einen zischenden, aber unverständlichen Fluch, ehe offenbar Scherben aufeinandergestapelt wurden und dann ein Handfeger geholt wurde. Herein kam aber niemand. Als sich die beiden wieder sicher sein konnten, war der Moment dahin. Cassian schob nun Aktionismus vor und entdeckte ein Abenteuerbuch, das er sich leihen wollte. Die Titelfigur war eine toughe und schlagfertige junge Frau, die sich in Schatzsucherei versuchte. Sie war eloquent, belesen und witzig. Und er wählte das Buch nicht ohne Grund. Ysara aber kehrte zu ihm zurück. Sie griff nach dem Einband und als sich ihre Finger berührten, da hob er den Blick in ihr Gesicht. Er verharrte dort. "Bitte geh noch nicht jetzt. Das Ende wird dir nicht gefallen… Es endet, wie unser aller Leben." Er beobachtete sie dabei, wie sie das Buch ins Regal legte und traurig zu werden schien, ob ihrer Gedanken. Cassian aber schmunzelte bei ihrem Anblick leicht. Er griff nun doch nach vorne und erreichte sanft ihr Kinn. Er hob es an, bevor er ein Stück näherkam. Mit ruhiger, leiser Stimme murmelte er: „Man muss jeden Tag aufstehen und in den Spiegel sehen können. Und wenn du einen Tag geschafft hast und abends noch denselben vor dir siehst, dann war es ein guter Tag…“, entgegnete er und ließ sie wieder los. "Du kannst es nachher mitnehmen und wenn sie deiner überdrüssig wird, was nicht passieren wird, dann bringst du es wieder mit." Erst jetzt trafen sich ihre Blicke wieder. Grün vermischte sich mit Blau und die Nähe zueinander führte unweigerlich zu einer Wärme, die sie bisher nicht wirklich wahrgenommen hatten. Die Zeit schien langsamer zu laufen. Nichts und niemand konnte ihnen nun in die Quere kommen, wenn sie es nicht zuließen.

Ysara spürte die Trauer, die wohl jeder spüren würde, wenn er erkannte, dass er alle Karten gespielt und sämtliche Trümpfe gelegt hatte. Es gab kein Zurück, keinen Ausweg. Cassian Andeus Jafor würde diese Stadt verlassen und als Mann einer Dunkelelfe sein Dasein fristen. "Ich bin froh, dass du noch einmal hergekommen bist. Bitte vergiss' nicht, dass einer Person auf dieser Welt nicht egal ist, was du willst. Ich wünschte, du könntest bleiben und nur einmal das tun, was dein Herz dir sagt." Cassian’s Ausdruck verlor das Neckische und er wurde ernst. Sein Gesicht besaß keine Falten. Aber seine Augen strahlten bereits einiges an Lebenserfahrung aus. Er war mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel aufgewachsen, aber die Jahre haben ihn nicht überheblich werden lassen. Cassian war klug und sein Ruf war stets rein. Sicherlich – die Frauen liefen ihm nach und er hatte es auch genossen. Doch was davon waren tatsächliche Fakten und was nur Gerüchte? Zumindest hatte Cassian in Gegenwart von Ysara niemals über eine andere Frau auf intime Weise gesprochen. Sie haben sich hier und dort mal belustigt und sich einen kleinen Spaß erlaubt, aber ansonsten… Er prahlte nicht. Er gab nicht an. Nun aber gab es keine anderen Frauen. Cassian sah sie an, Ysara. Mit seinen tiefgründigen, hellen Augen, die in Ysara genau das sahen, was andere am liebsten verbergen wollten. Als ihre Hand seine Brust berührte, zuckte sein Blick kurz, blieb aber an Ort und Stelle. Die Atmosphäre schien sich auf sie beide zu konzentrieren und es knisterte. Oder war das das Kaminfeuer? Wärme baute sich auf, die Luft flirrte und alles reduzierte sich auf sie beide. Ysara konnte unter ihrer Hand das Herz von Cassian schlagen spüren.
Es war… ruhig… beständig und beruhigend. Seine Augen verließen ihre, ehe sie hinabwanderten über ihre Wangen bis zu ihren Lippen. Dort verweilten sie einen Augenblick, bevor er wieder ihren Blick suchte. Er leckte sich leicht über die eigenen Lippen, bevor er seine Linke endlich tätig werden ließ. Sie glitt über ihre Taille und legte sich an ihre Hüfte. Warm und fest war sein Griff, ehe seine andere Hand ihre Wange berührte. Cassian lehnte sich leicht vor, schrägte seinen Kopf und sah weiterhin in ihre Augen. Aber jetzt schien er sich vergewissern zu wollen, dass es in Ordnung war, was er tat. Er fragte… stumm. Dann war es endlich so weit. Er lehnte sich weiter vor, bis seine Lippen, die ihren beinahe berührten. Ysara konnte den warmen Atem auf ihren eigenen fühlen, die stumme Erwartung dessen, was gleich passieren würde.

Nun erhöhte sich auch Cassian’s Herzschlag merklich und er senkte seine Augenlider. Es fehlte nur noch ein kleines Stück und ihre Freundschaft würde auf eine vollkommen neue Ebene gehoben. Dann überbrückte Cassian die letzten Millimeter und Ysara spürte wie einem sanften Flügelschlag eines Schmetterlings gleich, die Weichheit seiner Lippen, die ihren berührten. Sie konnte den sanften Druck gegen über Hand spüren, als sich sein Oberkörper weiter vorlehnte und sich seine Lippen mehr mit ihren vereinen wollten. Es war wie das erlösende Ende eines guten Buchs. Wenn endlich alles gut wurde. Diese hauchfeine Berührung, die nach mehr schrie und die Cassian ausführen wollte, war der Höhepunkt der Geschichte. Doch dann entschied sich der Autor im letzten Moment, eine Fortsetzung zu kreieren. Die Tür zur Bibliothek flog mit einem Mal auf, sodass ein Ruck durch Cassian ging, er augenblicklich den sich gerade aufbauenden Kuss auflöste und sie losließ. Er glitt an ihr vorbei und trat zum Sofa, um nach seinem Mantel zu greifen. „Herr Jafor, seid ihr noch hier?“, fragte plötzlich der unangenehme Tonfall ihrer Schwester Elysia. Es kam einem unfreiwilligen Eisbad gleich, dass es nun ausgerechnet sie war, die störte was hätte entstehen können. Cassian war so schnell gewesen, dass er in perfekter Haltung neben Ysara stand und die Hände auf den Rücken gelegt hatte. Seinen Mantel trug er inzwischen wieder. Einzig seine Haare waren nicht mehr so perfekt und seine Wangen trugen einen sanften Rotschimmer. „Herrin Elysia, welch Freude. Was kann ich für euch tun?“, die Schwester betrachtete Ysara und Cassian einen Moment, als sie sie zu Gesicht bekam. „Nun, der Diener Darron sagte, ihr wärt hier. Ich hoffe, ihr hattet keine … Umstände?“, ihr Blick traf Ysara. Cassian aber lächelte charmant, wie er eben sein konnte. „Nicht doch, wir haben uns ausgesprochen und… alles geklärt.“, fügte er an und stockte kurz. Nichts war geklärt. Mehr denn je war nichts geklärt. „Nun, das freut mich zu hören. Wir machten uns bereits Sorgen, Elinor hätte euch… vergrault.“, giftete sie, ohne irgendeine Nuance an Höflichkeit zu verlieren. „Dürfen wir etwas mitbringen, zu den Feierlichkeiten?“, fragte sie und wedelte wieder aristokratisch, wie sie sein wollte, mit dem Fächer. „Nicht doch, ich habe eingeladen. So fühlt euch auf der Feier wohl und seid meine Gäste.“, neigte er höflich den Kopf. „Sehr wohl, dann… bis später. Ich geleite euch zur Tür?“, fragte sie, mit erneutem Blick auf Ysara. Sie schien die Situation nicht ganz glauben zu wollen. Elysia würde aber niemals eine Szene machen. „Vielen Dank, geht nur voraus.“, sagte Cassian und beendete damit das Treffen zwischen ihm und Ysara. Elysia aber knickste höflich und ging dann bereits vor die Tür, um dort auf Cassian zu warten. Jener aber wandte sich zu Ysara und griff nach dem Buch von Arenne. Dann griff er Ysara’s Hand und hauchte ihr einen Handkuss auf den Rücken. Bevor noch jemand stören konnte, neigte er sich ihrem Ohr entgegen und raunte: „In einem anderen Leben, Ysi…“ Dann löste er sich endgültig und verließ mit schnellen Schritten die Bibliothek. Dieses Buch wurde mit dem Klappen der Tür beendet und ließ unglückliche Herzen und unerhörte Wünsche zurück.
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Sonntag 29. Oktober 2023, 17:23

Die junge Ysara wurde von gänzlich neuen Gefühlen überrollt. Cassians Nähe machte sie plötzlich nervös und ließ ihr Herz schneller schlagen. Jeder seiner Blicke weckte ein Kribbeln in ihr, und eine ebenso starke Unsicherheit. Sie hatte gesehen, wie er die Hände aus den Hosentaschen nehmen wollte, kurz bevor die Geräusche vor der Tür sie aufgeschreckt hatten. Vielleicht reagierte sie auch etwas über, weil ihre Nerven so gespannt waren. Aber die Bewegung von ihm, so klein sie auch gewesen war, hatte gereicht, um ihr zu zeigen, dass da mehr auf sie warten könnte. Schließlich nahm sie ihm das Buch über die Abenteurerin aus den Händen und legte es zurück ins Regal. Sie mochte das Buch und es hatte sie in einigen Dingen beeinflusst. Arenne konnte für ein junges Mädchen in vielen Dingen ein Vorbild sein und Ysara hatte sich sicherlich das ein oder andere angenommen. Aber die Schatzsucherin hatte kein gutes Ende gefunden. Die Frage war natürlich, wer überhaupt ein gutes Ende in diesem Leben zu erwarten hatte, das Cassian und sie führten. Für sie standen die Chancen noch ganz gut. Cassian aber würde nach Morgeria gehen und dunklen Wölfen zum Fraß vorgesetzt werden. Seine unvorhersehbare Berührung unter ihrem Kinn riss sie aus ihren wehmütig werdenden Gedanken. Sie erstarrte kurz, wich jedoch nicht zurück. Langsam folgte sie der Bewegung seiner Finger und sah zu ihm auf, während es in ihrem Bauch zu flattern begann, ob seiner Berührung und dem Schmunzeln, das ihre Augen plötzlich erfassten, als sie zu seinen Lippen hinab sah.
„Man muss jeden Tag aufstehen und in den Spiegel sehen können. Und wenn du einen Tag geschafft hast und abends noch denselben vor dir siehst, dann war es ein guter Tag…“
Ysara dachte offenbar darüber nach, denn ihre Augenbrauen zogen sich über ihre Nase zusammen. War es so erstrebenswert, am Abend der gleiche Mensch wie am Morgen zu sein? Jeden Tag den gleichen Menschen zu sehen, ohne sich zu verändern? Cassian erkannte wohl, dass ihr unsteter Geist nicht ganz mit seinen Worten mitging. Aber das Letzte, das sie jetzt tun wollte, war philosophisch zu werden und mit ihm zu diskutieren. Sie kam zurück auf das Buch zu sprechen und verdeutlichte gleich, dass sie nicht davon ausging, ihn wiederzusehen. Und dieser Gedanke schmerzte, weil er neu für sie war. Wie oft hatte sie keine Lust auf einen anstehenden Anlass gehabt, bis sie erfahren hatte, dass auch Cassian dort sein würde. Er machte die Welt besser. Er machte ihre Welt besser. Und das begriff die Blonde nun, wenn auch viel zu spät.

Sie war froh, dass er noch einmal zu ihr gekommen war, denn ihr dämmerte langsam, dass das hier eine letzte Chance war. Ihr war durchaus bewusst, dass es zu spät war, aber sie wollte sie trotzdem ergreifen. Es wäre besser, wenn sie an Cassians Integrität dachte und ihn gar nicht erst in diese Bredouille brächte. Aber der endgültige Abschied weckte die Erkenntnis über ihre Gefühle und wenigstens das eine Mal stellte Ysara diese nun an erste Stelle. Wenn es erst einmal still um sie herum würde, würde sie sicherlich bereuen, dass sie ihre Gefühle für Cassian über so viele Jahre und bei so vielen Begegnungen verkannt hatte. Aber sie wollte nicht alles bereuen. Jetzt hatte sie eine letzte Chance, um einen kleinen Vorstoß zu wagen. Vorsichtig und durch seine Reaktion vor dem Zwischenfall vor der Tür beflügelt, als er körperlich auf sie hatte reagieren wollen, hob sie also die Hand und legte sie an seine Brust. Gleichzeitig hielt sie kurz den Atem an, weil sie nicht wusste, was geschehen würde und was ihre Berührung heraufbeschwören würde. Würde er zurückweichen? Zurück in seine Rolle, in der Loyalität das höchste Gut war? Ysara befürchtete es und die äußerlich kleine Berührung kostete sie einen ganzen Berg Überwindung. Doch sie wurde mit einem unbeschreiblich warmen Gefühl belohnt, das sich irgendwo zwischen ihrer Hand und seiner Brust zwischen ihnen aufbaute. Sie merkte, dass er zu ihr hinab sah und wo sie ihn zuvor tausendmal unschuldig und frei von Hintergedanken angesehen hatte, fiel ihr dieser eine Blick in seine Augen nun deutlich schwerer. Der einzige Grund, wieso sie sich überhaupt traute, Cassian so nahe zu kommen, war das uneingeschränkte Vertrauen zwischen ihnen, das ihr erlaubte, auch ihre Unsicherheit zu zeigen und Fehler zu machen.
Unter ihrer Hand schlug sein Herz ruhig und das allein beruhigte ihre Nerven ein wenig. Sein Herzschlag erdete sie. Sie bemerkte, wie sein Blick an ihrem Gesicht hinunter glitt und spürte gleichzeitig, wie sich ihr eigener Herzschlag um einen weiteren Takt beschleunigte. Ihre Augen huschten unweigerlich zu seinen Lippen hinunter, als sie dort eine Reaktion auf ihren Anblick bemerkte. Sie spürte ein nervöses Kribbeln im gesamten Körper, das kaum auszuhalten war. Sie war aufgeregt und angespannt. Sie hatte ihn oft berührt, aber nie so. Die Zeit schien still zu stehen, die Sekunden verstrichen quälend langsam. Dann bewegte er sich endlich und sie spürte seine Hand ihre Taille hinunter streichen, bis zu ihrer Hüfte, an der sein folgender Griff einen kleinen Brand auslöste. Keine Berührung war mehr unverfänglich, im Gegenteil. Jede löste eine unbekannte Aufregung in Ysara aus. Sie sog die Luft in einem tiefen Atemzug ein, als er dann auch noch ihre Wange berührte. Kein anderer hatte sich das je getraut und je getan. Und keinem anderen hätte sie es erlaubt. Augenblicklich schoss ihr bei seiner warmen Berührung liebliche Röte in die Wangen. Sie hatte so etwas noch nie erlebt. Nun huschten die grünen Augen nicht mehr verlegen umher, sondern blickten in seine blauen Augen, die ihr näher kamen. Und näher. Und noch näher. Sie sah die stumme Frage in seinem Blick. Ysara verharrte, sie wich nicht zurück, aber sie bewegte sich auch nicht, weil sie nicht wusste, was sie tun sollte. Doch da war kein Widerstand, lediglich Unsicherheit, die sie zurückhaltend reagieren ließ. Wie oft hatte sie mit den Protagonisten in ihren Büchern über hunderte Seiten mitgefiebert bis zu ihrem ersten Kuss und erlösend geseufzt, als es dann endlich so weit war? Jetzt selbst, so plötzlich und dann auch noch mit Cassian in dieser Situation zu stecken, überforderte sie. Wo der Kopf noch überlegte, wie sie es anstellen sollte, gab ihr Herz schon den Anstupser und ließ ihren Körper reagieren. Ihr Kopf neigte sich leicht in die entgegengesetzte Richtung von Cassian und ihre Lippen öffneten sich erwartungsfreudig, während sie Cassians Kopf zögerlich entgegenkam. Sie spürte, wie sein warmer Atem gegen ihre Lippen stieß, und sie spürte, wie sich sein Herzschlag unter ihrer Hand beschleunigte, während ihres es seinem gleich tat. Der Geruch von Zucker und Mandeln legte sich über sie und unterstrich sein süßes Handeln. Während sich seine Augenlider senkten, hüpfte ihr Blick noch zwischen seinen geschlossenen Augen und Lippen hin und her. Bis sie endlich auf ihre trafen. Ysara war überrascht über die Intensität, die diese federleichte Berührung auslösen konnte. Seine Lippen waren warm und behutsam. Das Flattern dieser Berührung vermischte sich mit dem Flattern in ihrem Bauch, das stärker wurde, als die Schmetterlinge darin zu fliegen begannen. Die Welt um sie herum verschwamm und da war nur noch dieser Augenblick, der sich auf sie beide alleine konzentrierte. Jetzt schloss auch Ysara die Augen und wollte auf Cassian vertrauen, der sich ihr schon entgegen lehnte und deren Lippen sie sehnsüchtig in Gänze erwartete.

Mit dem plötzlichen Aufstoßen der Tür brach die kalte Realität über Ysara herein und entlud sich als Keuchen. „Herr Jafor, seid ihr noch hier?“ Sofort öffneten sich ihre Augen, doch diesmal reagierte Cassian schneller. Er schuf mit einer fließenden Bewegung Abstand und nahm ihren ersten Kuss mit sich mit. Noch immer glaubte sie, den Widerhall seiner weichen Lippen auf ihren zu spüren, doch Cassian war schon längst bei dem Sofa und versuchte zu retten, was zu retten war. Ysara kehrte schlagartig zurück aus ihrer kleinen erschaffenen Welt. Da war keine Zeit für Wehmut oder verklärte Blicke. Es war wie ein Sprung ins eiskalte Wasser. Sie musste auftauchen. Ysara griff geistesgegenwärtig nach dem Buch, das sowas von unwichtig in der letzten Minute geworden war. Als sie sich zu ihrer Schwester herum drehte, stand Cassian schon in seinem Mantel neben ihr und erkundigte sich, was er für sie tun konnte. Auch Ysara fand schnell zurück in ihre Haltung. Als wären all die Gelegenheiten, in denen man ihnen zu unrecht etwas hätte vorwerfen können, nur die Übung für diesen Vorfall gewesen. Sie schaute Elysia neutral entgegen, auch wenn sie befürchtete, dass sie ihren Herzschlag bis zur Tür hören konnte.
„Nun, der Diener Darron sagte, ihr wärt hier. Ich hoffe, ihr hattet keine … Umstände?“ Ysara reckte das Kinn und blickte ihr beinahe trotzig entgegen. Cassian aber war schneller als sie. „Nicht doch, wir haben uns ausgesprochen und… alles geklärt.“ Ysara nickte pflichtbewusst und widerstand dem Drang, zu Cassian hinauf zu sehen. Nichts war geklärt! Doch sie drängte alle Gefühle und Gedanken in den Hintergrund. Jetzt brauchte sie all ihre Konzentration, um über das Geschehene hinweg zu spielen und Cassians Haut zu retten. Elysia beobachtete sie wie eine Katze die Maus und schien nur darauf zu warten, dass sie sich bewegte und ihr einen Grund gab, sie sich zu krallen. „Nun, das freut mich zu hören. Wir machten uns bereits Sorgen, Elinor hätte euch… vergrault.“
"Nicht doch, Elysia. Ich habe mich höflichst für mein Benehmen entschuldigt. Wir konnten das Problem aus der Welt schaffen. Herr Jafor wollte sich nur noch dieses Buch ausleihen." Zur Unterstreichung ihrer Worte hob sie den Einband etwas in die Höhe. Elysia wollte noch wissen, ob sie etwas zur Feier mitbringen konnten, aber Cassian schlug, wohlerzogen wie er war, das Angebot aus. Somit war wohl alles gesagt. Oder gar nichts. Kein Problem war aus der Welt geschafft. Es war jedoch ein neues dazu gekommen. Noch immer wagte Ysara nicht, Cassian anzusehen, weil sie fürchtete, dass ihr Blick mehr verraten würde. Somit stand sie ungewohnt steif neben dem Erben, denn in Angesicht der Gefahr fehlte es ihr an Leichtigkeit, was für ihre Schwester aber durchaus auch den Anblick von höflicher Zurückhaltung erwecken konnte, den man so oft von ihr erwartete. Elysia bot Cassian an, ihn zur Tür zu geleiten und sah sie für einen Moment an, als wäre sie ein Jagdhund, der etwas witterte. Ysara spürte die Hitze in ihrem Gesicht, auch wenn sie versuchte, alles zu überspielen. Cassian nahm das Angebot ihrer Schwester an und Elysia ging voraus, sodass sie wenigstens noch ein paar Augenblicke zu zweit hatten.

Ysara schaute nun endlich zu Cassian hinauf und dann lächelte sie einfach nur. Etwas scheu vielleicht, was ihr aber gut zu Gesicht stand und Cassian zeigte, dass sie nicht alles so selbstsicher meisterte, wie er vielleicht gedacht hatte. Er schaffte es, sie auf andere Weise aus der Ruhe zu bringen. In ihrem Inneren herrschte das pure Chaos. Sie reichte ihm das Buch und als er nach ihrer Hand griff und einen Kuss darauf hauchte, drückten ihre Fingerspitzen seine Hand. Ihr fehlten die Worte. Sie versuchte durch Blicke zu erkunden, was er dachte, aber sein Körper hatte deutlich gesprochen. Hätten sie Zeit gehabt, hätte er diesen Kuss ohne Zögern beendet.
"Das war schön", gestand sie leise, auch wenn es die Situation nicht besser machte. Aber sie wollte, dass er wusste, dass es.. ihr gefallen hatte. Sie war traurig über das abrupte Ende und all das, was sie verpassen würde. Aber sie war auch voller Glücksgefühle und die überspielten gerade noch die Wehmut. Cassian löste sich und ihr Herz machte einen Satz, als er sich zu ihr beugte. Unweigerlich sah sie zu seinen Lippen hinab, doch dieser Moment war vorbei.
„In einem anderen Leben, Ysi…“
"Ich weiß", flüsterte sie ehrlich verstehend und lächelte trotzdem. Sie würde diesen Abschied jetzt nicht zerstören. Im Moment war sie einfach nur dankbar, dass sie diese Erfahrung zusammen erlebt hatten, und hing diesen Moment nun doch mit einem verträumten Blick nach. Die harte Realität würde schon noch zuschlagen.

Sie sah Cassian nach, bis die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Dann erlaubte sie sich ein Seufzen und ihre Hände legten sich ungläubig auf ihre noch geröteten Wangen. Langsam wurde ihr klar, was da gerade genau passiert war. Cassian Andeus Jafor hatte sie geküsst - zumindest war es eine Andeutung dessen gewesen - obwohl er bereits offiziell verlobt war. Sie hatte sich nie vorstellen können, ihn zu küssen und sie war selbst jetzt noch von dem plötzlichen Wunsch danach überrascht, der sich in ihrer Annäherung an den Erben geäußert hatte. Und der überaus korrekte junge Jafor, der sonst nichts über sein Pflichtgefühl stellte, hatte sie so zärtlich berührt, dass ihr der Kopf schwirrte. "Oh Cassian", murmelte sie in die Stille der Bibliothek hinein. Für einen Kuss mit ihr ließ er vielleicht seine Loyalität für den Moment fallen. Er hatte sich diesen Fehltritt erlaubt, und der beflügelte ihr Herz, aber auch Ysara war lang genug ein Teil dieser Gesellschaft und musste der harten Realität ins Auge blicken. Sie war sich sicher, dass er diese Dunkelelfe dennoch heiraten würde. Es führte auch kein Weg daran vorbei, oder? Und Ysara? Sie würde die Zuschauerin bei diesem tragischen Stück sein. Der Kuss würde eine absolute Ausnahme bleiben. Cassian hatte andere Pflichten und Ysara konnte ihn nicht von ihnen abhalten. Doch die eine Sache war es, das ganze rational zu betrachten und eine ganz andere, die Gefühle mit diesen Gedanken in Einklang zu bringen. Schon in jungen Jahren hatte sie gelernt, das zu schätzen, was sie hatte, weil es deutlich mehr war, als das, worauf andere in ihrem Leben hoffen konnten. Und so war es auch jetzt. Sie hatte Cassian zu verstehen gegeben, wieviel er ihr bedeutete, und er hatte es ohne Zögern erwidert.

Sie dachte an Elysia und konnte nur hoffen, dass sie ihren Verdacht nicht weiter nachgehen wollte. Denn erst dann hätten sie wirklich ein Problem, oder? Ysara würde sie meiden. Wenn auch nur ein Hauch von dem, was hier passiert war, die Bibliothek verließ, war das Cassians Untergang. Sie würde die Verantwortung ungefragt dafür übernehmen. Aber so wie sie Cassian kannte, würde er sich auch noch seinen eigenen Strick knüpfen. Nein, es würde alles noch verkomplizieren. Sie würden in Faldors Küche kommen. Was hier passiert war, musste in diesem Raum bleiben. Wie sie es wohl schaffen sollte, nachher völlig unberührt vor ihm zu agieren? Dann kamen ihr mit einem Mal wieder die Ermahnungen ihrer Eltern in den Sinn. Was war, wenn das Nachspiel ihrer Respektlosigkeit bedeutete, nicht an den Feierlichkeiten teilnehmen zu dürfen? Sie legte keinen Wert darauf, den dunkelelfischen General und seinen Leuten oder gar seiner Tochter Ta'nurie zu begegnen, aber Cassian.. so lange er noch hier in Grandea war, würde sie ihn zumindest sehen wollen. Sie beschloss, ihre Mutter aufzusuchen und diese um Verzeihung zu bitten. Viel Zeit blieb wohl nicht mehr. Ysara versteckte die Schatulle mit dem Marzipan wieder hinter ihren Büchern und trat dann aus der Tür heraus, um den ersten Diener zu fragen, wo sie ihre Mutter fand. Sie hoffte inständig, dass sie Elysia dabei nicht über den Weg lief.

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Montag 30. Oktober 2023, 20:53

Wenn es etwas gab, worauf man sich verlassen konnte, dann darauf, dass Elysia Valerian niemals aber auch wirklich niemals über die Strenge schlug, wenn solch hoher Besuch wie Cassian anwesend war. Was die Schwestern unter sich taten, war das eine aber in Gesellschaften? Elysia zählte sich zu den eloquentesten und feinsten Damen die Grandea zu bieten hatte und verhielt sich nach einem ihr strikten Ehrenkodex. Das allein aber genügte nicht, um ihre Blicke zu mäßigen. Wenn die ältere Schwester im Hause Valerian erstmal einen Braten roch, dann konnte es mitunter gefährlich werden. Denn was Elysia ebenfalls perfektioniert hatte war Tratsch. Sie war selbstverständlich die Königin, wenn sie Informationen hatte, die andere noch nicht kannten. Jetzt aber war es Cassian’s und Ysara’s jahrelangen Übungen zu verdanken, dass Elysia nichts anderes übrigblieb, als an der Etikette festzuhalten. Cassian verabschiedete sich von Ysara auf für unwissende Augen höfliche, doch eingeweihte Ohren intime Art und Weise. Ysara schaffte es gerade noch ihm mitzuteilen, dass sie sich für nichts schämte, und das brachte ihr einen intensiven Blick ein, in dem er noch mal innehielt. Oh, es wäre noch so vieles zu sagen gewesen. Ysi wusste, dass Cassian dazu nicht schweigen wollte, ihm aber derzeit die Hände gebunden waren. Für Sekunden stand er nur still vor ihr und wollte alles andere als gehen, aber Cassian hätte nun nichts mehr tun können, ohne erheblichen Verdacht zu erregen. Zudem traf er binnen dieser einen Sekunde eine Entscheidung für sie beide: Er verabschiedete sich mit reichlich endgültigen Worten, die einem das Herz in der Brust zerspringen lassen könnten. Sie würden einander nicht mehr so nahekommen. Er würde Ta’nurie heiraten und ihr nach Morgeria folgen. Und er würde Ysara zurücklassen und verlieren. Sie verloren einander. Nachdem der Erbe Jafor das Elternhaus von Ysi verlassen hatte, wirkte es eine Spur unpersönlicher. Es war die Last der Erkenntnis, dass sich nun vieles, wenn nicht alles ändern würde. Ysara aber hing dem Erlebten noch nach, war es doch das erste Mal, dass sie so empfand. Reichlich überrascht davon und gleichzeitig seltsam beschwingt, konnte sie für einen Moment die Zeit nutzen und sich etwas sammeln. Dabei wollte sie nicht, dass die aufkommenden, ehrlichen Gedanken nun zerstörten, was so wundervoll in ihr nachhallte. Aber sie wusste auch, dass es kein Zurück gäbe. Nun hing dieser hauchzarte Kuss zwischen ihnen und sie würde alles aufs Spiel setzen, wenn sie ihn noch einmal aufsuchen würde. Auch Elysia war ein Problem oder konnte zumindest dazu werden. Ihre Schwester war wie ein Bluthund, wenn es um Skandale ging. Sie würde unter ihrer Beobachtung stehen, das ahnte Ysara.
Gleichwohl aber brachten die Gedanken zu ihrer Schwester sie unweigerlich auf eine andere Bahn: Ihre Eltern. Sie hatte sie verärgert und das im Doppelpack. Ysara wurde bewusst, dass sie das schlimmste noch gar nicht überstanden hatte. Ihre Eltern würden gewiss noch irgendwo lauern und sie würde einer deftigen Standpauke und eventuellen Strafen nicht entkommen können. Sich ein wenig gesammelt, straffte sie die Schultern und verließ endlich die Bibliothek, nachdem sie jene auch aufgeräumt hatte. Es musste niemand wissen, dass dies die Zuflucht mit heimlichen Naschereien war, sodass sie alles wieder verbarg und schließlich nur noch die Lücke im Regal blieb, wo Arenne Lotaz sinnbildhaft für das stand, was Cassian ausfüllte.

Draußen vor der Bibliothek traf sie tatsächlich Darron. Der Rothaarige mit den vielen Sommersprossen im Gesicht blickte sie überrascht an und anhand seines fragenden Blickes, der an ihr vorbeiglitt, wusste sie, dass er Bescheid wusste, dass Cassian ebenfalls in der Bibliothek gewesen war. Nun aber neigte er nur das Haupt, als Ysi vorbeiging und blinzelte fragend, als sie das Wort an ihn richtete. Darron hielt Handfeger und Schaufel in seinen Händen und blinzelte. „Die… Herrin? Herrin?“, fragte er reichlich ungelenk und brauchte noch einen Atemzug, ehe er zusammenzuckte und nickte. „Natürlich! Verzeiht. Herrin Reyenne ist in ihrem Ankleidezimmer.“, beantwortete er ihre Frage und wartete, bis Ysara ihn stehenließ. Danach machte er sich daran, einige Glasscherben aufzufegen, die er offenbar zuvor produziert hatte. Ysi fand das Ankleidezimmer ihrer Mutter mit angelehnter Tür vor. Von drinnen hörte sie Stimmen, eine davon war die ihrer Mutter. Sie erteilte gerade ihrer Zofe Anweisungen, die die Dienerin pflichtbewusst wiederholte. Sobald Ysara anklopfte, unterbrach sich das Gespräch und die Zofe Alba stand vor ihr. Das pausbäckige Mädchen hatte braune Haare, die sie immer zu einem Pferdeschwanz trug und dunkle Augen. Sie wirkte freundlich, war aber eine echter Lästerbacke. „Herrin Elinor!“, ließ sie Reyenne teilhaben und Ysi konnte ein Seufzen hören. Dann aber öffnete Alba die Tür weiter und ließ Ysi eintreten. Ihre Mutter befand sich vor ihrem Bett und stand dort mit nachdenklicher Miene vor einer Auswahl an aller feinsten Roben. Eine pompöser, schöner und teurer als die andere. Daneben lagen zwei Schmuckschatullen mit allerhand Geschmeide für jede Gelegenheit. „Sieh nur.“, sprach Reyenne und wartete, bis Ysara aufgerückt war. Dann deutete ihre Mutter auf ein pompöses, hellblaues, Ballkleid und silbernen Schmuck dazu. „Was meinst du? Wäre das angemessen für die Ernennung eines dunkelelfischen Offiziers zum General?“, fragte sie, als wäre nie etwas gewesen. Doch dann schritt sie an dem Bett entlang und deutete auf ein koralle-farbenes, schlankes Kleid. „Oder doch lieber so?“. Sie hob den Blick nun und musterte ihre Tochter. In ihrem Gesicht konnte man keine Güte oder Verständnis erkennen. Reyenne war sauer auf ihre Tochter, dessen durfte sich die Jüngste sicher sein. „Bist du etwa hier, um dich zu entschuldigen?“, fragte sie ungerührt und behielt den Blick einer Katze, die auf ihre Beute lauerte, bei. „Alba?“, wechselte sie plötzlich das Thema, ohne Ysi auch eine Sekunde Gelegenheit zu geben, sich zu erklären. „Kümmere dich bitte um das Blumenarrangement, damit wir dem General auch gratulieren können. Und bitte schaue nach, wie weit mein Gatte und die anderen sind.“, schickte sie ihre Zofe fort und widmete sich dann wieder dem Kleiderstapel auf ihrem Bett. Inzwischen hielt sie ein schwarzes Kleid hoch und dazu passend, goldenen Schmuck.
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Montag 30. Oktober 2023, 22:27

Die Ereignisse überschlugen sich völlig. Erst Cassians Bekanntgabe seiner Verlobung mit Ta'nurie, dann die Bekanntgabe seines Umzuges nach Morgeria und nun auch noch die Bekanntgabe ihres Herzens, das auf einmal Nähe zu Cassian aufbauen wollte, nun da ihr so unverhofft bewusst geworden war, was sie verlieren würde. Es war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt und hatte doch zum ehrlichsten Moment geführt, den sie je geteilt hatten. Cassian hatte sein Herz sprechen lassen und sie geküsst. Nur flüchtig, aber das war Elysias Störung zu verdanken. Ihre Schwester besaß ein natürliches Gespür für Tratsch und man konnte meinen, sie hätte mit Absicht vor der Tür auf den besten, schlechtesten Zeitpunkt gewartet, um hereinzuplatzen. Der Kuss zwischen Cassian und ihr blieb unvollendet und Ysara fürchtete, dass er das auch für immer bleiben würde. Im Grunde ihres Herzens wusste sie, dass es genauso war. Cassian hatte die Wahrheit für sie beide deutlich ausgesprochen. In einem anderen Leben hätten sie all das, was im Angesicht des Abschieds über sie gekommen war, weiterführen können. Doch Cassian und sie würden getrennte Wege gehen. In seiner Geschichte spielte Ta'nurie die zweite Hauptrolle, spielte sie eigentlich jetzt schon, da ihre Verlobung seit heute Morgen offiziell verkündet war. Ysara hasste diese Strukturen und so sehr sie auch daraus ausbrechen wollte, waren sie nun mal da und.. Cassian richtete sich nach ihnen. Nachdem sich die Schmetterlinge in ihrem Bauch langsam beruhigten, während sie die Bibliothek aufräumte, wurde ihr dies doch noch schmerzlich bewusst. Sie betrachtete die Lücke, die Arennes Buch im Regal hinterlassen hatte. Ysara kam nicht umhin, erneut darüber nachzudenken, ob es nicht eine Möglichkeit gab, die Verlobung zu lösen. Oder machte sie sich da falsche Hoffnungen? Eines stand zumindest fest: Jetzt war sie zu befangen, um klar darüber nachdenken zu können.

Zu allererst stand sowieso die Entschuldigung bei ihrer Mutter an. Als sie aus der Bibliothek trat, erwartete sie schon, von Elysia abgefangen und ins Kreuzverhör genommen zu werden. Aber sie stellte erleichtert fest, dass ihre Schwester nicht hier war. Stattdessen fiel ihr Blick auf Darron und das Missgeschick, das er gerade zu beseitigen versuchte. Sie erkannte die Überraschung und stumme Frage in seinem Blick, aber sie ignorierte es geflissentlich. Es ging ihn nichts an und auch wenn es normalerweise nicht ihre Art war, verschloss sie ihre Miene nun aus reinem Selbstschutz.
"Darron! Wo finde ich die Herrin?", fragte sie ihn und ihr Blick fiel einen Moment auf die Scherben am Boden. Sie sah schon etwas schwarz, was seine Karriere hier im Hause anging und hoffte, dass er noch die Kurve bekam. Erst einmal musste er aber verstehen, wen sie meinte. "Meine Mutter", half sie ihm auf die Sprünge und sah sich in ihrer Vermutung bestätigt. Er würde es schwer haben. Dann dämmerte es ihm schließlich und er verwies sie zum Ankleidezimmer. Ysara nickte ihm zu und ging dann auf direktem Wege zum besagten Zimmer, dessen Tür angelehnt war, sodass sie die Stimme ihrer Mutter vernahm.

Die Jüngste der Familie holte also noch einmal tief Luft und nahm eine gerade Haltung ein, damit ihre Mutter schon mal einen Punkt weniger hatte, an dem sie Kritik üben konnte. Dann klopfte sie an die Tür und blickte kurz darauf in das Gesicht der Zofe ihrer Mutter. Sie mochte sie nicht sonderlich, jeder wusste, dass sie ein Plappermaul war. Ysara würde es nicht wundern, wenn sie ihrer Schwester das ein oder andere weiter erzählte. Sie blonde Krähe wurde das Gefühl nicht los, dass heute alle besonders genau darauf achteten, was in diesem Haus passierte. „Herrin Elinor!“
"Ist meine Mutter zu sprechen?", erkundigte sie sich mit fester Stimme und laut genug, dass ihre Mutter sie hören musste. Sie hingegen hörte daraufhin deutlich ihr Seufzen und wappnete sich, als sie an Alba vorbei in den Raum trat. Die grünen Augen erfassten ihre Mutter und die missliche Lage, in der sie sich befand. Sie tat sich offenbar schwer mit der Kleiderwahl. Aber Ysara ahnte, dass die Stimmung, die hier herrschte, nicht der fehlenden Entscheidungsfreudigkeit über die hiesige Auswahl an Kleidern geschuldet war.
„Sieh nur. Was meinst du? Wäre das angemessen für die Ernennung eines dunkelelfischen Offiziers zum General?“ Ysara tat, wie geheißen, und schaute sich die ausgebreiteten Kleider auf dem Bett an. Der Tonfall ihrer Mutter ließ sie jedoch angespannt - und geflissentlich schweigend - verharren. „Oder doch lieber so?“ Ysara schwieg noch immer. Sicher erwartete ihre Mutter keine Antwort. Oder doch? Etwas verunsichert schaute Ysara die Herrin des Hauses an. Da traf sie auch schon der Blick, auf den sie gewartet hatte. Ihre Mutter schaffte es augenblicklich, dass sich Ysara direkt noch etwas unwohler in ihrer Haut fühlte. Zumindest ihre Augen sprachen Bände und zeigten, dass sie sauer war und dass sie deutlich zu weit gegangen war. „Bist du etwa hier, um dich zu entschuldigen?“
Ysara öffnete den Mund, um zu antworten, doch dann wandte sich ihre Mutter ungerührt an Alba. Während sie ihrer Zofe noch einige Anweisungen mitgab, schloss sich Ysaras Mund und sie hatte Mühe, ihren Ärger darüber, dass sie angesprochen und ihr dann direkt über den Mund gefahren wurde, herunter schlucken und zu verbergen. Welch Ironie, wo sie doch vorhin nichts anderes getan hatte und dabei noch den hochangesehenen Spross der Jafor beleidigt hatte. Ysara sah Alba kurz nach und wartete, bis diese die Tür geschlossen hatte. Dann schaute sie zurück zu ihrer Mutter. Sie wartete noch zwei Sekunden, bis sie sicher war, jetzt sprechen zu dürfen.
"Ich möchte mich für mein Benehmen entschuldigen. Es tut mir leid, Mutter. Ich wollte niemanden auf die Füße treten. Die Neuigkeit hat mich nur.. aus der Fassung gebracht. Niemand sollte eine Dunkelelfe heiraten und nach Morgeria ziehen müssen", versuchte sie direkt am Anschluss an ihrer durchaus ehrlich gemeinten Entschuldigung, ihr Vergessen der Etikette zu begründen. Sie hatte sich vorgenommen, ruhig zu bleiben, aber sie kam nicht umhin, am Ende darauf hinzuweisen, dass diese Verbindung unbegreiflich und falsch war. "Ich habe Herrn Jafor vorhin abgepasst und mich bei ihm persönlich entschuldigt. Er versicherte mir, dass er keinen Groll hegt", versicherte sie ihr. Ysara schaute zu ihrer Mutter, senkte jedoch augenblicklich und reumütig den Blick, als sich ihre Blicke trafen. Die Reue war nicht mal gespielt. Es tat ihr zumindest insofern leid, dass sie die Gefahr sah, von den bald stattfindenden Feierlichkeiten ausgeschlossen zu werden, und das wollte sie in jedem Fall vermeiden! Vorsichtig hob Ysara die Augen und machte sich auf die Worte ihrer Mutter gefasst. Ihre Haltung und ihre Worte zeigten, dass da deutlich mehr in ihr schlummern musste, als sie bei ihrem Eintreten gezeigt hatte, und dass sie wohl nur darauf wartete, ihre Tochter endlich mit den Worten zurechtzuweisen, die sie sich so lange hatte zurechtlegen können.

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Dienstag 31. Oktober 2023, 09:02

Wenn man in Kreisen aufwuchs, wie Ysara es tat, dann lernte man nicht, dass man tun und lassen konnte was man wollte. Man lernte nicht, dass man sagen konnte, was man wollte. Man lernte auch nicht, für Gerechtigkeit einzustehen, wenn es die Etikette anders verlangte. Die Regeln waren längst nicht allgemeingültig und für ein anderes Spiel gemacht. Dabei war das Spiel des Lebens bereits kompliziert genug und bot selbst so viele Stolpersteine, die Ysara allesamt gerne ausprobierte. Manche Menschen waren geboren für das, was Stand und Reichtum verlangte. Ihre Schwester Elysia oder ihr Bruder Severin, die wussten über die Regeln der Gesellschaft Bescheid, kannten dafür allerdings das Leben nicht. Keiner von ihnen würde jemals widersprechen, keiner würde sich auflehnen oder gar die echten Gefühle zeigen. Elysia würde niemals zugeben, dass ihr Mann Gunter einfach nur ein langweiliger Geldsack war, der ansonsten nichts zu bieten hatte. Und Severin? Er würde niemals gegen seine Eltern wettern oder ihnen vorwerfen, dass man ihn nie hatte Kind sein lassen. Sie kannten ihre Rollen und die Regeln dazu. Elinor Calidta Ysara aber hatte erhebliche Schwierigkeiten. Auch sie kannte die Spielregeln, aber sie hinterfragte sie, dehnte sie und brach sie auch. Sie nahm gerne direkte Wege, auch wenn das mogeln war. Im Spiel des Lebens aber, würde sie damit gewinnen können, denn es ließ Auswege zu. Es förderte Gerechtigkeit und bestrafte Arroganz. Allerdings war es auch launisch und manchmal gar schwer vorherzusehen, wie es weiterging. Ysara hatte so eine Abzweigung genommen, hatte sich nicht an die Spielregeln der Etikette gehalten und nun stand sie vor dem Zimmer ihrer Mutter und atmete durch. Das Problem dabei war, dass sie wusste, was von ihr verlangt wurde jetzt. Aber sie würde niemals bereuen, dass sie sich widersetzt und somit den Moment mit Cassian erschaffen hatte. Ysara versuchte beide Spiele nach den Regeln zu spielen und sie ein wenig zu vermischen. Aber konnte das wirklich gelingen?

Nachdem sie eingetreten war, erfasste sie die Lage ziemlich schnell. Ihre Mutter kümmerte sich um die Garderobe und sah nicht mal auf. Das war kein gutes Zeichen und weckte in Ysara ein Gefühl der Unbehaglichkeit. Dabei wusste sie, dass ihre Mutter alles tat, damit diese Familie das Spiel auch gewann. Und Ysara machte ihr dieses Unterfangen besonders schwer. Während sie also mit ihr und irgendwie doch nicht mit ihr sprach, musste die blonde Krähe es aushalten, abgestraft zu werden, bis Alba den Auftrag ausführen wollte und das Zimmer verließ. Erst dann traute sich Ysara, ihre Entschuldigung vorzubringen. "Ich möchte mich für mein Benehmen entschuldigen. Es tut mir leid, Mutter. Ich wollte niemanden auf die Füße treten. Die Neuigkeit hat mich nur.. aus der Fassung gebracht. Niemand sollte eine Dunkelelfe heiraten und nach Morgeria ziehen müssen" Das schwarze Kleid fand den Weg wieder zurück auf das Bett und auch der Schmuck wurde nicht gewählt. „Aus der Fassung gebracht? Das kann man wohl sagen, Elinor.“, bestätigte ihre Mutter und endlich sah sie sie an.
Reyenne war eine zarte, hübsche Frau, die eigentlich nicht recht zu der manchmal herrischen Art passen wollte. Sie hatte ebenso blondes Haar, wie Ysi, das sie sehr oft sogar weniger steif frisieren ließ. Aber der Schein war nur Fassade. Reyenne hatte sich immer durchgebissen und sich in ihre Rolle eingefunden. Sie war die Frau hinter dem Familienoberhaupt und maßgeblich an der Erziehung und dem Ansehen der Familie Valerian beteiligt. Sie führte die Rasselbande mit strengem Regiment und wenn sie spürte, das jemand ihre Mühen mit Füßen trat, konnte sie manchmal sogar nahezu herzlos werden. Unter den strengen, braunen Augen mochte so mancher Halunke seine Taten aufgeben und ein besserer Mensch werden. Jetzt aber galt der Blick Ysara. „Du hast dich gehenlassen. Dabei ist es unerheblich, ob die Informationen deinem Geschmack entsprechen mögen oder nicht. Wann wirst du endlich lernen, deine Gefühle hinter Schloss und Riegel zu halten?“, fragte sie scharf und wurde dabei jedoch nicht laut. Nein, Reyenne wurde schneidend und leise. Viel wirkungsvoller, wie sie gelernt hatte. „Was die Familie Jafor tut, ist nicht deine Entscheidung und niemand fragt nach deiner Meinung dazu! Glaubst du denn wirklich, dass der junge Jafor sich nach deinen Vorlieben richtet?“, sie schnaubte, was für sie bereits ungewöhnlich genug war.

Reyenne faltete die Hände vor ihrem Bauch und betrachtete Ysara weiterhin. Nichts würde eine Frau wie sie weichen lassen. "Ich habe Herrn Jafor vorhin abgepasst und mich bei ihm persönlich entschuldigt. Er versicherte mir, dass er keinen Groll hegt" „Dann hast du ja doch noch etwas Vernunft im Leib! Elinor, ich kann nicht verstehen, wieso du dich ständig so aufführen musst. Dir fehlt es an nichts! Und du hast bei weitem genug Freiheiten in deinem Leben gehabt. Deine Geschwister hatten diesen Luxus nicht!“, erinnerte sie Ysi daran und das auch nicht zum ersten Mal. Reyenne aber wandte sich nun doch ab und ging zum Schrank. Jener war über die ganze kurze Seite des Zimmers eingebaut worden und dahinter verbargen sich so manche Schätze. Die Dame des Hauses öffnete die große, faltbare Holztür und betrachtete, mit dem Rücken zu Ysi, ihre Garderobe. Stille legte sich erneut über sie beide und das schien Reyenne auch auskosten zu wollen. „Ich werde dich für dein Benehmen bestrafen, Elinor.“, kam dann das Urteil ihrer Mutter. „Mir ist bewusst, dass du lieber anderswo sein würdest, aber gerade deshalb, wirst du uns zu den Feierlichkeiten begleiten! Damit du erkennst, dass dein Platz vorbeschrieben ist und du endlich lernst, dich nicht zu verstellen, sondern dein Leben annimmst, wie es ist. Und wer weiß? Vielleicht ergibt sich dort die Möglichkeit, nach einem potenziellen Verbund für dich Ausschau zu halten!“, offenbarte Reyenne so kühl, das man glauben mochte, dass sie es genoss. Aber so war ihre Mutter nicht. Ja, sie war streng aber sie war auch Mutter. Und obwohl Reyenne zu weit ging und zu forsch war, tat sie das alles aus dem tiefempfundenen Glauben heraus, das Beste für ihre Kinder zu tun. „Jetzt geh und zieh dich um. Und lass dir etwas einfallen, damit du auf der Feier vorzeigbar bist! Man weiß nie, wen man trifft.“, schloss sie das Thema und kümmerte sich wieder um ihre eigene Garderobe.
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Mittwoch 1. November 2023, 10:56

Das blonde Nesthäkchen der Familie wusste nicht, was genau sie von ihrer Mutter zu erwarten hatte. Ihr war vollkommen klar, dass sie in den Augen ihrer Eltern zu weit gegangen war. In ihren Augen hatte sie sich äußerst respektlos und beleidigend gegenüber Cassian benommen. Sie ahnten ja nicht, dass Ysi nur das ausgesprochen hatte, was auch Cassian dachte, aber nicht sagen durfte. Während Ysara einfach darüber hinweg sah, dass sie ihre Gedanken ebenso nicht zu äußern hatte, wenn es nicht der allgemeinen Meinung entsprach. Sie setzte sich so oft darüber hinweg, dass man manchmal das Gefühl bekommen könnte, dass sie aus reinen Trotz handelte. Dabei war es viel mehr. Sie wollte sich nicht unterdrücken lassen, sie wollte sich nichts sagen lassen und sie wollte die Welt verbessern! Jetzt aber musste sie mal wieder für die Dinge gerade stehen, die sie wissentlich falsch gemacht hatte. Trotz all der Mahnungen, Zurechtweisungen und Drohungen ihrer Eltern hatte sie nicht aufgehört, sich über ihr Wort hinweg zu setzen und das auch noch vor höheren Besuch. Und nun stand sie hier vor ihrer Mutter und entschuldigte sich dafür, dass sie die Fassung verloren hatte.
„Aus der Fassung gebracht? Das kann man wohl sagen, Elinor.“ Ysara versuchte, dem folgenden Blick standzuhalten, doch es gelang ihr nicht und sie senkte reumütig die Augen. „Du hast dich gehenlassen. Dabei ist es unerheblich, ob die Informationen deinem Geschmack entsprechen mögen oder nicht. Wann wirst du endlich lernen, deine Gefühle hinter Schloss und Riegel zu halten?“ Der leise und gleichsam scharfe Ton ließ Ysara innerlich zusammen zucken. Ihre Mutter wusste sehr wohl, wie sie sich den Respekt von anderen einholte. Trotzdem reichten die Worte alleine nicht aus, um Ysara zur Vernunft zu bringen. In ihrem Inneren begehrte trotz der angespannten Situation etwas in ihr auf. Ihre Mutter verlangte, dass sie ihre Gefühle wegsperrte und überspielte, und das machte ihre Tochter sprachlos. Wie konnte sie darauf bestehen? Sollten sie alle nur noch ihre Masken tragen und niemanden einen Blick dahinter werfen lassen, nur um den Schein zu wahren? Ysi wusste, Situationen wie vorhin mit Cassian würden dann nicht entstehen. Sie würde seine Ehrlichkeit nicht missen wollen und wollte doch nur, dass alle sie selbst sein durften. Ysara hob wieder den Blick im Rücken ihrer Mutter und schaute sie an. Sie konnte nicht verbergen, dass ihr die Standpauke und ihr Verlangen im Speziellen nicht gefiel. Aber sie sah auch, dass ihre Mutter noch nicht fertig war. „Was die Familie Jafor tut, ist nicht deine Entscheidung und niemand fragt nach deiner Meinung dazu! Glaubst du denn wirklich, dass der junge Jafor sich nach deinen Vorlieben richtet?“, musste sie sich dann anhören. Die Blonde sah ihre Mutter getroffen an und stockte kurz. "Natürlich nicht." Sie schüttelte den Kopf und ihre Worte klangen so ehrlich einsichtig, dass es sie selbst schmerzte. Cassian würde dazu keine Chance bekommen. Es tat weh, das nun auch von ihrer Mutter vorgehalten zu bekommen, denn sie hatte leider Recht und traf eine Wunde, von deren Vorhandensein sie nichts ahnte. "Aber Morgeria ist kein Ort für Menschen. Es ist unmenschlich und ungerecht, wenn alle nur tatenlos zusehen!", warf Ysara noch einmal ein, merkte dann aber, dass sie auf dünnem Eis wandelte. Daher versicherte sie ihrer Mutter schnell, dass sie sich bei Cassian entschuldigt hatte, auch wenn nichts davon wahr war. Ihre Familie war zwar dieser Ansicht, aber Fakt war, dass sie ihn gar nicht beleidigt und sich auch nicht entschuldigt hatte. Sie konnte sich Cassians Schmunzeln vorstellen, mit dem er auf ihre vornehme und überflüssige Entschuldigung reagiert hätte. Innerlich seufzte Ysara. Sie wusste jedoch, was ihre Mutter hören wollte.
„Dann hast du ja doch noch etwas Vernunft im Leib! Elinor, ich kann nicht verstehen, wieso du dich ständig so aufführen musst. Dir fehlt es an nichts! Und du hast bei weitem genug Freiheiten in deinem Leben gehabt. Deine Geschwister hatten diesen Luxus nicht!“
Vernunft? Die blonde Valerion blinzelte kurz. Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, wie ihre Mutter reagieren würde, wenn auch nur der Verdacht an ihre Ohren drang, was Cassian und sie getan hatten. Aber Ysara widersprach natürlich nicht, sondern hörte sich an, wie gut sie es in den Augen ihrer Mutter gehabt hatte. Vermutlich stimmte auch das. Sie hatte alles, was sich andere wünschten und sie sah auch ein, dass sie im Vergleich zu ihren Geschwistern tatsächlich mehr Freiheiten genießen dürfte. Aber das Problem war: Es reichte ihr nicht! Sie wollte ein selbstbestimmtes Leben. Sie wollte tun, was sie wollte und zwar, wann sie es wollte und.. mit wem. Sie sah ihrer Mutter hinterher, als sie sich abwandte und ihren riesigen Kleiderschrank öffnete. Sie überlegte, einzuhaken und war für einen Moment versucht, ihr zu erklären, wieso sie sich so auflehnte. Aber dann bremste sie sich. Wenn sie ihrer Mutter das sagte, würde sie ihr zu verstehen geben, dass sie all das ablehnte, wofür ihre Mutter seit jeher kämpfte. Trotz ihrer Strenge war sie eben ihre Mutter, die Ysara im Grunde ihres Herzens nicht verletzen wollte. Und es wäre diesem Gespräch hier sicher nicht zuträglich, sich uneinsichtig zu zeigen. In ihrem Rücken ballte Ysara dennoch ihre Hände zu Fäuste und konnte die Stille nur schwer ertragen. Aber sie hatte sich das eingebrockt und sie wusste, dass sie hier nur heil heraus kam, wenn sie die Reue und das Einsehen zeigte, das ihre Mutter erwartete.

„Ich werde dich für dein Benehmen bestrafen, Elinor. Mir ist bewusst, dass du lieber anderswo sein würdest, aber gerade deshalb, wirst du uns zu den Feierlichkeiten begleiten!“ Da huschte für einen Moment ein erleichtertes Lächeln über ihr Gesicht. Ihre Mutter kannte sie gut, sie wusste, dass sie normalerweise um keine Ausrede verlegen war, um Feierlichkeiten fernzubleiben. Aber da gab es jetzt eben etwas, das ihre Mutter nicht von ihr kannte. Cassian wäre dort und Ysara wollte noch jede Chance nutzen, ihn zu sehen. Ihre Mutter redete derweil weiter. „Damit du erkennst, dass dein Platz vorbeschrieben ist und du endlich lernst, dich nicht zu verstellen, sondern dein Leben annimmst, wie es ist.“ Da gefror das Lächeln und Ysara starrte missmutig auf den Rücken ihrer Mutter. Sie verstellte sich eben nicht! Sie verstellte sich hier, in ihrem Zuhause, in dem sie doch eigentlich sein sollen dürfte, wer sie war. Stattdessen verbat ihre Mutter ihr es und forderte falsche Zurückhaltung und Schauspiel. Ysaras Laune sank, je länger sie ihrer Mutter zuhören musste. Doch diese hatte noch etwas Besonderes in petto. „Und wer weiß? Vielleicht ergibt sich dort die Möglichkeit, nach einem potenziellen Verbund für dich Ausschau zu halten!“ Ysaras Lächeln erlosch nun endgültig und die feinen Augenbrauen schwangen in die Höhe, während sie ein Stück blasser wurde. Die Stimme ihrer Mutter war so kühl, dass ihre Tochter an keinem ihrer Worte zweifelte. Hielt sie es wirklich für nötig, sie so zu bestrafen? Ihr mit dem zu drohen, wovor Ysara die meiste Angst hatte? An jemanden gebunden zu werden, der weitere Einschränkungen und noch weitere Anpassungen für sie bedeutete? Ysaras Hände wurden feucht und sie spürte einen Kloß in ihrem Hals. Sie sah das Gesicht ihrer Mutter noch immer nicht, aber selbst wenn, würde sie wohl nicht einschätzen können, ob es nur eine leere Drohung war oder nicht. Doch sie kannte auch die Konsequenz, mit der ihre Mutter handelte. "Mutter, ich..", setzte sie an, um darum zu ringen, von dieser Idee Abstand zu nehmen. Doch Reyenne unterbrach sie direkt. „Jetzt geh und zieh dich um. Und lass dir etwas einfallen, damit du auf der Feier vorzeigbar bist! Man weiß nie, wen man trifft.“
"Bitte Mutter.. es tut mir leid. Wirklich", beteuerte sie und hoffte auf eine Reaktion, auf einen Blick, der sie erkennen ließ, dass sie sich keine Sorgen machen brauchte. Sie wollte keinen Mann! Das Gesicht von Cassian, der ihr so nah gekommen war, blitzte vor ihrem inneren Auge auf. Sie wollte doch einfach nur ein ganz einfaches Leben führen, in dem sie keine Rolle spielen musste, die ihr aufgezwungen wurde. In Anbetracht dieser Aussicht klang Ysara recht verzweifelt und gleichzeitig dringlich. Bittend sah sie ihre Mutter an. Doch für diese war das Gespräch beendet und sie ließ nicht erkennen, ob sie ihr nur eine Lektion erteilen wollte oder ihr Vorhaben, was doch die eigentliche Strafe war, tatsächlich in Stein gemeißelt war. Ihre Mutter rührte sich nicht mehr und so ließ Ysara sie zerknirscht stehen und wandte sich ab.

Auf dem Weg zu ihren Gemächern hatte sie große Mühe, ihren Ärger und ihre Verzweiflung zurückzuhalten. Ihre Mutter hatte tatsächlich eine große Angst in ihrem Inneren geschürt. Sie kannte die Stärken und Schwächen ihrer Kinder und sie wusste ganz genau, an welcher Stellschraube sie drehen musste, um das Gefüge Familie am Laufen zu halten. Ysara konnte nur hoffen, dass sie doch noch ein weiches Herz bewies. Andernfalls würde zumindest die blonde Krähe diesen Kampf nicht kampflos über sich ergehen lassen. Sie würde Mittel und Wege, Worte und Taten, finden, um einen potenziellen Gemahl von der Idee abzubringen, sie zu ehelichen.
Als sie Kalina auf dem Flur begegnete, bat sie diese darum, sie zu begleiten. Sie bemühte sich um einen freundlichen Tonfall, weil sie die Dienerin mochte, aber sie konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie etwas unerfreuliches beschäftigte. Zerknirscht ging sie mit ihrer Dienerin in ihr eigenes Ankleidezimmer und war überraschend schweigsam und kurz angebunden dabei. Ihre Mutter hatte deutlich gemacht, dass sie sich etwas anderes anziehen sollte. Ysara fand sich für ihre Verhältnisse schon hergerichtet, aber offenbar reichte das ihrer Mutter nicht. Die Blonde musste einsehen, dass sie eines der hübscheren Kleider anziehen musste. Sie musste jetzt wohl erst einmal in den sauren Apfel beißen, um ihrer Mutter zu gefallen, damit sie überhaupt eine Chance hatte, sie von ihrer Idee abzubringen.
Kalina öffnete ihr den großen Kleiderschrank mit den Kleidern für die Feierlichkeiten. Ysara suchte sich jedoch selber ihre Garderobe aus. Mit den Fingern teilte sie die Bügel, auf denen die Kleider hingen und betrachtete sie überlegend. Im Gegensatz zu ihrer Mutter, brauchte sie nicht lange für eine Entscheidung. Sie hoffte, dass das moosgrüne Kleid den Geschmack ihrer Mutter traf - und ja, sie hoffte auch, dass es Cassians Geschmack traf. Sie entschied sich aber auch für genau dieses Kleid, weil es nicht zu pompös war und keine gänzlich andere Frau aus ihr machte - und keine allzu attraktive, wie sie hoffte. Sie wollte ihrer Mutter gefallen und nicht potenziellen Ehemännern. Kalina half ihr beim Anziehen und Richten des Kleides, das ihren Körper umschmeichelte und entgegen ihrer Absicht, dennoch ungewohnt betonte, was jedoch alle Kleider in diesem Schrank taten. Am Oberkörper war es eng geschnitten, denn die Ärmel begannen erst auf Höhe der Oberarme, sodass es keine Träger gab, die Halt boten. Der Stoff umspielte ihre Oberweite und fiel dann geschmeidig und mit einigen Stickereien verziert bis zu den schlanken Waden hinab. Es war nicht sehr ausladend, aber es war auch nicht schlicht. In jedem Fall war es dem Anlass angemessen und Ysara wirkte durchaus reifer und ernstzunehmender in dem Kleid. Sie schlüpfte in einfache, bequeme Schuhe und setzte sich dann an den Frisiertisch, damit Kalina ihre Haare kämmen und eine vorzeigbare Frisur richten konnte, die dann doch besser zu dem Kleid passte als ihre frisch gewaschenen, zusammengebundenen Haare vom Morgen. Während sich Kalina um ihre Frisur kümmerte, hing Ysara still ihren Gedanken nach. Als das Mädchen fertig war, betrachtete Ysara das leichte Geflecht ihrer Haare zufrieden und bedankte sich lächelnd bei Kalina, die sie nun entließ. Es fehlte nur noch der Schmuck und darum konnte sich Ysara alleine kümmern. Ihre Dienerin war gerade auf dem Weg zur Tür, als jemand anklopfte. Ihre Herrin wandte neugierig den Kopf, als der Diener an der Tür eine Nachricht für sie an Kalina weitergab. Ysara stand daraufhin auf, nahm Kalina die Botschaft neugierig ab und entließ diese dann endgültig. Dann war sie alleine und öffnete stirnrunzelnd die Botschaft. Nach all den Nachrichten, die sie seit gestern Nacht erreicht hatten, hoffte sie nur, dass es keine weitere Hiobsbotschaft war!


Ysi!
Planänderung. Wir nutzen die Feier für den General.
Halte dich bereit!
-Elian
Schriftrolle Fuss


Zuerst zeichnete sich Überraschung in ihrem Blick ab. Dann grinste Ysara fein. Die Krähen hatten ja Nerven! Einfach so eine Nachricht an sie zu schicken und den Plan spontan zu ändern! Offensichtlich hatten sie ihre Augen und Ohren überall, sodass sie von den Feierlichkeiten erfahren hatten. Das machte Ysara auch etwas stolz, denn das zeigte, wie gut sie ihre Sache machten! Sie waren informiert und immer auf alles gefasst. Die Nachricht schaffte es, ihre Laune etwas zu heben und weckte eine innere Aufregung. Ysara sah in den Spiegel. Ihr war aber auch klar, dass sie ganz genau aufpassen musste, was sie tat. Vermutlich stand sie nun unter der genauen Beobachtung ihrer Mutter. Vielleicht führte das dazu, dass sie eine kleinere Rolle in dem Ganzen einnehmen musste. Aber das blieb abzuwarten. Sie war sich sicher, dass ihnen schon etwas einfallen würde. Die Krähen waren spontan und gewitzt. Die Anführerin zerknüllte den Zettel und warf ihn in den Kamin, in dessen Feuer er verbrannte. Dann griff sie zu einer der Schmuckschatullen und entnahm eine goldene Halskette und Ohrringe, in die kleine grüne Steine eingefasst waren. Der Schmuck passte sowohl zur Farbe ihres Kleides als auch zu den blonden Haaren. Vor der Tür hörte sie schon geschäftiges Treiben. Offenbar war es nun soweit. Ysara warf sich einen abschließenden Blick im Spiegel zu und straffte die Schultern. Sie war sich sicher, dass sie viele Nerven und Konzentration für diese Feierlichkeit aufbringen musste. Ysara war sehr gespannt, was sie erwarten würde - in so vielerlei Hinsicht - und begab sich in die Eingangshalle der Villa.

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 1. November 2023, 22:00

Hätte ihre Mutter geahnt, dass sie ausnahmsweise nicht richtig lag, im Bezug auf Ysara’s Vorlieben, dann hätte sie vermutlich anders entschieden. Wobei sie mit ihrem Nachsatz bereits dafür sorgte, dass die Blonde erstarrte. Wenn es etwas gab, das Ysara gewiss nicht wollte, dann doch mit jemanden vermählt zu werden, der so gar nicht ihrem Bild von einem Mann entsprach. Zumal jetzt ohnehin die Dinge auf einmal gänzlich anders lagen. Dass ihre Mutter aber damit überhaupt drohte, beschäftigte Ysara auch noch, als sie bereits in ihrem Ankleidezimmer stand und sich für die Feier zurechtmachte. Kalina half ihr dabei, doch wirklich bei der Sache, konnte die Krähenanführerin nicht sein. Ohnehin legte sie nie wirklich viel Augenmerk auf die Garderobe, doch jetzt hallten die Worte ihrer Mutter wie ein klirrender Winterwind in ihr wider. Ob es nur eine Retourkutsche gewesen war? Sie hoffte es, doch wenn sie genauer darüber nachdachte, wusste Ysara, dass ihre Mutter solche Spielereien nicht nötig hatte. Gerade Cassian’s Verlobung hatte dem Nesthäkchen gezeigt, dass die Zeit reifer wurde. Dass es bald kein Entkommen mehr geben würde. Irgendwann würden ihre Eltern auch für sie ein Arrangement treffen und dank ihres Ausbruchs am Vormittag, könnte dieses ‚Irgendwann‘ schon heute eintreffen. Vielleicht hatte ihre Mutter tatsächlich den Entschluss gefasst, dass es besser für alle Beteiligten wäre, wenn auch die Jüngste im Hause Valerian endlich einmal den Ernst des Lebens annahm. In den Augen ihrer Eltern, stromerte Ysara ohnehin viel zu oft herum und pflegte weniger die gesellschaftlichen Pflichten. Elysia hatte bereits im zarten Alter von 17 begonnen, sich nach höfischem Gehabe zu richten, sich bewusst auf gesellschaftlichen Empfängen in Szene zu setzen und schlussendlich mit potenziellen, gewinnbringenden Partien zu kokettieren. Ihre Schwester beherrschte dieses Parkett und war darin eine wahre Meisterin geworden. Sie wäre gewiss die richtige, wenn es darum ginge, einen reichen Geck um den Finger zu wickeln. Aber Ysara wollte das alles gar nicht. Nur… wie entkam man seinem – wie ihre Mutter sagte – ‚vorbeschriebenen Weg‘ ? Während Ysara ihre Gedanken zu ordnen versuchte, frisierte Kalina sie mit einer hübschen, halb offenen, halb geflochtenen Frisur.
Kalina wusste was der Tochter aus gutem Hause gefiel und wie sie es gerne mochte. Sie hatten zueinander eine Art Vertrauensverhältnis aufgebaut und Kalina erwies sich als stumme Freundin, wenn es darum ging, dass Ysara ihren eigenen Weg gehen wollte. Zumindest in Sachen Aussehen. Bevor sie die Dienerin jedoch entließ, klopfte es. Eine Nachricht erreichte Ysara und nachdem Kalina andere Aufgaben übernahm, flog ihr grüner Blick über die knappen Worte. Aufregung machte sich breit, denn das warf sämtliche Pläne über den Haufen. Andererseits erfüllte es sie mit Stolz, dass ihre Krähen so kreativ waren und sich auch wirklich in die Sache hineinhängten. Es würde also bald losgehen und was auch immer sie dort erwartete… es wäre am Ende gewiss ein Gewinn – vielleicht sogar für die Krähen UND Cassian. Wobei das wieder ein ganz anderes Thema werden würde. So war Ysara bereit für das, was da kommen sollte und betrat den Eingangsbereich der heimatlichen Villa. Erneut war sie die letzte und alles wartete auf sie. Allerdings hatte sie dieses Mal nicht zu lange gebraucht, denn auch an ihrem Bruder wurde seitens seiner Frau noch herumgezuppelt, bevor sie zufrieden war. „Du siehst bezaubernd aus, Elinor!“, schwärmte ihre Mutter und nickte ihr zu. Sie schien zufrieden und nickte dem Diener an der Tür dann zu. „Nun denn, es stehen drei Kutschen bereit. Elinor, du fährst mit Severin und Karina. Elysia, Gunter – seid so gut und bildet den Schluss, während Cedric und Lizelle die zweite Kutsche nehmen.“, wie sie die Kinder an und harkte sich dann bei Aradin ein. „Nun denn!“, sagte jener und führte die Valerian-Schar an zu den Kutschen.

Ysara weiter bei: Wer sagt, man muss Feste feiern, wie sie fallen?
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Mittwoch 6. Dezember 2023, 11:51

Ysara kommt von: Das Nest der Krähen

Während ihre Krähen Lianth zum Lagerhaus brachten, fand Ysi den Weg zurück zum Innenring. Sie musste haraxisch aufpassen, dass sie nicht erwischt wurde. Überall wimmelte es von kleinen Grüppchen an Soldaten. Sie marschierten und durchkämmten das Armenviertel. Sie suchten die Krähen, sie suchten Lianth. Ysara konnte immer wieder Rufe hören. Mal von den Soldaten, mal von den Bewohnern, die nicht wussten, wie ihnen geschah. Einige Kinder weinten, waren verängstigt, denn die Soldaten gingen nicht gerade zimperlich mit dem wenigen Hab und Gut um. Türen wurden aufgerissen und Häuser durchsucht. Es war eine Hexenjagd und Ysi hatte sie zu verantworten. Der Weg war also gespickt von Vorsicht und knappen Situationen, denen sie nur mit Mühe und Not entkommen konnte. Zum Glück hatte sie sich umziehen können, doch das Fest hatte sie verbrannt. Sie war bekannt und gewiss hatte jemand ihren Namen gerufen, als sie durch das Zelt geflüchtet war und anschließend gefragt wurde, wer etwas gesehen hatte. So musste Ysi sich mäßigen und lieber einmal mehr stehenbleiben, anstatt zu schnell vorzupreschen. Dennoch gelangte sie über geheime Wege, die ihr inzwischen geläufig waren, in den Innenring.
Hier sah die Sache noch mal schlechter aus. Wo sich die Dunkelelfen im Außenring nach Lust und Laune umsahen, standen hier gefühlt an jeder Hausecke Soldaten zur Bewachung. Die Lage hatte sich drastisch geändert und ihr musste klarwerden, dass der General wusste, dass sie mit dahintersteckte. Denn warum sonst, sollte er Bewachungen an jedem Ort aufstellen lassen. Offenbar ahnte er auch, dass sie nach Hause zurückkehren wollte, denn es wirkte beinahe so, dass, je näher sie ihrem Elternhaus kam, die Soldaten zunahmen. Hier aber durchsuchten sie nicht wahllos Gebäude. Die Adeligen blieben verschont, mussten sich aber offenbar in ihren Häusern aufhalten. Denn bekannte Gesichter traf Ysara nicht. Das Straßenbild war… beklemmend. Sollte das nun der Alltag in Grandea sein? Solange sie, Ysara, nicht gefunden wurde, würden die anderen in Angst und Schrecken leben müssen? Ausgangssperren? Sanktionen? Als Ysi in ihre Gasse einbog, musste sie sehen, dass vor dem Haus ihrer Eltern ein wahrer Auflauf an Dunklen war. Alles wirkte friedlich, auch hörte man kein Bitten und Flehen oder andere Geräusche, die auf Gewalt hindeuteten. Dennoch war das Bild erschreckend. Zwei Dunkle standen wie zur Torbewachung vor dem Haupteingang, andere patrouillierten auf der Straße vor dem Haus und wieder andere bewachten die Hinter- sowie Personaleingänge. Ysara konnte erkennen, dass sowohl die Kutsche ihrer Eltern und Geschwister vorgefahren waren als auch die von Cassian und Ta’nurie. Und eine Kutsche stand dort, die sie nicht kannte aber bei der sie sich denken konnte, von wem sie war: Eine Fledermaus zierte das Holz der Türen und das schwarze Pferd passte sich dem unheimlichen Ambiente an. Der General war offenbar ebenfalls dort. Bevor Ysara nun aber losstürmen konnte, um sich Zugang zum Haus zu verschaffen, legte sich mit einem Mal eine Hand von hinten über ihren Mund und ein kräftiger Griff zog sie hinter eine Hecke. Hier wurde sie in die Knie gezwungen und sämtliche Gegenwehr erstaunlich leicht unterbunden. Kraft lag in den Armen, die sie hielten, bevor sie herumgedreht wurde und in violette Augen blickte. Nandos sah sie eindringlich an und hatte noch immer seine Hand auf ihrem Mund. „Was bei Manthala tut Ihr hier ?!“, wollte er wissen und zischte nur leise, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Er wartete, bis er sicher sein konnte, dass sie nicht losfuderte, ehe er die Hand von ihrem Mund nahm. Er hielt sie dennoch an beiden Schultern, auch wenn sein Griff lockerer wurde. „Ihr solltet weit weg sein von hier, Elinor.“, sagte er und bestätigte damit, dass sie aufgeflogen war.
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Mittwoch 6. Dezember 2023, 20:48

Ysara fiel es sehr schwer, das Krähennest und ihre Krähen fürs Erste zu verlassen. Aber genauso unmöglich war es für sie, ihre Familie und Grandea einfach so zu verlassen. Sie lebte in zwei Welten und konnte keine von ihnen verleugnen. Sie musste sichergehen, dass es ihrer Familie gut ging und dass sie unversehrt war. Zum Glück kannte sie sich gut im Armenviertel aus und konnte ein Zusammentreffen mit den Soldaten des Generals vermeiden. Bei ihrem Anblick aus der Ferne verspürte sie jedoch Reue über das, was sie ausgelöst hatte, und Mitleid mit den Ärmsten der Armen, die für ihr Handeln büßen mussten. Als sie eine weinende Mutter mit ihrem schreienden Kind sah, die von Dunkelelfen grob aus ihrem Haus auf die Straße gezogen wurden, war sie kurz davor, sich den Dunklen zu stellen. Sie wollte nicht verantwortlich für noch mehr Leid unter den Armen sein. Wieder mussten die Ärmsten leiden und das wegen ihrem Handeln. Doch was wäre der Preis dafür? Würde Vashnar ihr Leben überhaupt verschonen? Wenn Ysara ehrlich zu sich selbst war, bezweifelte sie das - und das hielt sie schlussendlich davon ab, sich zu zeigen. Nur widerwillig wandte sie sich von der Szene ab und benutzte die ihr gut bekannten Schleichwege, um glücklicherweise ungesehen in den Innenring zu gelangen.

Als sie das Viertel der Wohlhabenden und Reichen betrat, dauerte es nicht lange, bis sie die vielen dunkelelfischen Soldaten sah, die plötzlich die Häuser der Wohlhabenden bewachten und auf den Straßen patrouillierten. Da musste sie der Wahrheit ins Gesicht sehen: Sie war erkannt worden. Kan'egh Vashnar wusste, wer sie war. Dann wusste er auch, wo sie wohnte und wer ihre Eltern und Geschwister waren. Einige Momente stand sie einfach nur da und starrte auf die vielen Soldaten, die hier abgestellt worden waren, um auf sie zu warten. Sie war reichlich blass, während ihr der Schweiß auf der Stirn stand. Ihre Hände waren eiskalt und sie musste einige Male tief durchatmen. Sollte sie lieber direkt umdrehen? Oder würde sie doch noch einen Weg hinein ins Haus finden? Doch sie brauchte die Gewissheit einfach. Ysara wollte es nicht unversucht lassen und schlich sich durch die Straßen, bis sie in die Gasse bog, die zur Villa Valerion führte. Erschrocken erfassten ihre Augen das Geschehen vor ihrem Haus. So viele Dunkelelfen! Als hätten ihre Eltern sie geladen, doch Ysara wusste, dass nicht das der Grund für die vielen dunkelelfischen Soldaten waren, die ihr Haus und die Straße davor genauestens im Auge behielten. Ihr Blick fiel auf die Kutschen vor dem Haus und sie realisierte, dass sich auch Cassian noch, und ganz offiziell, in ihrem Haus befinden musste. Was er wohl über all das dachte? Sie hoffte nur, dass er nichts riskierte und in seiner Rolle blieb. Seine Verlobte Ta'nurie und der General mussten sich ebenfalls in ihrem Haus befinden. Mit einem Mal gingen ihr einige Horrorszenarien durch den Kopf, was ihre Familie gerade im Inneren erleben musste. Wegen ihr. Ysara versuchte, den riesigen Kloß in ihrem Hals hinunter zu schlucken, doch es gelang ihr nicht. Ihr Herz zog sich zusammen und sie spürte, wie sie zu zittern begann.

Bevor sie die Bilder verdrängen oder sich sammeln konnte, spürte sie plötzlich eine Hand auf ihrem Mund, die ihren Schrei etwas dämpfte, als sie erschrocken zusammen zuckte. Ein Ruck ging durch ihren Körper, als sie rücklings von jemanden weg von der Straße gezerrt wurde. Panik stieg in Ysara auf, die sich mit Händen und Füßen zu wehren versuchte. Sie befürchtete, in die Fänge eines Dunkelelfen gelangt zu sein, der sie in den uneinsehbaren Schatten zerren wollte. Ysara versuchte, sich zu wehren, konnte sich aber nicht aus dem kräftigen Griff befreien, der sie kurz aufstöhnen ließ. Etwas Hartes streifte ihre Wange und der knorrige Ast einer Hecke hinterließ einen Kratzer auf ihrer Wange und kleine Blätter in ihren zerzausten Haaren. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie auf die Knie gezwungen wurde und ihr klar wurde, dass sie keine Chance gegen ihren Peiniger hatte. Was würde ihr jetzt blühen? Sie schluchzte, als sie herum gedreht wurde. Ihr Herz wummerte in ihrer Brust und sie blinzelte den Tränenschleier weg, bis die grünen Augen ein bekanntes Violett wahrnahmen. Ihre Augen tasteten das Gesicht ab und erkannten Nandos, der ihr noch immer eine Hand auf den Mund hielt. Sein Anblick beruhigte sie jedoch in keinster Weise. Sie kannte ihn nicht und deshalb kannte sie auch seine Absichten nicht. Gehetzt hüpften ihre Augen über die Umgebung, auf der Suche nach einem Fluchtweg, als sie realisierte, dass Nandos sie hinter eine Hecke gezerrt hatte. Hier blieb sie von den Dunkelelfen ungesehen. War das seine Absicht? Oder stand er auf der Seite der Dunklen und hatte ihr wie diese aufgelauert?
„Was bei Manthala tut Ihr hier?!“ Nein, ihr Auftauchen überraschte ihn. Irrte sie sich oder wirkte auch er nervös? Sie bemerkte seinen eindringlichen Blick und nickte knapp. Sie hatte sich so weit im Griff, sie würde nicht schreien. Offensichtlich wollte auch Nandos nicht entdeckt werden. Als er die Hand endlich wegnahm, schnaufte sie hörbar aus und atmete gierig die kühle Abendluft ein. Dann wischte sie sich die Strähnen aus dem Gesicht, die ihr an Mund und Stirn klebten. Der Elf war überraschend stark und hielt sie noch immer an den Schultern fest. Sein Griff und das Niederringen auf den Boden hatten ihr weh getan, aber sie versuchte, tapfer zu bleiben.
Ihre Augen verengten sich kurz, als er ihr klar machte, dass sie lieber nicht hier sein sollte. Dann passte ihm das also nicht? War er nicht hier, um sie gefangen zu nehmen? "Was macht ihr hier?", zischte sie zurück und ihr Blick glitt erneut über die unmittelbare Umgebung. Sie rang die Tränen nieder, um sich keine Blöße vor ihm zu geben, doch die Angst in ihrem Blick konnte sie nicht ganz verbergen. Der Drang, zu fliehen, war überaus groß. Aber offenbar wollte er ihr nicht schaden und sie wollte auch kein Gerangel riskieren, das die Dunklen auf den Plan rufen würde. Trotzdem überlegte sie für einen Moment, ob sie ihn mit einem plötzlichen Schlag soweit überraschen könnte, um das Weite zu suchen. "Bitte verratet mich nicht", bat sie ihn und das Grün kehrte zurück in sein Violett. Sie brauchte jetzt nicht auf dumm oder unschuldig tun. Er wusste Bescheid. Ysara beobachtete ihn aufmerksam. Wenn es auch nur ein Anzeichen dafür gab, dass er ihr schaden wollte, würde sie auf ihren Plan mit dem Schlag zurückkommen. Ihr Blick huschte in Richtung ihres Hauses, doch durch die Hecke konnte sie nicht viel erkennen. "Könnt ihr mir.." Erneut kehrte ihr Blick zurück zu dem Elf und ihr kam plötzlich die Szene in den Sinn, die sie vor ihm veranstaltet hatte. War er eigentlich sauer auf sie? War er überhaupt auf ihrer Seite oder spielte er hier sein eigenes Spiel? Sie seufzte und sank etwas in sich zusammen. "Könnt ihr mir erzählen, was passiert ist? Bitte.. Geht es meiner Familie gut?" Sie musste es wissen, er konnte die Dringlichkeit in ihrem Blick erkennen. Sie hatte ihn vorgeführt und nun bat sie ihn um einen Gefallen - um eine Information. Vor ihrem Haus wimmelte es nur so von Dunkelelfen, vermutlich auch im Haus. Ysara wurde klar, dass es keine Chance für sie gab, sich selbst von dem Wohlbehalten ihrer Familie zu überzeugen. Also brauchte sie Nandos, um mehr zu erfahren und nahm seine Ablehnung in Kauf, die durchaus berechtigt wäre.

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Dienstag 12. Dezember 2023, 00:12

Noch niemals hatten die Krähen einen Coup so dermaßen in den Sand gesetzt. Noch niemals waren sie überhaupt auf jene Weise mit den Dunklen aneinandergeraten und im Grunde waren sie allesamt Halbstarke, die doch reichlich grün hinter den Ohren waren. Bisher hatten sie reiche Säcke um ein paar Münzen erleichtert und sich einen Heidenspaß daraus gemacht es zu tun. Sie hatten sich wie Löwen gefühlt, während sie von dem Geld Kleidung, Alltagswaren und Nahrung kauften, um jene an die Armen zu verteilen. Sie lebten die Geschichte von tapferen Helden, die sich um die Schwächsten bemühten und den Reichtum neuverteilten. Sie waren schillernde Figuren ihrer eigenen Geschichte, die sie in ihren Köpfen eigens ausgedacht hatten. Ysi und ihre Freunde waren ‚die Krähen‘ – furchtlose Diebe und stolz darauf, etwas zu bewirken. Und es waren längst keine Kindereien mehr gewesen. Denn sie hatten bereits auch schon größere Dinge gerissen, die schließlich sogar dazu führten, dass dringend benötigte Arznei oder gar ein Heiler bezahlt werden konnte. Sie waren keine Kindsköpfe mehr, wie am Anfang und dennoch… dennoch fühlte sie dieser besondere Tag genau so an. Was hatten sie geglaubt? Den General der Dunklen Armee – der Armee von Grandessa – bestehlen und damit davonkommen? Was hatten sie denn erwartet? Dass er sie ziehen lassen würde? Es hätte jetzt gewiss gutgetan, wenn man sie als Kinder abgestempelt hätte. Und vermutlich hätte das bei Menschen dieser Stadt auch gewirkt. Aber so? Die Dunkelelfen mussten einen Ruf etablieren und klarmachen, wer das Sagen hatte, hier. Sich nun auf der Nase herumtanzen lassen, kam überhaupt nicht in Frage! Natürlich schlugen sie mit aller Härte zurück. Denn sie würden ein Exempel an ihnen statuieren, soviel konnte Ysara inzwischen erkennen. Der Weg zu ihrem Heim war… angsteinflößend. Er trieb ihr regelrecht die Panik durch die Glieder, auch wenn sie ihre sichere Haltung nicht aufgab. Es war verdammt schwer, sich überhaupt versteckt zu halten, denn überall patrouillierten die dunklen Vertreter der Elfen umher. Spätestens aber, als Ysara die Straße erreichte, in der ihr Haus stand, konnte sie erkennen, dass sie nun auch aufgeflogen war.

Vor ihrem Elternhaus standen eine Menge Soldaten und Kutschen und offenbar galt es, eine Krise abzuwenden. Was hatte sie nur getan? Was würde nun geschehen? Bevor Ysara etwas Unüberlegtes tun konnte und ihrem Drang, sich einfach zu stellen tatsächlich auch nachgeben konnte, wurde sie gepackt und schließlich soweit niedergezwungen, dass ihr noch etwas anderes klarwurde: Sie war derzeit nicht in der Lage, sich überhaupt gegen jemanden zu wehren. Zum Glück für die Blonde war es Nandos, der sie gerade gen Boden drückte und sie festhielt. Dass er ihr dabei Schaden zufügte, nahm er entweder in Kauf oder registrierte es gar nicht. Ysara wusste nicht, ob der dunkelhaarige Elf überhaupt auf ihrer Seite war oder, ob er nicht gar mit den Dunklen unter einer Decke steckte. Seine Worte wollten sie vom Gegenteil überzeugen, doch sicher sein konnte man sich wohl gar nicht mehr. "Was macht ihr hier?", verlangte sie zu wissen, doch Nandos schnaubte nur. "Bitte verratet mich nicht", flehte sie daraufhin und der Elf hob eine Augenbraue. „Keine Sorge, dafür habt Ihr selbst gesorgt!“, antwortete er kritisch und duckte sich kurz, als sich ein Dunkler an der Hecke entlangbewegte. Er wartete geduldig ab, bis jener seinen Gang entfernte und sah Ysara wieder an. Musternd ruhte sein Blick auf ihr, während sie um Fassung rang. "Könnt ihr mir.. Könnt ihr mir erzählen, was passiert ist? Bitte.. Geht es meiner Familie gut?" „…Wenn sie sich in der Gesellschaft von Dunklen wohlfühlt, geht es ihr derzeit wohl blendend!“, antwortete er ihr sarkastisch und blickte nun selbst zurück zu Haus. Es gab einen kleinen Spalt im Blattwerk, der einen minimalen Blick auf das Tun im Hause Valerion freigab. „Man sucht Euch. Mit Belohnung – wieso?“, fragte er nun seinerseits und wandte den Kopf ihr wieder zu. Selbst jetzt besaß Nandos einen ganz eigenen Charme mit seiner Art. Irgendwie dreist und irgendwie ungezwungen. Aber es war wohl der falsche Moment, sich das hübsche Gesicht näher anzusehen, jetzt, da sie gezwungenermaßen auf Kuschelkurs gingen.
„Es war eure Mutter, die verwundert darüber schien, dass ihr mit einer Bande Kindsköpfe scheinbar zusammen wart. Sie schien äußerst besorgt um euch und glaubte, Ihr wärt in ernsthaften Schwierigkeiten. Unverschuldet wohl.“, fügte er an und sein Violett ruhte so schonungslos auf ihr, dass man meinen könnte, er könne nun jede Nuance erkennen. Vielleicht konnte er das, trotz der schlechten Lichtverhältnisse ja tatsächlich. „Aber ihr seid gar nicht unverschuldet in diese Lage geraten, nicht wahr Elinor?“, forschte er weiter und kam ihrem Gesicht noch ein Stück näher. Seine Augen engten sich und er wahrte nicht mal ansatzweise einen gewissen, höflichen Abstand. „Ihr steckt bis zu eurem hübschen Hals in einem stinkenden Misthaufen und werdet darin ertrinken, wenn ihr einen Fuß auch nur weiter in die Nähe Eures Hauses setzt!“, warnte er sie und löste sich aus ihrer Nähe. Nandos rutschte näher zur Hecke und spähte durch das kleine Loch. „Sie befragen Eure Eltern. Eure gesamte Familie. Sie untersuchen, ob die Familie Valerion etwa verstrickt ist, in Diebesgeschäfte. Man wird wohl eine Überprüfung einleiten für die Geschäfte Eures Vaters.“, redete er weiter und schonte Ysara nicht. Er zuckte sogar mit den Schultern, als er sich ihr wieder zuwandte. „Ein gut gemeinter Rat, Elinor – Verschwindet aus Grandea, solange ihr noch könnt. Es wird für alle das Beste sein. Eure Familie wird eventuell diese Untersuchung mit einem blauen Auge bestehen, vielleicht werden die Dunklen auch fündig – was weiß ich. Aber wenn ihr dort nun auftaucht, werdet ihr nicht lange befragt. Man wird euch als Symbol für all jene nehmen, die dem Dunklen Volk Schwierigkeiten machen wollen. Und…“, Nandos schien sich langsam zurückziehen zu wollen, denn er knöpfte recht förmlich seinen Mantel zu, als würden sie eine gepflegte Konversation tätigen. „…Wäre doch schade, wenn eure Aktion dann vollkommen umsonst gewesen wäre, nicht wahr?“, fragte er mit einem gewissen Unterton. „Euer schauspielerisches Talent in allen Ehren, aber denen werdet ihr nicht so einfach vormachen können, ihr hättet euch nur… verausgabt.“, spielte er mit klaren Worten auf ihre fingierte Ohnmacht an. „Wenn Ihr nun gestattet – der Ort ist nicht das beste Plauderfleckchen. Zu kalt, zu ungemütlich. Ich bevorzuge da mehr… Eleganz!“, offenbarte er mit einem gewissen Sarkasmus. „Soll ich mal ein Ablenkungsmanöver starten, damit Ihr sehen könnt, wie man das macht?“, fragte er dreist und grinste auch noch. Er schien das alles für einen Spaß zu halten…
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Dienstag 12. Dezember 2023, 16:59

Als sie heute Morgen aufgestanden war, hatte Ysara noch ganz andere Vorstellungen von diesem Tag gehabt. Sie hatte sich ihn ganz anders vorgestellt: In allererster Linie erfolgreich und gespickt mit dem süßen Triumph eines Schatzes, der sich in greifbarer Nähe befand und den sie mit ihren Krähen nur noch bergen musste. Doch nichts davon war eingetroffen. In ihrem Versteck, in das sie Nandos überraschend und unfreiwillig gezerrt hatte, musste sie nun im Gegenteil erkennen, dass alles vollkommen schiefgelaufen war. Sie hatte nicht vorgehabt, den Abend mit einem fremden Elfen in einer dunklen Hecke ausklingen zu lassen. Und doch war sie nun genau hier. Die Blonde wollte von Nandos wissen, was er hier machte, aber erneut blieb er ihr eine Antwort schuldig, sodass sie noch immer nichts über seine Absichten erahnen konnte. Doch sie war zu abgelenkt, um noch einmal nachzuhaken. Ysara war zu aufgeregt und zu erschrocken über all die Dunkelelfen in ihrer Sichtweite. Sie war verzweifelt über die Ungewissheit ihrer Familie und sie war verängstigt, weil sie nicht entdeckt werden wollte. Das hier war kein spaßiges Versteckpiel. Wenn sie gefunden werden würde, gab es keine Chance für sie auf einen Sieg. Noch etwas außer Atem bat sie Nandos darum, sie nicht zu verraten. „Keine Sorge, dafür habt Ihr selbst gesorgt!“ Sie hatte nicht mit solch einer Antwort gerechnet, weshalb der Ausdruck in den grünen Augen für einen Moment so kritisch wurde, wie seine Antwort ausfiel. Dann sah sie, dass er sich plötzlich kleiner machte und ohne weiter darüber nachzudenken, folgte sie instinktiv seinem Beispiel. Er hörte oder sah den Dunklen, der an der Hecke vorbei lief, vor ihr und die alarmierte Ysara tat, was sie so oft machte, wenn sie mit ihren Krähen auf den Straßen unterwegs war: Sie verließ sich auf die Instinkte des anderen. Während sie still verharrten, musterte sie Nandos jedoch argwöhnisch aus dem Augenwinkel. Was macht er hier? Er hat nicht damit gerechnet, mich hier zu treffen. Welches Ziel verfolgt er? Still wie ein Mäuschen harrte sie neben ihrem einstigen Tanzpartner aus und bewegte sich erst, als sich auch Nandos Haltung entspannte. Sie wusste nicht, was er hier wollte, aber es war offensichtlich, dass auch er nicht entdeckt werden wollte.
So wie sie sich auf sein Wissen um ihre Familie verlassen musste. Sie hoffte, dass er im Zelt anwesend gewesen war und alles Weitere noch mitbekommen hatte, um sie nun beruhigen zu können. Doch Nandos ergriff keine beruhigenden oder gar mitfühlende Worte. „…Wenn sie sich in der Gesellschaft von Dunklen wohlfühlt, geht es ihr derzeit wohl blendend!“
"Findet Ihr das lustig?", zischte sie und schaute ihn verärgert an, während er durch die Hecke in Richtung Haus linste. Sie behielt ihn durchgehend im Auge und wich auch nicht seinem Blick aus, der bald zurück zu ihr kehrte. „Man sucht Euch. Mit Belohnung – wieso?“ Mit Belohnung sogar? Ysara hätte gerne gewusst, wie viel man für sie verlangte, aber jetzt war keine Zeit für falsche Überheblichkeit. Äußerlich zuckte sie auf seine Frage mit den Schultern. Ihr war klar, dass er durchaus wusste, dass sie nicht unschuldig war. Aber ihr trotziger Blick machte ihm auch klar, dass sie ihm den Grund nicht auf die Nase binden würde. „Es war eure Mutter, die verwundert darüber schien, dass ihr mit einer Bande Kindsköpfe scheinbar zusammen wart. Sie schien äußerst besorgt um euch und glaubte, Ihr wärt in ernsthaften Schwierigkeiten. Unverschuldet wohl.“
Kindsköpfe, hm?! Die grünen Augen verengten sich bei diesem Wort für einen Moment, ehe ihr Blick etwas milder wurde. Ihre Mutter.. Sie musste krank vor Sorge sein. Sie wusste natürlich seit Jahren, dass Ysara nicht ganz unschuldig war. Aber das, was sie heute veranstaltet hatte, war übel. „Aber ihr seid gar nicht unverschuldet in diese Lage geraten, nicht wahr Elinor?“ Nandos kam er ihr ein Stück näher und bewies abermals, dass er nicht viel auf die förmlichen Umgangsformen gab - sofern diese in einer Hecke überhaupt noch Bestand hatten. Ysara verharrte still und wich ihm nicht aus. Sie musterte Nandos aus der Nähe, wobei sie erneut feststellte, dass er weder ganz in die eine noch in die andere Welt passte. Er war gekleidet wie einer der Reichen - und doch wieder nicht - und er saß mit ihr in dieser Hecke und versteckte sich vor den Dunklen. Es war seltsam. Für einen Moment starrten sie sich einfach nur mit zusammen gekniffenen Augen an. "Ihr seid ein kluges Köpfchen, hm?", fragte sie stattdessen. Sie formulierte es absichtlich mehr als eine Frage, denn das ließ Raum für Zweifel, im Gegensatz zu einer Feststellung. Es fehlte nur noch, dass sie ihm gegen die Stirn tippte, aber sie fasste ihn nicht an. Ysara stritt es nicht ab, denn die halbe Stadt suchte nach ihr und auch wenn Vashnar nicht gesagt hatte, weswegen, so konnte niemand leugnen, dass sie daran beteiligt gewesen war. Trotzdem hielt sie sich bedeckt und versuchte, ihre Unsicherheit ob der ganzen Geschehnisse und ihrer unklaren Zukunft mit selbstsicheren Worten zu überspielen. Sie war angespannt und etwas in Nandos' Worten und seiner Haltung ärgerte sie, auch wenn sie noch nicht ganz benennen konnte, was es war. Vielleicht war es einfach nur seine direkte Art, mit der er ihr schonungslos die Wahrheit sagte, obwohl sie sich gar nicht kannten. Vielleicht war es der Umstand, dass er ihr in dieser Situation um einiges voraus war. Er wusste mehr darüber als sie und sie war abhängig von diesen Informationen. Aufgrund einer fehlenden Vertrauensbasis missfiel ihr dies.
„Ihr steckt bis zu eurem hübschen Hals in einem stinkenden Misthaufen und werdet darin ertrinken, wenn ihr einen Fuß auch nur weiter in die Nähe Eures Hauses setzt!“ Als er endlich die angespannte Nähe auflöste, entließ sie ihren Atem hörbar in seinem Rücken, da er sich ein Stück vorlehnte und erneut durch die Hecke spähte. Ysara hinter ihm versuchte derweil, die Neuigkeiten zu verdauen, die ihre bisherigen Vermutungen bestätigten. Es war unmöglich, einen Fuß in ihr Elternhaus zu setzen. Sie strich sich mit den Händen nervös durch das Gesicht und zupfte am Ende einige kleine Zweige und Blätter aus den blonden Strähnen, die sich schon längst aus ihrem Zopf gelöst hatten. „Sie befragen Eure Eltern. Eure gesamte Familie. Sie untersuchen, ob die Familie Valerion etwa verstrickt ist, in Diebesgeschäfte. Man wird wohl eine Überprüfung einleiten für die Geschäfte Eures Vaters.“
Scheiße, dachte sie und holte schon Luft, um das Wort auszustoßen. Doch dann fiel ihr Blick auf Nandos und sie verkniff sich den Fluch. Abermals wurde ihr bewusst, dass sie ihn nicht einzuschätzen und keiner Seite klar zuordnen konnte. Für Morgeria und Vashnar spielte er schon einmal nicht. Aber hieß das automatisch, dass er auf ihrer Seite war? Seine Worte klangen insgesamt sehr neutral. Es tangierte ihn offenbar überhaupt gar nicht. Umso fraglicher war, was er hier suchte? "Mein Vater hat nichts zu verbergen", äußerte sie, bevor ihr klar wurde, dass das nichts zur Sache tun würde. Wenn die Dunklen ein Exempel statuieren wollten, würden sie schon irgendetwas finden - oder erfinden -, das ihnen dafür in die Hände spielte. Ysara bemerkte eine latente Übelkeit in ihrem Magen und schnaubte über diese Aussichten.
Da drehte sich Nandos mit einem Schulterzucken zu ihr herum. „Ein gut gemeinter Rat, Elinor – Verschwindet aus Grandea, solange ihr noch könnt. Es wird für alle das Beste sein. Eure Familie wird eventuell diese Untersuchung mit einem blauen Auge bestehen, vielleicht werden die Dunklen auch fündig – was weiß ich. Aber wenn ihr dort nun auftaucht, werdet ihr nicht lange befragt. Man wird euch als Symbol für all jene nehmen, die dem Dunklen Volk Schwierigkeiten machen wollen. Und…“ Auch wenn sie seine Worte nicht gerne hörte, konnte er doch erkennen, dass sie etwas in ihr auslösten. Sie glaubte ihm und die Wahrheit war schrecklich. Ihr Blick huschte hinab zu den Knöpfen seines Mantels, den er plötzlich zuknöpfte, als würden sie sich förmlich voneinander verabschieden. Sie hob eine Augenbraue, als sie zurück in sein Gesicht schaute, mit der stummen Frage, ob das jetzt sein musste. „…Wäre doch schade, wenn eure Aktion dann vollkommen umsonst gewesen wäre, nicht wahr?“ Ysara kaute auf ihrer Unterlippe herum, während sie über all das nachdachte, was er ihr zu sagen hatte. "Das sagt sich so leicht als Unbeteiligter. Das sind rosige Aussichten", murmelte sie nun ihrerseits ironisch. Sie musste zugeben, dass er Recht hatte. Was hätte sie bewirkt, wenn man sie nun schnappen würde? Wofür hatten sie alle all den Aufwand betrieben? Ysara hatte noch so viel mehr vor in ihrem Leben. Gefühlt hatte sie bis jetzt kaum etwas von dem erreicht, was sie alles erreichen wollte. Aber es war schwer zu hören, dass sie einfach gehen sollte. Es war schwer anzunehmen. Sie erwartete keinen Trost von diesen fremden Elfen, aber vielleicht hätte das alles etwas einfacher gemacht. Sie warf einen Blick in seine Augen, aber er meinte es todernst und es war angekommen. "Wieso gebt Ihr mir diesen Rat? Wieso interessiert es Euch, ob ich hierbleibe oder nicht? Was wollt Ihr hier? Was macht Ihr hier im Dunkeln vor meinem Haus?", fragte sie dann plötzlich und als die erste Frage gestellt war, purzelten die anderen nur noch hinter her. Sie sah ihn etwas missmutig an.
Sie wollte Antworten, bevor er verschwand, denn Nandos war offensichtlich schon kurz vor dem Gehen. „Euer schauspielerisches Talent in allen Ehren, aber denen werdet ihr nicht so einfach vormachen können, ihr hättet euch nur… verausgabt.“ "Es hat funktioniert - oder nicht?", erwiderte sie und klang beleidigter, als sie wollte. Die Aussichten trübten ihre Stimmung und übertrugen sich auf den Überbringer der Neuigkeiten. Für einen Moment funkelte sie ihn an. Jetzt weiß ich, was ihn so nervig macht. Seine Überheblichkeit..
„Wenn Ihr nun gestattet – der Ort ist nicht das beste Plauderfleckchen. Zu kalt, zu ungemütlich. Ich bevorzuge da mehr… Eleganz!“ Die Blonde schnaubte kurz, ehe ihr scheinbar etwas einfiel und sie sich verschwörerisch ein Stück zu ihm vorlehnte. "Ich gestatte es Euch", raunte sie ihm zu und es war natürlich volle Absicht, dass auch sie sich eine Anspielung auf ihren vergangenen Wortwechsel erlaubte. "Der Platz hier war Eure Wahl", erinnerte sie ihn dann. "Vermutlich lamentiert ihr sonst eher in 'der Adeligen' nehme ich an", spielte Ysara auf die luxuriöse Villa an, in der sich die Reichen und Schönen des Innenviertels gerne trafen. Sie konnte dieser pompösen Villa voller Luxus nicht mehr als Protzigkeit abverlangen und auch keine Eleganz, aber vielleicht sah Nandos das anders.
„Soll ich mal ein Ablenkungsmanöver starten, damit Ihr sehen könnt, wie man das macht?“, fragte er plötzlich und Ysara stutzte kurz. Sie hätte gerne gleichgültig mit den Schultern gezuckt, aber in Wirklichkeit weckte seine Frage ihre Neugierde. Kein normaler Mensch und auch kein normaler Elf schlich in der Dunkelheit durch die Straßen, auf denen die Dunkelelfen patrouillierten, und versteckte sich hinter Hecken mit einer ihm vollkommen fremden Person. Vermutlich machte auch er das hier nicht zum ersten Mal und daher erwartete sie tatsächlich kein stümperhaftes Manöver. Sie wollte allerdings nicht zu euphorisch wirken und setzte daher eine fast schon gleichgültige Miene auf. "Ich möchte Euch ungerne die Illusion nehmen, aber die Soldaten erwecken nicht den Anschein, als hätten sie Lust auf ein Tänzchen. Obwohl.." Sie legte Daumen und Zeigefinger an ihr Kinn und machte für einige Sekunden eine nachdenkliche Miene, ehe sie die Geste wieder aufhob. ".. das hat Euch noch nie abgehalten, Euren Kopf durchzusetzen, nicht wahr?"

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Samstag 16. Dezember 2023, 13:00

Irgendwie war es Fluch und Segen gleichermaßen, dass Ysara in dieser Situation Nandos erneut begegnete. Zum einen wusste er scheinbar ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, auf der anderen Seite war seine abgebrühte Überheblichkeit nervtötend. Ysara stand nicht der Sinn nach Scherzen. Sie war doch in sehr viel größeren Schwierigkeiten als sie bisher angenommen hatte. So gesehen war dieser waghalsige Ausflug ins Reichenviertel doch ganz gut gewesen. Es führte ihr vor Augen, dass die Krähen richtig Mist gebaut hatten. Es würde allerdings später noch Zeit geben, um das gemeinsam aufzuschlüsseln. Jetzt musste sich Ysara leider mit Nandos auseinandersetzen und fand dennoch keine Antworten, auf sein Erscheinen. Er umging die Antworten darauf. Nandos aber erwies sich als direkter in seiner Art, als es Ysara derzeit verknusen konnte. "Findet Ihr das lustig?" „Sicher, wieso auch nicht?“, gab er ebenso zischend zurück. Dann wollte er sie wissen lassen, dass er genau ahnte, wie ‚unschuldig‘ Ysara war. "Ihr seid ein kluges Köpfchen, hm?" Seine Lippen teilten sich, während sie sich in die Augen starrten. Er setzte eine gespielte Miene auf und schnalzte mit der Zunge, bevor er sie anzwinkerte: „Sehr richtig, danke für die Blumen, Teuerste!“ Er löste die Nähe auf und Ysara gewann einen Moment, um sich zu sammeln. Irgendetwas störte sie an ihm, konnte aber den Finger nicht in die Wunde legen. Er erwähnte das Prozedere, das ihre Familie gerade durchlebte so beiläufig, als wäre es ihm vollkommen egal. Vielleicht war es so, aber es fehlte eben auch eine gewisse Angst dabei. Alle hatten Angst, wenn die Dunklen sich bewegten… er schien das nicht so zu sehen. Nandos blieb weiterhin ein Rätsel und Ysara’s Neugierde rutschte an ihm an, wie an einer glattgespülten Felswand. "Mein Vater hat nichts zu verbergen", beteuerte sie und Nandos schnaubte leise. „Sicher – natürlich hat er das nicht“, antwortet er reichlich sarkastisch und schüttelte leicht den Kopf. Offenbar hielt er Ysara für äußerst naiv. Wie kam er dazu?! Er gab ihr zudem einen gutgemeinten aber unschönen Rat. Trotzdem wusste Ysi, dass er Recht hatte und das wurmte gleich doppelt. Der Elf mit den dunklen, kurzen Haaren, dem viel zu selbstbewussten Auftreten und diesem amethyst-farbenen Augen war eindeutig nicht der Spross einer wohlbehüteten Familie. Er wusste viel zu gut Bescheid in der Welt und doch… doch war er auf dem Fest und auch sein Name gab Hinweise darauf, dass er aus jenen Kreisen stammte, wie Ysara selbst. Wäre die Lage eine andere, hätte Ysi gewiss Zeit darauf verwendet, sich das ganze genauer zu betrachten, jetzt aber musste sie sich damit befassen, dass er schlicht recht behielt. Sie musste fort. Sie musste Abstand gewinnen.
"Das sagt sich so leicht als Unbeteiligter. Das sind rosige Aussichten", murrte sie und Nandos grinste kess auf. „He- ich habe, was auch immer, nicht verbockt. Ich bin nur der Bote, der Euch die Möglichkeiten aufzeigt.“, verteidigte er sich, doch war er nicht wirklich gekränkt. "Wieso gebt Ihr mir diesen Rat? Wieso interessiert es Euch, ob ich hierbleibe oder nicht? Was wollt Ihr hier? Was macht Ihr hier im Dunkeln vor meinem Haus?" Wollte Ysara dann doch plötzlich wissen. Jetzt, wo sie sich damit abfand, dass sie ihr Zuhause wohl verlassen musste, fiel es ihr wieder leichter, sich auch auf andere Dinge zu konzentrieren. Nandos blickte vom Haus zurück zu Ysara und musterte sie mit einem fraglichen Blitzen in den Augen. „Meint ihr wirklich, ihr habt nun die Zeit, für all diese Fragen?“, spitzte er amüsiert die Lippen. „Ihr seid mutiger, als gedacht.“, bescheinigte er ihr und war immer noch viel zu gelassen für all das. „Ich gebe euch den Rat, weil mir euer Tanzstil so gut gefiel!“, antwortete er und lachte leise. Das war definitiv nicht die Wahrheit. Obwohl er sich nicht über ihre Tanzkünste lustig machte, denn dazu gab es keinen Grund. Sie hatten hervorragend zusammen getanzt. „Mit Verlaub, ich drücke mich nicht im Dunkel vor eurem Haus herum. Ich flanierte durch die Straßen und stieß zufällig auf euch!“, gab er nun preis und etwas darin schien sogar der Wahrheit zu entsprechen. „Und… es interessiert mich nicht wirklich, ob ihr bleibt oder geht. Aber ich dachte, für meine Dreistigkeit beim Tanz, wäre ich euch eine kleine Wiedergutmachung schuldig!“, zwinkerte er erneut, bevor er sich den Mantel zuknöpfte und sich offenbar zum Gehen wandte.

Nandos hatte jede Frage beantwortet, irgendwie. Aber er hatte nicht nur geschwiegen. Irgendwie war seltsam aber dann auch wieder zuvorkommend und hilfsbereit. Zum verrückt Werden eben! Und schon entwischte der Elf wieder ihren Fingern, als er sich zu verabschieden begann. Ysara aber konnte nicht klein beigeben. "Ich gestatte es Euch", antwortete sie und erntete zwei geschwungene Augenbrauen, die sich in die Höhe bewegten. Dann lächelte er und tippte sich an einen imaginären Hut. „Nicht schlecht – gekontert, wie eine junge Dame!“, schon wieder eine Antwort. Der Kerl schien mit allen Wassern gewaschen zu sein. "Der Platz hier war Eure Wahl. Vermutlich lamentiert ihr sonst eher in 'der Adeligen' nehme ich an" „Oh – in Eurer Abwesenheit, werde ich gewiss dort mal vorbeischauen. Ihr habt mir das gerade schmackhaft gemacht!“, feixte er und blitzte sie herausfordernd an. Ihm schien der Schlagabtausch Spaß zu machen. Nandos aber wandte sich nun zum Gehen und bot ihr an, mal ein Ablenkungsmanöver zu starten, das auch würdig war so genannt zu werden. "Ich möchte Euch ungerne die Illusion nehmen, aber die Soldaten erwecken nicht den Anschein, als hätten sie Lust auf ein Tänzchen. Obwohl.. .. das hat Euch noch nie abgehalten, Euren Kopf durchzusetzen, nicht wahr?" Er schnippte mit dem Finger und machte eine zeigende Geste auf Ysara. „Sehr richtig erkannt!“, frohlockte er und ließ sich gar nicht aus der Reserve locken. „Haltet euch bereit, werte Elinor – und habt eine angenehme Reise!“, verabschiedete er sich mit einer angedeuteten Verbeugung, ehe er sich durch die Haare strubbelte, dass sie verwegen zu allen Seiten abstanden. Es stand ihm – irgendwie. Dann griff er unter die Hecke und bedeckte sein Gesicht, seine Kleidung mit Erde, als wäre sie nicht viel zu teuer dafür. Jetzt konnte Ysara erkennen, dass er sich eben auch den Mantel schief geknöpft hatte und wirkte mehr und mehr wie ein derangierter Adeliger. Als er mit seiner knappen Maskerade fertig war, zwinkerte er Ysi zu als wäre er ein heimlicher Liebhaber, der sich nun vom Balkon seiner Affäre schlich und trat hinter der Hecke hervor. Und mit einem Mal war er vollkommen verändert.
Er keuchte, er hinkte und er lief, wild fuchtelnd direkt auf die Dunkelelfen zu. „Meine Herren! Meine Herren!“, rief er dabei und gestikulierte wie wild. Dabei strauchelte er und fiel sogar hin, blieb dann in demütiger Haltung liegen und erreichte die Aufmerksamkeit der Soldaten, die mit vorsichtigen Schritten auf ihn zugingen. „Wer ist das?!“, brummte einer der Soldaten und Nandos gab ihnen einen Moment, bevor er sich rührte. „Einer von den Gästen“, erwiderte ein anderer Dunkelelf. „Was bei Faldors…“, brummte ein dritter, ehe Nandos auf die Knie kam und in formvollendeter Theatralik schluchzte und bebte, als wäre ihm wirklich ein Leid angetan worden. „Bitte! Sie haben mich überfallen, dort hinten“, er deutete mit zitternden Fingern in die Richtung, in der Ysara jedenfalls nicht saß. Er verriet sie also nicht. „Sie waren… zu… zu fünft, oder sechst? Ich weiß es nicht mehr und sie raubten mir mein ganzes Geld und meinen Schmuck! Oh, seht mich an, ich bin gebrochen!“, klagte er mit jammernder Stimme, das man glauben mochte, er wäre wirklich ein reicher Schnösel, der sich noch nie in seinem Leben behaupten musste. Was auch immer Ysara davon hielt – es wirkte. Nandos wurde hofiert, als wäre er tatsächlich jemand, dem Leid zugefügt wurde. Offenbar hatten die Dunklen Order, die Reichen nicht anzupacken. Ein Großteil der Soldaten aber rückte aus, um nach dem Rechten zu sehen und Ysara konnte den Trubel hervorragend nutzen, sich aus dem Staub und zur verabredeten Stelle zu begeben, an der der Rest der Krähen auf sie warten würde.
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Re: Villa Valerion

Beitrag von Ysara » Sonntag 17. Dezember 2023, 13:23

Trotz ihres Wortwechsels und ihren Fragen wurde Ysara nicht schlau aus Nandos. Sie beschlich das Gefühl, dass er das hier für einen Scherz hielt und wieder hielt er sich nicht mit einer leicht dahingesagten Erwiderung zurück, die ihre Annahme bestätigte. Der Elf wirkte völlig unbeeindruckt von dem dunkelelfischem Komitee, das Vashnar vor ihrem Haus abgestellt hatte. Natürlich war es nicht sein Haus und ihn persönlich betraf das alles hier nicht mal ansatzweise. Trotzdem irritierte es sie, dass die Dunkelelfen nicht einmal Unwohlsein in dem Elfen auszulösen schienen. Anders als Ysara verspürte Nandos offenbar keine Angst. Aber es war ja auch Ysara, die von ihnen gesucht wurde und der inzwischen klar war, dass Vashnar kein Kaffeekränzchen mit ihr abhalten würde, wenn seine Soldaten sie zu fassen bekämen. Die Blonde äußerte, dass sie überzeugt von der Richtigkeit der Geschäfte ihres Vaters war, doch auch das zweifelte Nandos nur wenige Sekunden später an. Ysara musterte ihn daraufhin abermals argwöhnisch. Sein sarkastischer Tonfall und das Kopfschütteln ließen keinen Zweifel daran, dass er ihre Worte - oder vielleicht sogar sie als Person - für naiv hielt. "Schon klar. Wenn der General möchte, wird er etwas finden. Aber mein Vater hat nichts zu verbergen, wenn man ihm nichts anhängt", murmelte sie und klang eine Spur trotzig. Man konnte sich fast wundern, mit welcher Überzeugung sie ihren Vater verteidigte, war sie doch sonst nie sonderlich interessiert an seinen Geschäften gewesen. Aber es zeigte auch die Loyalität ihrer Familie gegenüber, die zwar einige Risse besaß, aber eben doch vorhanden war und wegen derer sie überhaupt hierher gekommen war. Und ihre Worte zeigten auch, dass sie sich angegriffen fühlte und sich gezwungen sah, ihre vorherigen Worte richtig zu stellen. Sie war nicht naiv. Sie war die Anführerin der Krähen und sie wusste, wie der Hase in der Stadt lief. Er soll bloß nicht denken, ich bin hier das kleine Mädchen, das nicht weiß, was sie tut. Ja, sie hatte sich überschätzt und gleichzeitig hatte sie den dunkelelfischen General unterschätzt. Aber es war nicht ihr erstes nächtliches Abenteuer in Grandea und sie war nicht so kopflos, wie Nandos sie halten mochte.

Das zeigten dann auch die Fragen, die sie ihm im Zwielicht stellte und mit dem sie ihn zur Rede stellen wollte, um zu erfahren, was er hier suchte. „Meint ihr wirklich, ihr habt nun die Zeit, für all diese Fragen?“ "Habt Ihr etwa noch etwas anderes vor?", warf sie kurz ein und es funkelte einen Moment zweifelnd in ihren Augen. Das Versteck war vorerst sicher und sie sah sich im Recht, zu erfahren, warum er hier war. „Ihr seid mutiger, als gedacht.“ Sie erkannte das amüsierte Lächeln auf seinen Lippen und ihre Miene wurde etwas weicher. Das klingt schon mal viel besser!, dachte sie und sein Kompliment stimmte sie tatsächlich etwas milder. „Ich gebe euch den Rat, weil mir euer Tanzstil so gut gefiel!“ Da hob sich Ysaras Mundwinkel und sie offenbarte ein Schmunzeln. Nun war sie es, die amüsiert war, und das nicht über sein Kompliment, sondern weil Nandos gelassene Art und sein Sinn für Humor so langsam einen Nerv in der rebellischen Diebin traf. „Mit Verlaub, ich drücke mich nicht im Dunkel vor eurem Haus herum. Ich flanierte durch die Straßen und stieß zufällig auf euch!“ "Zufällig, ja? Direkt vor meinem Elternhaus, als ich ganz zufällig um die Ecke kam?", hakte sie kurz ein. So ganz kaufte sie ihm diese Geschichte nicht ab. Wie groß konnte dieser Zufall sein, dass er ausgerechnet vor ihrem Haus vorbei spazierte, als sie auftauchte, und sich dann gezwungen sah, sie hinter eine Hecke zu zerren, als hätte er das nicht zum ersten Mal getan? „Und… es interessiert mich nicht wirklich, ob ihr bleibt oder geht. Aber ich dachte, für meine Dreistigkeit beim Tanz, wäre ich euch eine kleine Wiedergutmachung schuldig!“ Als er seine erneute Gleichgültigkeit über ihr Hierbleiben betonte, verpasste er ihr erneut einen Dämpfer, den sie sich versuchte, nicht anmerken zu lassen. Bei seinem Eingeständnis über seine Dreistigkeit, den Tanz Stunden zuvor betreffend, hoben sich dann aber die Brauen der Blonden überrascht. "Seht an, seht an. Der Mann zeigt Einsicht." Sie verzog kurz die Lippen zu einer überspitzt anerkennenden Mimik, als hätte er etwas Großes geleistet. Tatsächlich hätte sie ihm diese Selbsterkenntnis nicht zugetraut und noch weniger, dass er es ihr gegenüber offen zugeben würde. So langsam entwickelte sich eine eigene Dynamik während ihres Wortwechsels. Auf jeden ihrer Sätze folgte eine Erwiderung des Elfen, sodass sich auch Ysara zunehmend bemüßigt sah, seine Worte ebenfalls nicht unkommentiert stehen zu lassen. Man konnte fast vergessen, dass sie hier in einer dunklen Hecke mit einem fremden Elfen festsaß. Sie nutzte die Gelegenheit direkt und spielte auf seine Worte vor dem Tanz an, als er seinen Abschied einläutete, und gestattete ihm diesen mit einer gespielten Großzügigkeit. „Nicht schlecht – gekontert, wie eine junge Dame!“ Ysara hob vielsagend eine Augenbraue und er konnte den Eindruck gewinnen, dass sie noch für einige Überraschungen gut war. Doch er wollte gehen und er wollte ihr ein würdiges Ablenkungsmanöver demonstrieren, dem sie nicht im Wege stehen wollte. Auch wenn sie vorgab, ihm nicht mehr als einen Tanz als Ablenkung zuzutrauen, tat sie es im Inneren doch und war tatsächlich neugierig auf das, was er geplant hatte. Als würde er das erkennen, ließ er sich nicht von ihren Kommentaren beirren und setzte seine gelassene Tour fort. „Sehr richtig erkannt! Haltet euch bereit, werte Elinor – und habt eine angenehme Reise!“ Sie nickte ihm zu und am Ende fand zumindest Ysara zu einem angebrachten Ernst im Angesicht ihrer Lage zurück. "Gehabt Euch wohl, Nandos", meinte sie aufrichtig.

Schlagabtausche in einer Hecke schön und gut, aber sie musste wohl oder übel wieder der Realität ins Auge blicken und weg von hier kommen. Als sich Nandos durch die Haare wuschelte, was ihm zusätzlich einen verwegenen Touch verlieh, erkannte Ysara im einfallenden Licht, dass er den Mantel falsch geknöpft hatte. Plötzlich begann er damit, Dreck auf seiner Kleidung und sogar in seinem Gesicht zu verteilen und überraschte Ysara damit komplett. Für einige Momente starrte sie ihn ungläubig an, bis sie sich dessen bewusst wurde, und versuchte, nicht ganz so dümmlich zu starren. Es ist ihm einfach egal!, stellte sie verblüfft fest. Der Wert seiner Kleidung war ihm egal und der Eindruck, den er auf sie machte, war ihm ganz offensichtlich auch egal. Sie kannte niemanden aus den Kreisen der Wohlhabenden, denen auch er auf irgendeine Art anzugehören schien, der sich seine Frisur und seine Kleidung so unbekümmert ruinieren und seine adrette Haltung fallen lassen würde - und das alles ganz gelassen in der Öffentlichkeit und vor Augen einer Frau wie ihr, deren Stand ihm bewusst sein musste. Ysara musste zugeben, dass es ihn sympathisch machte, und deshalb erwiderte sie sein Zwinkern mit einem ehrlichen Lächeln. Sie verharrte still hinter der Hecke, aber die grünen Augen folgten Nandos, der hinter dieser in die Gasse trat. Mit gerunzelter Stirn sah sie ihm nachdenklich nach. Es war ihm offenbar egal, ob er aneckte oder nicht. Es war ihm gleichgültig, was sie von ihm dachte. Er war nicht hier, um ihr zu gefallen. Das hatte sie vor Stunden noch bei seiner Aufwartung ihr gegenüber gedacht. Aber nach ihrem zurückliegenden Schlagabtausch hatte sie nun den Eindruck, dass er sagte, was er dachte und machte, wonach es ihm beliebte. Ysara beobachtete sein Schauspiel und im Stillen musste sie ihm auch hier ein Talent bescheinigen. Er mimte den ausgeraubten Reichen äußerst überzeugend. Das war auch eindeutig an den Reaktionen der Dunklen zu erkennen, die Nandos näher betrachteten. Als sie sah, wie sich der Elf auf die Knie begab und dann noch sein Schluchzen an ihre Ohren drang, grinste Ysara. Nicht schlecht, Nandos. Ein bisschen viel Theatralik, aber das zieht in diesen Tagen immer. Der Elf deutete in eine völlig andere Richtung, als sich Ysara befand, und schaffte es tatsächlich, einen glaubwürdigen Eindruck bei den Dunkelelfen zu hinterlassen. Diese schwärmten aus und gaben Ysara die Möglichkeit, wieder unentdeckt das Weite zu suchen. Sie warf einen letzten Blick auf ihr Elternhaus, ehe sie sich widerwillig davon löste - und von dem Gedanken, so schnell noch einmal zurückzukehren. Sie konnte nur hoffen, dass ihre Familie das alles körperlich unbeschadet überlebte, und sie ihr irgendwann wieder unter die Augen treten konnte. Dann verließ auch Ysara geduckt ihr Versteck. Sie blickte zu Nandos und falls sie den violetten Blick noch einmal auffing, würde sie ihn anerkennend zunicken, bevor sie sich zurück in die dunklen Straßen schlich, auf denen sie hierher gekommen war.

Ysara war aufmerksam und konzentriert. Die Angst, erwischt zu werden, war nun größer als auf ihrem Hinweg zu ihrem Haus. Der Anblick, der sich ihr geboten hatte, hatte ihr die Augen geöffnet. Sie musste vorsichtiger denn je sein. Ihre Gedanken schweiften von ihrer Begegnung mit Nandos zu ihren Krähen. Sicherlich hatten sie Lianth schon bei der Lagerhalle abgesetzt. Sie konnte nur hoffen, dass sie sicher dorthin und weiter zur Mühle gelangt waren. Sie zählte auf ihre Krähen, sie vertraute ihnen blind, aber die Umstände hatten sich heute noch einmal verschärft und sicher konnten sie sich nun wegen gar nichts mehr sein. Ysara schlich flink und leise durch die dunklen Straßen, wich den Soldaten über Umwege aus oder versteckte sich hinter Fässern, wenn es keinen anderen Weg gab. Unbescholten gelangte sie zurück ins Armenviertel und schlug den Weg gen Norden ein, um zur alten Mühle zu gelangen. Diese stand seit einigen Jahren leer, war ziemlich heruntergekommen und einer ihrer beliebteren Treffpunkte im nördlichen Außenring.
Zuletzt geändert von Ysara am Montag 18. Dezember 2023, 21:22, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Villa Valerion

Beitrag von Erzähler » Montag 18. Dezember 2023, 09:31

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